Protokoll der Sitzung vom 04.06.2015

im Übrigen nicht nur im Einvernehmen, sondern auch völlig unaufgeregt. Dass Sie das vielleicht ärgert und mich freut, kann man leicht verstehen.

Mit der Hochschulfinanzierung verbinden sich Erwartungen der Hochschulleitungen, der Hochschullehrenden und der Studierenden an die Landespolitik, umgekehrt aber auch Erwartungen der Landespolitik und der politischen Öffentlichkeit an die Hochschulen. Wechselseitige Erwartungen sind völlig legitim. Wie jedoch soll man damit umgehen, wenn diese Erwartungen divergieren oder sogar in Konflikt geraten?

Mit dieser Frage waren wir alle gemeinsam Ende des Jahres 2013 konfrontiert. Sicher erinnern Sie sich, meine Damen und Herren, noch an die teils mit lebhafter Fantasie und weitreichendem Wunschdenken geführten Debatten zu diesem Thema. Mir ist und war es immer wichtig, methodisch transparent und nach Möglichkeit im Konsens mit den Hochschulen Wege aus der entstandenen Situation zu erarbeiten. Dabei bot sich für beide Seiten zunächst die Einschaltung einer unabhängigen Instanz an. So ist der Landesrechnungshof von der Regierung und den Hochschulen um einen Prüfbericht gebeten worden. Stehen den Hochschulen des Landes ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung, die sie zur Erledigung ihrer Aufgaben brauchen? Das war die Leitfrage der Prüfungen. Es geht nicht um „wünschenswert viel“, sondern um „ausreichend“.

Der Landesrechnungshof stellte sich der komplexen Thematik und wählte die Methode des Vergleichs mit anderen Ländern und Hochschulen.

(Regine Lück, DIE LINKE: „Ausreichend“ reicht nicht immer.)

Die Einbeziehung der universitätsmedizinischen Einrichtungen steigerte die Schwierigkeiten bei der Untersuchung zusätzlich. An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich meinen Dank an den Landesrechnungshof und seinen Präsidenten für die geleistete Arbeit wiederholen und bekräftigen.

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Bravo!)

Mit dem vorliegenden Sonderbericht hatten die Hochschulen und mein Haus eine gemeinsame Grundlage zur Verfügung, auf der aufbauend künftig das Budget der Hochschulen für alle nachvollziehbar bemessen werden kann und für die nächsten Jahre planbar wird. Das ist ein nicht zu unterschätzendes Ergebnis. Bislang hatten wir ein seit den 1990er-Jahren gewachsenes Budget, das seit über zehn Jahren im Rahmen flexibilisierter Globalhaushalte fortgeschrieben wurde. Nun verfügen wir erstmals über eine Untersuchung zum Finanzbedarf unserer Hochschulen, die geeignet ist, die Haushaltsplanaufstellung der nächsten Jahre wesentlich zu objektivieren.

Den Bericht des Landesrechnungshofes habe ich – das hatte ich immer wieder betont – als Ausgangspunkt genommen, um Gespräche mit den Hochschulleitungen zu führen. Dabei wurden einzelne Annahmen und Setzungen der Prüfer präzisiert. Eigene Überlegungen und Erkenntnisse der Landesregierung und der Hochschulen flossen mit ein, um den rechnerischen Finanzbedarf der Hochschulen für das laufende Haushaltsjahr 2015 herzuleiten. Am Ende bin ich mit den Hochschulleitungen zu einem gemeinsamen einvernehmlichen Ergebnis gelangt. Wir haben eine Modellrechnung entwickelt, die ich zur Grundlage der Haushaltsanmeldungen meines Hauses für die Jahre 2016 und 2017 sowie der Mittelfristigen Finanzplanung gemacht habe.

Natürlich war es in der gegenwärtigen Lage der Hochschulen hilfreich, dass der Bund die Finanzierung des BAföG ganz übernommen hat. Die Intention dieser Änderung der Finanzierung des BAföG verschaffte allen Ländern mehr Spielraum in ihren Haushalten zur Verbesserung der Hochschulfinanzierung. Im Übrigen handelt es sich nicht, wie vielfach dargestellt, um zusätzliches Bundesgeld. Das Land hat das BAföG bisher immer mitfinanziert, und dieser Anteil, der Landesanteil, war es nun, der zusätzlich zur Verfügung stand.

