Und diesmal haben es nicht die Schweizer erfunden, sondern die Steuerabteilung unseres Finanzministeriums.
Die Beteiligung daran ist selbstverständlich freiwillig. Dieses Verfahren wird seitens des Finanzministeriums, sagen wir es mal so wie auf www.steuerportal-mv.de, beworben, und zwar wie folgt, Zitat, ich beginne: „Wussten Sie, dass Ihr Rententräger Ihre Renteneinkünfte bereits in zutreffender Höhe an das Finanzamt übermittelt und eine Steuererklärung entbehrlich ist, wenn neben der Rente keine weiteren steuerrelevanten Sachverhalte vorliegen? In diesem Fall besteht die Möglichkeit, dass Ihr Finanzamt die Einkommensteuer eigenständig festsetzt. Das Verfahren wird Amtsveranlagung genannt. Durch das Amtsveranlagungsverfahren sparen Sie Zeit und Aufwand, um eine vollumfängliche Einkommensteuererklärung nebst den richtigen Anlagen im Finanzamt
einzureichen. Wenn Sie also die genannten Voraussetzungen erfüllen und künftig auf die Abgabe einer Einkommensteuererklärung verzichten möchten, können Sie dies Ihrem Finanzamt einfach mitteilen. Einen dafür vorgesehenen, knapp eine Seite umfassenden Erklärungsvordruck finden Sie hier sowie unter der Rubrik ‚Vordrucke‘. Der Vordruck liegt auch in Ihrem Finanzamt aus. Das Finanzamt wird Ihnen in gewohnter Weise einen Steuerbescheid übersenden, der unter anderem Angaben zur Höhe der festgesetzten Steuer und zur Zahlungsfrist enthält. Weitere Informationen können Sie auch der Broschüre ‚Es geht auch ohne – Steuererklärung für Rentnerinnen und Rentner‘ entnehmen. Hinweis: Dieses Verfahren wird derzeit nur in Mecklenburg-Vorpommern angeboten!“ Zitatende.
Hier gelangen Sie ebenfalls zum Vordruck, den die betreffenden Rentnerinnen und Rentner ausgefüllt zum Finanzamt senden müssen. Es gibt auch Fragen, die ich noch kurz vortragen möchte. Diese Fragen wurden schon mehrfach bei Versammlungen, woran der Finanzminister teilgenommen hat, benannt. Frau Rösler hat teilweise diese Fragen auch gestellt. Und diese Fragen wurden ebenso vom Bund der Steuerzahler immer mal wieder aufgebracht.
Der Rechtsweg bleibt den Bürgerinnen und Bürgern natürlich offen. Sie erhalten einen ganz normalen Einkommensteuerbescheid, gegen den Einspruch eingelegt werden kann. Auf diese Möglichkeit wird im Bescheid ausdrücklich hingewiesen. Dafür gibt es auch die Rechtsbehelfsbelehrung.
Eine weitere Frage: Auf welcher rechtlichen Grundlage wurde das Amtsveranlagungsverfahren eingeführt?
Durch Artikel 1 des Gesetzes zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens wurde der Paragraf 150 Absatz 7 Satz 2 Abgabenordnung neu gefasst. Danach gelten die Daten, die von einer mitteilungspflichtigen Stelle an die Finanzverwaltung übermittelt wurden, als Angaben des Steuerpflichtigen, soweit dieser keine abweichenden Angaben macht. Unser Amtsveranlagungsverfahren stellt dann auf die bereits elektronisch vorliegenden Daten ab und die Rentnerinnen und Rentner bekommen in gewohnter Weise einen Einkommensteuerbescheid.
In den Einkommensteuerbescheiden wird die Berechnung der Einkommensteuer dargestellt, also auch der verwendete Tarif, Splittung oder Grundtarif, und das ist tatsächlich so. Weitergehende Hinweise sind grundsätzlich in den Bescheiden nicht enthalten. Wenn kein Antrag vorliegt, erfolgt bei Eheleuten grundsätzlich ein Zusammenveranlagungsverfahren, hier auch Splittingverfahren/Splittingtarif genannt, da dieses in der Regel günstiger für die Bürgerinnen und Bürger ist.
Eine vierte Frage: Sollten auch die Rentner ein Formular ausfüllen, die bereits vom Finanzamt darauf hingewiesen worden sind, dass sie bei keiner wesentlichen Verände
Nein, das müssen sie nicht. Die Rentnerinnen und Rentner, bei denen die Einkommensteuer null beträgt und sich dies auch zukünftig nicht ändern wird, brauchen auch weiterhin keine Erklärung abzugeben. Hierzu sind sie rechtlich nicht verpflichtet. Die Rechtsgrundlage ist Paragraf 56 Einkommensteuer-Durchführungsverordnung. Nur wenn sich die persönlichen oder finanziellen Verhältnisse ändern – zum Beispiel eine Lebensversicherung ausgezahlt wird, eine Betriebsrente dazukommt oder einer der Ehegatten stirbt –, sollten die Rentnerinnen und Rentner wieder Kontakt mit dem zuständigen Finanzamt aufnehmen.
