Protokoll der Sitzung vom 25.04.2018

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Herr Schneider, um auf Ihre Frage gleich einzugehen, warum wir Sie hier nicht eingeladen haben, gemeinsam mit uns den Antrag einzubringen: Ich verweise da einmal auf einen Artikel im „Nordkurier“ vom 09.02.2017 unter der Überschrift „Islamische Bestattungen – Landtag blickt nach Waren“. Dort ist zu lesen: „Der AfD-Kreisverband Mecklenburgische Seenplatte kritisierte, dass ,hier schon wieder für Moslems ein Sonderrecht installiert werden soll‘“, Zitatende. Und der sächsische AfD-Politiker Wurlitzer führt aus: „Es kann doch nicht sein, dass wir hier im vorauseilenden Gehorsam unsere Gesetze ändern, damit Zuwanderer ihre Bräuche pflegen können“, et cetera.

(Zuruf von Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

Man kann weitere Beispiele finden, wenn man das Netz bemüht. Wer sich so äußert, kann doch nicht im Ernst erwarten, dass er bei so einem wichtigen Thema mit eingeladen wird, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Meine sehr verehrten Damen und Herren, viele Themen werden im Parlament in der Regel nach klaren Spielregeln und auch oft mit klarem Ausgang debattiert. Die Regierungsfraktionen finden ihre Anliegen immer besonders gut, die der Opposition weniger. Auch die Mehrheitsverhältnisse sind in der Regel klar und bestimmen damit das Schicksal fast aller Oppositionsvorhaben. Umso mehr freue ich mich, dass es bei dem vorliegenden Antrag, dass es bei dem vorliegenden Inhalt anders ist. Die Frage, welcher Fraktion die Regierung oder Opposition angehören, spielt hier eine völlig nachgeordnete Rolle, und das ist bei diesem so wichtigen und sensiblen Thema auch gut so. Das sollte die Arbeitsweise der von uns einzusetzenden Kommission prägen, denn wenn wir über das Bestattungsgesetz reden, dann reden wir auch über Trauer, über Ehrfurcht vor dem Tod, über den letzten Willen, über Selbstbestimmung, über Glauben und – das will ich nicht unterschlagen, das ist in anderen Redebeiträgen auch schon deutlich geworden – wir reden zunehmend über das liebe Geld.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Diskussion über mögliche Reformen des Bestattungsrechts treibt meine Fraktion, treibt mich persönlich schon seit Jahren um. Die Abgeordneten der letzten Wahlperiode wissen das noch genau und der Kollege Ehlers ist ja darauf eingegangen. Im Januar 2016 hatte sich der Landtag auf

Antrag meiner Fraktion bereits mit diesem Thema befasst. Und nein, das war kein Wahlkampfthema. Auch im Januar 2016 hatten wir um einen ergebnisoffenen Dialog geworben und keinen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt, den wir dann zum Wahlkampfthema hätten machen können, unter der Maßgabe, die bösen Koalitionsfraktionen haben das abgelehnt.

Ich will nicht weiter auf die damalige Debatte eingehen, weil wir heute doch in der Tat mindestens zwei Schritte weiter sind, und das ist gut so. Aber wir wollten mit dem Antrag aus dem Januar 2016 schon damals die Regelungen des Leichenwesens, des Friedhofswesens und des Bestattungswesens mit Fachleuten untersuchen, also nicht nur allein die Frage des Wegfalls oder der Lockerung des Friedhofszwangs. Unserem Antrag vorausgegangen waren zahlreiche Gespräche mit Vertretern der Bestattungsunternehmen, der Religionsgemeinschaften, der Kommunen. Bekanntlich sind die Fraktionen von SPD und CDU damals unserer Initiative nicht gefolgt. Heute haben wir nun zum Glück eine andere Situation und ich sage dazu herzlichen Dank!

