Protokoll der Sitzung vom 15.11.2017

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kollegen! Liebe Bürger! Der Antrag der Fraktion der BMV fordert zeitlich begrenzte Änderungen im Landesjagdrecht, um der Schweinepest vorzubeugen. Vor wenigen Tagen hat Herr Minister Backhaus eine große Offensive zur Reduzierung der Schwarzwildbestände in Mecklenburg-Vorpommern ausgerufen und dafür rund 2 Millionen Euro an Landesmitteln zur Verfügung gestellt, wie Sie es schon sagten, Herr Minister. Daneben wurden Regelungen ausgeweitet, um die Jagd effizienter und erfolgreicher zu gestalten.

Seit Jahren ist zu viel Schwarzwild vorhanden. Das steht außer Frage. Wenn jetzt wirklich mehr Schweine geschossen werden, wovon ich überzeugt bin, dann werden die Verkaufserlöse für die Jäger noch geringer werden. Diese liegen jetzt schon auf sehr niedrigen Niveau. Hier muss vonseiten der Regierung mehr Marketing für Wildschweinfleisch stattfinden, vor allen Dingen in Großküchen muss mehr Wildbret angeboten werden, ansonsten ist für Jäger kein materieller Anreiz vorhanden, trotz der Zuschüsse von der Landesregierung.

Ich war übrigens sehr überrascht und begeistert, dass unsere Küche hier gestern Wildschweinfleisch angeboten hat. Das ist schon ein sehr guter Weg.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Damit kommen wir zügig zu Punkt 2. Hier sind die meisten Vorschläge bereits durch Herrn Backhaus und sein Ministerium umgesetzt und somit eigentlich überfällig. Wir sollten wir uns aber an dieser Stelle noch mal vor Augen führen, wo die Ursachen für den explosionsartigen Anstieg der Schwarzwildbestände liegen. Nur so lassen sich gute Lösungsansätze entwickeln, die auch langfristig zur Reduktion der Bestände führen.

Milde Winter mit geringer Sterblichkeit lassen auch schwache Stücke überleben. Immer wiederkehrende

reichhaltige Baummasten von Eicheln und Bucheckern bescheren dem Wild ausreichend proteinreiche Nahrung im Herbst und Winter. Ein beinahe ganzjähriges Futterangebot auf den Landwirtschaftsflächen trägt seinen Anteil dazu bei. Immer mehr Revierpächter sind nicht mehr vor Ort ansässig. Die Jagd wird zunehmend zu einem Reiche-Leute-Vergnügen, denen es leider allzu häufig nicht um gesunde Wildbestände geht, sondern vielmehr um maximalen Jagderfolg.

(Vincent Kokert, CDU: Blödsinn!)

Schwarzwild ist ein sogenannter Stratege. Bei guten Umweltbedingungen ist es in der Lage, seine Population innerhalb kürzester Zeit zu vervierfachen. Zuwachsraten von 300 bis 400 Prozent pro Jahr sind mittlerweile eine Regelmäßigkeit. Eine Intensivierung der Bejagung ist da natürlich der richtige Weg. Aber auch dies funktioniert nur, wenn ausreichend Jäger vor Ort Woche für Woche auf den Kanzeln sitzen und die Rotten nachhaltig dezimieren. Dafür bedarf es aber guter Kenntnisse der Reviere, der Rottenstrukturen und des Verhaltens der Wildschweine in der jeweiligen Region. Das können nur Jäger leisten, die vor Ort ansässig sind, Jäger, die die örtlichen Landwirte kennen und mit ihnen gemeinsam an Lösungen arbeiten, um eine möglichst effiziente Bejagung zu gewährleisten.

Ebenso, wie der Ausverkauf unserer Ackerflächen an nicht ortsansässige Investoren abzulehnen ist, so sollte auch kritisch hinterfragt werden, ob es sinnvoll ist, Reviere an meistbietende Jagdscheininhaber zu verpachten, die irgendwo in Hamburg, Düsseldorf oder München sitzen und nur vier- bis fünfmal pro Jahr vor Ort sind, wenn überhaupt.

Wir sehen also, die Probleme sind äußerst komplex und bedürfen auch komplexer Lösungen. Selbst im Landesjagdverband gibt es keine Einigkeit zu mehr Abschüssen von Schwarzwild. Um komplexe Lösungen zu erreichen, ist es notwendig, die Anhörung mit dem Jagdverband, dem Bauernverband, Wildankäufern und -vermarktern zu organisieren, um den Anliegen und Bedenken der einzelnen Klientel entgegenzukommen.

Herr Backhaus, Sie sagten eben, dass mehr Drückjagden stattfinden sollten und werden. Sie haben das ja verlängert. Das Problem ist, dass dann auch ein Haufen Gastjäger dazukommen, und so werden vielleicht doch die älteren Bachen mit abgeschossen, weil die gern das größere Stück schießen wollen. Aber Sie wissen ja als Jäger, dass die großen Bachen auch eine Bremse für die Rauschzeiten der Schweine sind, das heißt, auch weniger Frischlinge.

