Protokoll der Sitzung vom 24.01.2018

Ums Wort gebeten hat jetzt die Ministerpräsidentin des Landes. Frau Schwesig, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich freue mich, dass wir das Thema Kita auf der Tagesordnung haben, weil es ein Thema ist, was gerade hochaktuell ist. Für mich steht fest, die kostenlose Kita kommt. Ich habe vor sechs Monaten in der Regierungserklärung versprochen, dass ich in diesem Jahr dafür einen Stufenplan vorlegen werde, und dieses Versprechen werde ich auch einlösen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Thomas Krüger, SPD: So ist es.)

Dass das Thema Kindertagesbetreuung in der Kita oder in der Tagespflege den Alltag der Familien in Mecklenburg-Vorpommern bestimmt, erlebe ich selber jeden Tag hautnah mit meiner eigenen Tochter, die hier in Schwerin in eine kommunale Kita geht. Und wir haben es auch erlebt im MV-Monitor. 70 Prozent der Menschen in unserem Land sagen, Kindertagesbetreuung ist ein wichtiges Thema, und 70 Prozent der Menschen in M-V sind nicht allein die Eltern, sondern wir sehen an dieser Zahl, es ist

ein Thema, was alle Menschen, alle Generationen im Land bewegt, weil alle wissen, dass gute Kinderbetreuung eine Frage der Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist und eine Frage für gute Bildungschancen. Deshalb haben wir eine gute Kinderbetreuung in unserem Land und wollen sie weiter verbessern.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Unsere Sozialministerin Stefanie Drese und ich, wir haben uns gemeinsam Anfang des Jahres überzeugt. Unser erster gemeinsamer Termin war in einer Kita in Ludwigslust und ich will sagen, da wäre man selber noch mal wieder gerne Kind geworden. Eine tolle Naturkita, neu gebaut aus Mitteln vom Bund, vom Bundesfamilienministerium, und wirklich auch mit tollen Erzieherinnen und Erziehern, die da gute pädagogische Arbeit leisten. Deshalb möchte ich mich an dieser Stelle bedanken für den großartigen Job, den Erzieherinnen und Erzieher, aber auch Tagespflegeeltern in unserem Land machen. Herzlichen Dank dafür!

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Andreas Butzki, SPD: Da können alle mitklatschen. – Marc Reinhardt, CDU: Wir sind nicht solche Claqueure wie ihr.)

Und ja, gute Kita mit guten Erzieherinnen und Erziehern kostet eben auch Geld. Wir wissen, dass in unserem Land ein Krippenplatz durchschnittlich 840 Euro im Monat kostet, und Land sowie kommunale Ebene – also Landkreise, kreisfreie Städte und Gemeinden – legen schon viel Geld drauf, sodass schon mal über die Hälfte übernommen wird vom öffentlichen Bereich. Aber oft tragen die Eltern eben auch noch einen hohen Anteil, wie zum Beispiel in dieser Kita „Naturtalent“, 379 Euro Elternanteil. Dank der Unterstützung der rot-schwarzen Landesregierung, die ich selber als Sozialministerin machen durfte, 100 Euro Elternbeitragsentlastung, und der jetzigen 50 Euro zahlen diese Eltern anstatt 379 Euro 229 Euro. Das ist Elternentlastung der Großen Koalition in Mecklenburg-Vorpommern und das kommt auch bei den Eltern an.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Aber wir wissen auch, selbst diese 229 Euro sind für viele Familien in unserem Land noch viel Geld, weil viele eben nur ein kleines Einkommen haben. Deshalb ist es uns wichtig, weiterzumachen bei dem Thema Elternentlastung. Wir haben die 80 Euro im Vorschuljahr, die 150 Euro in der Krippe und jetzt auch die 50 Euro zum Anfang dieses Jahres im Kindergartenbereich. Und wir wollen zum 01.01.2019 den nächsten Schritt machen. Wir wollen gerade die Eltern, die mehrere Kinder haben, noch stärker entlasten. Wir wollen, dass für das zweite Kind nur noch die Hälfte bezahlt wird und ab dem dritten Kind wirkliche Gebührenfreiheit herrscht.

