Protokoll der Sitzung vom 15.11.2017

Es hat noch mal ums Wort gebeten die Abgeordnete Frau Aßmann für die Fraktion der SPD.

(Patrick Dahlemann, SPD: Jetzt zeig ihm mal, wie man redet! – Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kollegen!

Herr Lerche, Sie zwingen mich ja geradezu, noch mal nach vorn zu kommen, weil Sie sich schlichtweg weigern, meine Frage zu beantworten.

(Thomas Krüger, SPD: Genau.)

Sie haben zwar gesagt, es gibt europäische rechtliche Grundlagen. Sie haben auch erläutert, welche das sind.

(Zurufe von Jochen Schulte, SPD, und Torsten Renz, CDU)

Ja, das stimmt, die gibt es. Aber jetzt …

(Dirk Lerche, AfD: Soll ich noch mal was vorlesen?)

Moment! Sie haben sie vorgetragen, das ist ja auch in Ordnung. Wenn Sie jetzt noch verstehen würden, dass aber der Fisch in der Ostsee niemandem gehört, auf welcher rechtlichen Grundlage wollen Sie denn dann einen Schaden anmelden? Sagen Sie es doch mal: Wie wollen Sie es denn machen?

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Wem gehört denn der Kormoran?)

Sie haben noch Redezeit. Kommen Sie hierher und stehen Sie Rede und Antwort! Das sind Sie vielleicht auch Ihren Wählerinnen und Wählern schuldig. – Ich bin fertig.

(allgemeine Unruhe – Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU: Das Glas stehen lassen! – Heiterkeit bei Ministerin Stefanie Drese: Peng, peng, peng, das darfst du nicht trinken!)

Okay, ich denke, nun beruhigen wir uns mal wieder.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

(Jochen Schulte, SPD: Herr Lerche möchte noch reden. Er möchte die Frage noch beantworten.)

Das sieht nicht so aus, von daher …

(Unruhe vonseiten der Fraktion der SPD – Jochen Schulte, SPD: Da sind wir aber jetzt traurig, Herr Lerche.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie uns bitte wieder runterkommen!

(Andreas Butzki, SPD: Selbst Sie haben geschmunzelt, Frau Präsidentin.)

Also weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der AfD auf Drucksache 7/1200. Wer dem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. –

(Andreas Butzki, SPD: Doch so viele. – Heiterkeit bei Christel Weißig, BMV)

Danke schön. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Danke schön. Damit ist der Antrag der Fraktion der AfD auf Drucksache 7/1200 bei Zustimmung der Fraktion der AfD, Stimmenthaltung der Fraktion der BMV und des Abgeordneten Arppe, ansonsten Gegenstimmen der Fraktionen von SPD, CDU und DIE LINKE abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 8: Beratung der Unterrichtung durch die Landesregierung – Bericht zur Umsetzung der Vierten Gleichstellungskonzeption der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern, auf Drucksache 7/1186(neu).

Unterrichtung durch die Landesregierung Bericht zur Umsetzung der Vierten Gleichstellungskonzeption der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern – Drucksache 7/1186(neu) –

Diese Beratung findet auf Antrag der Fraktion DIE LINKE statt.

Im Ältestenrat wurde vereinbart, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort zur Begründung hat für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Herr Ritter.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nur fürs Protokoll: Zu einer Aussprache gibt es keine Einbringung, insofern danke schön für die Worterteilung.

Die Gleichstellungskonzeption des Landes wurde noch unter der rot-roten Regierung ins Leben gerufen und im Jahr 2014 das dritte Mal fortgeschrieben. Die Idee dahinter: Gleichstellung erfordert eine ganzheitliche Betrachtung der Gesellschaft und ihrer Strukturen – eine Idee, die den Herren von der AfD-Fraktion offenbar völlig abgeht, wenn man sich Ihre Änderungsanträge in der Haushaltsdebatte im Sozialausschuss anschaut, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Dazu werden Sie gleich was hören.)

In ihrer Rede zur Vorstellung der Vierten Gleichstellungskonzeption des Landes sprach die damalige Sozialministerin Birgit Hesse – gute Besserung von dieser Stelle aus! – von der Konzeption als „Pflichtenheft aller Ressorts“. So sollten darin Schwerpunkte und Ziele, Probleme und eben diese verflixten Hürden benannt werden. Also schauen wir uns einmal an, was aus den Zielen der Gleichstellungskonzeption geworden ist.

Im Fokus des Umsetzungsberichtes, der uns jetzt vorliegt, stehen neue Handlungsfelder wie soziale Gerechtigkeit, Partizipation von Frauen in der Politik, ehrenamtliches Engagement, Nutzung von Netzwerken, Unterstützung geflüchteter Frauen bei der Integration. Dies ist zu befürworten und die Handlungsfelder müssen in der nächsten Fortschreibung des Berichtes als eigenständiges Kapitel deutlich ausgebaut werden. Rechtsextremismusprävention ist ein Schwerpunkt des Berichtes, und vielleicht liegt das ja der AfD-Fraktion so schwer im Magen. Aber hier wird noch zu sehr an der Oberfläche gekratzt. Meine Kollegin Karen Larisch wird nachher darauf eingehen.

