Die Landesregierung hat sich in der Tat für wichtige Zukunftsaufgaben personell verstärkt aufgestellt. Dazu zählt der Vorpommern-Staatssekretär, auch der Staatssekretär für Bildung.
Die Integrationsbeauftragte ist übrigens ganz wichtig, Herr Holm, denn wir wollen, dass die Menschen hier ankommen. Deswegen braucht es eine Koordinierung, deswegen braucht es eine Integrationsstelle, deswegen braucht es eine Integrationsbeauftragte,
Die wichtigsten Zukunftsaufgaben sind damit entsprechend stärker im Fokus. Das ist genau richtig so und genau das wollten wir erreichen.
In anderen Bereichen wollen wir unsere Politik modernisieren – um den Friedensnobelpreisträger Willy Brandt mal anzusprechen –, mehr Demokratie wagen. Wir wollen unsere Politik besser erklären, die Transparenz erhöhen und unsere Präsenz vor Ort verbessern. Wir wollen die Landesverfassung so ändern, dass wir zu wesentlichen Themen Volksbefragungen durchführen können. Ich bin auch da wieder überrascht, dass die Linksfraktion das kritisiert. Aber das erklären Sie ja vielleicht gleich. Sie lassen sich vor der Staatskanzlei mit einem Plakat „Mehr Demokratie wagen, Herr Sellering“ ablichten und wenn wir die Bürger dann direkt fragen wollen, wollen Sie es verhindern. Vielleicht habe ich es falsch verstanden, aber Sie werden es sicherlich nachher erklären. Darauf freue ich mich schon.
Darüber hinaus gibt es Themen, die das Land nur begleiten, die wir nur mittelbar beeinflussen können. Der Ministerpräsident hat das Entsprechende zum Thema OstWest-Rentenangleichung hier schon gesagt. Ich habe mich dazu auch deutlich geäußert. Ich bin sehr verärgert darüber,
dass die Rentnerinnen und Rentner weitere Jahre warten sollen. Das, finde ich, ist unfair. Das ist auch nicht nur eine finanzielle Frage, da geht es um Augenhöhe, da geht es um Anerkennung ostdeutscher Lebensleistungen.
(Peter Ritter, DIE LINKE: Und was folgt aus dem Ärger? Noch mal schnell in die Ecke stellen und ärgern und dann weitermachen?)
Natürlich weist unser Koalitionspartner zu Recht darauf hin, dass mit der Angleichung der Renten von Ost und West der Höherbewertungsfaktor wegfällt. Meine Damen und Herren, darauf kann es aber doch nur eine Antwort geben, und zwar, dass wir in Mecklenburg-Vorpommern höhere Löhne brauchen.
Genau an diesem Punkt, sage ich, müssen wir arbeiten und wir werden daran arbeiten. Wir haben auch in der letzten Legislaturperiode daran gearbeitet. Ja, wir haben die Tarifautonomie. Löhne werden von Gewerkschaften und Arbeitgebern vereinbart. Der Staat kann nur an Stellen steuern, an denen er selbst Einflussbereiche hat. Mecklenburg-Vorpommern hat das in der letzten Legislaturperiode getan. Unser Vergabegesetz hat geregelt, dass wir eines der ersten Länder waren, in denen der Mindestlohn im öffentlichen Bereich für öffentliche Aufträge galt. Das war deutlich früher, als der Mindestlohn auf Bundesebene in Kraft gesetzt worden ist.
