Also ich meine nicht, dass unsere Behörden – weder Polizei noch Justiz – voller Verfassungsfeinde sind. Vielleicht ist es ja auch so, dass wir – unser Verfassungsgericht geht ja da ganz toll voran – einen Verfassungswandel betreiben, der dazu führt, dass Dinge, die man früher ganz normal sagen konnte, wo kein Mensch auf die Idee gekommen wäre, dass da ein Verfassungsfeind spricht, die werden plötzlich interpretiert als Verfassungsfeindlichkeit. Ich nehme mal diesen kritischen Begriff: Sie haben ja auch keine Leute hier im Auge, die hier die Revolution wollen, die den Führerstaat einführen wollen oder morgen hier, was weiß ich, eine Räterepublik ausrufen, die haben Sie alle nicht im Fokus. Sie haben ja die im Fokus, wo Sie dann sagen, die fremdenfeindlich sind oder so was Ähnliches.
Ist es nicht vielleicht auch so, das – nehmen wir mal den Fremdenfeind jetzt mal ganz kritisch raus –, das ist aber mit Sicherheit keiner, der was gegen den Pizzabäcker, den integrierten türkischen Frisör hat, das ist vielleicht einer, der die ganzen Probleme einer ungeordneten
Migration tagtäglich erlebt und sich dann so äußert, wie man es nicht tun sollte. Damit habe ich nicht die ganz schlimmen Bilder vor Augen, die Sie da beispielhaft aus den Chats erwähnt haben, aber da droht ihm jetzt schon, dass der Kollege ihn verpetzt, und er hat sich also unbotmäßig geäußert. Etwa nach dem Fall in Frankreich kommt er auf die Idee, das ist doch nur in diesem Kulturkreis, bei uns bringt man einen um, aber nicht so was.
Und wissen Sie, was ich damit sagen will? Wir haben eine Situation, wo man eigentlich fragen müsste, wie kommt es eigentlich, dass Menschen, die wir bis dahin als ganz normal und pflichtbewusst angesehen haben, plötzlich in den Verdacht geraten, sich verfassungsfeindlich – nach neuester Interpretation – zu äußern. Da sind die Probleme. Und deshalb meine ich, dass man da sehr sorgfältig drüber nachdenken muss. Das meine ich in die linke und in die rechte Seite gleichermaßen, weil ich persönlich der Meinung bin, dass die Meinungsfreiheit und die Gedankenfreiheit ein ungeheures wichtiges Gut sind und dass uns nichts Schlimmeres geschehen könnte, als dass hier eine innere Unfreiheit entsteht, die Angst, dass der Kollege, dass man sich jedes Wort überlegen muss, um nicht irgendwo anzuecken. Das ist viel schlimmer, als irgendwo einen zu haben, wo man weiß, der hat eine stramm linke oder eine sehr rechte Gesinnung.
Es gibt Grenzen, das ist völlig klar, aber es war bisher nicht nötig, wir sind da gut mit ausgekommen. Und ich sehe die Risiken und die Gefahren des Verlustes an innerer und äußerer Freiheit, sehe ich da ganz deutlich und meine, wir sollten sehr, sehr vorsichtig sein hier mit diesen Regelanfragen – das war früher ja mal ein großes Thema, vor allem war DIE LINKE da im Fokus –, wir sollten da sehr vorsichtig sein, ob es wirklich notwendig ist. Wir sollten eine … Liberale Republik ist mutig, die kann auch mit einem leben, der eine Gesinnung hat, die vielleicht nicht so jedem passt, solange er seine Dienstpflichten ordentlich erfüllt. Das ist das Entscheidende.
Und ich wiederhole mich jetzt: Mein Eindruck ist, dass das alles geschuldet ist einer Augenblicksituation, wie es jetzt aktuell stattfindet, nochmals: Rassismusdebatte und Ähnliches. Ich glaube nicht, dass es überzeugende Argumente gibt, dass wir diese Regelanfragen brauchen. Ich fürchte, es wird zu 99 Prozent der Fälle ohnehin nichts vorliegen. Und dann stellt sich ja die Frage nach Überprüfbarkeit. Das ist doch vorgegeben, dass dann irgendwas kommt, was man ja vielleicht auch gar nicht so richtig …
Das ist ja typisch, weil ja die Behörden, die Verfassungsschutzbehörden das dann nicht sozusagen wie im normalen Verfahren nachprüfbar geben können mit Quellenpreisgabe. Das geht ja gerade nicht. Dann kann da irgendwas stehen, was auf einem Gerücht oder auf einer Intrige, irgendeiner Mitteilung beruht, die dann einen ordentlichen, tüchtigen Bürger davon abhält, letztlich in den öffentlichen Dienst aufgenommen zu werden. Also Fazit: Das sollte ernsthaft überprüft werden. Und das wird sicherlich auch im Ausschuss geschehen. – Vielen Dank!
