Frau Präsidentin! Werte Abgeordnetenkollegen! Liebe Landsleute und Gäste! Wir befassen uns mit dem Antrag der Fraktion DIE LINKE zum Thema „Öffentlichen Gesundheitsdienst stärken“. Gegen diese Forderung kann man eigentlich nichts haben, wenn man sich im Kleingeschriebenen, wenn man sich nicht im Kleingeschriebenen, wie man so schön sagt, Unzumutbares versteckt.
Herr Dr. Jess, mal eine Anmerkung hier: Also wir haben ja nun wiederholt zur Kenntnis nehmen müssen, dass die AfD-Fraktion
nicht bereit ist, sich an die Gepflogenheiten bei der Eröffnung ihrer Redebeiträge zu halten. Aber dass hier nun, sage ich mal, neben Bürgern und was weiß ich wem allen nun noch die Landsleute begrüßt werden, also das gehört sich nicht, das gehört nicht hierher.
Es gibt ganz klare Regeln des Anstandes, die gelten auch für die Fraktion der AfD, und ich bitte einfach darum, das auch hier zu beachten.
Also ich wiederhole noch mal: Gegen diese Forderung kann man eigentlich nichts haben, wenn man sich nicht im Kleingeschriebenen, wie man so schön sagt, Unzumutbares, wenn man da nicht Unzumutbares entdeckt.
Ich gebe zu, wir waren längere Zeit unschlüssig, wie wir uns zu Ihrem Antrag positionieren. In einigen Punkten, insbesondere was den Punkt II angeht, können wir Ihnen durchaus zustimmen, in anderen Punkten schätzen wir die Lage anders ein als Sie. Ich will es vorwegnehmen: Wir werden nicht zustimmen. Und ich muss sagen, den Ausführungen von Herrn Glawe kann man eigentlich nur zustimmen. Herr Glawe hat es so beschrieben, wie die allgemeine Situation jetzt ist. Ich will deshalb auch darauf gar nicht weiter eingehen, wir hätten es ähnlich dargestellt.
Es ist so, wir haben ein Personal- oder, besser gesagt, wir haben ein Nachwuchsproblem im Öffentlichen Gesundheitsdienst. In den nächsten Jahren wird ein hoher Prozentsatz der derzeit tätigen Ärzte in den Ruhestand gehen, eine gesunde Altersmischung ist bisher nicht gemacht worden und zudem hält sich die Attraktivität des Berufes für junge Ärzte offensichtlich im Rahmen. Es gibt also Handlungsbedarf und man muss sagen, die Regierung hat es offensichtlich erkannt und hat entsprechend reagiert, Herr Glawe hat es dargestellt. Ich hoffe aber, dass sich diesmal der lapidare Spruch „Papier ist geduldig“ nicht bestätigt und tatsächlich Greifbares bei diesen Plänen, die die Regierung dargestellt hat oder vorgestellt hat, herauskommt.
Ich möchte aber noch einige grundsätzliche Anmerkungen zum Antrag der LINKEN als Ganzes machen. Indirekt unter Punkt I und in der Begründung kritisieren Sie die zu geringe Entlohnung der Ärzte, und das ist durchaus ja auch richtig und hat auch die Konsequenzen, die Sie angedeutet haben. Aber, Herr Glawe, Sie hatten auch angedeutet, dass man möglicherweise dort eine Veränderung herbeiführen muss. Wir meinen, davor muss man unter Umständen auch warnen, denn was erreichen wir damit? Wir erreichen damit einen zusätzlichen Personalwettbewerb zwischen dem therapeutisch
stationären Bereich, nämlich den Krankenhäusern, und dem Öffentlichen Gesundheitsdienst. Und ich persönlich bin da ganz klar der Meinung, dass eben der stationäre therapeutische Bereich da doch einen deutlichen Vorrang hat, und man kann auch die Arbeit der Ärzte in den Krankenhäusern mit der Arbeit der Ärzte im Öffentlichen Gesundheitsdienst nicht unbedingt vergleichen oder gleichsetzen.
Ich habe einen weiteren Kritikpunkt. Ich gehe davon aus, dass Ihre Aussage, dass nicht alle Aufgaben des Öffentlichen Gesundheitsdienstes vollständig wahrgenommen werden können, aus der Antwort der Landesregierung auf Ihre Kleinen Anfragen zu den Schuluntersuchungen abgeleitet wurde, und das finde ich auch in Ordnung. Sie haben Ihren Antrag gut vorbereitet mit Kleinen Anfragen, das habe ich natürlich gesehen. Sie haben auch recht, hier sind die vorgesehenen Untersuchungen nicht in allen üblichen Altersgruppen zu 100 Prozent vorgenommen worden. Wenn man sich die Antwort der Regierung auf Ihre Kleine Anfrage jedoch genauer ansieht, dann stellt man fest, dass es einen Widerspruch gibt, und zwar zu Ihren Schlussfolgerungen.