(Vincent Kokert, CDU: Was für ein Blödsinn!)

Das ist kein Blödsinn, das kann Ihnen Herr Backhaus bestätigen.

(Vincent Kokert, CDU: Natürlich ist das Blödsinn! Was Sie erzählen, ist Blödsinn! – Zuruf von Jörg Heydorn, SPD)

Das ist nun mal Tatsache.

(Sebastian Ehlers, CDU: Oder Jägerlatein. – Beate Schlupp, CDU: Hier sitzen zwei Jäger. – Zuruf von Jörg Heydorn, SPD)

Also ich appelliere noch einmal,

(Vincent Kokert, CDU: Der Wolf!)

dass die Vermarktung ein ganz wichtiges Thema ist, um die Bereitschaft der Jäger überhaupt richtig in Gang zu setzen, und dann habe ich da absolut keine Bedenken, dass sie die 80.000 anvisierten Schweine gar nicht schaffen, dann würden sie sogar noch mehr schaffen. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Für die Fraktion der CDU hat jetzt das Wort die Abgeordnete und Vizepräsidentin Frau Schlupp.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich habe nicht vor, die Debatte aus der vergangenen Landtagssitzung zu wiederholen. Ich könnte es mir einfach machen, könnte meine Einbringungsrede zur Hand nehmen, noch mal die Situation darstellen und dann kurz anmerken, dass sich nach der Landtagsdebatte vieles getan hat, sodass der Antrag, der jetzt von der Fraktion der BMV vorliegt, nur noch auf den Punkt 1 zu reduzieren wäre. Bei Punkt 2, gut, hat man den Punkt 1 noch mal wieder mitverarbeitet. Aber letztendlich, glaube ich, ist das nicht zielführend, zumal ich vermute, dass nicht unbedingt, wie Sie es tun, das Jagdrecht angesprochen werden müsste, sondern das Waffenrecht, um die von Ihnen gewünschten Veränderungen herbeizuführen.

Ich finde auch, dass der Minister noch mal sehr deutlich gesagt hat, was in der Zwischenzeit passiert ist. Von daher möchte ich die Gelegenheit nur nutzen, um ganz kurz für meine Fraktion einige Punkte darzustellen, die wir für besonders wichtig halten. Ich denke schon, dass wir noch mal erwähnen sollten, dass es die Initiative der CDU war, die schon 2013

(Heiterkeit bei Jochen Schulte, SPD: Da gabs noch gar keine Schweine! – Vincent Kokert, CDU: Mach dich darüber nicht lustig!)

mit einem Landtagsantrag das Thema „Afrikanische Schweinepest“ auf die politische Agenda gerufen hat, und die SPD-Fraktion hat diese noch nicht existierende Afrikanische Schweinepest als Antragspartner mit unterstützt, was vielleicht Herrn Schulte in seinen Befürchtungen beruhigen dürfte.

(Jochen Schulte, SPD: Frau Kollegin, wenn Sie reden, bin ich immer angstlos.)

Das freut mich sehr. Noch!

(allgemeine Heiterkeit – Tilo Gundlack, SPD: Noch! – Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Ich möchte für meine Fraktion klarstellen, dass wir alle Initiativen unterstützen, die geeignet sind, die Afrikanische Schweinepest abzuwehren, und da weiß ich ganz genau, dass im Ministerium sehr viele Runden gedreht worden sind mit vielen der hier angesprochenen Verbände, mit dem Landesjagdverband, mit dem Bauernverband. Ich weiß, da bestehen ständige Gespräche und alle dort besprochenen Maßnahmen, die sicherlich auch

abgewogen werden und die dann als geeignet empfunden werden, werden von uns unterstützt. Wir sind natürlich sehr dankbar, dass die von uns geforderte Abschussprämie, die jetzt Aufwandsentschädigung heißt, zum Tragen gekommen ist.

(Heiterkeit bei Jochen Schulte, SPD: Zwei Abgeordnete.)

Wir haben die Auffassung, dass es relativ egal ist, ob wir das ganze Abschussprämie oder Aufwandsentschädigung nennen. Wichtig ist, dass dieses finanzielle Anreizsystem dazu führt, die Schwarzwildbestände zu reduzieren.

Natürlich unterstützen wir genauso die bei den Naturschutzverbänden umstrittene Drückjagd in Schutzgebieten. Ich kann mich da nur wiederholen, ich bin in der Zeitung schon zitiert worden: Bei diesem wichtigen Thema erwarte ich, dass die Naturschutzverbände, wie NABU und BUND, die Kröte schlucken und nicht versuchen, die Kröte zu retten.

(Vincent Kokert, CDU: Die sind erstaunlich still bei der ganzen Debatte.)