Die Debatte um eine Reform des Bestattungsgesetzes kann also endlich richtig losgehen. Das ist spät, aber nicht zu spät, denn wir haben uns, glaube ich, einen guten Zeitrahmen gegeben, damit wir uns gegenseitig nicht wieder im Jahr 2021 dann vorhalten, wir machten es doch zum Wahlkampfthema oder das Thema unterliege der Diskontinuität. Nein, unser Ziel sollte schon sein, im Verlauf dieser Legislaturperiode zu möglichen Änderungen am Bestattungsrecht in Mecklenburg-Vorpommern zu kommen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, worum geht es meiner Fraktion konkret? Was wollen wir? Was erwarten wir von den Empfehlungen der Experten? Zunächst einmal wollen wir gut zuhören und die jeweiligen Argumente und Hinweise der Sachverständigen ernst nehmen. Ich kann Ihnen an dieser Stelle sagen, dass ich noch zu keinem Thema so viele Einladungen zu öffentlichen Foren erhalten habe wie zu diesem Thema. Und ich habe bei jedem Forum Neues dazugelernt. Es ist ein unwahrscheinlich breit gefächertes Thema mit unwahrscheinlich vielen Facetten, Vorstellungen und persönlichen Erwartungshaltungen. Wir wollen, dass am Ende die Abgeordneten ihrem Gewissen folgen, keiner Fraktionsdisziplin, keinem Koalitionszwang, was im Übrigen sozusagen gute Tradition in diesem Hause ist, wenn es um Änderungen im Bestattungsrecht geht. Und das gilt dann eben auch für die Frage des Friedhofszwangs.

Sie werden sicherlich wissen, dass ich persönlich von der Aufhebung oder zumindest Lockerung des Friedhofszwanges überzeugt bin. Die Frage, ob ich über meine letzte Ruhe selbst entscheiden darf, ich selbst, beantworte ich mit Ja. Meine Mutter – gesund und schon 86, und ich hoffe, dass sie noch viel, viel älter wird – hat für sich auch über diese Frage entschieden. Sie wohnt ein Stück weiter weg von hier und hat gesagt, Junge, diese Grabstelle dort habe ich mir angemeldet, ein Grab mit vielen anderen zusammen. Da habe ich ihr gesagt, das kann ja wohl nicht wahr sein! Wissen Sie, was die Antwort meiner Mutter war? Weißt du, zuhause in deinem Landtag machst du dicke Backen, dass jeder selbst entscheiden kann, wo er seine letzte Ruhe findet, und mir willst du das vorschreiben?!

(Thomas Krüger, SPD: Kluge Frau!)

Also eine deutlichere Argumentation konnte ich an der Stelle nicht kriegen und mein Gerüst ist in sich zusammengebrochen. Also darf ich über meine letzte Ruhe selbst entscheiden? Ich meine, ja. Und das meinen viele, mit denen ich gesprochen habe. Ich bin überzeugt davon, dass die Friedhofskultur, ungeachtet der Aufhebung oder Lockerung des Friedhofszwangs, ungeachtet der sich ändernden gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, ein hohes kulturhistorisches Gut ist und auch bleiben sollte. Wir wären doch alle schlecht beraten, wenn wir die Friedhöfe in unserem Land, die einen hohen kulturhistorischen Wert darstellen, über irgendwelche Art und Weise schleifen wollten. Das ist überhaupt nicht Anliegen unserer Diskussion.

Wenn ich zum Beispiel in Stavenhagen über den Friedhof gehe und mir einfallen würde, dass die Grabstelle der Eltern von Fritz Reuter nicht mehr zu besuchen wäre, dann wäre das doch absurd. Und so gibt es viele Stellen, die einen hohen kulturhistorischen Wert haben auf Friedhöfen in Mecklenburg-Vorpommern, und diese gilt es zu unterhalten und zu erhalten. Auch hier bitte schön sind wir doch als Landesgesetzgeber in der Pflicht, indem wir nämlich die Kommunen oder andere Träger der Friedhöfe finanziell in die Lage versetzen, dieses Kulturgut zu erhalten. Wir können also nicht nur Erwartungshaltungen formulieren an die Menschen vor Ort, die sich darum kümmern, sondern wir müssen ihnen auch Gelegenheit geben, diese Erwartungshaltung zu erfüllen.

Ich bin zuversichtlich, dass die über Jahrhunderte gewachsene Tradition auch in der Zukunft ein fester und wichtiger Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens bleibt. Auch wenn ich bei dieser Frage auf eine Änderung des Bestattungsgesetzes hoffe, weil ich hier die besseren Argumente sehe, werde ich meine bisherigen Auffassungen kritisch hinterfragen und Gegenargumente ernst nehmen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, über das Für und Wider der Aufhebung des Friedhofszwangs will ich an dieser Stelle nichts mehr sagen. Dazu wurde schon viel gesagt und geschrieben und es wird auch noch viel gesagt und geschrieben werden. Ich will an dieser Stelle nur meine Hoffnung zum Ausdruck bringen, dass genau diese Frage so ergebnisoffen diskutiert wird, wie wir das vielleicht gern wollen, aber die eine oder andere Wortmeldung aus der CDU-Fraktion schon eine gewisse Einschränkung mit sich bringt. Ich hoffe, dass wir da ein Ergebnis oder im Expertengespräch auch eine Lockerung erreichen, um im Bild zu bleiben.

