Protokoll der Sitzung vom 16.11.2017

Mein Kollege Christian Brade sagte zum Beispiel in der Diskussion: Was nützt es meinen ehrenamtlich Tätigen in Domsühl, wenn sie in Schwerin in das Museum kostenlos kommen oder reduzierten Eintrittspreis zu zahlen haben? Das ist eine berechtigte Frage. Das heißt, Ehrenamtskarten, also auch eine Landesehrenamtskarte, machen dann Sinn, wenn ich eine kommunale Beteiligung habe. Also wenn ich als Schweriner mit einer Ehrenamtskarte einen reduzierten Eintrittspreis in Stralsund im Meeresmuseum zu zahlen habe, dann ist das eine schöne Sa

che, wenn ich da mal vorbeikomme, aber wenn ich halt nicht vorbeikomme, dann nützt mir die Ehrenamtskarte an der Stelle mit dem Inhalt nichts.

Deswegen stellen wir den Antrag so, wie er aufgeschrieben wurde, dass wir sagen, wir brauchen einen breiten Beteiligungsprozess: Ehrenamtsstiftung, die kommunale Ebene, die sich mit dem Thema, mit den Fragen beschäftigt haben und die auch schon letztendlich Konzepte entwickelt haben, das muss man zusammenführen. Und dann muss man auf der einen Seite die Fragen klären: Was machen wir als Land im Rahmen dieser Ehrenamtskarte? Wie finanzieren wir das? Es ist die weitere Frage zu klären, inwieweit sich die kommunale Ebene beteiligt. Das wird sicherlich unterschiedlich sein.

Gerade kam das Stichwort „Ehrenamtsstiftung“ von mir. Das hat Frau Rössler – also die Ehrenamtsstiftung –,

(Vincent Kokert, CDU, und Simone Oldenburg, DIE LINKE: Rösler!)

Frau Rösler,

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Nach sechs Jahren!)

Frau Rösler hat die Ehrenamtsstiftung auch noch mal in ihrem Redebeitrag bemüht. Da kann ich nur die Frage stellen: Wer hat es erfunden? Die SPD!

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der SPD)

Ja, so ist das!

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Simone Oldenburg, DIE LINKE: So, Vincent!)

Das ist eine Initiative unseres Ministerpräsidenten Erwin Sellering gewesen und ich will an dieser Stelle noch mal deutlich darauf hinweisen, was wir – gerade auch von den LINKEN – für Debattenbeiträge zum Thema „Gründung der Ehrenamtsstiftung“ hier im Landtag gehabt haben

(Torsten Renz, CDU: Hast du die Rede mitgeschnitten? – Zuruf von Vincent Kokert, CDU)

und wie heute im Grunde so selbstverständlich das Thema Ehrenamtsstiftung benannt wird. Ich sage mal, insofern haben wir wirklich schon wegweisende Beiträge geleistet. Natürlich sind wir noch nicht am Ende des Weges.

Wenn man sich unsere Situation in MecklenburgVorpommern anguckt, dann muss man eins konstatieren: Das gesellschaftliche Leben würde ohne bürgerschaftlich Engagierte bei uns im Land nicht funktionieren – ob das im Sport ist, ob das im Rahmen der Nachbarschaftshilfe ist,

(Dietmar Eifler, CDU: Feuerwehren!)

ob das im Bereich der Pflege und bei anderen Unterstützungsgeschichten der Fall ist,

(Dietmar Eifler, CDU: Feuerwehren nicht vergessen!)

bei der freiwilligen Feuerwehr und so weiter und so fort. Insofern ist es natürlich klar, dass sich Politik in erheblichem Umfang um diese bürgerschaftlich Engagierten kümmern muss, weil ohne sie in dem Land nichts funktionieren würde. Deswegen auch von mir einen herzlichen Dank für das, was an der Stelle in erheblichem Umfang von den Leuten uneigennützig geleistet wird, das muss man ganz klar sagen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD, Nikolaus Kramer, AfD, und Christel Weißig, BMV)

Jetzt kommen wir doch mal ein Stück weit zurück zu den Ausführungen der Opposition. Ich meine, Sie hätten ja nur dem Beitrag unserer Sozialministerin folgen müssen und ihn vor allen Dingen auch verstehen müssen, dann wäre Ihnen klar geworden, dass sich die Unterstützung für das Ehrenamt letztendlich nicht darauf reduzieren kann, eine Ehrenamtskarte auszustellen, sondern dass viele Elemente dazugehören.

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Wir brauchen ein professionelles Unterstützungskorsett für die bürgerschaftlich Engagierten.

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Da kann ich an der Stelle darauf hinweisen: Es gibt ja den Strategiefonds, den wir im Haushalt das erste Mal machen. Auf Initiative der SPD-Fraktion werden wir deutlich über 1 Million Euro aus dem Strategiefonds dafür zur Verfügung stellen, dass wir professionelle Unterstützung für bürgerschaftlich Engagierte organisieren. Es sind heute schon im Haushalt in erheblichem Umfang Zahlungsverpflichtungen verankert, die letztendlich bürgerschaftlich Engagierte unterstützen. Das ist die eine Seite der Medaille. Das muss man intensivieren, das muss man voranbringen, sodass sich kein bürgerschaftlich Engagierter hier im Land allein fühlt und jeder die Möglichkeit hat, einen Ansprechpartner zu haben, an den er sich wenden kann und der ihm weiterhilft, wenn er Schwierigkeiten hat bei seinem bürgerschaftlichen Engagement. Solche Ansprechpartner, die brauchen wir auf Landesebene, die brauchen wir auf der Ebene der Kreise und kreisfreien Städte, aber die brauchen wir auch auf der Ebene der kleineren Gemeinden.

(Torsten Renz, CDU: Also überall, oder was?!)

