Protokoll der Sitzung vom 27.09.2017

(Zuruf von Tilo Gundlack, SPD)

Wie will man den Wettbewerbsvorsprung anderer Regionen und Länder nun noch in Sachen Innovationen und Löhne einholen,

(Zuruf von Sebastian Ehlers, CDU)

beschränken wir uns doch auf das, was wir gut können: den Tourismus, die Gesundheitsbranche, den Schiffbau und die Teledienstleistungen! Lassen Sie uns realistisch bleiben, lassen Sie uns gerade diese Branchen durch günstige Steuerkonditionen anlocken und fördern, lassen Sie uns dort unsere Wettbewerbsvorteile ausbauen und lassen Sie uns klare Akzente in der Bildungspolitik setzen!

(Andreas Butzki, SPD: Welche? – Thomas Krüger, SPD: Wie? Wie? Sagen Sie mal!)

Wir brauchen mehr MINT-Absolventen, wir brauchen Orte mit schnellem Internet und einer guten Infrastruktur. Das garantiert gut zahlende Unternehmen, das schafft bessere Rahmenbedingungen für innovative Existenzgründer und letztendlich auch gut bezahlte Stellen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Thomas Krüger, SPD: Keine einzige Äußerung, wie Sie das machen wollen.)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Waldmüller.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal war ich ein bisschen überrascht ob der Einführung, nicht wegen der Redereihenfolge, sondern der doch etwas moderateren Töne. Ich freue mich natürlich, dass der wirtschaftspolitische Kurs des Wirtschaftsministers auch hier bestätigt wird. Es spricht für Kontinuität, dass in der Vergangenheit und auch in der Gegenwart gute Arbeit geleistet wurde und die Herausforderungen, die sich uns stellen, so, wie sie Herr Schulte beschrieben hat, was die wirtschaftliche Entwicklung im Land bedeutet, in den richtigen Händen sind. Das freut mich sehr.

Zu dem Thema „Innovative Unternehmen und gute Löhne für ein starkes M-V“: Ich denke, das Thema war jetzt nicht die große Überraschung, aber man könnte, wenn man das Thema so sieht, auch unterschiedliche Dinge hineininterpretieren. Was wird suggeriert? Dass innovative Unternehmen nur die sind, die auch gute Löhne zahlen? Was ist denn die Definition von „gute Löhne“? Oder soll...

(Thomas Krüger, SPD: Na vielleicht, dass Wirtschaft auch für die Menschen gut sein soll.)

Ich komme noch dazu, Herr Krüger. Wir sind nicht so weit auseinander. Warten Sie einen kleinen Augenblick!

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Oder soll hier kleinen und mittelständischen Unternehmen die Innovation abgesprochen werden, weil sie nicht den Spielraum haben wie beispielsweise große Unternehmen? Ich möchte zunächst allen Unternehmen die Innovationsfähigkeit bezeugen im Land MecklenburgVorpommern, weil sonst könnten sie sich in dem Wettbewerb ja gar nicht behaupten.

Was bewirkt eine politische Aussage, Herr Krüger, ein politisches Signal, das Sie senden wollen mit „gute Löhne“? Das soll suggerieren, dass Sie die Partei sind, die dafür sorgt, dass es gute Löhne in Zukunft in Mecklenburg-Vorpommern geben wird,

(Jochen Schulte, SPD: Deswegen hat die SPD das ja auch im Wahlkampf plakatiert.)

und da sind die anderen – möglicherweise soll Sie das auch differenzieren von anderen Parteien –, die das möglicherweise nicht tun. Und da, das möchte ich Ihnen sagen, unterscheiden wir uns eben nicht. Wir sind genauso dafür, dass unser Anliegen sein muss, dass die Löhne und Gehälter in Mecklenburg-Vorpommern steigen und dass die Unternehmen aber auch keinen Wettbewerbsnachteil sehen. Also dieses politische Signal, dass wir alle dafür sind, dass die Löhne und Gehaltsstrukturen in Mecklenburg-Vorpommern steigen, das, denke ich, können wir alle miteinander senden.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Der Weg, wie man das tut, da sind wir mit Sicherheit unterschiedlicher Auffassung. Das kann man jetzt politisch natürlich par ordre du mufti auf den Weg bringen wollen

(Vincent Kokert, CDU: Das hat die DDR auch proklamiert.)

oder an der Realität orientiert volkswirtschaftliche Rahmenbedingungen schaffen und befördern, damit die Unternehmen in die Lage versetzt werden, höhere Löhne und Gehälter zu zahlen.

(Thomas Krüger, SPD: Diese Sprüche habe ich bei den Mindestlöhnen auch gehört.)