Dieser Widerspruch ergibt sich aus folgenden Tatsachen: Wir hatten zur Abfragezeit drei der acht Gesundheitsämter in Mecklenburg-Vorpommern, die ihre freien Arztstellen nicht besetzen konnten. Das waren die Ämter der Hansestadt Rostock, des Landkreises Ludwigslust-Parchim und des Landkreises VorpommernGreifswald. Es handelte sich dabei um jeweils ein bis drei freie Arztstellen pro Amt, Sie hatten es vorhin selbst angedeutet, Herr Koplin, zum Teil jahrelang. Das ist bei durchschnittlich zehn Arztstellen pro Amt schon eine relevante Zahl. Wenn man nun die Leistungszahlen dieser unterbesetzten Ämter mit jenen der Ämter vergleicht, die keine Unterbesetzung hatten, dann zeigt sich kein Unterschied in den Leistungszahlen. Dies ist auch nicht besonders erstaunlich, wenn man in den Medien tätig ist. Die verantwortlichen Amtsärzte setzten nämlich ihre Personalkapazitäten in den Bereichen ein, in denen es aus ihrer Sicht besonders wichtig und erforderlich ist.
Wenn man also eine reale Bewertung der Leistungszahlen eines Gesundheitsamtes vornehmen will, dann muss man vor Ort auch die Risikoeinschätzung der Ärzte für ihren Verantwortungsbereich abfragen. Diese kann nämlich in einer Stadt wie Rostock und Schwerin mit guter Dichte niedergelassener Ärzte ganz anders ausfallen als in Landkreisen wie Vorpommern-Greifswald oder Ludwigslust-Parchim oder Mecklenburger Seenplatte
Wenn Sie sich die Zahlen aus der Antwort zu Ihrer Kleinen Anfrage anschauen, dann werden Sie feststellen, dass die Amtsärzte bei den Schuluntersuchungen genau das gemacht haben, nämlich risikoorientiert vorgegangen sind. So wurden zum Beispiel untere Klassen umfangreicher untersucht als höhere Klassenstufen. Und ich halte auch die Untersuchungen in den Kinderkrippen und Kindergärten für viel wichtiger als in den höheren Klassen, weil nämlich dort, in den Kindergärten und in den Kinderkrippen, haben wir die Infektionszahlen, dort haben wir die hohen Krankenraten.
Lassen Sie mich ein Fazit ziehen: Ja, wir haben einen Handlungsbedarf im Öffentlichen Gesundheitsdienst, das ist allgemein akzeptiert und anerkannt. Ich schlage aber entgegen dem Antrag vor, die derzeit offenbar angelaufenen Aktivitäten der Regierung abzuwarten und in circa sechs Monaten einen Ergebnisbericht einzufordern. Sollten akute Probleme in einigen Landkreisen bestehen, so sind parallel dazu auch kurzfristige Lösungen durch die Landkreise anzustreben. Das könnte heißen:
sonalkapazität durch risikoorientierte Arbeitsplanung, was sowieso in den Ämtern in den Köpfen der Verantwortlichen bereits passiert,
tierung von Prüfaktivitäten auf solche mit Gebühreneinnahmen, denn die Amtsvorsteher weisen gerade darauf hin, dass sie immer wieder dazu angehalten werden, dass sie Prüfungen machen sollen, wo Gebühren anfallen. Das ist sicherlich nicht im Sinne einer risikoorientierten Vorgehensweise.
Alles in allem brauchen wir derzeit den vorliegenden Antrag aus unserer Sicht deshalb nicht. Ob aber der Weg, den die Regierung eingeschlagen hat, wirklich erfolgreich sein wird, das sollten wir in absehbarer Zeit nachfragen und überprüfen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Was die Analyse der Situation betrifft, ich denke, da sind wir uns alle einig. Der Öffentliche Gesundheitsdienst ist in einer schwierigen Situation bei uns in Mecklenburg-Vorpommern – nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern, wie der zuständige Minister ausgeführt hat. Ich erinnere mich an eine Anhörung im Gesundheitsausschuss, die inzwischen zwei, drei Jahre zurückliegt. Da ging es um die Anpassung des Öffentlichen Gesundheitsdienstgesetzes, und aus dem Bereich der Ärzte im Öffentlichen Gesundheitsdienst wurde vorgetragen, dass wir uns keine Sorgen machen müssten bei dem Öffentlichen Gesundheitsdienstgesetz, das sei topaktuell und State of the Art, aber es macht dann auch keinen Sinn, die Latte so hoch zu legen, dass man nur noch darunter durchlaufen kann.
Und damit ist das Thema angesprochen worden, was hier heute auf der Tagesordnung steht, nämlich, dass in den Gesundheitsämtern nicht an allen Stellen hinreichend Fachkräfte vorhanden sind, um die Aufgaben wahrzunehmen, die im Gesetz stehen. Da kann man vom Prinzip her in zwei Richtungen denken. Auf der einen Seite muss man sich das Gesetz noch mal angucken und gegebenenfalls über eine Aufgabenkritik ermitteln, was
ist noch zu leisten und was ist nicht zu leisten, und auf der anderen Seite Bestrebungen unternehmen, die letztendlich diese Defizite kompensieren.