Na ja, so still sind die nicht. Sie haben sich geäußert, vielleicht auch für ihre Verhältnisse moderat, aber nichtsdestotrotz bin ich der Auffassung, dass es in diesem Fall zu wichtig ist, um hier jetzt in Diskussionen zu verfallen, die nur dazu dienen, bestimmte festgefahrene Positionen noch mal wieder zu untermauern. Wir hoffen sehr, dass die Praxis zeigen wird, dass das Maßnahmenbündel, das jetzt auf den Weg gebracht wird, seine Wirkung entfaltet. Ich gehe aber davon aus. Es gibt eine Task Force, die die ganze Entwicklung beobachten wird und sicherlich auch auf neue Entwicklungen adäquat reagiert.

Von daher, denke ich, haben wir hier alles auf den Weg gebracht, was vonseiten des Landes zur Verhinderung des Ausbruchs der Afrikanischen Schweinepest unternommen werden konnte. Deshalb wird es Sie auch nicht wundern, dass wir daraufhin diesen Antrag ablehnen werden. Hätten Sie ihn gegebenenfalls als Ergänzungsantrag in der vorigen Landtagsdebatte eingebracht, hätte man ernsthaft darüber debattieren müssen. Aber wie gesagt, auch fachlich muss man immer differenzieren, sind wir im Jagdrecht, sind wir im Waffenrecht. Es bleibt Ihnen unbenommen, das Thema noch mal im zuständigen Fachausschuss aufzurufen

(Andreas Butzki, SPD: Das ist der Innenausschuss beim Waffenrecht. Waffenrecht ist Innenausschuss.)

und mit entsprechenden Argumenten dafür zu werben, dass es entsprechend umgesetzt wird.

In diesem Fall, denke ich, haben wir – das habe ich jetzt auch schon ausgeführt – alles getan, was unter derzeitiger Maßgabe möglich ist, und ich denke, wir sind alle gut beraten, gemeinsam daran zu arbeiten, dass die Afrikanische Schweinepest bei uns nicht ausbricht, weil die Konsequenzen sind hier nachhaltig dargestellt worden. Von daher: Das Thema ist wichtig, aber Ihr Antrag kommt zu spät, zur Unzeit und ist in großen Teilen erledigt, deshalb werden wir ihn ablehnen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Danke schön.

Für die Fraktion DIE LINKE hat jetzt das Wort der Abgeordnete Dr. Weiß.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Patrick Dahlemann, SPD: Weiß zu Schwarz!)

Herr Borschke, ich hatte gehofft, dass Sie diesen Antrag spätestens mit Blick in den heutigen „Medienspiegel“ zurückziehen, um sich nicht lächerlich zu machen, denn mal ehrlich, es gibt keinen überflüssigeren Antrag. Klar habe ich Verständnis dafür, dass sich die BMV-Fraktion nachweisen lassen möchte, dass sie eine wichtige Rolle in der Landespolitik spielt. Die hier formulierten Sorgen teilen wir ausdrücklich. Aber wer die Realität nur teilweise wahrnimmt, verliert das Spiel zwischen Hase und Igel. Der vorgelegte Antrag belegt, dass die BMV-Fraktion offenbar nicht mitbekommen hat, dass die auf der letzten Plenarberatung gefassten Beschlüsse zur Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest längst durch das Agrarministerium konkretisiert wurden. Der Antragsteller rennt los und das Ministerium ist zwar noch längst nicht am Ziel – der Minister hat das Ziel erklärt und auch den Stand der Sache beschrieben –, aber es ist zumindest unerreichbar weit weg.

Am 7. November gab es zu den letzten Landtagsbeschlüssen zur ASP eine ausführliche Pressekonferenz. Das war vorige Woche Dienstag. Die Maßnahmen zum Kampf gegen die gefährliche Tierkrankheit wurden auch schriftlich der Presse übermittelt und im Newsletter der Öffentlichkeit vorgestellt. Wer wollte, konnte sich informieren oder sollte informiert sein. Ich bin froh, dass das Agrarministerium so schnell reagiert hat und die letzten Beschlüsse so zügig umsetzt. Auch meine Fraktion hat im Oktober dem Antrag von CDU und SPD zugestimmt. Zudem berichtet das Agrarministerium regelmäßig im Agrarausschuss über die Maßnahmen gegen die ASP, so wie letzte Woche Donnerstag, wo Sie auch anwesend waren, Herr Borschke.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der BMV, ein Vor-sich-Hertreiben der Landesregierung sieht etwas anders aus. Gut gemeint ist eben nicht gut gemacht, und beim Thema ASP befinden Sie sich wohl eher im Schlepptau, wenn nicht gar auf dem Trittbrett.

(Vizepräsidentin Beate Schlupp übernimmt den Vorsitz.)

Ich möchte es mir jetzt nicht zu einfach machen und obendrein auch noch langweilen, indem ich die nicht langweiligen Worte von Herrn Backhaus wiederhole

(Zuruf aus dem Plenum: Machen Sie aber!)