Ich halte, Herr Krüger, nichts davon, die Wirtschaft oder die Unternehmen mit irgendwelcher Klassenkampfrhetorik zu überziehen, wie es in der Vergangenheit manchmal war, oder zu unterstellen, sie wollen keine höheren Löhne zahlen, weil sie sich nur die Taschen vollmachen wollen, gerade vor dem Hintergrund des Fachkräftebedarfs, der Fachkräftenot. Was ist das für eine Wertschätzung, die man, wenn man so etwas tut, gegenüber Unternehmen ausspricht? Ich halte …

(Manfred Dachner, SPD: Das haben Sie doch jetzt frei erfunden.)

Nein, das habe ich nicht. Ich kann Ihnen Ihre Pressemitteilungen alle auf den Tisch legen.

Ich halte nicht viel davon, Partner, also die Unternehmen und die Mitarbeiter, gegeneinander auszuspielen, und ich halte auch nichts davon, wenn man Neid- diskussionen schürt. Es geht um ein Miteinander von Unternehmen und Mitarbeitern, und das wissen die Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern sehr wohl. Es ist in der Vergangenheit auch gar nicht so schlecht gelaufen und das hat die Ministerpräsidentin ja auch gesagt. Die Arbeitslosigkeit wurde halbiert, wir haben über 50.000 neue sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze, in Teilen des Landes gehen wir auf die Vollbeschäftigung zu, die Gehälter in MecklenburgVorpommern sind gestiegen, im letztem Jahr alleine 3,5 Prozent im Vergleich zum Bund bei 2,5 Prozent, und die verfügbaren Einkommen in MecklenburgVorpommern sind gegenüber denen anderer Bundesländer gleichgezogen. Da hilft es auch nicht, wenn man immer einen Vergleich macht zwischen Mecklenburg-Vorpommern und den westlichen und den Abstand aufführt, sondern Sie müssen dann schon auch einmal in die Tiefe gehen und die verfügbaren Einkommen und die Lebenshaltungskosten mit einbeziehen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU – Sebastian Ehlers, CDU: Richtig!)

Meine Damen und Herren, die positive Entwicklung am Arbeitsmarkt setzt natürlich die Arbeitgeber auch unter Handlungsdruck. Da brauchen wir geeignete Bedingungen, erfolgreich Fachkräfte werben zu können,

(Thomas Krüger, SPD: Sehr richtig!)

und da gehört natürlich das Lohn- und Gehaltsgefüge als ein Mittel natürlich dazu. Aber ich verweise auch auf die Ausbildungsplätze. Die Zahl der Ausbildungsplätze für die Jugendlichen hat sich in den letzten Jahren weiter vergrößert. Zu Beginn des Ausbildungsjahres kamen auf einen Bewerber noch fast zwei mögliche Lehrstellen. So erfreulich diese Situation für die Ausbildungsplatzsuchenden ist, umso beunruhigender ist das aber für die zukünftige Fachkräfte suchende Wirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern. Die Wirtschaft braucht dringend Fachkräfte und Fachkräfte fragen nach attraktiven Arbeitsbedingungen. Entlohnung ist dabei eine wichtige Komponente.

(Thomas Krüger, SPD: Sehr richtig!)

Da sind wir uns einig.

(Thomas Krüger, SPD: Sehr richtig!)

Auch deswegen haben die Koalitionspartner in Punkt 17 der Koalitionsvereinbarung vereinbart, dass wir auf eine höhere Tarifbindung hinwirken wollen. Das haben wir ganz bewusst so in den Koalitionsvertrag hineingeschrieben, weil wir Anstrengungen unternehmen, um die Wirtschaft in die Lage zu versetzen, dies tun zu können. Da haben wir unter anderem aber auch mit hineingeschrieben – und das war uns ganz, ganz wichtig, aus gutem Grunde –, dass wir einen Punkt voransetzen, in dem

steht, dass die SPD und die CDU gemeinsam die Tarifautonomie wahren. Da gibt es auch keinen Dissens, denke ich und hoffe ich auch.