Aber wie gesagt, das ist nur ein Bestandteil der Diskussion, die wir seit vielen Jahren führen. Ich möchte noch andere Fragen benennen, die wir auch in der Expertenkommission gern beraten wollen:

Erstens. Sollte die bislang geltende 48-Stunden-Frist für Erdbestattungen auf 24 Stunden verkürzt werden, um neuen religiösen Bedürfnissen nachzukommen?

Zweitens. Brauchen wir eine gesetzliche Klarstellung, dass aus religiösen Gründen neben der traditionellen Sargbestattung auch eine Bestattung im Leichentuch möglich ist?

Drittens. Müssen wir über eine gesetzliche Klarstellung reden, dass Grabsteine aus Kinderarbeit verboten sind?

Viertens. Wie steht es um die Qualität der Leichenschau in Mecklenburg-Vorpommern? Was sagen Rechtsmediziner und Staatsanwaltschaften dazu? Gibt es in Mecklenburg-Vorpommern überhaupt ausreichend Rechtsmediziner und Pathologen?

Fünftens. Unter welchen Voraussetzungen brauchen wir eine verbindliche zweite Leichenschau?

Sechstens. Ist die Mindestruhezeit von 20 Jahren angemessen oder sollte sie verkürzt werden?

Siebtens. Sollten Friedhöfe und Krematorien auch privat betrieben werden dürfen oder sollte das ausgeschlossen bleiben?

Ich möchte eine letzte Frage stellen, die offensichtlich wichtig ist und auch von anderen Rednern erwähnt wurde: Sollten wir das Sterbegeld wieder einführen?

Das sind nur sieben Problemkreise, sieben Fragen, die ich ganz gern in der Expertenkommission mit den von uns vorgeschlagenen Expertinnen und Experten beraten möchte. Und es gibt, da bin ich mir sicher, viele weitere Fragen, die dort eine Rolle spielen werden. Ich bin hoffnungsvoll, dass wir am Ende einen möglichst breiten Konsens zu vielen Fragen erreichen können. Ich glaube, dass wir an der einen oder anderen Stelle auch mit persönlichen Erwartungshaltungen dann etwas zurückstehen müssen.

Das Entscheidende wird sein, dass wir bei den vielen Fragen einen möglichst breiten Konsens, eine möglichst breite Übereinstimmung erzielen können, um dann eine mögliche Veränderung des Bestattungsrechts in Mecklenburg-Vorpommern auf den Weg zu bringen. Der Bericht der Expertenkommission, den wir Ende nächsten Jahres erwarten, wird hier mit Sicherheit einen wichtigen Beitrag für unsere Meinungsbildung leisten. Deshalb schon jetzt einen herzlichen Dank an die von uns vorgeschlagenen Expertinnen und Experten, die in dieser Kommission mitarbeiten! Ich freue mich auch auf eine Mitarbeit in diesem Gremium. Nun gibt es, wir haben es gehört, Vorschläge aus dem öffentlichen Raum, in dieser Kommission mitarbeiten zu wollen. Das ist gut so.

Es gibt einen Änderungsantrag der Fraktion der AfD, der eine Erweiterung der Kommission vorsieht. Mich hat ein Schreiben des Humanistischen Verbandes erreicht, warum sie nicht mit einbezogen wurden. So gibt es jetzt viele, die reagieren, die mitarbeiten möchten, und das zeigt uns doch, dass dieses ein wichtiges Thema ist. Dennoch würde ich dafür plädieren, dass wir bei dem jetzt vorgeschlagenen Rahmen der Expertenkommission bleiben, weil jede Erweiterung natürlich sozusagen zu einem weiteren Aufblähen dieser Kommission führt. Was aber unter uns unstrittig sein sollte in unserer Arbeit in dieser Expertenkommission, ist, dass wir weiteren Sachverstand von außen in diese Kommission hineinholen, wenn wir uns mit bestimmten Themenfeldern in dieser Kommission beschäftigen, das sollte nicht ausgeschlossen sein.

Insofern, glaube ich, wird auch der Vorschlag der AfDFraktion dort Berücksichtigung finden, wenn wir uns speziell mit Religionsgemeinschaften in dieser Expertenkommission und explizit mit ihren Vorstellungen und Forderungen auseinandersetzen.

