Protokoll der Sitzung vom 18.05.2017

Heute haben Sie die Chance, mit uns gemeinsam ideologiefrei Sachpolitik für die Bürger unseres Landes zu betreiben,

(Martina Tegtmeier, SPD: Das stellt sich für mich genauso prekär dar, was Sie hier abliefern.)

denn es geht hier nicht um Euro, nicht um EU, es geht nicht um Flüchtlinge, es geht um die Interessen der Bürger unseres Landes

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Martina Tegtmeier, SPD: Und der Bürgerinnen nicht?)

und der Bürgerinnen natürlich, selbstverständlich auch der Genderneutralen.

(Martina Tegtmeier, SPD: Dann sagen Sie doch gleich „Bürgerinnen und Bürger“, dann haben Sie gleich alle!)

Lassen Sie uns gemeinsam – und ich meine „gemeinsam“ – ein Zeichen an die Bürger senden und die Forderung Schwerins begrüßen! Lassen Sie uns gemeinsam ideologiefrei in den Ausschüssen über den Gesetzentwurf der AfD-Fraktion vom 22. März dieses Jahres, Drucksache 7/398, diskutieren und, wie ich dann hoffe, eine bürgerfreundliche Entscheidung treffen! Wir können uns auf anderen Schlachtfeldern zoffen, bis die Fetzen fliegen, aber hier geht es um Ihre und unsere Wähler, die ein Anrecht darauf haben, dass wir uns ihrer Sorgen und Nöte gemeinsam annehmen.

Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke übernimmt den Vorsitz.)

Danke, Herr Abgeordneter.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 30 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Zunächst hat ums Wort gebeten der Minister für Inneres und Europa. Ich erteile Ihnen das Wort, Herr Minister.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich werde mich mal relativ kurzfassen, denn, lieber Kollege Lerche, den Antrag finde ich schon reichlich bizarr. Nun weiß ich nicht, ob Sie an Ihren Fraktionssitzungen immer teilnehmen oder sich

auch austauschen. Was in den Ausschüssen beraten worden ist, das ist mir nicht ganz klar. Auf jeden Fall habe ich in 27 Jahren Landtag ein solches Vorgehen noch nie erlebt.

(Heiterkeit bei Andreas Butzki, SPD: Nee.)

Das ist mir wirklich vollkommen neu.

Die AfD hat in der letzten Sitzung einen Gesetzentwurf zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes mit dem Ziel der Abschaffung der Pflicht zur Erhebung von Straßenbaubeiträgen vorgelegt. Darüber haben wir hier ausgiebig debattiert. Ich habe beispielsweise meine Meinung kundgetan, die können Sie im Protokoll gern nachlesen. Kurze Zusammenfassung: Straßenbaubeiträge sind aus meiner Sicht finanzwirtschaftlich vernünftig und gerecht. Sie sind eine wichtige Einnahmequelle der Städte und Gemeinden und außerdem können sie entsprechend den Bedürfnissen vor Ort hier angepasst werden.

Der Landtag hat zwar eine Ausschussüberweisung abgelehnt, das ist richtig. Gleichwohl, lieber Kollege Lerche, dürfen Sie sich bei meinem Kollegen Ritter herzlich dafür bedanken, dass er eine Expertenanhörung im Innenausschuss beantragt und zu diesem Thema auch initiiert hat. Das heißt, die Zweite Lesung Ihres Gesetzentwurfes wird natürlich nicht vor der Expertenanhörung stattfinden, sondern nach der Expertenanhörung. Das heißt, wir befinden uns mitten im Prozess über den Gesetzentwurf, den Sie initiiert haben, und die Zweite Lesung gab es noch gar nicht. Insofern frage ich mich in der Tat: Was stellen Sie hier für einen Antrag? Stellen Sie einen Antrag, um Ihren Gesetzentwurf wieder zurückzuziehen?

(Heiterkeit bei Andreas Butzki, SPD)

Wollen wir uns nicht erst mal die Meinung der Experten anhören

(Jochen Schulte, SPD: Guter Vorschlag.)

und dann am Ende – ich bin hier genauso lernfähig – sehen, was die Experten uns sagen, wie wir damit umgehen? Nur, am Ende muss eine Frage geklärt werden: Wie soll es in Zukunft, wenn die Beiträge abgeschafft werden, finanziert werden? Wer finanziert die Straßenbaubeiträge und wie geht das um? Werden die Kommunen zusätzlich belastet? Das sind viele Fragen, die sich damit auftun.

Insofern, liebe Kollegen, empfehle ich Ihnen: Ziehen Sie Ihren Antrag zurück! Lassen Sie die Expertenmeinungen und die Diskussionen im Innenausschuss! Dort ist es durch den Kollegen Ritter auch initiiert worden. Also erst mal anhören! Am Ende dessen wird es einen Diskussionsprozess geben, wie wir damit umgehen. Das ist ein parlamentarisches Verfahren, wie es hier seit 27 Jahren üblich ist.