Meine Damen und Herren, dies hat uns daher in Ziffer I des Koalitionsantrages auch zur Feststellung geführt, dass dieses Verfahren in die richtige Richtung geht. Aber, meine Damen und Herren, nichts ist so gut, dass man es nicht noch verbessern könnte.
Somit fordern wir in Ziffer II des Koalitionsantrages eine Fortentwicklung und Ausweitung des Amtsveranlagungsverfahrens.
Meine Damen und Herren, nun wird die Aussprache zeigen, ob und wie wir die Entlastung und Entbürokratisierung sehen und welchen Weg wir gemeinsam gehen wollen und werden. Zumindest ist die Richtung für uns als Koalition klar.
In einer älter werdenden Gesellschaft kann ein solches Verfahren nicht schaden und besser machen geht ja bekanntlich immer. Hierbei ist der Weg das Ziel. – Vielen Dank.
Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 120 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie Sie wissen, sind Rentnerinnen und Rentner in Deutschland seit einigen Jahren steuerpflichtig. Nach einem höchstrichterlichen Urteil sind Pensionen und Renten nicht anders zu behandeln, und jetzt sind wir mittendrin in einem langfristigen Übergangsprozess, der dauert von den Jahren 2005 bis 2040, bis eine vollständige Heranziehung der Renten zur Besteuerung, zur Einkommensbesteuerung, greift.
Diese Einführung der Rentenbesteuerung hat allenthalben zu vielen Fragen geführt, vor allem bei Rentnerinnen und Rentnern, die bisher damit nichts zu tun hatten. Aber auch für die Finanzverwaltung waren es neue Erfahrun
gen, beispielsweise mit 85-jährigen Damen konfrontiert zu sein, die vielleicht schon auch körperlich nicht mehr ganz
Was denn? Na ja, oder vielleicht auch Mühe haben mit Kreislaufproblemen. Ich jedenfalls, Herr Renz, habe an mehreren Telefonsprechstunden teilgenommen, wo eine solche Dame beispielsweise auch am Telefon war. Und man hat gehört und gespürt, dass sie andere Sorgen hat in ihrem Leben im Moment als die Steuererklärung.
Das hat mich, also diese Erfahrungen, glaube ich, auch in der Finanzverwaltung haben uns darin bestärkt, der Frage nachzugehen, können wir unsere Finanzverwaltung, unsere Steuerverwaltung noch etwas bürgerfreundlicher gestalten.
Der Anlass war folgender, und das ist Ihnen, glaube ich, auch bekannt: Mecklenburg-Vorpommern – falls es noch nicht bekannt war, sage ich es gerne – ist dasjenige Land, das für alle Länder der Bundesrepublik Deutschland die Auslandsbesteuerung der Rentner vornimmt. Das ist zentralisiert in Neubrandenburg, bringt uns 300 Arbeitsplätze und wir nehmen für ganz Deutschland diesen Service wahr. In diesem Auslandsbesteuerungsverfahren ist eben das Amtsveranlagungsverfahren entwickelt worden. Ich fasse es mal so zusammen, wo meine Kollegen immer sagen, ganz so richtig ist es nicht, aber es ist ungefähr das, was den Bürger daran wahrscheinlich interessiert: Im Amtsveranlagungsverfahren muss man die Steuererklärung nicht mehr selber abgeben, sondern man unterschreibt einen Zettel und den Rest erledigt das Finanzamt.
Jetzt ist die Idee entstanden, das ist ein wunderschönes Verfahren, warum machen wir das nicht auch im Inland? Wie wäre es denn bei den Rentnerinnen und Rentnern? Die erste Frage, die man sich stellen könnte, ist: Ja, warum machen wir das nicht für alle Steuerbürger so? Das wäre fabelhaft. Es gibt nur ein Problem – die meisten werden es gut finden, dass es dieses Problem gibt –: Dem Finanzamt liegen nämlich nicht alle Angaben über unsere Lebensführung vor.
Bekanntermaßen wissen Finanzämter nicht, wie viel Geld wir spenden, wie viel Geld wir ausgeben für Gesundheitsmaßnahmen et cetera. Das heißt, diese ganzen Daten liegen nicht vor, deswegen können Finanzämter die Steuererklärung nicht komplett übernehmen, und das ist, glaube ich, auch nicht wünschenswert.