Also, meine sehr verehrten Damen und Herren, noch einmal ein herzliches Dankeschön an die Fraktionen, die

hier Miteinreicher sind für diesen Antrag! Ich freue mich, dass unser Agieren in den letzten Jahren auf fruchtbaren Boden gefallen ist. Aber das spielt für uns nicht die entscheidende Rolle, ob wir sozusagen einen Erfolg haben oder nicht. Entscheidend ist für mich, dass wir uns hier gemeinsam auf den Weg machen und eine für alle Menschen in Mecklenburg-Vorpommern wichtige Frage miteinander diskutieren. Insofern herzlichen Dank für Ihr Engagement!

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Für die Fraktion der BMV hat jetzt das Wort die Abgeordnete Weißig.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kollegen! Liebe Gäste! „Bestattungskultur in Mecklenburg-Vorpommern“ – eine gute Frage. Sicher haben Sie schon durch meine Kleinen Anfragen mitbekommen, dass mir dieses Thema am Herzen liegt. Die Bestattungskultur befindet sich bereits seit Jahren im Wandel. Es fing damit an, dass die gesetzlichen Krankenkassen bereits im Jahr 2004 das sogenannte Sterbegeld abgeschafft haben, welches bis dato gezahlt wurde. Von da an musste jeder selbst zusehen, wie er unter die Erde kommt. Mittellos Verstorbenen bleibt nur noch die Möglichkeit der Sozialbestattung, wenn keine Hinterbliebenen existieren oder die Angehörigen nicht in der Lage sind, die sehr hohen Kosten einer Bestattung zu bezahlen.

Laut meiner Kleinen Anfrage vom 27.03.2017, Drucksache 7/375 – Sie sehen, ich befasse mich mit dem Thema schon ziemlich lange –, haben sich die Kosten für eine Bestattung, deren Kosten die Sozialhilfe trägt, von 2005, Anzahl der Fälle: 304, um mehr als das Doppelte im Jahre 2015 auf 637 erhöht. Für 2016 lagen noch keine Zahlen vor. Inzwischen werden die Sozialbestattungen sicherlich nicht geringer geworden sein, schon aus dem Grund, dass es gerade bei den Rentnern vielfach nicht möglich ist, sich nach seinen eigenen Wünschen bestatten zu lassen. Die, die noch wählen können, werden sich, wenn sie sehr gut situiert sind, ein Erdbegräbnis leisten können. Es bietet sich die Urnenbestattung an, sehr viel kostengünstiger, und seit 2006 die Möglichkeit einer Seebestattung und so weiter für jedermann.

Da die Familie sich im Wandel befindet und die Arbeitsmarktsituation leider so ist, dass die Kinder und Angehörigen wegziehen müssen, der Arbeit hinterher, ist niemand mehr da, der das Grab pflegen kann. Und niemand möchte es seinen Kindern zumuten, regelmäßig Kosten und Verantwortung für das Grab zu tragen, da ja das Einkommen gerade in Mecklenburg-Vorpommern vielfach zu wünschen übrig lässt, auch anderswo. Die Bestattungskultur befindet sich durch unsoziales Verhalten der Krankenkassen im Wandel – ein Trauma für Menschen, die auf eine Sozialbestattung angewiesen sind. Gleichzeitig ist es auch eine Bereicherung für die Menschen, die sich ihre Wünsche erfüllen können. Allerdings gibt es auch da für mein ethisches Verständnis Grenzen. Eine Urne in den Garten zu verstreuen, ist für den späteren Käufer dieses Grundstücks wohl kein angenehmer Zustand. Ich würde es nicht kaufen wollen. Ich finde es absolut pietätlos.

Ein weiteres Thema ist der Glaube mit seiner Religion und der damit verbundenen Bestattungskultur, welche unbedingt Berücksichtigung finden muss. Ein einfaches räumliches Abtrennen des Friedhofgeländes reicht nicht

aus, ohne dass beiderseitig vermeidbare Konflikte entstehen. Und auch das hat sich leider schon bestätigt aufgrund des unterschiedlichen Glaubens und der damit völlig verschiedenen Bestattungskulturen: Beiderseitige Toleranz führt in diesem sensiblen Bereich nicht zum Ziel. Konflikte dieser Art lassen sich aber durchaus vermeiden, indem man den unterschiedlichen Religionsgemeinschaften eigene Orte zur Verfügung stellt, an denen sie ihre Verstorbenen bestatten und um sie trauern können, und dies im Sinne aller Kulturen und Religionen.

