Protokoll der Sitzung vom 11.12.2020

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Kein Unternehmen kann so lange Garantien abgeben und sagen, ich habe Fördermittel bekommen, jetzt 20 Jahre lang bleibt das so. Wer weiß denn schon, was nächstes Jahr ist, geschweige denn, was in 20 Jahren ist? Also man muss bei den Forderungen an die Unternehmen …

(Dr. Ralph Weber, AfD: Das ist aber bei der Erbschaftsteuer genauso mit den Arbeitsplatzgarantien.)

Man muss bei den Unternehmen auch realistisch bleiben und mit beiden Beinen auf dem Boden der Tatsachen bleiben. Man kann nicht endlos lange in die Zukunft blicken. Das kann man nicht erwarten.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Deshalb geht es eben nicht darum, jeden einzelnen Arbeitsplatz zu erhalten, auch wenn wir das gerne hätten. Klar, sicher möchte man gerne alle Arbeitsplätze erhalten, aber darum geht es eigentlich nicht. Es geht darum, dass die Unternehmen als Einheiten, als Träger von Organisation, von Technologie, von Wohlstand, von Mehrwertschöpfung, dass die erhalten bleiben. Das hat Herr Schulte ja richtig gesagt.

Und genau darum geht es auch bei den Werften. Deswegen sind wir auch bei den Werften vollkommen anderer Meinung als die AfD. Uns geht es darum, dass die Werften erhalten bleiben, dass die maritime Wirtschaft erhalten bleibt, dass die Kompetenzen erhalten bleiben, die wir in der Zulieferindustrie, bei den Dienstleistern haben, denn sonst würden wir den größten industriellen Kern, den unser Land überhaupt hat, verlieren. Und ob das dann ein paar Arbeitsplätze mehr sind oder weniger, ist dabei nicht ganz so entscheidend. Natürlich möchten wir, dass möglichst viele erhalten bleiben. Ganz klar,

(Dr. Ralph Weber, AfD: Das können Sie denen sagen, die arbeitslos werden!)

ganz klar möchten wir, dass möglichst viele erhalten bleiben, aber am Ende, und jeder Unternehmer, der schon mal Unternehmer war und nicht nur im öffentlichen Dienst gearbeitet hat,

(Beifall Burkhard Lenz, CDU)

der weiß, es geht am Ende doch um die Frage, geht das ganze Schiff den Bach runter, geht das ganze Unternehmen hops oder kann ich das Unternehmen halten, vielleicht nur mit einer kleineren Belegschaft. Das ist doch die Aufgabe auch von Sanierungskonzepten. Darum geht es doch bei Sanierungen. Wir müssen einen Weg finden, wie können die Unternehmen zukunftsfest bleiben, in die Zukunft gehen und dann natürlich auch wieder irgendwann wachsen. Jedes Unternehmen möchte irgendwann wachsen. Das ist der Wirtschaft immanent. Das heißt, wenn man durch diese Krise hindurchgekommen ist, kommen wir auch wieder auf einen Wachstumspfad und dann werden auch die Werften wieder Mitarbeiter einstellen.

Und zweitens möchte ich sagen, um da allen Legendenbildungen mal vorzubeugen: Warum sind denn die Werften in Schwierigkeiten geraten? Das hat doch nichts mit der Geschäftsführung zu tun. Immer wird dann die Geschäftsführung als Erstes kritisiert, auch bei Majorel: Da müssen die eben den Vertrag verhandeln. Als wäre das so was Einfaches,

(Henning Foerster, DIE LINKE: Ich habe nicht gesagt, dass das einfach ist!)

als könnte man sich ans Pult stellen und sagen, ja, da muss man den Vertrag verhandeln und dann geht das auch weiter. Also es ist immer nur die Geschäftsführung schuld, menschliches Versagen. Damit machen Sie es sich viel zu einfach.

(Henning Foerster, DIE LINKE: Ja, ist klar.)