Genau dieser Stufenplan wurde von dieser Landesregierung versprochen, von dieser Koalition, und dieses Versprechen haben wir jetzt auch eingelöst.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Aber ich habe in meiner Regierungserklärung vor sechs Monaten angekündigt, dass wir dieses Versprechen jetzt einlösen wollen mit dem Doppelhaushalt, den wir verabschiedet haben, und dass ich gerne mit der Koalition

über dieses Versprechen hinausgehen möchte und die beitragsfreie Kita ansteuern möchte über einen Stufenplan. Dieses Versprechen habe ich vor sechs Monaten gemacht und ich habe in diesem Versprechen gesagt, dass ich mich auch auf Bundesebene dafür einsetze, Gelder dafür zu bekommen. Dass man nicht 100 Prozent vom Bund verlangen kann bei dem Thema, ist klar, wenn man selber in der Mitverantwortung ist.

Und deshalb habe ich die Sondierungsgespräche genutzt, fünf Tag und fünf Nächte, um deutlich zu machen, dass wir die Kitagebührenfreiheit brauchen und dass da der Bund seinen Anteil leisten muss, denn es geht um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Das ist auch Arbeitsmarktpolitik, also muss der Bund einsteigen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Ich freue mich, das habe ich vor den Sondierungen angekündigt, und fünf Tage später war klar, der Bund wird sich zukünftig erstmalig an der Gebührenfreiheit in den Ländern beteiligen, dauerhaft.

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Das wissen Sie jetzt schon?!)

Das, liebe Frau Bernhardt, sind nicht nur 20 Millionen, sondern 3,5 Milliarden Euro. Je nachdem, wie sie verteilt werden, sind es mindestens in der Legislaturperiode 70 Millionen Euro und dann eben mindestens 20 Euro jährlich ab 2019. Für uns ist entscheidend, dass wir dauerhaft vom Bund unterstützt werden, und nicht nur einmalig. Als Landratskandidatin sollten Sie um diese Unterschiede wissen, denn gerade im stärksten Landkreis Ludwigslust-Parchim wird zu Recht immer hingeguckt, ob das Land einmalig oder dauerhaft finanziert.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Thomas Krüger, SPD: So ist es.)

Solche Kenntnisse sollte man haben.

Und weil ich wusste, dass das Thema Kitagebührenfreiheit bei den Jamaikasondierungen keine Rolle spielte, weil weder CDU noch CSU oder GRÜNE es für richtig halten, dass der Bund dort einsteigt, habe ich es zum Thema in den Sondierungen gemacht. Und es ist für mich ein Grund zu sagen, dafür würde sich eine Große Koalition im Bund lohnen. Wenn das eben nur mit der SPD geht, weil nur wir diese Gebührenfreiheit vom Bund auch verlangen und durchsetzen

(Zurufe von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE, und Simone Oldenburg, DIE LINKE)

und uns jetzt einig sind mit der CDU und CSU, dann sollten wir es auch machen. Deswegen werde ich mich an dieser Stelle an Koalitionsverhandlungen beteiligen, damit wir diesen Erfolg einfahren.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

An dieser Stelle sei mir eine kleine Randbemerkung erlaubt: Natürlich hätte man Kita noch stärker verhandeln können, aber mein Anliegen war, die komplette Bildungskette zu unterstützen, und wir werden neben Geld für Gebührenfreiheit Geld für Ganztagsschule, Ganztagsbetreuung, Hochschulen, berufliche Bildung und Weiterbildung bekommen. Das ist die komplette Bildungskette

und dafür werden wir zusätzliche Gelder bekommen. Deswegen, finde ich, ist der Anteil Kita sehr lohnenswert, denn wir wollen ja auch, dass es nach der Kita noch weitergeht.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Also, Versprechen, Stufenplan vorzulegen, dafür Mittel vom Bund einzuwerben – beim ersten Teil dieses Versprechens sind wir dabei. Ich kann heute zusagen, wenn klar ist in den Koalitionsverhandlungen und in meinem Vertrag, wie viel Geld gibt es pro Jahr, und wenn klar ist, dass diese Bundesregierung mit diesem Thema kommt, dann werden wir auch im Land sagen können, wie wir mit eigenen zusätzlichen Mitteln und diesem Bundesgeld zur gebührenfreien Kita kommen. Und diesen Plan werden wir noch in diesem Jahr vorlegen.

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Ich will deshalb auf ein paar Punkte eingehen, auch der Opposition. Zum einen finde ich wirklich, dass die Fraktion DIE LINKE sich schon mal viel mehr Arbeit gemacht hat als die AfD.

Sehr geehrte Damen, ach nein, es sind ja nur Herren,

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

sehr geehrte Herren der AfD-Fraktion, dass Sie mit dem Kitathema nicht viel am Hut haben

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

und es gerade nur schaffen, einen Satz anzumelden,

(Jürgen Strohschein, AfD: Das ist Quatsch!)