Auch der Präsident des Hofes hat dafür plädiert, die BAföG-Entlastungen nicht in den Sparstrumpf zu stecken. Stattdessen hat er vorgeschlagen, die neu gewonnenen Spielräume zu nutzen und in Bildung und Wissenschaft zu investieren, um die Wettbewerbsfähigkeit unserer Hochschulen in der nationalen und internationalen Konkurrenz zu verbessern.

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Das war ja auch der klare Wunsch des Bundesministeriums.)

Die Landesregierung hat sich dieser Auffassung gerne angeschlossen. Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, ich hoffe für unsere Schulen und Hochschulen sehr, dass alle Mitglieder dieses Hauses den Präsidenten des Rechnungshofes in dieser Haltung unterstützen.

Anknüpfend an die Debatte vom November 2013 kann ich daher heute sagen: Gemeinsam mit den Rektoren und Kanzlern haben wir es geschafft, ein in sich schlüssiges widerspruchsfreies Rechensystem zu präsentieren, aus dem hervorgeht, welche Finanzbedarfe die Hochschulen haben,

(Heiterkeit bei Regine Lück, DIE LINKE: System stimmt.)

damit ich dies als Grundlage für die Verhandlungen mit der Finanzministerin in den Chefgesprächen verwenden kann. Ich kann Ihnen sagen, das ist gelungen. Dieses Tabellenwerk kann ich gern auch jedem, der es möchte, zur Verfügung stellen.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Vorlesen!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Neben den eingangs geschilderten Verhandlungsergebnissen zwischen Landesregierung und den Hochschulen sowie den üblichen Ausgaben des laufenden Betriebes kommt es natürlich auf die bauliche und apparative Ausstattung an. Nur so können wir unsere Hochschulen und nicht zuletzt die Universitätsmedizinen in einem konkurrenzfähigen Zustand halten.

Dem großen Bereich des Hochschulbaus und der Beschaffung wissenschaftlicher Geräte ist der zweite Finanzkorridor gewidmet. Mit der Einführung standortbezogener Budgets im Hochschulbau wurde auf meine Veranlassung hin ein Planungsinstrument geschaffen, das die Autonomie der Hochschulen maßgeblich gestärkt hat. Um dem Zeitbedarf großer Bauvorhaben zu entsprechen, haben wir den Hochschulbaukorridor auf die nächsten zehn Jahre bemessen. Auch hier geht es darum, Transparenz und Planungssicherheit auf hohem Niveau und für einen langen Zeitraum zu gewährleisten. Von 2012 bis 2020 werden in den Hochschulbau insgesamt 660 Millionen Euro

investiert. Dieser Korridor wird aus BAföG-Mitteln nochmals um 30 Millionen Euro aufgestockt.

Hinzu kommen zusätzliche Mittel für den Bauunterhalt in Höhe von jährlich 2,2 Millionen Euro aus den freigesetzten BAföG-Mitteln. In den Jahren danach wird der Hochschulbaukorridor bis 2025 jährlich 55 Millionen Euro, davon 5 aus den BAföG-Mitteln, umfassen. Zusammen mit den Mitteln für wissenschaftliche Geräte und Großgeräte sind das insgesamt fast 1 Milliarde Euro. Die Aufteilung bis 2020 ist bereits erfolgt. Die investiven Festlegungen für die Zeit danach erfolgen gemeinsam mit den Hochschulen.

Ich finde, auch hier müssen sich weder die Hochschulen noch die Landesregierung verstecken. Im Gegenteil: Die Landesregierung und die Fraktionen von SPD und CDU tun alles dafür, Mecklenburg-Vorpommern zu einem modernen Wissenschaftsstandort auszubauen. Wer etwas anderes behauptet, verschließt sich den Tatsachen.

An den Hochschulen wird intensiv gebaut und investiert.

(Regine Lück, DIE LINKE: Wer es glaubt, wird selig.)

Erst gestern wurde in Greifswald der Grundstein für ein Forschungsgebäude zum Thema „Funktionelle Genomik“ gelegt.

(Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Und Studiengänge werden geschlossen.)