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir beraten heute über das Besoldungsneuregelungsgesetz für MecklenburgVorpommern. Neu gefasst werden neben den Besoldungsvorschriften auch die Regelungen zum Altersgeld, zu Sonderzahlungen, Versorgungsrücklagen, Disziplinarangelegenheiten und die Kommunalbesoldungslandesverordnung. Mit der Neuregelung wird das Bundesbesoldungsüberleitungsfassungsgesetz M-V umgesetzt. Es wird dem Auftrag aus dem Landesbeamtenversorgungsgesetz Rechnung getragen, die Besoldung und die Versorgung der Landesbeamten regelmäßig anzupassen.
In den nächsten zehn Jahren wird etwa die Hälfte der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus allen Bereichen der Landesverwaltung ausscheiden. Mit dem Neuregelungsgesetz machen wir das Land als Arbeitgeber im bundesweiten Wettbewerb um Fachkräfte in der Verwaltung wesentlich attraktiver. So wird im Landesbesoldungsgesetz die Anfangsbesoldung für Lehrerinnen und Lehrer und Richterinnen und Richter angehoben. Es wird einen neuen Personalgewinnungszuschlag für Fachkräfte wie Fachärzte und IT-Spezialisten geben. Die Stellenzulagen werden auf Länderdurchschnitt erhöht. Das verbessert die Einkommen bei den Beamtinnen und Beamten der Landespolizei, bei der Berufsfeuerwehr und im Justizvollzugsdienst.
Mit den Änderungen des Landesrichtergesetzes wird für Richter erstmalig die Möglichkeit eröffnet, auf Antrag den Zeitpunkt des Ruhestandes hinauszuziehen oder hinauszuschieben, wenn dieses im dienstlichen Interesse ist. So können berufserfahrene Fachkräfte den Gerichten für einen längeren Zeitraum zur Verfügung stehen und erhalten bleiben.
Neu – neben weiteren Änderungen – sind die Regelungen zur Zuverlässigkeitsprüfung bei der Einstellung von Beamten und Richtern. Bereits vor der Ausbildung im Polizeidienst und im Justizdienst und im Richterverhältnis auf Probe wird künftig nicht nur ein polizeiliches Führungszeugnis verlangt, sondern es erfolgt eine Abfrage beim Verfassungsschutz nach eventuellen vorliegenden Erkenntnissen. Diese Regelung wird dazu beitragen, den öffentlichen Dienst vor rechtsextremistischem Verhalten von Beamten zu schützen.
Der Gesetzentwurf zur Neuregelung des Besoldungsrechts bietet geeignete Maßnahmen, um die Leistungsfähigkeit der Verwaltung in den nächsten Jahren zu erhalten. Dabei muss er auch auf die finanzielle Lage des öffentlichen Haushaltes Rücksicht nehmen – wenn man das jetzt mal so sagen darf als Finanzer –, besonders im Hinblick auf wirtschaftliche Auswirkungen der Corona-Pandemie und natürlich auch auf weitere Auswirkungen. Ich bitte also um Ihre Zustimmung zur Überweisung des Gesetzes in die zuständigen Ausschüsse und bedanke mich bei dem einen oder anderen für seine Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf bringt neben mehr Transparenz und Rechtssicherheit für die Beamtinnen und Beamten einige längst überfällige Verbesserungen. Der öffentliche Dienst muss zwingend
an Attraktivität gewinnen, und dabei lässt sich vieles, aber sicher nicht alles über die Besoldung lösen. Das haben wir ja heute schon gehört. So vermissen wir ein Einlenken bei den Höchstaltersgrenzen für eine Verbeamtung. Sie gehören abgeschafft oder zumindest heraufgesetzt.
Sie sind für die Fachkräftegewinnung nicht hilfreich und stellen einen Wettbewerbsnachteil für das Land dar.
Meine Damen und Herren, ich will einige weitere Punkte anreißen, die aus unserer Sicht kritisch zu diskutieren sind.
Zunächst zum Thema Stellenzulagen: Es erfolgt zwar eine Anpassung, aber wir werden darüber reden müssen, ob diese ausreichend ist.