Das Gleichstellungsreformgesetz des Landes aus dem Jahre 2016 wird im Bericht als „wichtiger Baustein zum Querschnittsthema Gleichstellung“ hervorgehoben. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, das Gesetz betrifft nur den öffentlichen Dienst – darauf haben wir in der Gesetzesdebatte mehrfach hingewiesen – und wirkte nur marginal in die anderen Bereiche der Gesellschaft hinein.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Gott sei Dank!)

Zudem schließt es Männer bei der aktiven und passiven Wahl zur Gleichstellungsbeauftragten aus. Bei Herrn

Weber hätte ich da auch so meine Schwierigkeiten, ihn in eine solche Stellung zu wählen.

(Jochen Schulte, SPD: Das wäre bestimmt lustig.)

Wie soll denn da Gleichstellung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe unter gleichermaßen Bemühungen von Frauen und Männern gelingen, wenn wir Männer von vornherein ausschließen? In Bundesländern wie Thüringen oder Hamburg sind männliche Gleichstellungsbeauftragte hingegen längst Realität.

Im Kapitel zur sozialen Sicherung von Frauen wird wieder einmal das Entgelttransparenzgesetz vorgeschoben. Sehr geehrte Frau Gleichstellungsministerin Drese und sehr geehrte Frau Ministerpräsidentin Schwesig – auch an dieser Stelle gute Besserung! –, Sie wollen den Menschen in unserem Bundesland doch nicht weismachen, dass das Gesetz helfen soll, die Unterbezahlung und Altersarmut von Frauen in Mecklenburg-Vorpommern zu bekämpfen?! Wie viele Unternehmen in MecklenburgVorpommern haben denn überhaupt 200 beziehungsweise 500 Beschäftigte, für die dieses Gesetz gilt? Ich sage Ihnen zum wiederholten Male, solche Betriebe liegen in Mecklenburg-Vorpommern im Promillebereich zwischen 0,1 und 0,5 Prozent. Um das Entgelttransparenzgesetz überhaupt in unserem ländlich geprägten Flächenland als ein wirksames Instrument aufführen und einführen zu können, müsste die Landesregierung zumindest maßgeschneiderte Ideen für Mecklenburg-Vorpommern mitliefern, nämlich Maßnahmen zur Entgelttransparenz in mittleren und kleineren Unternehmen, die in unserem Land Standard sind.

Im Bericht zur Umsetzung der Gleichstellungskonzeption werden EU-Investitionen im ländlichen Bereich hervorgehoben. Trotzdem geht die soziale Infrastruktur zum Beispiel im Bereich Kita und Gesundheit im ländlichen Bereich weiter zurück.

(Nadine Julitz, SPD: Richtig.)

Der geförderte Ausbau von Kindertageseinrichtungen bringt nichts, wenn kein qualifiziertes Personal vor Ort ist, um die Kinder zu betreuen. Die Vereinbarkeit von Erwerbs- und Privatleben ist damit dann natürlich gefährdet.

Die in der Gleichstellungskonzeption propagierte Chancengleichheit in der frühkindlichen Bildung sehen wir ebenso als gefährdet an. SPD und CDU haben mit dem Fünften Änderungsgesetz zum Kindertagesförderungsgesetz das Aufweichen des Fachkräftegebotes zementiert. Damit geht die Qualität in den Kitas weiter den Bach runter. Die für die Einkommensverhältnisse in MecklenburgVorpommern hohen Elternbeiträge belasten die Familien.

Zu einer geschlechtersensiblen frühkindlichen Bildung sind ebenfalls noch viele Fragen offen. Welchen Anteil wird Genderkompetenz in der PiA-Ausbildung einnehmen, welchen Anteil bei der 250-Stunden-Weiterbildung von Physiotherapeuten und Tanzpädagogen zu pädagogischen Fachkräften? Unsere Vermutung ist: keine! Aber wir werden das im Ausschuss hinterfragen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Die Zwischenbilanz zur Vierten Gleichstellungskonzeption der Landesregierung ist also aus unserer Sicht ernüchternd. Was Sie hier machen, ist Augenauswischerei,

denn das Regierungshandeln in Sachen Gleichstellung und Sozialpolitik hat eben nicht dazu beigetragen – nicht dazu beigetragen! –, dass die Gleichstellung von Frauen und Männern, Mädchen und Jungen in unserem Land vorangebracht worden ist.

(Beifall Karen Larisch, DIE LINKE)

Auch – und das nur nebenbei – die gestrige Pressekonferenz zu Fragen des Schutzes vor häuslicher und sexualisierter Gewalt war doch kein Paukenschlag in Sachen Gleichstellungspolitik, sondern eine deftige Ohrfeige für die Landesregierung, liebe Kolleginnen und Kollegen.