(Helmut Holter, DIE LINKE: Frau Merkel als Bundesumweltministerin, die hat bestimmt ihren Beitrag geleistet.)
(Helmut Holter, DIE LINKE: Das war überhaupt gar nicht ernst gemeint. – Zurufe von Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE, und Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das wollte ich gar nicht sagen. Ich wollte hier auf das Land eingehen. Wissen Sie, ich wollte auf die Akzeptanz unserer Biosphärenreservate und Nationalparks eingehen. Diese ist bei einem Großteil der Bevölkerung auch vorhanden, nur leider gibt es immer wieder – und das habe ich gerade vor zwei Wochen erlebt, Herr Minister Backhaus, seien Sie mir nicht böse, dass ich das noch mal erwähne – Streitigkeiten. Gerade beim Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft gibt es Streitigkeiten über den Verlauf der Grenze des Nationalparks. Viele, die innerhalb des Nationalparks wohnen, wollen wirklich auch dem Naturschutz Genüge tun und haben ihre Häuser dementsprechend gebaut, richten die Nutzung der Häuser dementsprechend aus, werden aber durch Restriktionen der Nationalparkverwaltung daran gehindert, ihr Leben so fortzusetzen, wie sie es bis dahin im Einklang mit der Natur geführt haben.
Deshalb geht es darum, und dafür sind wir alle verantwortlich, dass der Nationalparkgedanke, die Biosphärenreservate und die Bevölkerung mitgenommen werden, damit wir diesen Schutzgedanken für unsere Natur auch allen mitgeben können.
Ein gutes Beispiel dafür ist bei uns: Seitdem die neue Amtsleiterin im Amt Biosphärenreservat Südost-Rügen tätig ist, ist die Selliner Erklärung aufgehoben worden. Sie wissen, was es da für Scherereien gab auf der Insel Rügen. Jetzt ist es ein Miteinander zwischen den Kommunen und dem Amt für das Biosphärenreservat. Ein großer Schritt – damals auch von uns eingeleitet – war die Einberufung eines Biosphärenreservatsbeirates. Das zeigt, dass die Großschutzgebiete in Mecklenburg-Vorpommern wirklich zu einem Erfolg werden können. – Danke schön.
(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Zuruf von Dr. Ursula Karlowski, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Gunst der Stunde nutzend haben in der Zeit der politischen Wende einige Akteure des Naturschutzes der DDR, und auch einen Menschen aus Bonn möchte ich hier noch mal nennen, Herrn Müller-Helmbrecht, die wegweisenden Schritte eingeleitet, um die heute als „Tafelsilber der deutschen Vereinigung“ geltenden Gebiete – ein Begriff, den der damalige Umweltminister Töpfer prägte – unter Schutz stellen zu können. Wichtige Namen in dieser Zeit sind Hannes Knapp, Michael Succow,
Lebrecht Jeschke, Ulrich Meßner, Lutz Reichhoff, Jörn Mothes, Uwe Wegener, Matthias Freude, Stefan Schoeneck sowie der gerade erwähnte Arnulf MüllerHelmbrecht
und sicher noch weitere, die ich jetzt hier nicht nenne, weil ich sie nicht alle recherchieren konnte und mich selber zu der Zeit weit ab vom Geschehen aufgehalten habe.
In einem Wettlauf mit der Zeit, wie es Herr MüllerHelmbrecht ausdrückte, gelang es in einem dramatischen Schlussakt auf der allerletzten Sitzung des Ministerrats am 12. September 1990, per Verordnung 14 von 26 vorläufig gesicherten Großschutzgebieten unter Schutz zu stellen. Diese sollten als fortgeltendes DDRRecht in den Einigungsvertrag aufgenommen werden, was mit einigen Zugeständnissen – ich sage hier nur Autobahn 20 – an den damaligen Verkehrsminister Zimmermann tatsächlich gelang.
Es galt im Vorfeld, viele Karten zu erstellen, Mustergesetze zu schreiben, Amtsträger zu überzeugen, und das alles in wenigen Wochen. Es war zeitweise eine Arbeit, die Tag und Nacht in Anspruch nahm, wie Herr MüllerHelmbrecht es berichtet hat.