Dieser zweite Forschungsbau in Greifswald wird zu 50 Prozent vom Bund finanziert. In Rostock stehen der Neubau für Physik sowie das Forschungsgebäude „Life, Light & Matter“ kurz vor der Übergabe. Die Grundsanierung in Neubrandenburg schreitet voran, ebenso der Erweiterungsbau in Warnemünde für den Bereich Seefahrt und das Laborgebäude Bauingenieurwesen der Hochschule Wismar. Erwähnen möchte ich an dieser Stelle auch den Erweiterungsbau für das Institut für Atmosphärenphysik in Kühlungsborn und die Sanierung der sogenannten Villa für das Institut für Ostseeforschung in Warnemünde, mit deren Abschluss ich noch in diesem Jahr rechne. Damit entstehen moderne Möglichkeiten für Studium und Lehre einerseits und Forschung andererseits.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Tatsache ist auch, dass die Hochschulen des Landes im Jahr 25 der Einheit insgesamt so gut dastehen wie noch nie. Die traditionsreichen Universitäten mit ihrem umfangreichen Fächerspektrum, die universitätsmedizinischen Einrichtungen und die Fachhochschulen als Hochschulen für angewandte Wissenschaften bilden ein komplementär austariertes System. Jede Einrichtung hat ihr eigenes Profil und ihre eigene Stärke. Mit ihren verschiedenen fachlichen Schwerpunkten sind sie aufs Ganze gesehen stark nachgefragt und ausgelastet. Beide universitätsmedizinischen Standorte gehören zu den beliebtesten Studienorten für Medizin in Deutschland. Fast alle Studienrichtungen, auch die MINT-Fächer, sind gut belegt.

(Regine Lück, DIE LINKE: Und warum bleiben die Studenten dann nicht hier?)

Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang das Fern- und Onlinestudium, bei denen sich vor allem die Hochschule Wismar zu einem deutschlandweit anerkannten Großanbieter entwickelt hat. Auch die Zahl der dual Stu

dierenden ist gewachsen. Das ist für mich ganz konkret ein Aufstieg durch Bildung.

In Mecklenburg-Vorpommern lässt es sich gut studieren. Die Betreuungsrelationen an den Universitäten liegen mit etwa neun Studierenden je Kopf des wissenschaftlichen Hochschulpersonals auf Platz eins im Ländervergleich.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Hört, hört!)

Insbesondere in der Medizin und in den MINT-Fächern steht das Land sehr gut da. Das Ethos der Lehrenden ist hoch. Durch den Hochschulpakt und durch den Qualitätspakt Lehre fließen jährlich Millionenbeträge für die Sicherung und Verbesserung von Studium und Lehre an unsere Hochschulen.

(Zuruf von Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das kommt unter anderem auch der Lehrerbildung zugute, in der wir durch die Einrichtung einer Professur für Sonderpädagogik in Greifswald und durch die Einrichtung berufspädagogischer Studiengänge in Neubrandenburg in Kooperation mit der Universität Rostock neue Akzente setzen konnten.

Im Qualitätspakt Lehre haben die Hochschulen vier Projekte im Umfang von insgesamt 14,8 Millionen Euro eingeworben. Mit den Hochschulen ist vereinbart, dass der Beschäftigungszeitraum bei befristeten Stellen in der Regel zwei Jahre nicht unterschreiten soll, obwohl dies aus Arbeitgebersicht nicht immer einfach ist. Aber dies schafft mehr Kontinuität und damit mehr Qualität und es schafft mehr Verlässlichkeit auch für die meisten jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Aber es bleibt noch viel zu tun. So soll beispielsweise noch vor der Sommerpause ein Richtlinienentwurf für die bessere Bezahlung von Lehraufträgen zur Abstimmung die Hochschulen erreichen.

Der Anteil der Studierenden aus den westdeutschen Ländern und aus dem Ausland ist stetig gestiegen. Die Zielmargen des Hochschulpakts werden erreicht. 2014 verzeichnete das Land 6.264 erste Hochschulsemester, nicht zuletzt, weil das Land aus Gründen der Chancengerechtigkeit konsequent auf Gebühren für das Erststudium bis zum Master verzichtet hat. Auch die Zahl der Absolventen weist nach oben. Seit dem Jahr 2000 hat sich die jährliche Zahl der Erstabsolventen auf 4.600 im Jahr 2013 verdoppelt. Mit ihnen stellen die Hochschulen die Fach- und Führungskräfte für die aufstrebenden wissensbasierten Branchen von morgen. Sie wirken somit dem demografischen Trend entgegen. Die Hochschulstandorte sind nachweislich wirtschaftliche und demografische Wachstumsmotoren. Sie mehren das Bruttoinlandsprodukt des Landes um etwa zehn Prozent, wie der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft hat errechnen lassen.