Insofern kann ich auch gar nicht nachvollziehen, was Ihr heutiger Antrag auf dieser Tagesordnung soll nach den Vorgängen in den letzten Wochen. Ich glaube, letzte Woche ist es beschlossen worden oder vor 14 Tagen, das weiß ich jetzt nicht ganz genau. Dementsprechend auch zu reagieren, das wäre ein parlamentarisches Verfahren. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Tegtmeier von der Fraktion der SPD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin ja nicht immer mit meinem Innenminister einer Meinung,

(Torsten Renz, CDU: Das liegt aber nicht an ihm.)

aber dieses Mal 99-prozentig.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Also, Herr Lerche, das war doch hier eine reine Showveranstaltung.

(Andreas Butzki, SPD: Nicht mal das!)

Da kann man mal sehen, wie ernst Sie Ihr eigenes Anliegen nehmen. So was von oberflächlich, das gibt es ja gar nicht! Allein schon, wie Sie den Antrag geschrieben haben! Da sind Sie gleich mit einer falschen Behauptung eingestiegen. Sie haben geschrieben: „Der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Schwerin hat sich mit Schreiben vom 04.04.2017“ – das stimmt wahrscheinlich noch – „im Auftrag der Stadtvertretung der Landeshauptstadt Schwerin an die Landtagspräsidentin gewandt. Er setzt sich dafür ein, die Pflicht zur Erhebung von Straßenbaubeiträgen“ und so weiter und so fort. Also der Bürgermeister setzt sich nicht dafür ein, er nimmt seine Pflicht wahr, den Beschluss der Stadtvertretung umzusetzen. Mit dem an die Landtagspräsidentin gerichteten Schreiben bittet er lediglich die Landtagsabgeordneten, über das Ansinnen der Stadtvertretung zu unterrichten.

Der Landtag hatte die Überweisung des Gesetzentwurfes der AfD auf Drucksache 7/398 für eine entsprechende Änderung des Kommunalabgabengesetzes abgelehnt, und das aus gutem Grund, weil auch das ein total oberflächlicher Gesetzentwurf ist. Wie wir bereits hier im Landtag diskutiert haben, fehlt es da vorn und hinten. Man kann doch nicht aus dem Zusammenhang heraus eine Sache beschließen, die nur Sinn macht, wenn man gleichzeitig andere Dinge mit beurteilt. Wir hatten den Verweis auf die Kommunalabgaben, ich will die ganze Diskussion hier nicht noch mal durchführen.

Auch bei der letzten Diskussion – und da komme ich noch mal auf diese Bezüge von Herrn Lerche zurück – habe ich Ihnen hier dargestellt, welchen breiten Spielraum wir bei der Ausgestaltung von kommunalen Satzungen, was diesen Sachbereich angeht, haben. Allein dadurch, dass man seine Satzung anders gestaltet hat, hat man viele Möglichkeiten, seine Bürgerinnen und Bürger weiter zu entlasten.

Aber lange Rede, kurzer Sinn: Dieser Antrag nimmt ein Ergebnis des Expertengespräches vorweg. Deswegen kann man nur zu dem Schluss kommen, dass Sie Ihren Antrag hier selbst überhaupt nicht ernst nehmen oder wahrscheinlich sich insgesamt gar nicht ernst nehmen. Man kann diesen Antrag zu diesem Zeitpunkt überhaupt bloß ablehnen, sonst bräuchten Sie Ihren Gesetzentwurf in Zweiter Lesung auch nicht mehr weiter zu behandeln.

Ich bin, im Gegenteil, gespannt auf das Expertengespräch und werde das auch sehr ernst nehmen, aber

dieser Antrag zu dieser Zeit, das hätten Sie sich von vornherein sparen können, das ist verschwendetes Papier. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Danke, Frau Abgeordnete.

Das Wort hat Frau Rösler für die Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als Mitglied des Innenausschusses muss ich dem Landtag die strikte Ablehnung des vorliegenden Antrages dringend empfehlen, andernfalls würden wir möglicherweise den Landtag, seine Ausschüsse und unsere Arbeitsplanung lächerlich machen.

(Torsten Renz, CDU: Das wollen wir auf keinen Fall.)

Meine Damen und Herren, wenn es je ein Antrag verdient hätte, von den Antragstellern ohne Gesichtsverlust zurückgezogen zu werden, dann der jetzt hier vorliegende.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Auf Antrag der Fraktion DIE LINKE hat der Innenausschuss am 5. Mai beschlossen, zum Thema Straßenbaubeiträge am 29. Juni ein Expertengespräch durchzuführen. Das war schon bemerkenswert, noch am 5. April hat nämlich die Koalition die Überweisung eines thematisch passenden Gesetzentwurfes abgelehnt und damit das Gespräch in den Fachausschüssen verhindert.

(Torsten Renz, CDU: Wie haben Sie da abgestimmt, als es darum ging?)

Kollegin Tegtmeier zufolge hätte man den Gesetzentwurf zwar überweisen können,

(Martina Tegtmeier, SPD: Nee, war zu schlecht.)

es aber doch gelassen. Und nach Franz-Robert Liskow könne man den Gesetzentwurf zwar diskutieren, aber eben nicht überweisen.

Meine Damen und Herren, eine klare Linie ist hier noch nicht zu erkennen. Auch hierbei kann möglicherweise der Austausch über Erfahrungen anderer Bundesländer nützlich sein.