So wurde am 12. September das Nationalparkprogramm verabschiedet, in dem 14 Großschutzgebiete vorläufig ausgewiesen wurden. Hierbei kam im Vorfeld dem Institut für Landschaftsforschung und Naturschutz, dem ILN, eine ganz entscheidende Rolle zu. Es erhielt den Auftrag, die wissenschaftlichen Grundlagen für die endgültige Unterschutzstellung der zunächst vorläufig gesicherten Gebiete zu erarbeiten. Es war die Zeit der runden Tische. Es gab eine Arbeitsgemeinschaft „Ökologischer Umbau der Gesellschaft“ und es gab einen zentralen grünen Tisch.
Übrigens gelang es im März 1990 dem damaligen Umweltministerium, alle industriemäßigen Tierproduktions
Die Ausweisung aller jetzigen Großschutzgebiete in Mecklenburg-Vorpommern erfolgte grundsätzlich mit einigen Umschichtungen im Status in dieser besonderen Stunde der deutschen Wiedervereinigung. So wurden wirklich am 3. Oktober 1990 auf dem Gebiet der heutigen neuen Bundesländer diese 14 Großschutzgebiete ausgewiesen: fünf Nationalparke, sechs Biosphärenreservate und drei Naturparke. Ich zitiere hier kurz Herrn Lutz Reichhoff, Zitat: „Und damit war es ja einer der wenigen Beschlüsse der DDR-Regierung von 1990, die überhaupt weiter Bestand hatten, weil es im Einigungsvertrag stand.“ Zitatende.
Interessant ist ein Blick, um was für Gebiete es sich hier gehandelt hat. Es geht nämlich um ehemalige Staatsjagdgebiete, um ehemalige Truppenübungsplätze und ehemalige Grenzgebiete, die, wie es hieß, einer neuen, der Allgemeinheit nützlicheren Verwendung zugeführt werden sollten.
Der letzte Punkt, die ehemaligen Grenzgebiete, ist übrigens ein international zu beobachtendes Phänomen, dass sich Nationalparke oft an den internationalen Grenzen befinden. Der Nationalpark Vorpommersche Boddenlandschaft ist zum Beispiel ein ehemaliges Grenz- und Staatsjagdgebiet, der Müritz-Nationalpark ist ein ehemaliges Staatsjagdgebiet und Truppenübungsplatz auf Teilen, der Naturpark Schaalsee war ein ehemaliges Grenzgebiet.
Wir haben heute in Mecklenburg-Vorpommern drei Nationalparke, drei Biosphärenreservate und sieben Naturparke, die schon genannt wurden. Das jüngste Biosphären- reservat, darauf möchte ich kurz noch mal eingehen – das haben wir hier im Parlament ja einstimmig beschlossen, das Biosphärenreservatgesetz zur Flusslandschaft Elbe –, ist ein sehr schönes Gebiet. Ich hoffe, Sie kennen das schon. Wenn nicht, dann! Es ist wirklich sehenswert. Der Elbestrom prägt diese Landschaft, er fließt hier noch relativ naturnah. Die Landschaft ist vom Wasser geprägt. Man findet Pflanzenarten wie die Elbe-Spitzklette, die vorwiegend dort vorkommt und an das Leben am Strom angepasst ist.
Wir haben es hier auch mit einer alten Kulturlandschaft zu tun und genau das wird durch den Schutzstatus des Biosphärenreservates gewürdigt. Hier wurden im 13. Jahrhundert schon Deiche gebaut. Deiche gehören auch heute einfach zum Landschaftsbild dieses Biosphärenreservates. Besonders im Herbst ist das Gebiet beeindruckend durch die Großzahl an dort rastenden Wildgänsen, die echte Publikumsmagnete sind.
Bevor ich auf die immer noch brennenden Probleme der Großschutzgebiete eingehen werde, möchte ich einen Fakt ausdrücklich begrüßen, und zwar den Bewusstseinswandel beim Umgang mit den Waldflächen in den drei Nationalparken, denn ab 2017 kann sich der Wald in den Nationalparken endlich nationalparkgerecht natürlich entwickeln, das heißt, ohne den seit Jahrzehnten laufenden Eingriff in den Wald. Trotz der Freude über diesen Wandel, der ab 2017 eintreten kann, kann ich das – diplomatisch ausgedrückt – große Kopfschütteln in der Szene der Naturschützer über den bisherigen Umgang
mit den Wäldern der Nationalparke nicht so einfach außen vor lassen. Die Art der Waldbehandlung, die in der Vergangenheit stattfand, hat nicht zu einem naturnäherem Zustand, was beabsichtigt war, geführt. Nein, die neophytische Traubenkirsche konnte sich aufgrund dieser Eingriffe erst recht ausbreiten, die Fichte konnte nicht zurückgedrängt werden und naturferne Kiefernforste wurden eher stabilisiert.