Aber es gibt Fälle, zum Beispiel bei Rentnerinnen und Rentnern, wo eben nichts anderes vorliegt als ein Rentenbescheid. Und da ist es in der Tat so, dass diese Daten uns von den Rentenversicherungsträgern digital
vorliegen, genauso die Krankenversicherungsbeiträge. Es ist uns auch bekannt aus den Gesetzen, welche Freistellungsgrenzen oder entsprechenden Pauschalen es gibt für Werbungskosten et cetera, sodass also in den Fällen, wo ein Mensch oder ein Rentner, sagen wir jetzt mal, nur Renteneinkünfte hat aus seiner normalen Rentenversicherung, alle Daten elektronisch vorliegen und wir die Veranlagung von Amts wegen veranlassen und durchführen können.
Das war die Überlegung der Steuerabteilung, zu sagen, wollen wir diesen Akt der Bürgerfreundlichkeit nicht vollziehen und es ausprobieren. Ich bin da dem Bundesministerium für Finanzen sehr dankbar, das sofort bereit war – denn wir müssen uns da mit dem Bundesministerium abstimmen –, uns diesen Modellversuch zu gestatten. Der ist ausgerollt worden mit dem Veranlagungszeitraum 2016. Wir haben im ersten Jahr die Situation, dass 722 Rentnerinnen und Rentner das in Anspruch genommen haben, obwohl es noch nicht breit bekannt war. Ein paar Monate später haben wir für den Veranlagungszeitraum 2017 alle steuerpflichtigen Rentnerinnen und Rentner angeschrieben, für die das Amtsveranlagungsverfahren infrage kommt. Es sind, glaube ich, wenn ich mich recht entsinne, über 20.000 Briefe in MecklenburgVorpommern verschickt worden, und wir haben insofern die Hoffnung, dass noch mal deutlich mehr Rentnerinnen und Rentner als diese 722 davon Gebrauch machen.
Ich glaube, so interpretiere ich den Antrag, genau dort setzt der Antrag an. Warum sind es denn so wenige Rentnerinnen und Rentner vergleichsweise, die das im Moment in Anspruch nehmen? Nun ja, es gibt eben doch einige Rentnerinnen und Rentner, die spenden oder haushaltsnahe Dienstleistungen haben oder besondere Gesundheitsaufwendungen, die von den Krankenkassen nicht erstattet werden, oder sie haben eine entsprechende Schwerbehinderung und können dementsprechend auch steuerlich etwas geltend machen. Und weil also viele Rentnerinnen und Rentner andere Umstände noch in ihrem Leben haben, die sie steuerbegünstigend geltend machen können, wovon wir aber nichts wissen, ist im Moment die Gruppe der Rentnerinnen und Rentner, die das nutzen können, noch relativ klein. Gut, ich finde 1.000 Rentnerinnen und Rentner, denen wir das Leben erleichtern, auch nicht schlecht, aber es könnten ja mehr werden.
Der Antrag fordert die Regierung jetzt auf, zu schauen, ob man das noch ausweiten könnte. Wir werden diese Anregung gerne aufgreifen, haben auch schon etwas nachgedacht, wie könnte man das machen, wie könnte ein Weg sein – wobei das nicht ganz einfach ist, Herr Gundlack, es ist insofern doch eine anspruchsvolle Aufgabe –, aber eine Möglichkeit könnte sein, dass wir darüber nachdenken, dass wir auch in Zukunft bereit sind, die Spendenbescheinigungen in Empfang zu nehmen mit dem Amtsveranlagungsverfahren, denn normalerweise werden das nur wenige Belege sein. Und wir übernehmen diese Daten dann eben elektronisch selbst ins System. Das heißt, man müsste das entsprechende Formular so ändern, dass wir dazu ermächtigt werden und man uns auch darum bittet, das zu tun. Dann könnte man die Spendenbescheinigungen auch absetzen.
Eine weitere Möglichkeit wäre, das bei den haushaltsnahen Dienstleistungen zu tun. Auch da wird es wohl nicht unendlich viele Rechnungen geben. Wenn ich richtig
informiert bin, ist es so, dass die Knappschaft einmal im Jahr dann zum Jahresende eine Zusammenstellung über die aufgelaufenen Kosten, die der Vertragsgeber sozusagen hatte, erhält, sodass man das von der Steuer absetzen kann. Das ist also ein Formular, das würde auch funktionieren, denke ich.
Eine dritte Möglichkeit könnte sein, dass man die entsprechenden steuerlichen Begünstigungen, die Menschen mit Schwerbehinderung haben, erfasst. Auch das sind ja nur entsprechende Grundfreibeträge, das sind auch relativ einfach zu erfassende Daten.
Also zumindest bei diesen drei Punkten glaube ich, dass es Sinn macht zu prüfen, ob wir nicht noch über das hinausgehen, was wir haben. Im Moment verarbeiten wir nur elektronisch bereits vorliegende Daten. Bei dem, was wir jetzt diskutieren, würde man sogar die Belege in Empfang nehmen und sie im System elektronisch verarbeiten. Das wäre eine Möglichkeit. Allerdings...