Protokoll der Sitzung vom 15.12.2020

Und drittens... Ja, das war es eigentlich schon.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Möchten Sie antworten, Herr Barlen?

Ich werde antworten.

Bitte schön!

Also zunächst mal zu der Frage, also Sie behaupten, Sie würden beschimpft und diffamiert. Das weise ich zurück.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der AfD)

Es ist in der Tat so, dass wir klare Worte dafür finden, wenn eine AfD – oder Sie fühlen sich ja offensichtlich auch angesprochen, also auch ein fraktionsloser Abgeordneter Arppe – hier im Parlament, ich habe es eben ja in meiner Rede ausgeführt, im Mai, im Juni, auch noch im August die Position bezieht, dass MecklenburgVorpommern wie Schweden vorgehen sollte. Und dass dieser Weg gescheitert ist und dass dieser Weg, den wir bewusst nicht gewählt haben, weil wir uns verantwortlich für die Menschen im Lande fühlen, dazu geführt hätte, dass 1.000 zusätzliche Menschen in MecklenburgVorpommern gestorben wären, und dass das die politische Forderung der AfD ist, wenn Sie das,...

(Dr. Gunter Jess, AfD: In Deutschland! In Deutschland!)

Nee, in Mecklenburg-Vorpommern, in MecklenburgVorpommern!

(Zuruf von Dr. Gunter Jess, AfD)

... und wenn Sie das als Diffamierung oder Beschimpfung empfinden, dann tut mir das leid, dann sollten Sie vielleicht Ihre eigene politische Agenda überdenken.

Zweiter Punkt ist, ich habe ausgeführt, dass EuroMOMO, also der Mortalitätsmonitor, zu den Ergebnissen der Übersterblichkeit in den anderen europäischen Ländern kommt, die anders als Deutschland, anders als Mecklenburg

Vorpommern nicht diese entschiedenen Maßnahmen ergriffen haben. Ich habe Ihnen zugestimmt, dass es in Deutschland so ist, dass die Maßnahmen diese Überlastung des Gesundheitswesens, diese Schlangen vor den Krankenhäusern und den Intensivstationen, die wir leider grauenvoll im Fernsehen sehen müssen, nicht eingetreten sind, nur wir interpretieren das anders, nämlich als Erfolg von verantwortungsbewusster Politik. Sie hingegen fordern hier, dass wir so handeln, dass möglichst lange Schlangen vor den Krankenhäusern entstehen, und tun dann auch noch so, als würden Sie irgendwo beschimpft oder diffamiert, wenn man das einfach mal klar sagt.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Gut, dass ich das noch mal rausarbeiten durfte!

Vielen Dank, Herr Abgeordneter!

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache zur Regierungserklärung.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 2: Antrag der Fraktion der AfD – Corona ernst nehmen – Eigenverantwortung stärken – Obrigkeitsstaat zurückfahren – Weihnachtstradition schützen, Drucksache 7/5666, in Verbindung mit dem Antrag der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE – Weitere Anstrengungen zur Bewältigung der Corona-Pandemie – das öffentliche Leben herunterfahren, Kinderbetreuung sichern und Treffen im engsten Familienkreis zu Weihnachten ermöglichen, Drucksache 7/5673.

Antrag der Fraktion der AfD Corona ernst nehmen – Eigenverantwortung stärken – Obrigkeitsstaat zurückfahren – Weihnachtstradition schützen – Drucksache 7/5666 –

Antrag der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE Weitere Anstrengungen zur Bewältigung der Corona-Pandemie – das öffentliche Leben herunterfahren, Kinderbetreuung sichern und Treffen im engsten Familienkreis zu Weihnachten ermöglichen – Drucksache 7/5673 –

Das Wort zur Begründung des Antrages der Fraktion der AfD hat der Abgeordnete Professor Dr. Weber.

Wertes Präsidium! Liebe Landsleute! Auch wir von der AfD machen uns Sorgen – mein Kollege Kramer hat das vorhin noch mal betont, auch wenn Sie das dann zu Gelächter führt –, wir machen uns Sorgen, denn auch wir haben Eltern und Großeltern,

(Thomas Krüger, SPD: Das merkt man aber nicht.)

die zu den besonders vulnerablen Gruppen gehören und unter dieser Pandemie leiden. Wir machen uns Sorgen! Wir machen uns aber auch Sorgen mit Blick auf dieses Land, wenn wir sehen, dass die wirtschaftlichen Folgen, die Folgen für das soziale Leben und sogar für das familiäre Zusammenleben längst außerhalb der Bahnen sich bewegen, die Sie und wir verantworten wollen.