Und dass zum Beispiel dann das Windwurfholz in der Kernzone des Nationalparks Vorpommersche Boddenlandschaft 1999 nach dem Sturmtief Anatol nicht der Natur, sondern dem Sägewerk überlassen wurde, ist ein echter Tiefpunkt in der Geschichte des Nationalparks, ganz zu schweigen vom zweimaligen Entzug des ForestStewardship-Council-Siegels, des FSC-Siegels. Die Ansprüche vom FSC zu erfüllen, sollte eigentlich für jeden Nationalpark die leichteste Übung sein, aber nein, in Mecklenburg-Vorpommern wurde es geschafft, dieses Siegel gleich zweimal zu verlieren.
Ja, meine Damen und Herren, Bewusstseinswandel braucht manchmal Zeit und in Mecklenburg-Vorpommern bei manchen Aspekten vielleicht besonders viel davon. Ein Vierteljahrhundert vom Nationalpark bis zu einer nationalparkgerechten Waldbehandlung – nun gut, wir begrüßen, dass das jetzt endlich ab 2017 so sein wird, wie es sein soll.
Erstens. Zu beklagen ist der allseits zu hörende Personalmangel, zum Teil auch ein recht hoher Altersdurchschnitt.
Zweitens. Zu beklagen ist ein Wildmanagement, wo die Interessen der Jagdlobby offenbar immer noch höher bewertet werden als der Naturschutz.
Drittens. Zu beklagen ist – ja, auch wenn wir dazu einen Beschluss gefasst haben hier im Parlament –: Immer noch existiert der sogenannte Nothafen Darßer Ort inmitten der Kernzone des Nationalparks. Das ist ein 25 Jahre altes Armutszeugnis für den Naturschutz.
Viertens. Wo bleibt der Artenschutz für die Meeresschutzgebiete? Wenn wir den für den Nationalpark geforderten Prozessschutz zu Ende denken, also eine natürliche Entwicklung auch in den Meeresschutzgebieten, dann muss es dort Einschränkungen geben für Fischerei und Seeverkehr. Aber hier passiert seit Jahren einfach gar nichts.
Fünftens. Ein Biosphärenreservat Südost-Rügen – ich sehe Herrn Lenz jetzt gerade nicht –, wo auf ziemlich großen Flächen intensiv industriell verstandene Landbewirtschaftung stattfindet, wie passt das zum Biosphärenreservatsgedanken, zum Einklang von menschlichem Handeln einerseits und dem Wert der Natur andererseits? Ich denke, da passt einiges nicht zusammen. Als Stichwort: Haben wir es hier teilweise mit Paperparks, also mit Parks, die nur auf dem Papier geschützt sind, zu tun?
Zum Schluss möchte ich noch aus dem Buch „25 Jahre Ostsee-Nationalparke“ zitieren, wo einige zukunftsweisende Ideen formuliert wurden unter der Überschrift „Visionen 2050“. Das ist nun auch nicht so schrecklich weit hin. Nur einige wenige:
Eine der Visionen schlägt den Bogen hin zur neuen Wildnis: „Schutzgebiete mit ,neuer Wildnis‘ erfahren eine hohe öffentliche Wertschätzung...“
Oder eine andere Vision: „Die Schutzgebiete verfügen über ausreichend Personal mit den Aufgaben entsprechender Qualifikation...“
„Das Biosphärenreservat Südost-Rügen ist auf die gesamte Insel Rügen erweitert und umfasst damit einen natürlich begrenzten Wirtschafts- und Entwicklungsraum...“
Oder: Eine „Nährstoffbelastung der Gewässer in der Vorpommerschen Boddenlandschaft hat sich infolge der Umstellung auf ökologischen Landbau drastisch reduziert“.
„Die Küstenfischerei ist ein fester und inseltypischer Bestandteil des wirtschaftlichen Gesamtgefüges...“