Von der LINKEN wurden in ihrem Antrag ein paar Punkte aufgegriffen, die geeignet sind, hier Abhilfe zu schaffen. Der Gesundheitsminister hat sehr überzeugend dargelegt, was die Regierung macht, um hier weiterzukommen, um auf der einen Seite die Attraktivität des Berufes zu erhöhen und auf der anderen Seite das Thema Fortbildung zu verbessern. Aus unserer Sicht scheint das überzeugend vorgetragen und dargelegt, sodass wir der Meinung sind, dass man dem Antrag zurzeit nicht zuzustimmen braucht, und deswegen werden wir ihn auch ablehnen. – Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Werte Kollegen von der AfD! Auch wenn Helmut Kohl immer auch „liebe Landsleute“ gesagt hat, spare ich mir das jetzt heute hier mal,
Zum Antrag der LINKEN, „Öffentlichen Gesundheitsdienst stärken“, habe ich gedacht, dass dort etwas mehr Substanz kommt,
so bin ich das eigentlich ja gewohnt vom Kollegen Koplin, aber bis auf den allgemeinen Feststellungsteil, wo wir uns, glaube ich, fraktionsübergreifend relativ einig sind, dass es dort eine Baustelle gibt, wird es dann, wenn man in den Antrag selbst reingeht, etwas schwierig.
Es ist gesagt worden – ich möchte es gerne noch mal unterstreichen –, es ist kein Phänomen, was wir hier allein in Mecklenburg-Vorpommern haben. Es ist ein Phänomen, was wir, glaube ich, in allen Flächenländern haben, denn wenn man sich einmal die Zahlen anschaut, arbeiten bundesweit 2.500 Menschen im Öffentlichen Gesundheitsdienst und demgegenüber stehen 380.000 Ärzte, die in ihren Praxen beziehungsweise in den Krankenhäusern arbeiten. Die Gründe sind bekannt, hat der Minister auch genannt, natürlich in erster Linie bessere Verdienstmöglichkeiten. Ein weiterer Grund ist – und das ist kein Phänomen für den Gesundheitssektor, sondern das Problem hat der Öffentliche Dienst in seiner Gesamtheit –, je besser es der Wirtschaft geht, umso schwieriger ist es auch, gute und qualifizierte Leute für den Öffentlichen Dienst zu gewinnen, denn Öffentlicher Dienst bedeutet Sicherheit, und wenn es wirtschaftlich nicht gut läuft, entscheiden sich natürlich viele junge Menschen für diesen Weg. Das ist in den 90ern, Anfang der 2000erJahre so gewesen und jetzt haben wir eine andere Situation: Die Leute können es sich aussuchen, wo sie anfangen, und deswegen hat der Öffentliche Dienst insgesamt damit zu kämpfen.
Ich gehe mal in Ihren Antrag, Ziffer II, was das Thema Medizinausbildung angeht. Dort suggerieren Sie, dass wir Einfluss haben auf die Hochschulen. Ich möchte Ihnen aber mal ganz klar sagen, dass wir weder die formelle Zuständigkeit noch die materielle Regelungsbefugnis haben beim Thema „Curricula und Famulaturen“. Und schon heute bilden unsere medizinischen Fakultäten über den Bedarf aus, wir haben nur das Problem, dass die jungen Leute nicht im Land bleiben. Das haben wir auch schon häufiger besprochen. Ich glaube, da ist eher der Ansatzpunkt, woran man arbeiten muss.
Wichtig ist auch – Sie haben ja gesagt, Sie wollen es etwas ausweiten, stärker den Fokus auf den Öffentlichen Gesundheitsdienst legen –, da sei Ihnen nun gesagt, dass es gerade für kleine medizinische Fakultäten, wie wir sie in Rostock und Greifswald haben, sehr wichtig ist, dass man sich breit aufstellt und nicht so sehr spezialisiert. Das sagen einem eigentlich alle Experten, die man zu dem Thema spricht.
Zum Thema Weiterbildung, da war ich erst etwas irritiert, dass man so etwas in einen Landtagsantrag schreiben muss, aber ich bin auch ganz froh und dankbar, dass der Minister klar und deutlich ausgeführt hat, dass wir hier auf einem Weg sind. Also den Punkt können Sie dann zumindest streichen, weil wir dabei sind, das Problem zu lösen.
Und Punkt 3, da schreiben Sie ja auch nur etwas von einer Prüfung, das kommt auch nicht so richtig kraftvoll daher. Da stellt sich mir die Frage: Wie konkret wollen Sie das machen, die Personalprobleme dort in den Griff bekommen? Wenn ich mir das Thema Löhne anschaue, dann müssen Sie auch zur Kenntnis nehmen, dass ein Teil der kommunalen Mitarbeiter verbeamtet ist. Da stellt sich mir schon mal die Frage: Welche Handlungsoptionen und welche Hebel haben wir überhaupt in der Hand beim Beamten? Wie wollen wir da noch eine Schippe drauflegen, selbst wenn Sie es wollen?