Ein Beispiel: Fliegerstellenzulage. Sie soll für Piloten, also Luftfahrzeugführer, um nur 14 Euro und für sonstige ständige Besatzungsmitglieder um nur 2 Euro steigen. Angesichts dessen, dass es seit 22 Jahren keine Anpassung in Mecklenburg-Vorpommern gab, während der Bund und andere Bundesländer deutliche Verbesserungen vorgenommen haben, besteht hier aus unserer Sicht Handlungsbedarf,
Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir weitere Anmerkungen zu zwei innen- und einem kommunalpolitischen Thema. Der Gesetzentwurf ändert mit Artikel 4 unter anderem Dienstkleidungsvorschriften des Landes. Mit anderen Worten: Die Kennzeichnungspflicht von Polizeivollzugsbeamten soll in Mecklenburg-Vorpommern auf eine gesetzliche Grundlage gestellt werden.
Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 1. September 2019 stand nämlich unsere Verwaltungsvorschrift zur individuellen Kennzeichnungspflicht plötzlich auf sehr brüchigem Fundament.
Ich meine, mich zu erinnern, dass mein Kollege Peter Ritter bereits in einer früheren Debatte auf diese Problematik hingewiesen hat.
Der vorliegende Gesetzentwurf setzt dieses Urteil aber nur halbherzig beziehungsweise nicht vollständig um. Die Kennzeichnungspflicht für Polizeivollzugsbeamte in Brandenburg ist verfassungsgemäß. Sie beruht nämlich auf einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Grundlage. Der Gesetzgeber habe die wesentlichen Entscheidungen auch über Ausnahmen von der Verpflichtung nach einer parlamentarischen Debatte selbst getroffen.
Darauf soll unser Landtag verzichten. Näheres zu Inhalt, Umfang und Ausnahmen regelt künftig wiederum das Innenministerium durch Verwaltungsvorschrift.
Meine Damen und Herren, mit der Änderung des Landesdisziplinargesetzes in Artikel 7 will die Landesregierung ein kommunalpolitisches Problem lösen. Im Verhältnis zwischen ehrenamtlichem Amtsvorsteher und hauptamtlichem leitenden Verwaltungsbeamten will der Gesetzentwurf das Hauptamt stärken. Die Disziplinarbefugnisse sollen dem Amtsvorsteher entzogen und auf die Ebene der Rechtsaufsicht verlagert werden.
Meine Damen und Herren, ich glaube, wir sollten nicht in Sonntagsreden das Ehrenamt über den Klee loben, in der Realität dann aber das Hauptamt privilegieren. Wenn der Gesetzentwurf in diesem Zusammenhang von einem missbräuchlichen Umgang mit disziplinarrechtlichen Befugnissen spricht, dann erwarte ich erstens Belege und zweitens alternative Lösungsvorschläge zum Beispiel zur weiteren Qualifizierung des Ehrenamtes.
Ein weiteres Thema ist die Zuverlässigkeitsüberprüfung. Künftig soll vor erstmaliger Begründung eines Beamtenverhältnisses in der Laufbahn des Polizeivollzugsdienstes sowie in der Laufbahn des Justizdienstes und weiterer Bereiche neben dem LKA auch die Verfassungsschutzbehörde um Auskunft ersucht werden. Ich meine, wer das Kriterium der Verfassungstreue nicht erfüllt, hat im öffentlichen Dienst nichts verloren.
Der Verfassungsschutz soll also die Frage klären, ob die Bewerber jederzeit für die freiheitlich-demokratische Grundordnung eintreten werden.
so der Gesetzentwurf, sei dieser Grundrechtseingriff verhältnismäßig, erforderlich und geeignet. Man muss die linke Kritik an Geheimdiensten nicht teilen, aber seit NSU, seit SEK-Skandal und anderen alarmierenden Entwicklungen müsste der Gesetzentwurf an dieser Stelle von einer breiten Mehrheit in Zweifel gezogen werden.
Was nützt eine Überprüfung der Verfassungstreue von Bewerbern, wenn sie Jahre später unbehelligt und ohne Konsequenzen mit Wehrmachtsliteratur über den Campus laufen können?
Was nützt eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des Geheimdienstes, wenn sich die überprüften Bewerber anschließend in geheimen Chatgruppen über die freiheitlichdemokratische Grundordnung amüsieren können? Und was nützen uns Auskünfte eines Verfassungsschutzes, der Netzwerke, wie zum Beispiel Nordkreuz, mit seinen zahlreichen verbeamteten Mitgliedern nicht kennt?