Das OVG hat festgestellt, dass die Zweigstellenverordnung in den Paragrafen 1 und 2 im Zusammenhang mit der Aufgabenverteilung an den Zweigstellen rechtlich nicht zu halten ist. Ein Feststellungsurteil, das bedeutet, und das ist auch in der Rechts- und Europaausschusssitzung ganz deutlich geworden: Es gibt zurzeit die Paragrafen 1 und 2 der Zweigstellenverordnung nicht mehr. Die sind einfach weg!
Ja, wenn festgestellt worden ist, dass sie nicht rechtskräftig sind – also das Oberste Gericht dagegen spricht –, widersprüchlich sind, dann gibt es die nicht mehr.
Das heißt, die Zweigstellen arbeiten im Moment auf der Basis des Gesetzes und legen in den Präsidien ihre Aufgaben fest. Also auch da ist die Justizministerin schon auf Gedeih und Verderb den entsprechenden Präsidien ausgesetzt.
Meine Damen und Herren, ich weiß, dass Sie eine andere Auffassung haben. Ich sage Ihnen aber, es würde uns sehr viel helfen, auch in Bezug auf die Kostenersparnis für das Land, die nächsten beiden Umsetzungen der Gerichtsstrukturreform – also Wolgast und Grevesmühlen – zu verschieben und den Volksentscheid abzuwarten. Ich glaube, es ist ein Gebot der Stunde, den Initiatoren und den Bürgerinnen und Bürgern damit zu zeigen, wir warten jetzt den Volksentscheid ab, wir geben ihnen diese Möglichkeit und werden dann sehen, wie die Bürgerinnen und Bürger entscheiden. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
wie oft wir uns eigentlich in den vergangenen Monaten mit dem Thema Gerichtsstrukturreform im Landtag beschäftigt haben. Damit meine ich tatsächlich die Gerichtsstrukturreform und nicht Debatten und Aussprachen über Volksentscheid, Volksbegehren und sonstige Dinge,
die damit im mittelbaren Zusammenhang stehen. Der Landtag hat sich seit der Einbringung des Gesetzentwurfes im Mai 2013 genau zehn Mal mit der Gerichtsstrukturreform befasst. Frau Drese ist in ihren Ausführungen schon detailliert darauf eingegangen. Wir hatten 21 Landtagswochen, und das bedeutet, dass wir uns im Durchschnitt jedes zweite Mal damit beschäftigt haben.
Das ist auch grundsätzlich gut so, das Gerichtsstrukturreformgesetz ist ein wichtiges Gesetz. Dennoch, meine Damen und Herren, bin ich der Meinung, dass wir mittlerweile wirklich alle Argumente ausgetauscht haben.
Das haben wir in den letzten Monaten sehr häufig getan und ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren – das war in den Debattenbeiträgen von Herrn Suhr und auch von Frau Borchardt, finde ich, deutlich zu merken –, dass es gar nicht so sehr um den eingebrachten Gesetzentwurf ging, sondern um das Urteil des OVG, was wir, wie gesagt, schriftlich noch nicht vorliegen haben.
(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Das steht doch in der Begründung mit drin! Können Sie nicht lesen, Herr Texter?)
Und hier wurde sehr umfänglich darauf abgestellt. Aus meiner Sicht war da sehr, sehr viel Kaffeesatzleserei dabei,
(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Spekuliert. – Barbara Borchardt, DIE LINKE: Eintreten könnte. – Dr. Norbert Nieszery, SPD: Spekuliert!)
Frau Ministerin Kuder ist auch sehr ausführlich darauf eingegangen, wie und in welcher Form auf das schriftlich ausgefertigte Urteil des OVG eingegangen werden kann, nämlich von der Revision bis hin zur Änderung der Zweigstellenverordnung. Insofern ist Frau Ministerin in der letzten Landtagssitzung, im Europa- und Rechtsausschuss in der vergangenen Woche und auch heute wieder ausführlich auf die Möglichkeiten eingegangen. Man muss in der Tat das Urteil abwarten.
Wie gesagt, alle Argumente sind ausgetauscht. Es gibt eigentlich nichts zwingend Neues in dem vorliegenden Gesetzentwurf von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE, außer dass wir keinen Aufschub der Gerichtsstrukturreform um 24 Monate haben, sondern dieses Mal um 18 Monate. Man könnte sich also hinstellen und erklären, abermals erklären, warum es so wichtig ist, die Justiz auf zukunftsfähige Füße zu stellen, und dass die vorliegende Reform dies gewährleistet.
