Protokoll der Sitzung vom 18.05.2017

Mit dieser Struktur ist die Rechtspflege langfristig und zukunftsfähig aufgestellt. Rückläufige Eingangszahlen in der ordentlichen Gerichtsbarkeit sind ein Hauptgrund der Reform. Größere Amtsgerichtseinheiten ermöglichen den Richtern sowie den Mitarbeitern, Belastungen durch Vertretersituationen besser aufzufangen als in den kleinen Amtsgerichten. Auch sind die Voraussetzungen für Spezialisierungen besser.

Meine Damen und Herren, der vorliegende Antrag macht deutlich, dass die Fraktion DIE LINKE Sinn und Zweck der Gerichtsstrukturreform leider nicht verstanden hat

(Peter Ritter, DIE LINKE: Na, na, na, na!)

oder nicht verstehen will.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Na, na, na, na!)

Der Antrag ist ein durchsichtiger Versuch, die Gerichtsstruktur zu diskreditieren.

Meine Damen und Herren Abgeordnete, es geht bei der Reform nicht um kurzfristig zu erzielende Einspareffekte. Überhaupt ist das vordringliche Ziel nicht die Einsparung von Kosten, sondern eine effiziente, langfristige und tragfähige Gerichtsstruktur. Auch insofern sind die erforderlichen Ausgaben für bauliche Maßnahmen im Rahmen der Gerichtsstruktur im Zusammenhang mit langfristig zu erzielenden Einsparungen zu sehen. Nichtsdestotrotz ist die Reform laut Justizministerium nach dem derzeitigen Stand sogar finanziell vorteilhaft für das Land.

Meine Damen und Herren, die Strukturreform war gerade mal gut neun Wochen alt, da hat die Fraktion DIE LINKE diesen Antrag eingereicht. Dieser strotzt vor Mutmaßungen, nicht belegbaren Aussagen und Unterstellungen. Gleichzeitig werden konsequent Tatsachen ausgeblendet, die nicht in das düstere Bild passen, welches die Fraktion DIE LINKE hier zu malen versucht. So stellt DIE LINKE in dem Antrag die pauschale Behauptung auf, Strafverfahren könnten nicht ordnungsgemäß durchgeführt werden, da sowohl Angeklagte als auch Zeugen zunehmend ausbleiben würden und wegen der langen Wege auch nicht spontan vorgeführt werden könnten.

Meine Damen und Herren Abgeordnete, das wirft die Frage auf: Worauf stützt sich diese Behauptung?

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Na bestimmt nicht auf Daten.)

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Na bestimmt nicht auf Daten.)

Es werden keinerlei Belege genannt.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Die gibts ja nicht.)

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Gerade das fordern wir ja.)

Das ist auch kein Wunder, zumal der Antragsteller später einräumt, dass Daten wie Terminverschiebungen wegen Nichterscheinen des Angeklagten oder Ordnungsgelder für ausbleibende Zeugen nicht erfasst werden.

(Wolfgang Waldmüller, CDU: Da bleibt ihm gleich die Luft weg.)

Ja, aber nicht deswegen. Entschuldigung.

Meine Damen und Herren, auch die Aussage, erhebliche Veränderungen der Verfahrenslaufzeiten seien die Folge, ist nicht zutreffend. Aus der Antwort des Justizministeriums auf eine entsprechende Kleine Anfrage geht das jedenfalls nicht hervor.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: „Trotz“ habe ich gesagt.)

Nach dieser ist die durchschnittliche Verfahrensdauer in der Amtsgerichtsbarkeit, zum Beispiel bei Familiensachen oder bei Strafsachen, von 2015 bis 2016 sogar gesunken. Das Dokument müsste DIE LINKE eigentlich kennen, da sie die Kleine Anfrage selbst gestellt hat.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Wir kennen unsere Dokumente.)

Auch verschweigt DIE LINKE in dem Antrag beispielsweise, dass die tatsächlichen Ausgaben für Zeugenentschädigungen bei den Amtsgerichten des Landes seit 2014 insgesamt kontinuierlich sinken. Auch dies ist der Antwort auf eine Kleine Anfrage zu entnehmen, die übrigens ebenfalls aus den Reihen der Fraktion DIE LINKE gestellt wurde.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Genau, die kommen ja nur von uns.)

Meine Damen und Herren, Sie sehen, der vorliegende Antrag ist schlicht und ergreifend unseriös. Das Ziel der Koalition ist eine leistungsstarke und bürgerfreundliche Justiz. Durch die Gerichtsstrukturreform sind unsere Gerichte nunmehr zukunftsfähig aufgestellt. Es gilt, die neue Struktur zu nutzen, um die Aufgaben der Justiz optimal zu erfüllen. Die SPD-Fraktion lehnt den Antrag ab. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Das Wort erhält jetzt der Abgeordnete Herr Dr. Manthei von der Fraktion der AfD.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die AfD-Fraktion wird dem Antrag zustimmen.

Im Antrag soll festgestellt werden, dass die Gerichtsstrukturreform keine Verbesserung für die Bürger gebracht hat. Das ist richtig. Denn was ist für den rechtsuchenden Bürger wichtig? Das sind zwei Dinge:

Erstens. Er will eine richtige Entscheidung.