Nur so wird Ehrenamt funktionieren. Das ist der eine Bereich.

Der andere Bereich ist der Bereich der Anerkennung – Anerkennung für bürgerschaftliches Engagement. Da sind wir der Meinung, dass eine vernünftig ausgestaltete Ehrenamtskarte, an der sich das Land beteiligt, an der sich die kommunale Ebene beteiligt und an der sich auch privat aufgestellte Organisationen beteiligen – auch die profitieren vom Ehrenamt –, das Ziel ist. Wie das im Detail auszusehen hat, ist im Rahmen des Prozesses, den wir mit dem Antrag anschieben wollen, zu klären, zu veranlassen und letztendlich von uns im Landtag festzustellen und zu verabschieden.

So sollte man das betreiben und vorgehen. Dann hat das auch nichts mit Orientierungslosigkeit und Planlosigkeit zu tun. Das ist etwas, was Sie sich zusammenformulieren, weil Sie sich mit dem Thema nicht beschäftigen.

Jetzt bin ich am Ende meiner Ausführungen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Christel Weißig, BMV)

Danke schön, Herr Abgeordneter.

Für die Fraktion DIE LINKE hat jetzt noch einmal das Wort Frau Rösler.

Inzwischen begrüße ich auf der Besuchertribüne Lehramtsstudenten der Universität Rostock. Herzlich willkommen!

(Beifall Dirk Stamer, SPD – allgemeine Heiterkeit)

Frau Abgeordnete, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte gern noch mal das Beispiel Rostock bemühen. Die Hansestadt Rostock hat ja gezeigt, wie es funktionieren kann. Bekannt ist auch, welche Ressourcen benötigt werden. Die Umsetzung des Konzeptes der Ehrenamtskarte kostet die Stadt circa 30.000 Euro pro Jahr und es gibt eine Halbtagsstelle für die Betreuung der Karte. Was ich besonders gut finde, ist, dass die Karteninhaber in Rostock den ÖPNV zu ermäßigten Preisen nutzen können. Das, finde ich, ist ein echter Mehrwert.

Meine Damen und Herren, Bayern – ich springe mal zu Bayern –, Bayern gehörte zu den ersten Ländern einer Ehrenamtskarte.

(Vincent Kokert, CDU: Aha!)

Eine Studie aus dem Jahr 2014

(Vincent Kokert, CDU: Das hat sich bestimmt auch die SPD ausgedacht?! – Unruhe vonseiten der Fraktion der SPD)

gibt Aufschluss darüber, wie und mit welchen Ergebnissen und Erkenntnissen die Ehrenamtskarte dort funktioniert.

(Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

Eine Besonderheit – und, meine Kolleginnen und Kollegen, durchaus überlegenswert, wie ich finde – ist, dass in Bayern die Karte zum Beispiel auch ohne jegliche Prüfung der sonst üblichen Voraussetzungen grundsätzlich an Inhaber der Juleica, also der JugendleiterInnenCard, an aktive Feuerwehrdienstleistende, Einsatzkräfte im Rettungsdienst und im Katastrophenschutz mit mindestens abgeschlossener Grundausbildung für ihren Einsatzbereich verliehen wird. Das ist sicherlich noch mal eine ganz besondere Würdigung für einen Bereich des Ehrenamtes. Darüber, denke ich, kann man durchaus nachdenken.

Interessant ist es, wie die Akzeptanzstellen von den Karteninhabern dort bewertet werden. Am beliebtesten sind Schwimmbäder, Fastfoodketten, Möbelläden, touristische Einrichtungen, Restaurants, Bibliotheken, Theater, Volkshochschulen und eben der ÖPNV. Auch in Bayern

ist es so, dass sich zahlreiche Unternehmen beteiligen. Das, denke ich, ist auch für Mecklenburg-Vorpommern unbedingt anzustreben. Schließlich – es ist auch schon gesagt worden – haben Unternehmen etwas davon: sei es durch Gratiswerbung, weil sie als Akzeptanzstelle öffentlich aufgeführt und auch benannt sind, sei es durch die Gewinnung neuer Kunden, neuer Netzwerke. Nicht zuletzt ist es auch eine Verbesserung des Images.

Meine Damen und Herren, in allen Ländern sind die Kriterien der Vergabe ähnlich: Es gibt ein Mindestalter, meistens 16 bis 18 Jahre – ich wäre für 16 –, Mindeststundenzahlen beim freiwilligen unentgeltlichen Engagement, bezogen auf die Woche oder bezogen auf das Jahr, und meist sind die Karten zwei bis drei Jahre gültig. Klar ist, es sollen natürlich nicht alle mit einer solchen Karte ausgerüstet werden. Eine inflationäre Ausgabe würde den Wert und die Bedeutung der Karte schmälern.

(Thomas Krüger, SPD: Sehr richtig!)

Wir sind uns sicher, dass sich diese Kriterien gut regeln lassen. Ich empfehle Ihnen im Übrigen als eine Grundlage für die Konzepterstellung eine wissenschaftliche Ausarbeitung vom „kommunalpolitischen forum MecklenburgVorpommern“ aus dem Jahr 2014. Sie ist im Netz zu finden und ist eine wirklich gute Analyse der Erfahrungen und des Diskussionsstandes in den anderen Bundesländern. Diese Ausarbeitung zeigt auch Möglichkeiten der Einführung der Ehrenamtskarte in MecklenburgVorpommern auf.

In der Ausgestaltung der Karte kann sich unser Land also sehr gut an den bereits existierenden Ehrenamtskarten orientieren. Ich meine, warum sollten wir auch von funktionierenden Systemen abweichen? Die Kosten für das Land sind überschaubar und wer alles einbezogen werden sollte, ist auch klar. Es kann also losgehen.