Die Welt ist komplex. Und dass die Werften in eine Schieflage gekommen sind, liegt nun einmal eindeutig –

eindeutig! – an der Corona-Pandemie, denn das Stammgeschäft des Konzerns, womit eigentlich Geld verdient wird, die Kreuzfahrten in Asien, wurden eingestellt. So! Was macht denn ein Unternehmen, wenn es von heute auf morgen keinerlei Einnahmen mehr hat? Da möchte ich mal hier unsere 71 Abgeordneten sehen, wie sie damit umgehen würden, wenn mit einem Mal, von heute auf morgen, kein Geld mehr fließt, Sie müssen aber Ihre Miete bezahlen, Ihre Stromrechnung bezahlen und, und, und. Ja, dann können Sie das auch nicht. Aber jetzt auf Genting zu zeigen und zu sagen, ja, wieso, was läuft denn da schief, das ist billig, das ist schäbig. Genting hat gekämpft. Es hat sein ganzes Geld dort investiert, um hier diese Werften zu übernehmen und aufzubauen,

(Zuruf von Henning Foerster, DIE LINKE)

und wir sind an der Seite des Unternehmens. Und dabei geht es uns nicht darum, ob jemand mehr oder weniger Geld verdient, es geht uns darum, dass der industrielle Kern hier in Mecklenburg-Vorpommern erhalten bleibt.

(Beifall Tilo Gundlack, SPD)

Deswegen ist diese Krise, diese Krise der Werften, etwas ganz anderes als die bisherigen Krisen der Werften. Es gab hier in Mecklenburg-Vorpommern, wie überhaupt in Deutschland und Europa, immer wieder Werftenkrisen. Das wird auch jetzt nicht die letzte Werftenkrise sein, aber diese Werftenkrise ist etwas ganz Besonderes. Es ist ein exogener Schock, und zwar eindeutig. Da gibt es gar nichts dran rumzuleugnen, ein eindeutig exogener Schock. Es wurde von außen der Geldhahn abgedreht und das Unternehmen kommt in Schieflage. Und die Landesregierung hat alles getan, um dagegen anzugehen und dieses Unternehmen zu retten, tatsächlich zu retten, und natürlich mit einem klaren Kalkül, dass das Unternehmen in Zukunft wieder wachsen wird.

Und ich muss sagen, Herr Foerster, Sie waren mir da auch ein bisschen zu flapsig dabei, der Landesregierung Dinge vorzuhalten, was man denn tun müsste und was man denn noch tun müsste und so weiter. Sie wissen selber ganz genau, dass unser Wirtschaftsminister Harry Glawe sich in jedes Thema hineinbegibt, überall, wo es etwas Kritisches gibt. Er zuckt vor keiner Sache zurück. Wo andere vielleicht sich lieber zurückhalten würden und sagen, das könnte schiefgehen, da mische ich mich mal nicht ein, da geht er trotzdem hin

(Heiterkeit und Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

und da verhandelt er mit den Leuten und stellt auch ganz klar immer wieder sein ganzes Gewicht

(Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke übernimmt den Vorsitz.)

und das Gewicht der CDU und das Gewicht der Landesregierung dort tatsächlich hin, um etwas Positives zu erreichen. Und bis zur letzten Sekunde kämpft er für das positive Ergebnis.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Zuruf vonseiten der Fraktion der CDU: Jawohl!)

Und das kann er auch, weil unsere Fraktion eindeutig hinter ihm steht und die Landesregierung eindeutig hinter ihm steht, denn es ist ja keine Einzelkämpferaufgabe,

sondern es ist die Aufgabe der ganzen Landesregierung. Und mit diesem Stil haben wir auch Erfolg. Viele Unternehmen wurden dazu bewegt, hierzubleiben. Dass es Schwierigkeiten gibt – unbenommen, das ist richtig, aber für Schwierigkeiten in einzelnen Unternehmen würde ich empfehlen, keine allgemeine Aussprache hier zu veranschlagen oder zu erbitten, sondern dann doch wirklich konkrete Anträge zu stellen: Was möchten Sie denn machen? Worum geht es Ihnen ganz konkret? Dann kann man darüber auch sprechen, dann kann man auch Maßnahmen erschließen. Ansonsten ist das Ganze nur ein Lamentieren, was uns nicht weiterhilft. – Danke!

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Entschuldigung, Herr Wildt, ich war noch etwas desorientiert. Es gibt eine angemeldete Kurzintervention von Herrn Professor Weber. Das will ich natürlich nicht unterschlagen.

Liebe Landsleute! Wertes Präsidium!