Zweitens. Er will eine schnelle Entscheidung.

Doch damit hat die Reform nichts zu tun, ganz im Gegenteil. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass sich durch

das reihenweise Schließen von Gerichten irgendetwas verbessern sollte. Die Entscheidungen der Gerichte erhöhen sich dadurch in der Qualität nicht, denn die gleiche Arbeit ist durch das gleiche Personal wie vor der Reform zu erledigen. Die Arbeit wird nun lediglich an einem anderen Ort verrichtet. Viele Mitarbeiter müssen dafür einen erheblich längeren Weg zur Arbeit fahren.

(Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

Und weil eben die Arbeitsbelastung jedes Mitarbeiters gleich bleibt, ist auch kein Grund ersichtlich, weshalb er nun seine Arbeit schneller erledigen können soll. Der Bürger hat also durch die Reform weder eine bessere noch eine schnellere Arbeit der Gerichte zu erwarten.

(Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

Soweit CDU und SPD wie auch gerade mein Vorredner immer wieder auf ein, Zitat, „Zukunftsfähigkeit“, Zitatende, der Justiz hinweist, ist das mit Verlaub hohles Politikergerede.

(Marc Reinhardt, CDU: Siehste!)

Kollege Friedriszik, Sie haben gerade Belege gefordert von der Fraktion DIE LINKE. Sie haben Belege gefordert und da möchte ich Sie mal dran erinnern und fragen: Welche Belege hatten Sie denn für die Reform?

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Sie hatten gar keine Belege. Ich komme darauf gleich noch mal zurück.

(Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

Jedenfalls zu behaupten, die Kollegen in den Gerichten und in den Staatsanwaltschaften, in den Amtsgerichten, die ja hauptsächlich hier betroffen waren, hätten bislang ineffizient gearbeitet und hätten so nicht weiter effizient arbeiten können, das ist eine Frechheit. Das sage ich Ihnen aus der Praxis. Ich habe selbst im Amtsgericht Greifswald gearbeitet. Wir waren eines der ersten Gerichte, die betroffen waren. Die Kollegen vom Amtsgericht Wolgast sind dann rübergekommen zu uns. Ich habe selbst erlebt, wie das abgelaufen ist. Dann sagen Sie das den Kollegen an den geschlossenen Amtsgerichten ins Gesicht, dass Sie ihre Arbeit für ineffizient gehalten haben, dass Sie glauben, sie hätten nicht effizient weiterarbeiten können!

Die Justiz ist nach der Reform personell und technisch genau auf dem gleichen Stand wie vor der Reform. Frau Bernhardt hat es angesprochen. Diese sogenannten Richterpensen sind völlig unverändert. Die zeitlichen Mehrbelastungen zum Beispiel – plastisches Beispiel sind immer die Betreuungsrichter, die stundenlang über das Land fahren müssen – haben sich überhaupt nicht geändert. Das ist der entscheidende Punkt.

Der Antrag begehrt im Weiteren festzustellen, dass die Kosten höher als geplant sind und dass es keine Einsparungen gibt. Auch dieser Antrag ist richtig. Das ist ein weiterer Nachteil für den Bürger, der wird sozusagen doppelt zur Kasse gebeten. Erstens muss er jetzt viel mehr Geld und Zeit aufwenden, um zu seinem nächsten Gericht zu gelangen, und zweitens muss er auch noch zusätzlich für diese Reform zahlen, da millionenschwere

Investitionen erforderlich sind. Auch in fiskalischer Hinsicht ist die Reform ein totaler Reinfall.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Als Gegenleistung für seinen Mehraufwand bekommt der Bürger weder eine bessere noch eine schnellere Entscheidung.

Punkt I.3 des Antrages begehrt festzustellen, dass sich die Arbeit der Justiz zum Teil sogar verschlechtert hat. Auch das ist zutreffend. Dies liegt etwa an den von den Bürgern und den Justizmitarbeitern zurückzulegenden Wegen. Ein Betreuungsrichter des Amtsgerichtes Greifswald, der Betroffene persönlich anhören muss – Frau Bernhardt brachte vorhin auch schon das konkrete Beispiel, ich will es mal an meinem alten Gerichtsbezirk erläutern –, musste bisher beispielsweise ungefähr 25 Kilometer nach Karlsburg fahren zur Anhörung, weil da eine Klinik ist. Jetzt muss er aber bis Ahlbeck auf der Insel Usedom fahren, ungefähr 70 Kilometer. Hierfür braucht er je nach Verkehrslage gut eineinhalb bis zwei Stunden, im Sommer im Stau kommt er nur noch mit einer Tagesreise hin und zurück. Die Arbeitszeit für die Anhörung hat sich damit also vervielfacht. Entsprechend geht es umgekehrt – und das ist ja eigentlich der Hauptgrund, weshalb die Reform zu kritisieren ist – den Betroffenen oder den Betreuern, die eine Angelegenheit beim Gericht zu klären haben.

Zusammenfassend ist zum Feststellungsantrag festzuhalten: Der Bürger muss mehr zahlen, er muss mehr Zeit aufwenden und bekommt als Gegenleistung keine bessere Justiz.