Seien wir doch mal ehrlich, meine Argumente würden wiederum gegen Ihre stehen, insofern wäre das eine ständige Wiederholerei.
Die Entscheidung darüber, ob die Gerichtsstrukturreform so umgesetzt wird, wie es das Gesetz vorsieht, liegt jetzt in den Händen der Bürger dieses Landes. Am 6. September erfolgt der Volksentscheid. Sollte der Volksentscheid dem Volksbegehren dem Inhalt nach zustimmen, dann müsste alles auf Anfang gesetzt werden. Das ist mit erheblichen Kosten verbunden, aber das, meine Damen und Herren, wären dann eben Kosten der Demokratie.
Auch bei der Kostenfrage kann ich der Äußerung meiner Kollegin Frau Drese nur zustimmen und immer wieder sagen, wenn Sie sich hinstellen und sagen, ein Aufschub des Gesetzes würde keine Kosten verursachen, Frau Borchardt, Herr Suhr, dann muss ich Ihnen abermals zurufen: Da liegen Sie falsch, auch das würde erhebliche Kosten verursachen.
Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Ausführungen von Frau Kuder, die ja darauf hingewiesen hat, dass zwischen der Abstimmung des Gesetzes und den ersten Umsetzungsschritten ein Jahr lag, etwa ein Jahr, etwa zwölf Monate. Warum? Weil umfangreiche Vorbereitungen notwendig waren, die einzelnen Schritte, die im Gesetz festgelegt worden sind, auch so umzusetzen. Wenn man das jetzt verschiebt, würde das ebenfalls erhebliche Kosten verursachen.
Meine Damen und Herren, der Volksentscheid muss abgewartet werden, sonst haben wir ein ewiges Hin und Her, sozusagen rein in die Kartoffeln und wieder raus. Das möchte ich auch den Beteiligten nicht zumuten. Solange es keine endgültige Entscheidung zum Volksentscheid gibt, ist das Gesetz umzusetzen, wird das Gesetz umgesetzt. Die Menschen vor Ort benötigen Planungssicherheit und nach dem jetzigen Stand bedeutet das die Umsetzung der Reform. Darauf wurde sich verwaltungstechnisch bereits eingestellt. Alle sind informiert, alle wissen Bescheid. Die Planungen laufen dementsprechend seit geraumer Zeit.
Solange der verabschiedete Gesetzentwurf gilt, halte ich es für klug, nicht daran rumzudoktern. Das Votum der Bürger ist jetzt der nächste Schritt. Das Ergebnis wird umzusetzen sein. Meine Fraktion wird Ihren Gesetzentwurf deshalb ablehnen. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Diese ganze Problematik könnte man unter der Überschrift darstellen: „Wenn Sonntagspredigten wahr werden“, denn das ist die Landesverfassung für die herrschenden Regierungsparteien, eine
Sonntagspredigt. Bei festlichen Anlässen zitiert man gerne daraus, aber in der Praxis drückt man sich auch genauso gerne darum herum.
In dieser Landesverfassung steht auch etwas von Volksbegehren und Volksentscheiden. Auf dem Papier hat man das gern. Nie hätte man allerdings gedacht, dass das mal Wirklichkeit werden könnte, denn in dem entsprechenden Gesetz wurden so hohe Hürden errichtet, dass die angeblichen Verfassungsfreunde hoffen durften, einen tatsächlichen Volksentscheid nie erleben zu müssen. Jetzt ist es aber passiert. Die benötigten Unterschriften wurden gesammelt, womit sich die Gretchenfrage stellt: Wie hältst du es wirklich mit der Verfassung? Der Mindestrespekt vor den in der Verfassung vorgesehenen Volksentscheiden würde gebieten,
Es geht hier um die Schließung von Amtsgerichten beziehungsweise deren Degradierung zu Zweigstellen, darüber soll abgestimmt werden. Dass die Landesregierung das Ergebnis nicht abwartet, sondern ihren Gerichtsplattmachungsfeldzug fröhlich fortsetzt, sagt eine Menge über ihre wahre Haltung zur Landesverfassung aus.