Richtig ist, meine Fraktion möchte, dass das Vergabegesetz weiterentwickelt wird. Unser Ziel ist es, dass Firmen, die Tariflöhne zahlen, künftig bei Aufträgen des Landes einen deutlichen Vorteil haben sollen. Wir wollen mehr tarifgebundene Bezahlung in Mecklenburg-Vorpommern und wir brauchen mehr tarifgebundene Bezahlung in Mecklenburg-Vorpommern. Das, meine Damen und Herren, ist aber nicht nur eine Aufgabe der Politik. Hier stehen alle in Verantwortung, Arbeitergeber, Gewerkschaften und natürlich auch jeder Einzelne, denn wir wissen, dass geringe Tarifbindung und damit auch oftmals verbunden geringe Löhne mit dem geringen Organisationsgrad von Gewerkschaften zusammenhängen. Jeder Arbeitnehmer und jede Arbeitnehmerin hat beispielsweise die Möglichkeit, in eine Gewerkschaft einzutreten und deren Organisationsgrad zu erhöhen. Auch das wäre eine wichtige gesellschaftliche Entwicklung, für die ich hier an dieser Stelle ausdrücklich werbe.
Richtig, meine Damen und Herren, ist, dass Löhne auch mit Rentenzahlung zusammenhängen. Das ist es aber nicht nur alleine. Lohnentwicklung hat auch etwas damit zu tun, dass wir Fachkräftesicherung in unserem Land betreiben, Herr Holm. Auch an der Stelle haben Sie Dinge gesagt, wo ich wieder nur fassungslos den Kopf schütteln kann. Sie bemängeln Dinge, haben aber an keiner Stelle irgendeine Lösung.
Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels müssen wir für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer attraktiv bleiben. Es verwundert vor diesem Hintergrund schon sehr, dann die Äußerung der AfD zum Thema „Tariftreue und Lohnhöhe“ zu lesen. Sie haben unseren Vorstoß nach mehr Tarifgebundenheit zurückgewiesen und wollen offenbar, dass die Menschen hier weiter unterdurchschnittlich verdienen.
Das ist die logische Folge. Mich würde sehr interessieren, wie Sie erreichen wollen, dass wir in MecklenburgVorpommern das Problem des Fachkräftemangels lösen. Ich habe hier nichts gehört. Die Alternative dazu, für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch aus anderen Bundesländern attraktiv zu sein, sind höhere Löhne. Wenn wir diese Alternative nicht ziehen, heißt das vielleicht, dass wir dann Zuwanderung aus anderen Ländern wollen? Ist das Ihre logische Konsequenz? Sagen Sie dazu mal was! Das wäre interessant. Sie haben ja vielleicht noch Redezeit.
Meine Damen und Herren, ich freue mich auf die nächsten fünf Jahre. Sie werden mit großen Anstrengungen und viel Arbeit verbunden sein, doch genau dafür sind wir gewählt worden. Ich würde mich freuen, wenn wir bei der Aussprache zur Regierungserklärung des Jahres 2021 ein ähnlich positives Fazit ziehen könnten wie heute. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Ministerpräsident! Am 4. September haben wir verloren. SPD, CDU, LINKE und GRÜNE haben Vertrauen verloren, denn mehr als 20 Prozent der Frauen und Männer haben mit ihrer Wahl deutlich gemacht, wie schwer enttäuscht sie sind und wie ihnen die Planbarkeit ihres Lebens durch die derzeitige Politik abhandengekommen ist. Wir alle haben zu spüren bekommen, dass die Politik der Großen Koalition der vergangenen Jahre viel zu wenig eine Politik für die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, für die Rentner, für die Kinder und für die Jugendlichen war. Die Politik der Regierungsparteien hat zu viele Menschen nicht erreicht, sondern zu oft außen vor gelassen.
Aber selbstkritisch, Herr Renz, müssen wir auch sagen, dass die Oppositionspolitik ihre guten Alternativen oft nicht glaubhaft und nicht überzeugend genug vermitteln konnte. An dieser Stelle, muss ich Ihnen sagen, Herr Sellering, hätte ich mir ein wenig mehr Selbstkritik von Ihnen gewünscht.
