Protokoll der Sitzung vom 01.07.2015

Zunächst einmal gilt, glaube ich, der alte Spruch „Sparst du in der Zeit, dann hast du in der Not.“ Und insofern ist das, worüber wir heute hier befinden müssen, etwas Logisches, das vernünftig ist. Es ist immer vernünftig, wenn man in Proporz zu den Einnahmen etwas zurücklegt und nicht alles auf den Kopf haut, wie das in Griechenland über viele Jahre gemacht worden ist.

Die Anmerkung, dass wir Verantwortung übernehmen, Herr Saalfeld, für die zukünftigen Generationen, damit die nicht unsere Schulden bezahlen müssen, ist natürlich insofern falsch, als dass wir das schon längst tun, und das nicht nur im Bund mit 2,5 Billionen Verschuldung, die nie mehr zurückgezahlt werden können von der jetzigen Generation und von den nächsten zwei, drei Generationen auch nicht. Wir tun das bereits. Aber auch hier im Land tun wir das, und das ist hier überhaupt gar nicht zur Sprache gekommen.

Die Frau Finanzministerin hat beim letzten Mal gesagt, diese 500 Millionen hätten ein so großes Prä, das Beste wäre, Zitat: „dass sie sich dafür gar nicht verschulden muss“. Das heißt also, sie sagt, ist das nicht wunderbar, wir legen Geld zurück, das müssen wir uns noch nicht einmal leihen. Was ist das für eine Formulierung und für eine finanzhaushaltspolitische Aussage, Frau Ministerin? Es ist selbstverständlich, wenn man etwas zurücklegt, dass man sich das nicht vorher leiht und dafür hohe Zinsen zahlen muss. Das zu dem Punkt.

Das Nächste ist die Ausgleichsrücklage, auch das wurde hier besprochen, die 800 Millionen, die immer wieder durch das Parlament geistern. Diese 800 Millionen, meine sehr verehrten Damen und Herren, und das noch mal an DIE LINKE, die sind nicht vorhanden. Die sind buchhalterisch möglich, aber das sind keine flüssigen Mittel. Die haben einen ganz anderen haushalterischen Charakter, das müssen Sie endlich mal begreifen. Die Frau Ministerin Polzin hat ja schon einmal versucht, Ihnen das zu erklären.

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Kopplung der Kreditaufnahme an Investitionen – der GRÜNEN – hört sich zunächst gut an, aber wir können dem nicht zustimmen, weil der Charakter von Investitionen das Entscheidende ist. Wir sehen das gerade in Hamburg, wo an der Elbe so eine Philharmonie gebaut wird, die jetzt irgendwann bei 800 Millionen ankommt – geplant war mit 250 – und irgendwann 1 Milliarde kostet. Wenn man das als Investition für Hamburg nimmt und daran ausrichtet, was man an Nettokreditaufnahme machen kann, dann ist das die falsche Investition. Insofern ist das, was die GRÜNEN hier fordern, relativ unfachmännisch formuliert und trifft den Nagel nicht auf den Kopf.

Was wir brauchen, ist eben aus Fürsorge für die Zukunft dieses Gesetz. Es ist im Übrigen auch direkt oder indirekt vorgeschrieben, dass wir es machen müssen –, weil wir jedes Jahr allein 80 Millionen verlieren durch die wegfallenden Solidaritätsmittel. Jedes Jahr 80 Millionen! Seit 2005 läuft das, glaube ich, wenn ich das recht in Erinnerung habe. Das sind bisher schon fast 1 Milliarde, 700/800 Millionen Euro, die uns fehlen. Insofern ist das eine Vorsorge für Zeiten, die bestimmt in den Zyklen der Konjunktur auf uns zukommen, und deswegen sehen wir diesem Gesetz positiv entgegen.

Wir werden uns aber unserer Stimme enthalten,

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

weil nicht genau geklärt ist, wie sich das auswirkt auf das neu zu verhandelnde Finanzausgleichsgesetz, eventuell wieder zulasten der Kommunen, wo wir ja auch beim letzten Mal als NPD-Fraktion deutlich gesagt haben, das reicht nicht aus, das funktioniert nicht.

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

Aber der Herr Senator Müller hat ja ganz kräftig dagegengehalten. Sie haben die Gegenrede gehalten und gesagt, wir müssen zu Potte kommen, das ist richtig so, was wir machen, und das wird jetzt durchgeführt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, insofern wünschen wir der Finanzministerin für dieses Guthaben eine gute Hand. Möge sie sich auch in Zukunft kein Geld leihen müssen, denn das ist das beste Gegengift gegen die Verschuldung, die dann von den zukünftigen Generationen hier in diesem Land abgearbeitet werden muss und wir den Nutzen davon hatten. – Ich danke Ihnen recht herzlich für Ihre geschätzte Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der NPD)

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Liskow für die Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Schuldenbremse ist 2009 im Grundgesetz verankert worden. Das bedeutet, dass der Bund und die Länder ab 2020 verpflichtet sind, ihre Haushalte grundsätzlich ohne Einnahmen aus neuen Krediten auszugleichen. Um den Vorgaben des Grundgesetzes gerecht zu werden, hat Mecklenburg-Vorpom- mern 2011 die Schuldenbremse als eigene Regelung in die Landesverfassung aufgenommen. Dabei hat sich das Land eng an den Vorgaben des Grundgesetzes orientiert. Zur Konkretisierung der verfassungsrechtlichen Vorgaben hat die Landesregierung den vorliegenden Gesetzentwurf vorgelegt. Damit wird die Schuldenbremse einfach gesetzlich ausgestaltet.