Meine Damen und Herren, diese Folgeschäden, die nicht von Corona, sondern von Ihren Pandemiebekämpfungsmaßnahmen herrühren, machen uns Sorgen, genauso Sorgen wie die Pandemie selbst. Und das muss man einmal sagen dürfen, ohne dass es hier boshaftes Gelächter gibt.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD und Holger Arppe, fraktionslos)

Und wenn Herr Spahn noch im September erklärt hat, das Schließen des Einzelhandels war ein Fehler, der sich nicht wiederholen wird, dann stehen wir jetzt also genau vor der Wiederholung dieses Fehlers. Dann muss man sich dann schon fragen: Ist das die von Frau Oldenburg geforderte Pandemiestrategie? Für mich sieht Strategie anders aus. Ich sage da gleich auch noch ein bisschen mehr dazu.

Meine Damen und Herren, wenn wir hier regionale Großkreise haben – Mecklenburgische Seenplatte ist 1,4-mal so groß wie das ganze Saarland, Vorpommern-Greifswald 1,2-mal so groß –, dann ist es Unsinn, nur auf die Inzidenzzahlen, unabhängig davon, was man von den Inzidenzzahlen ohnehin hält, aber dann ist es Unsinn, auf die Inzidenzzahlen eines Kreises zu schauen, dann muss man das regional herunterbrechen. Wenn in Usedom in einem Pflegeheim 60 Menschen positiv getestet werden, dann ist die Inzidenz eben entsprechend hoch. Das bedeutet aber nicht, dass das zur Folge haben muss, dass in Anklam Gaststätten, Hotels und Geschäfte geschlossen werden müssen – derselbe Kreis. Unser Punkt 1 in unserem Antrag sagt nichts anderes, als dass man das regional begrenzen sollte.

(Unruhe vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Unsere Landkreise sind zu groß, um sie über einen Kamm zu scheren. Und wir haben am Montag letzter Woche – also heute, gestern vor einer Woche – im Kreistag die Zahlen für Vorpommern-Greifswald präsentiert bekommen und da war sehr deutlich zu sehen,

(Zuruf von Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE)

dass Heringsdorf auf Usedom und Greifswald hohe Inzidenzzahlen haben, dass aber in den meisten,

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Und die kleinen Städte auch, Herr Professor Dr. Weber!)

dass aber in den meisten Gegenden unseres Landkreises die Inzidenzzahlen sehr gering sind. Dann überall mit der Gartenschere rüberzugehen und zu sagen, wir machen alles dicht, ist schlichtweg falsch und unverantwortlich.

Zum Punkt 2: das öffentliche Leben wieder ermöglichen. Meine Damen und Herren, ich hatte das schon mal gesagt, wenn Sie ins Theater gehen,

(Heiterkeit bei Jochen Schulte, SPD, und Peter Ritter, DIE LINKE)

wenn Sie ins Kino gehen, wenn Sie ins Hotel oder in die Gaststätte gehen, dann wissen Sie im Normalfall, dass Sie da nicht alleine sitzen. Wer Angst hat, sich anzustecken – was ich gut verstehen kann –, der ist nicht ge

zwungen, da hinzugehen. Alle diese Einrichtungen – Theater, andere Kultureinrichtungen, Hotels und Gaststätten – haben in aufwendige, umfangreiche Hygienemaßnahmen investiert und sie vorgelegt, um eben ein Ansteckungsrisiko zu minimieren. Wer auch dieses Risiko scheut, soll und muss da nicht hingehen. Aber mit welchem Recht verbieten Sie denjenigen, die in freier Abwägung ihres eigenen Willens und ihres eigenen Risikos sich dafür entscheiden, ich gehe in ein Hotel, in eine Gaststätte oder ins Theater, weil ich das unter Einhaltung aller Hygienekonzepte minimierte Restrisiko eingehen möchte, mit welchem Recht verbieten Sie diesen Menschen, ihrer Freiheit nachzukommen, und verbieten generell solche Veranstaltungen? Das ist mit keiner vernünftigen Erwägung nachvollziehbar.

