Protokoll der Sitzung vom 29.10.2020

1968 setzte die Regierung Brandt, zu Zeiten der Hongkong-Grippe, auf Herdenimmunität in Deutschland

(Andreas Butzki, SPD: Das war die Regierung Kiesinger!)

und importierte nicht den Impfstoff,

(Andreas Butzki, SPD: Das war die Regierung Kiesinger!)

und importierte nicht den Impfstoff aus den USA. War zu dem damaligen Zeitpunkt die deutsche,

(Andreas Butzki, SPD: Keine Ahnung von der Geschichte!)

die bundesdeutsche Regierung, war das eine Massenmörderregierung? Das glaube ich doch wohl nicht!

Was?! Ich habe jetzt die Frage nicht verstanden. Soll ich jetzt die Frage beantworten, ob 1968,...

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD – Der Abgeordnete Dirk Lerche spricht bei abgeschaltetem Saalmikrofon.)

Herr Lerche, jetzt rede ich!

... ob 1968 die Bundesregierung eine Massenmörderregierung war? Soll ich die Frage beantworten, ob 1968 Herr Bundeskanzler Kiesinger oder Herr Bundeskanzler Brandt die Bundesregierung gestellt hat, weil Herr Brandt ist erst 1969 Bundeskanzler geworden?

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Aber ich versuche das jetzt mal zu beantworten: Nein, auch 1968, auch 1969 ist die Bundesregierung sicherlich kein Massenmörder gewesen, und 1969 ist Willy Brandt Bundeskanzler geworden. Ist Ihre Frage damit beantwortet?

(Andreas Butzki, SPD: Setzen, Sechs!)

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich noch mal was zu der parlamentarischen Beteiligung sagen. Wir müssen uns doch, wir müssen uns doch...

(Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich weiß jetzt gar nicht, womit ich die Aufregung in den Reihen der AfD verursacht habe.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wir müssen uns doch mal über eins deutlich und klar werden:

(Andreas Butzki, SPD: Das hat Blitzmerker Lerche selbst gemacht.)

Wir haben eine Situation, die zügiges Handeln verlangt, und zügiges Handeln ist im Regelfall Handeln der Exekutive. Aber, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, das

nimmt doch niemandem hier in diesem Haus, auch den Oppositionsfraktionen, nicht das Recht, beispielsweise durch Anträge, durch Gesetzentwürfe tatsächlich auf dieses Geschehen Einfluss zu nehmen,

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

so, wie das heute hier drei Fraktionen mit ihrem interfraktionellen Antrag getan haben. Das ist Aufgabe der Legislative.

Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, ich könnte sogar noch einen draufsetzen. Wenn Sie mal – und ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung –, wenn Sie sich mal den Artikel 80 (4) angucken, das Infektionsschutzgesetz ermächtigt die Landesregierungen, Rechtsverordnungen zu erlassen. Und der Artikel 80 (4) gibt Parlamenten, den Länderparlamenten, das Recht, sich an die Stelle des Verordnungsgebers zu setzen. Das ist theoretisch also auch möglich. Allerdings bin ich jetzt ganz ehrlich, ich habe nie in diesem Haus einen entsprechenden Antrag gesehen, nicht mal als Entwurf.

Und, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, das ist auch gut so, weil ich möchte nicht erleben – weil dieser 80 (4) setzt dann nämlich ein ganz normales parlamentarisches Verfahren in Gang –, ich möchte es nicht erleben, wenn wir hier tatsächlich in Ersten und Zweiten Lesungen mit Ausschussbefassungen zwischendurch über anderthalb Monate auf irgendwelche akuten und aktuellen Situationen reagieren müssen. Während draußen vielleicht das Gesundheitssystem zusammenbricht, diskutieren wir in Ausschüssen darüber, was denn tatsächlich nachher umgesetzt werden muss, und das müsste dann ja auch wieder durch die Exekutive umgesetzt werden. Das ist doch die Realität, sehr geehrte Damen und Herren,

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

und daran soll man dann doch auch nicht vorbeireden. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Herr Abgeordneter Schulte, zu Ihrem Redebeitrag liegen mir zwei Anträge auf Kurzinterventionen vor, der erste vonseiten der AfD, Herr Professor Weber, danach vom fraktionslosen Abgeordneten Herrn Arppe.

Ich rufe zunächst auf Herrn Professor Weber.

Liebe Landsleute! Wertes Präsidium!

Sehr geehrter Herr Schulte, ich möchte zu zwei Punkten kurz was sagen, was Sie angesprochen haben. Das eine: Niemand hat irgendwo den Vorwurf erhoben, dass die Nichtbefassung des Parlamentes mit den Ministerialerlassen und Kabinettsverordnungen rechtswidrig sei. Es wurde nur von den LINKEN – die werden sich dagegen aber auch selbst verteidigen können –, es wurde nur beantragt, dass man das Parlament einschalten solle, und zwar häufiger, und zwar auch im Vorhinein, bevor die Maßnahmen erlassen sind. Wir haben alleine in bisher fünf Anträgen Maßnahmen im Nachhinein versucht hier zu kippen oder jedenfalls eine Aussprache dazu herbeizuführen, das wird dann – das ist Demokratie – von der Parlamentsmehrheit abgebügelt. Aber es geht

um die Information des Parlaments im Vorhinein. Das war heute das erste Mal.

(Ministerpräsidentin Manuela Schwesig: Nein! Das stimmt nicht.)

Das war heute das erste Mal, dass solche Maßnahmen,

(Zuruf von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig)

bevor sie durch irgendwelche Verordnungen verkündet wurden, hier zur Diskussion gestellt wurden. Und das hätte man sich mehr gewünscht.

(Zuruf von Birgit Hesse, SPD)

Und zum Zweiten möchte ich sagen, Sie haben bemängelt die Wortwahl, haben das kritisiert, die Wortwahl. Ich will die beiden Begriffe nicht wiederholen, Sie wissen,...

Das ist auch gut so.

… um was es geht, die NSTerminologie, die Sie bemängelt haben.

(Zuruf aus dem Plenum: Das ist unparlamentarisch.)

Wir sind hier in einem Parlament, das der freien Rede verpflichtet ist.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der SPD – Horst Förster, AfD: Genau.)

Und dass man Begriffe verwendet, die aus der NS-Zeit stammen, ist an sich selbst noch nicht problematisch. Wenn man das gut findet, wenn man sagt, das sei vorbildlich oder sonst was, dann in der Tat hätten Sie recht. Das ist aber nicht erfolgt. Wenn ich Ihnen jetzt sagen würde,

(Thomas Krüger, SPD: Na?!)

im Sommer 1935 gab es sonnige und warme Tage, habe ich jetzt den Nationalsozialismus schöngeredet?

(Zuruf von Martina Tegtmeier, SPD)

Mitnichten habe ich das. Dann können wir künftig auch das Wort „Auto...“,