überrascht mich jetzt wirklich nicht. Nachdem Sie schon beim Thema „Frauen“ ein Totalausfall sind und auch beim Thema „bessere Löhne“ letztens blank waren, sind Sie es auch beim Thema „Kita“. Das geht an drei elementar wichtigen Themen für die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land vorbei, das sollten die Menschen im Land wissen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Dagegen hat die Linkspartei sich Gedanken gemacht und auch das Finanzierungssystem angesprochen. Und da, liebe Frau Bernhardt, muss ich sagen, ich muss mich schon wundern. Es war die rot-rot Landesregierung, die – zugegebenermaßen nach ihrem Versprechen, dass die Kita kostenfrei wird – erst mal das Finanzierungssystem angepackt hat, dann sind die Beiträge gestiegen. Also Sie haben Ihr Versprechen niemals eingelöst

(Torsten Renz, CDU: Das war 2002 mit den Gutscheinen.)

und sind danach auch nicht mehr zur Gelegenheit gekommen, weil Sie nämlich seitdem in der Opposition sind. Sie haben weder im Land noch im Bund nur einen einzigen Cent zur Gebührenentlastung beigetragen. Das muss man hier auch mal sagen.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Los, klatscht! Das ist eure Ministerpräsidentin!)

Trotzdem war es gut, dass die rot-rote Landesregierung damals das Finanzierungssystem angepackt hat. Warum? Wir sind eins der wenigen Bundesländer, wo ganz gezielt verhandelt wird: Was ist es für eine Kita? Wie ist der Schlüssel? Wie wird das Personal bezahlt? Und deshalb ist es möglich, zum Beispiel, wenn Personal gut bezahlt wird, es eben auch in den Kitagebühren und in den Beiträgen für die Träger abzubilden. Man kann natürlich auch zum simplen System zurückkehren, eine Pauschale für alle. Aber dann können Sie ja gar nicht mehr steuern, ist es eine gute Kita, wird dort gut bezahlt. Wir sind für gute Bezahlung der Erzieherinnen und Erzieher und deswegen bleiben wir bei dem Finanzierungssystem, dass es sich eben auch letztendlich in den Leistungsentgelten abbilden muss. Das war ein Fortschritt der rot-roten Regierung. Dass Sie das jetzt kassieren wollen, das ist Ihr Problem. Wir wollen, dass gute Bezahlung für Erzieherinnen und Erzieher auch zukünftig abgebildet wird.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Dennoch haben wir das Problem, dass dadurch ab und zu immer wieder Beiträge steigen. Deshalb gebe ich Ihnen recht, wir müssen eine Lösung finden, wenn man zur Gebührenfreiheit kommt, wie man diesen Punkt behandelt, dass man einerseits immer steigende Kosten hat, wenn man besser bezahlt, wenn Betriebskosten steigen, wenn Kitas saniert werden – und das will ja wohl jetzt keiner abschaffen –, aber auf der anderen Seite die Gebührenfreiheit sichern muss. Das ist eine Frage: Wie löst man das in diesem Finanzierungssystem?

Diese Frage müssen wir klären, und um das vernünftig zu machen, müssen wir uns eben neben dem Stufenplan Zeit nehmen, um das mit den Kommunen zu beraten. Denn eins ist auch klar, wenn wir die Gebührenfreiheit versprechen, dann muss sie gut und seriös für die Eltern kommen. Und das unterscheidet uns: Wir wollen nicht nur das Versprechen machen, sondern wir wollen es auch seriös für die Eltern einlösen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Dann will ich gerne noch mal darauf zurückkommen, dass ich oft höre, die 50 Euro sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Ich habe Ihnen das hier für die Eltern der Kita „Naturtalent“ in Ludwigslust vorgerechnet, wie die 50 Euro sich auswirken. Dort waren viele Eltern – und ich habe mit denen gesprochen –, die haben gesagt: Frau Schwesig, vielen Dank. Dirk Friedriszik, der Landtagsabgeordnete, war dabei. 50 Euro im Monat haben oder nicht haben, 600 Euro im Jahr sind für viele Eltern in unserem Land viel Geld, das ist nicht unerheblich. Und wenn Sie tun, als ob es ein Tropfen auf den heißen Stein wäre, dann muss ich sagen, die Linkspartei hat sich von der Situation vieler Familien in unserem Land offensichtlich weit entfernt. Wir wissen, wie es den Familien geht,

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)