Zunächst möchte ich noch einmal betonen, dass es die Christdemokraten gewesen sind, die sich im Bund und in den Ländern für eine solide und generationsgerechte Finanzpolitik eingesetzt haben.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Dazu waren große Anstrengungen und viel Überzeugungsarbeit nötig. Im Bund ist es der unionsgeführten Regierung 2014 erstmals seit mehr als 40 Jahren gelungen, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

In Mecklenburg-Vorpommern arbeitet die Koalition seit 2006 vorbildlich, nicht nur wenn es um Finanzpolitik geht.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Ich erinnere daran, dass wir seitdem keine neuen Schulden aufgenommen haben und gleichzeitig etwa eine Dreiviertelmilliarde Schulden tilgen konnten. Bereits im Koalitionsvertrag von SPD und CDU heißt es, Zitat: „Die in der Landesverfassung verankerte Schuldenregel wird umgesetzt und gesetzlich ausgestaltet. Das bedeutet, dass auch in Zukunft grundsätzlich keine neuen Kredite aufgenommen werden.“ Zitatende. Sie sehen, die Koalition hält Wort und setzt die solide Finanzpolitik weiterhin fort.

Mit dem vorgelegten Gesetzentwurf wird eine Neuverschuldung zukünftig nur noch in definierten Ausnahmefällen möglich sein: in Zeiten konjunkturbedingter Einnahmerückgänge, im Falle von Naturkatastrophen sowie in

außergewöhnlichen Notsituationen. Gleichzeitig wird ein Sondervermögen errichtet werden, das vorab bereits als finanzieller Puffer dient, um die Kreditaufnahme zu verhindern beziehungsweise zumindest zeitlich hinauszuzögern. Lassen Sie mich auf die dahinter stehenden Mechanismen nun genauer eingehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ob eine Kreditaufnahme in Zukunft möglich ist, ob also eine von der Normallage abweichende konjunkturelle Situation vorliegt, wird mittels des sogenannten Referenzmodells ermittelt. Hierbei spiegeln die Steuereinnahmen, die Mittel aus dem Länderfinanzausgleich sowie die Bundesergänzungszuweisung die konjunkturelle Situation wider. Der Referenzwert wird aus dem Durchschnitt der bereinigten Einnahmen der letzten fünf Jahre gebildet. Abweichungen des Referenzwertes von über drei Prozent bedeuten eine von der Normallage abweichende Situation. Dabei wird im Falle einer Über- beziehungsweise Unterschreitung des Referenzwertes eine Bereinigung zur steuerrechtsbedingten Änderung vorgenommen.

Vorteile des Modells liegen vor allem in der Transparenz und der Nachvollziehbarkeit, das haben wir ja schon gehört. Die Steuereinnahmen sind den Haushaltsrechnungen zu entnehmen, der Verbraucherindex, der zur Inflationsbereinigung herangezogen wird, ist dem Statistischen Bundesamt und mögliche Steuerrechtsänderungen sind den jeweiligen Gesetzgebungsverfahren zu entnehmen. Sie sehen, die Daten sind für jedermann einsehbar. Wir haben es also nicht mit einem komplizierten, sondern mit einem transparenten und nachvoll- ziehbaren Modell zu tun. Ich denke, dass dies auch im Sinne dieses Hohen Hauses ist. Im Übrigen haben auch andere ostdeutsche Länder dieses Modell als positiv bewertet.

Lassen Sie mich nun etwas zur Tilgung sagen. Im Falle konjunktureller Kreditaufnahmen in Abschwungphasen sind diese durch Tilgungen in entsprechenden Aufschwungphasen auszugleichen. Die Tilgung in besseren Zeiten erfolgt also nicht losgelöst von der konjunkturellen Entwicklung. Eine Tilgungsverpflichtung setzt ein, sobald die Einnahmen den Referenzwert um mehr als drei Prozent überschreiten. Gleichzeitig können Schulden freiwillig getilgt werden, wenn sich die Einnahmen innerhalb des 3-Prozent-Korridors befinden.