Wir haben ein sehr strenges Bestattungsgesetz, welches bis jetzt wenig Spielraum gelassen hat. Ich hoffe, dass unsere Bestattungskultur, sie ist ein Kulturgut, nicht so verwässert wird und klare Regeln hat, an die sich alle zu halten haben. Nicht, dass man aus Gram um die Bestattungskultur lieber gar nicht sterben möchte. Dann ist Widerspruch zu spät. – Ich danke Ihnen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der BMV)

Für die Fraktion der AfD hat jetzt das Wort der Abgeordnete Dr. Jess.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Landsleute und Gäste! Ich möchte mich gar nicht zur Bestattungskultur äußern, sondern vor allem zu einem kleinen Punkt, der praktisch nur Teil dieses Textes ist, und zwar zur Leichenschau. Die Expertenkommission soll bis zum 31.12.2019 einen Bericht an den Landtag liefern und in diesem Bericht sollen offensichtlich auch Vorstellungen zur Qualitätsverbesserung bei der ärztlichen Leichenschau erarbeitet werden. Darauf bezieht sich unser Änderungsantrag, weil wir der Meinung sind, dass die Leichenschau nicht in diese Expertenkommission oder in dieses Thema hineingehört. Ursache dafür ist der Bericht der Rechtsmedizin der Uni Rostock aus 2017, den wir alle kennen und der auch in der Presse ausreichend debattiert wurde, wo von 10.000 Todesbescheinigungen nur 223 fehlerfrei gefunden wurden und 3.000 mit schweren Fehlern. Wollen Sie tatsächlich erst 2020 auf diesen Missstand reagieren? Ich glaube, das ist wohl nicht hinnehmbar. Hier ist eine sofortige Beseitigung der Mängel erforderlich.

Wenn man mit Verantwortlichen in diesen Bereichen spricht, dann ist das auch ohne Weiteres möglich. Und zwar gibt es drei Punkte, die berücksichtigt werden müssen und die sofort angegangen werden können:

Erstens. Die Ausbildung der Ärzte in diesem Bereich muss dahin gehend verbessert und angepasst werden.

Zweitens. Die Vergütung der Ärzte für eine Leichenschau muss deutlich angepasst werden. Bereits seit 2014 wird dies diskutiert, aber es ist nichts passiert.

Für eine Leichenschau bekommt ein Arzt 23 bis 35 Euro plus Fahrtkosten. Das Problem ist, dieses hat sich, obwohl es seit 2014 diskutiert wird, nicht verändert. Das zweite Problem ist, dass diese Kosten die Hinterbliebenen zahlen. Und da wäre ganz klar anzusprechen, es wird dann problematisch, wenn man diese Kosten deutlich erhöht, weil wir heute schon darüber gesprochen haben, dass viele Hinterbliebene grundsätzlich mit den Beisetzungskosten überfordert sind. Man muss ja auch fragen: Wer hat eigentlich Interesse an der Leichenschau? Nicht die Hinterbliebenen, in erster Linie der Staat. Deshalb sind wir der Meinung, dass diese Kosten

zukünftig wieder von der Allgemeinheit bezahlt werden müssen und eine Kostenübernahme entweder durch die Kassen oder durch ein entsprechendes Sterbegeld erfolgen muss.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Der dritte Punkt, der praktisch die Leichenschau qualitativ verbessern könnte, wäre eine einfache Formularänderung bei den derzeitigen Formularen. Es ist so, dass die derzeitigen Formulare in keiner Weise praxisrelevant sind, sondern die Ärzte viele Punkte nicht ausfüllen, weil sie aus ihrer Sicht eigentlich Nonsens sind. Zum Beispiel bei einer 90-jährigen oder 93-jährigen Frau anzukreuzen, ob sie schwanger oder nicht schwanger ist, halten die Ärzte für Blödsinn, und dem würde ich auch zustimmen. Wenn sie das aber nicht ankreuzen, dann ist der Totenschein fehlerhaft, und deshalb kommen auch diese hohen fehlerhaften Totenscheine zustande. Also bitte, da könnte man relativ schnell etwas ändern.

(Minister Harry Glawe: Da hat der Doktor recht.)

Herr Ritter, zu Ihnen noch einmal: Also über den Ruheort selbst zu entscheiden, da muss ich schon sagen, das hat auch seine Grenzen, denn Sie wissen ja gar nicht, was die einzelnen Leute da so für Vorstellungen haben. Ich könnte mir auch vorstellen, dass jemand sich balsamieren und im Kaufhaus ausstellen lässt, wenn er das gern hätte. Also wir haben ja auch Leute, die zu Herrn – wie heißt er noch – gehen, der die Leichen ausstellt.