Der Koalitionsvertrag umreißt hier schon einen Zielkonflikt, der Wunsch nach höheren Löhnen treibt uns also um. Gleichzeitig setzt die Tarifautonomie natürlich enge Grenzen, insbesondere, wenn es ein politisches Hinwirken auf eben dieses Ziel gibt. Auch wir wünschen – ich habe das jetzt nun oft genug gesagt – höhere Löhne und Gehälter. Aber diesen Wunsch kann man nicht über die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland stellen, denn unser Grundgesetz bürgt in Artikel 9 sowohl für eine auch negative Koalitionsfreiheit als auch in Artikel 2 für Vertragsfreiheit. Arbeitnehmer und Arbeitgeber dürfen sich zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zusammenschließen. Sie haben das Recht, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände zu gründen und sich diesen anzuschließen. Aber sie haben auch das Recht, solchen Zusammenschlüssen fernzubleiben. Es ist jedermann gestattet, Verträge zu schließen. Diese Verträge können sowohl hinsichtlich des Vertragspartners als auch des Vertragsgegenstandes frei bestimmt werden. Das sind die Rahmenbedingungen – das will ich nur sagen –, in denen wir agieren können, einen anderen Rahmen haben wir nicht, und dieser Rahmen hat Verfassungsrang.

Meine Damen und Herren, der Arbeitskreis Wirtschaft meiner Fraktion war im Sommer in zahlreichen Unternehmen unterwegs, beispielsweise im Westen des Landes, wo die Rahmenbedingungen dank der Ausstrahlung der Metropolregion Hamburg besonders wirksam sind. Wir waren in Betrieben in den Landkreisen Mecklenburgische Seenplatte und wir waren in Vorpommern, auch in Neubrandenburg und in Ueckermünde.

(Zuruf von Patrick Dahlemann, SPD)

Wir waren bei engagierten Unternehmen, die etwas für ihre Region tun, die Arbeitskräfte auch in schwierigen Situationen behalten haben, ihnen Perspektiven bieten, kleine und mittlere Unternehmen, deren Spielräume in der Lohnpolitik viel geringer sind als etwa bei großen Unternehmen.

Bei uns in Mecklenburg-Vorpommern variieren Lohnunterschiede mit regionalen Gegebenheiten. Wir dürfen kleine und mittlere Unternehmen für strukturelle Herausforderungen ihrer Regionen nicht auch noch bestrafen. Das ist auch ganz bestimmt nicht das Ziel, das sich die GRW-Förderung setzt. Es geht darum, strukturschwache Regionen an die allgemeine Wirtschaftsstruktur heranzuführen, damit sie eben – das viel Gesagte – tarifgleiche Löhne, höhere Löhne, bezahlen können.

Den Initiatoren des heutigen Themas möchte man zurufen, selbst in großen Unternehmen scheinen die Spielräume der Lohnpolitik manchmal begrenzt zu sein. Ich denke dabei an die Tarifbindungsdiskussion in der SPDMediengruppe Madsack, einer Verlagsgesellschaft mit über 4.000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von knapp 670 Millionen Euro,

(Henning Foerster, DIE LINKE: Darüber reden wir morgen.)

bei uns im Land relevant mit der „Ostsee-Zeitung“, das ist eine hundertprozentige Tochter. Auch hier wünscht sich

die CDU-Fraktion höhere Löhne. Aber hier wird ganz besonders deutlich, wie begrenzt der Einfluss der Politik auf Lohnfindung sein kann.

Meine Damen und Herren, es gibt den Geschäftsbericht der Madsack und ich darf kurz zitieren, da steht: „Die Gesamtentwicklung führt schon jetzt zu noch höherem Kostendruck in den Verlagen, der – wie bereits in den vergangenen Jahren beschrieben – insbesondere Personalkosten betreffen wird. Es bleibt ein Trauerspiel, dass es den Tarifparteien nicht gelungen ist, einen Antwortkorridor dafür zu entwickeln wie ein Tarifmodell der Zukunft aussehen kann. Im Ergebnis schreitet die Erosion der Flächentarifverträge voran“ und so weiter. Es gibt also einen Kostendruck in der Medienholding, der Tarifmodelle verhindert. Warum unterstellt man dann, dass dies nicht für kleine und mittelständische Betriebe in Mecklenburg und Vorpommern genauso gilt, was für einen Großbetrieb mit über 4.000 Mitarbeitern gilt?

Aber – ich komme zum Schluss – wir sind hier nicht weit auseinander.

(Zuruf von Henning Foerster, DIE LINKE)

Unser Streben, Unternehmen in die Lage zu versetzen, höhere Löhne und Gehälter zu zahlen, eint uns und das wollen wir auf den Weg bringen.

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns die erfolgreiche Entwicklung, die wir in der Wirtschaftspolitik – ich komme zum Schluss – in Mecklenburg-Vorpommern genommen haben, fortsetzen! Lassen Sie uns die Erfolge nicht aufs Spiel setzen, insbesondere in wirtschaftlich wenig prosperierenden Regionen!

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ich denke, Sie kommen zum Schluss, Herr Waldmüller?!)