Ich komme nun zum Sondervermögen. Bisher konnte das Land zum Ausgleich konjunktureller Schwankungen auf die Ausgleichsrücklage zurückgreifen. Damit haben wir in der Vergangenheit gute Erfahrungen gemacht, man erinnere sich nur an die Finanz- und Wirtschaftskrise. Mittels der Rücklagen konnten die Einnahmeausfälle abgefedert und die Schuldenaufnahme verhindert werden. Unser Bundesland hatte die Krise aus finanzpolitischer Sicht durchaus relativ glimpflich überstanden.

Mit dem nun einzurichtenden Sondervermögen wird ein ähnliches finanzpolitisches Instrument geschaffen, um eine nachhaltige Absicherung von Krisenfällen zu gewährleisten. Das Sondervermögen soll einen Mindestbestand von 200 Millionen Euro und einen Regelbestand von 500 Millionen Euro haben. Es dient dem Ausgleich von Einnahmeschwankungen außerhalb der konjunkturellen Normallage und der Vermeidung von Kreditaufnahmen. Außerdem dient es als Vorsorge zum Ausgleich von Einnahmeschwankungen innerhalb der konjunkturellen Normallage.

Ebenfalls steht es zur Verfügung, um steuerrechtsbedingte Mindereinnahmen auszugleichen, solange der Bestand mindestens 200 Millionen Euro beträgt. Zuführungen an das Sondervermögen müssen erfolgen, nachdem die konjunkturell bedingt aufgenommen Kredite getilgt wurden und die Einnahmen den Referenzwert um mehr als drei Prozent überschreiten. In diesem Fall müssen die entsprechenden Differenzbeträge bis zum Regelbestand an das Sondervermögen zurückgeführt werden. Zuführungen können ebenfalls innerhalb der konjunkturellen Normallage erfolgen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin davon überzeugt, dass wir mit dem vorliegenden Modell einer ausgestalteten Schuldenbremse die bisherige solide Finanzpolitik des Landes fortführen können. Hinsichtlich der Höhe des Sondervermögens hätte meine Fraktion auch einen geringeren Regelbestand mitgetragen. Die Höhe von 500 Millionen Euro bietet jedoch einen angemessenen Handlungsspielraum für das Land. Der Gesetzentwurf insgesamt gewährt dem Landtag finanzielle Spielräume. Das Korsett wurde nicht zu eng geschnürt, sodass die politische Handlungsfähigkeit auch weiterhin gegeben sein wird.

Zum Abschluss möchte ich noch einige Worte an die Kommunen des Landes richten. In der öffentlichen Anhörung wurden seitens der kommunalen Ebene Befürchtungen vorgebracht, dass dem kommunalen Finanzausgleich durch die Zuführung von Überschüssen an das Sondervermögen Geld entzogen werden könnte. Ich betone heute noch einmal, dass die Besorgnis der Kommunen unbegründet ist. Zuführungen zum Sondervermögen erfolgen allein aus Landesmitteln. Das Land steht auch weiterhin zu seinen Verpflichtungen gegenüber den Kommunen.

Ich bitte um Zustimmung zum Gesetzentwurf zur Änderung der Landeshaushaltsordnung Mecklenburg-Vor- pommern und zur Errichtung eines Sondervermögens „Konjunkturausgleichsrücklage des Landes MecklenburgVorpommern“. Die Anträge der LINKEN und der GRÜNEN werden wir ablehnen, bei den LINKEN aus grundsätzlicher Erwägung,

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Also sachfremd, sachfremd.)

bei den GRÜNEN natürlich,

(Zuruf von Silke Gajek, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

weil sie keine neuen Erkenntnisse bringen, nur, weil man eigentlich gar keine Schuldenbremse möchte.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ach, Quatsch!)

Das haben Sie auch verhältnismäßig deutlich gesagt.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Wo steht denn das in dem Antrag?)

Deswegen bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit

(Peter Ritter, DIE LINKE: Wo steht denn das in dem Antrag?)

und danke noch mal.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Peter Ritter, DIE LINKE: Eine grundsätzliche Verblendung ist das.)

Vielen Dank den Rednern.

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Einzelberatung über den von der Landesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Landeshaushaltsordnung MecklenburgVorpommern und zur Errichtung eines Sondervermögens „Konjunkturausgleichsrücklage des Landes MecklenburgVorpommern“ auf Drucksache 6/3886.

In Ziffer I seiner Beschlussempfehlung empfiehlt der Finanzausschuss, den Gesetzentwurf der Landesregierung entsprechend seiner Beschlussempfehlung auf Drucksache 6/4126 anzunehmen.

Ich rufe auf den Artikel 1 entsprechend der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses.

Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/4145 vor, soweit er den Artikel 1 betrifft, über den ich zunächst abstimmen lasse. Wer dem Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/4145, soweit er den Artikel 1 betrifft, zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Vielen Dank. Damit ist der Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 6/4145, soweit er den Artikel 1 betrifft, bei Zustimmung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Gegenstimmen der Fraktion der SPD, der CDU, der NPD und Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE abgelehnt.