Sehr geehrter Herr Kollege Wildt, Sie kennen ja sicher den Satz „Die überzeugtesten Bayern sind die, die vor Kurzem da hingezogen sind“, und ein bisschen kommt mir das so vor, wenn ich Sie höre, wie Sie hier die Regierungspolitik Ihrer Bundesregierung verteidigen. Ich kann mich noch gut an die Zeiten erinnern, als Sie in unserer Fraktion saßen und wie Sie da anders darüber gedacht haben. Aber darüber wollte ich nur diesen einen Satz verlieren.

Mir geht es um den Satz, den Sie gesagt haben, mit utopisch langen Zeiten, die wir Arbeitsplatzgarantien fordern. Ich hatte gesagt, 10, maximal 20 Jahre. Wenn Sie einen Blick in unser Erbschaftsteuergesetz geworfen hätten, wüssten Sie, 20 Jahre lang wird die Erbschaftsteuer davon abhängig gemacht, die Stundung der Erbschaftsteuer, dass die Unternehmen ihre Arbeitslatzzahlen konstant halten. Für jedes Jahr werden fünf Prozent abgezogen, nach 20 Jahren ist die eigentlich zu zahlende Erbschaftsteuer bei null. Und eine solche Klausel, eine solche Politik bei den Fördermitteln war das, was ich gesagt habe, was uns gut anstehen würde. Das sind keine utopisch langen Zeiten, sondern das ist genau das, was wir im geltenden Recht schon umgesetzt haben. Das sollten Sie eventuell mal zur Kenntnis nehmen.

(Egbert Liskow, CDU: Die gibts doch!)

Nein, gibt es nicht, diese Klausel!

Wollen Sie darauf erwidern, Herr Wildt?

Ja, sehr gerne.

Also erstens bin ich natürlich kein Bayer und auch kein zugezogener Bayer, aber der Punkt trifft trotzdem nicht.

(Heiterkeit und Zuruf von Stephan J. Reuken, AfD)

Nein, der Punkt trifft trotzdem nicht und ich möchte das gerne mal klarstellen. Wenn Sie meine Reden zurückverfolgen bis in die erste Sitzung, wo ich hier vielleicht mal das Wort ergriffen habe, in wirtschaftspolitischen Fragen gab es keinen Dissens. In der Wirtschaftspolitik – und die Kollegen der CDU wissen das sehr genau und die wissen

auch, warum ich in der CDU-Fraktion heute bin –, in der Wirtschaftspolitik gab es keinen Dissens. Die CDUgeführte Bundesregierung und die CDU hier auch mit in der Landesregierung, in der SPD-geführten Landesregierung, verfolgen eine sehr nachhaltige und erfolgreiche Wirtschaftspolitik – und das wissen Sie selber, Sie waren auch mal in der CDU – seit Adenauers Zeiten.

(Beifall und Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU)

Seit Adenauers Zeiten!

Und wenn die Kollegin Kröger gestern auf das Wort „soziale Marktwirtschaft“ reagiert hat wie ein Vampir, dem man Knoblauch zeigt,

(Beifall und Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU)

dann zeigt das doch nur ganz deutlich, wer ist denn hier für die erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland seit 75 Jahren, oder sagen wir mal 70 Jahren, verantwortlich. Und Sie wissen es selber und geben das auch zu, dass das unsere Partei und unsere Fraktion ist.

So, und zu der Erbschaftsteuer: Der Hinweis ist nicht verkehrt. Klar gibt es diese Klausel in der Erbschaftsteuer. Sie wissen aber erstens auch, dass das ein ganz deutlicher Kritikpunkt ist an der Erbschaftsteuer, weil man genau diesen langen Zeitplan und diesen langen Zeithorizont schwer überblicken kann.

Und zweitens ist es eben auch was anderes, ob ich Fördermittel bekomme oder Erbschaftsteuer zahle. Das ist auch noch mal ein vollkommen anderer Sachverhalt. Es wird eben gestundet und wenn ich dann das Unternehmen nicht erhalte, dann muss ich eben doch mehr Erbschaftsteuer zahlen als ursprünglich gedacht, weil es ja darum geht, das Schonvermögen sozusagen, das Unternehmen selber, zu schonen, damit derjenige, der etwas erbt, das Unternehmen eben nicht verkaufen muss. Also das ist eine ganz andere Absicht als bei Fördermitteln.

Und zweitens gibt es natürlich lange Bindungen. Nur, Sie haben ja noch längere Bindungen gefordert, ebenso wie in der Erbschaftsteuer, und das lehnen wir ab.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)