Zugleich sind die Hochschulen als große Arbeitgeber beschäftigungsintensive Institutionen mit höchst qualifizierten Arbeitsplätzen. Insgesamt arbeiten an den Hochschulen und an den universitätsmedizinischen Standorten der Forschung, Lehre und Maximalversorgung ohne studentische Hilfskräfte rund 14.000 Menschen. Das sind trotz der Notwendigkeiten des Landespersonalkonzeptes so viele wie noch nie. Hinzu kommen die Beschäftigten der Studentenwerke und der Forschungsinstitute außerhalb der Hochschulen.

(Zuruf von Johannes Saalfeld, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zusammen bilden sie ein dichtes Netzwerk und ein hohes Potenzial von Ideen und Innovationen, das für die Entwicklung des Landes in jeder Hinsicht lebenswichtig ist.

Die an den Hochschulen in der Universitätsmedizin geleistete Forschungs- und Entwicklungsarbeit ist weiter in einem dynamischen Aufwuchs: 3 vom Land eingesetzte Euro bringen etwa 1 Euro Drittmittel.

(Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Übrigen haben 2013 die eingeworbenen Drittmittel mit 108 Millionen Euro erneut einen Höchstwert erreicht.

Regenerative Medizin in Rostock und Greifswald, Physik und Chemie sowohl in Rostock als auch in Greifswald, Maschinenbau, maritime Technologien und Meereswissenschaften in Rostock, Umweltforschung in Greifswald und Neubrandenburg sowie Energieforschung in Stralsund und Wismar – das sind aussichtsreiche Forschungsgebiete.

(Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Und wie lange gelten die befristeten Verträge im Durchschnitt?)

Diese Aufzählung ist nicht abschließend. Diese Gebiete werden seit Jahren flankiert durch die außeruniversitären Forschungseinrichtungen der Leibniz-Gemeinschaft, der Helmholtz-Gemeinschaft, der Max-Planck-Gesellschaft sowie der Fraunhofer-Gesellschaft.

Ein kurzer Blick auf die außeruniversitäre Forschung, die sehr eng mit der Hochschulforschung verknüpft ist: Wir haben auf diesem Feld gemeinsam mit dem Bund hervorragende, mehrfach erfolgreich evaluierte und international wettbewerbsfähige Forschungseinrichtungen errichtet und ausgebaut. Durch eine vorausschauende Berufungspolitik ist es uns gelungen, Persönlichkeiten zu gewinnen, die sowohl in der Wissenschaft als auch an der Schnittstelle zur Wirtschaft hervorragende Arbeit leisten.

Wer sich ein Bild verschaffen möchte, auf welchem Niveau beispielsweise in Leibniz-Instituten gearbeitet wird, dem empfehle ich einen Blick in das Journal der LeibnizInstitute in Mecklenburg-Vorpommern, dessen aktuelle Ausgabe sich mit globalen Phänomenen des Klimawandels und der Energieversorgung beschäftigt. Es ist unbestreitbar, dass diese Einrichtungen – quasi als kooperativer Ring um unsere Universitäten und Hochschulen – sowohl für unsere besten Abiturienten und Abiturientinnen mit Studienwunsch im eigenen Land als auch für die zugereisten Bachelor- und Masterstudierenden für deren akademische Berufs- und Lebensplanung eine entscheidende Rolle spielen. Denn diese Institutionen besitzen eine hohe Attraktivität durch die dortigen Arbeits- und Einkommensbedingungen sowie durch das mögliche Maß an einer selbstbestimmten und eigenverantwortlichen Gestaltung wissenschaftlicher Tätigkeit.

Diese Entwicklung durch eine gezielte projektbezogene Forschungsförderung zu flankieren, war der jeweiligen Landesregierung ressortübergreifend ein wichtiges Anliegen. Mit dem sogenannten Exzellenzförderprogramm des Landes Mecklenburg-Vorpommern bis 2010 und mit dem Forschungsfonds Mecklenburg-Vorpommern bis

2015 wurde dieses Anliegen umgesetzt. Die Forschungsförderung des Bildungsministeriums und die Technologieförderung des Wirtschaftsministeriums arbeiten dabei Hand in Hand. Allein mein Haus hat in der letzten EUFörderperiode insgesamt 28 Millionen Euro aus den Europäischen Fonds für Forschungsprojekte verausgabt. Kardiale Stammzelltherapie, Tumortherapie, innovative Lasertechnologie, maritime Sicherheit und synthetische Biotechnologie sind nur einige beispielhafte Schwerpunkte.