Sie aber haben heute vorrangig für den Unmut in der Bevölkerung die Flüchtlingssituation verantwortlich gemacht. Das ist einfach falsch. Sie suchen nicht die Gründe, die dazu führen, dass fast 168.000 Wählerinnen und Wähler ihr Kreuz bei einer Partei gemacht haben, die mit rechtspopulistischen Parolen hausieren geht, die rückwärtsgewandt und zum Teil ausländerfeindlich ist. Die Enttäuschung der Eltern, der Beamten, der Arbeitslosen, die ihre Stimme einer Partei gegeben haben, die intolerant ist und Menschen, die anders lieben und leben, ausgrenzt, einer Partei, die Kinder von Kindern trennen will, weil sie behindert sind, diese Enttäuschung darf und kann nicht zu einem „Weiter so“ in der Regierungspolitik dieses Landes führen.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir müssen Vertrauen zurückgewinnen, Zuversicht und die Gewissheit, dass die Politik den Frauen und Männern zuhört, ihnen Aufmerksamkeit schenkt und ihre Anliegen ernst nimmt. Politik muss wieder zuverlässig werden.
Der größte Fehler, den SPD und CDU in den zurückliegenden Jahren begangen haben, war die Ablehnung jeder, wirklich jeder Volksinitiative. Ob es um den Erhalt einer bürgernahen Gerichtsstruktur ging, den Mindestlohn oder unsere Theater und Orchester, die tausendfachen Unterschriften haben Sie nicht interessiert. Wer über 500.000 Willlensbekundungen ins Leere laufen lässt, der braucht sich über verlorenes Vertrauen nicht zu wundern.
Aber das soll sich ja jetzt ändern. Sie formulieren in Ihrem Koalitionsvertrag, ich zitiere: „Und viele Menschen
erwarten bei wichtigen politischen Entscheidungen eine stärkere Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger. … Die Koalitionspartner werden durch eine Änderung der Landesverfassung die rechtlichen Voraussetzungen schaffen, um in wesentlichen Fragen Volksbefragungen durchführen zu können.“ Ende des Zitats.
Das, Herr Krüger, was sich im ersten Moment gut anhört, hat einen Haken: Volksbefragungen, Bürgerbefragungen sind in keiner Weise verbindlich. Warum greifen Sie also ein Instrument auf, das nur noch die Unzuverlässigkeit der Politik unterstreicht? Warum wollen Sie entscheiden, wann und zu welchen Themen die Bürgerinnen und Bürger befragt werden? Damit ignorieren Sie doch die Themen, die den Menschen wichtig sind,
und beziehen sie nicht in Ihre Regierungsarbeit ein. Vertrauen gewinnen Sie nicht zurück, wenn Sie sich Ihre bereits getroffenen Entscheidungen nur noch nachträglich legitimieren lassen. Scheuen Sie sich einfach nicht davor, die Quoren für Volksinitiativen und Volksbegehren zu senken! Seien Sie mutig und nehmen Sie die Ängste, Bitten und Forderungen der Frauen und Männer in Mecklenburg-Vorpommern ernst! Lassen Sie die Menschen selbst sagen, welche Themen ihnen unter den Nägeln brennen!
Sehr geehrte Damen und Herren, in Mecklenburg-Vor- pommern lebt jedes dritte Kind in Armut, jedes fünfte Kind lebt in einer Familie, die auf Sozialleistungen angewiesen ist. In diesem reichen Land ist mehr als jeder fünfte Erwachsene arm. Hier muss jede zehnte Arbeitnehmerin beziehungsweise jeder zehnte Arbeitnehmer aufstocken, weil der Lohn nicht zum Leben reicht. Fast 6.000 junge Menschen unter 25 Jahren sind arbeitslos und in unserem Land beziehen fast 90.000 Menschen ausschließlich Hartz-IV-Leistungen, davon mehr als die Hälfte länger als vier Jahre.
Sie sehen doch anhand der hohen Anzahl von Betroffenen, dass der erste Arbeitsmarkt allein nicht das Allheilmittel ist.