Und wenn es dann wenigstens verhältnismäßig wäre, was Sie anordnen, dann könnte man es ja noch verstehen, aber Sie erlauben, wir alle erlauben, dass man in der Bahn oder im Bus zur Arbeit fährt, dicht gedrängt, dass man im Großraumbüro oder in Werkhallen oder wo auch immer in der Arbeit ebenfalls nicht unbedingt weit auseinander der Arbeit nachgeht, dann wieder mit Bus oder Bahn zurückkommt, um dann im engsten Familienkreis plötzlich eingeengt zu werden. Ich darf nur Freunde aus einem Haushalt einladen oder nur die Kernfamilie. Das macht keinen Sinn! Das ist das Gegenteil einer überzeugenden Pandemiestrategie.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD und Holger Arppe, fraktionslos)

Wenn ich höre, dass die Helios Kliniken zu einer Zeit – Anfang letzter Woche –, als genau ein Patient coronabedingt auf einer Intensivstation lag, planbare Magen- und Darmspiegelungen abgesagt haben, meine Damen und Herren, auch Magen- und Darmspiegelungen beugen unter anderem Krebs vor und sind damit vielleicht lebensnotwendig. Das ist unverantwortlich, so zu reagieren! Und deswegen müssen wir nach einer vernünftigen Strategie verlangen und nicht nach dieser Rasenmähermethode, die sagt, wir machen einfach alles dicht. Natürlich ist das sicher, meine Damen und Herren, sicher in dem Sinne, dass man alles Leben abtötet, alles Leben im kulturellen, im familiären und im sozialen Bereich.

Und die verordneten Kontaktbeschränkungen, die Sie hier vorgeben, gerade an Weihnachten, tasten die Menschenwürde in ihrem Kern an. Artikel 1 – den Sie ja, gerade die Kollegen von der LINKEN und von der SPD, immer wieder gerne zitieren, wenn es um die Flüchtlinge geht –: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“,

(Zurufe von Elisabeth Aßmann, SPD, und Julian Barlen, SPD)

wird von Ihnen im Kern angetastet, wenn Sie unsere grundrechtlich verbürgten Freiheiten in einer solchen Weise einschränken. Weihnachten, meine Damen und Herren – ich habe das selber vor einigen Jahren im Familienkreis erlebt, erleben müssen –, ist für viele Menschen auch ein Fest, wo man sich noch mal verabschiedet, weil man weiß oder mit ziemlicher Sicherheit weiß, dass man vielleicht ein weiteres Weihnachtsfest nicht feiern kann. Meine Damen und Herren, hier solche Kontaktbeschränkungen aufzuerlegen, in dieser Rigidität, wie wir sie jetzt zu lesen und zu spüren bekommen, ist unverantwortlich.

Das Gleiche gilt für die Frage, kann ich die Oma aus dem Pflege- oder Altenheim Weihnachten nach Hause holen. Kann ich nicht, weil es viele Pflegeheime nicht zulassen. Ich kann sie noch nicht mal mit den drei oder vier Enkeln besuchen, weil nur eine Person dort Kontakt aufnehmen kann. Das, meine Damen und Herren, ist ein Eingriff in den Kernbereich der Menschenwürde, und dafür brauche ich eine andere Rechtfertigung als das, was Sie hier von sich geben.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD und Holger Arppe, fraktionslos)

Denn es geht auch anders, man kann das vermeiden. Für die Alten- und Pflegeheime hat es der von mir sonst nicht sehr geschätzte, aber in dem Fall richtigliegende Oberbürgermeister von Tübingen, der zu den GRÜNEN gehört, Boris Palmer, gezeigt. Was Ladenöffnungen, Gaststätten und Hotels angeht, zeigt sich, ich will jetzt bewusst nicht Schweden nennen, sondern Südkorea und Japan, dort gibt es keinerlei Schließungen, da gibt es eine konsequente Kontaktverfolgung, mit der Folge, dass diejenigen, die positiv getestet sind, und die, mit denen sie Kontakt hatten, dann entsprechend in Quarantäne geschickt werden, aber kein Runterfahren des sozialen und wirtschaftlichen Lebens auf null,

(Zuruf von Martina Tegtmeier, SPD)

überhaupt kein Herunterfahren dieser Bereiche.

(Zuruf von Martina Tegtmeier, SPD)