Natürlich wollen wir zu einer Lösung kommen, die funktional und nutzerfreundlich ist, sie muss aber auch – das betone ich und dazu stehe ich – den Anforderungen an den Datenschutz, insbesondere den Anforderungen der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung gerecht
Übrigens gilt nicht nur auf technischer Ebene, die Datenschutzanforderungen zu erfüllen, es geht auch um organisatorische Regelungen, also zum Beispiel darum, Datenschutzbeauftragte an Schulen zu ernennen, die ihren Rollen aus Sicht der Schule und der der Schulträger gerecht werden. Die Einsicht in Schulnoten ist datenschutzrechtlich ein besonderes sensibles Unterfangen. Und glauben Sie mir, ich möchte nicht wissen, welche Schulen in öffentlicher Trägerschaft im Moment dieses anwenden.
Sie haben ja Schulen in privater, freier Trägerschaft angesprochen. Datenschutz ist eben etwas sehr Sensibles, gerade, wenn es um Schulnoten geht.
Insofern, sehr geehrter Herr Wildt, nehmen Sie bitte mit, wir arbeiten an einem System, was deutlich mehr ist als die Einsicht in Schulnoten, die Onlineeinsicht, es geht wirklich darum, ein System aufzubauen, was der Schule insgesamt hilft, was die Schule entlastet, gerade auch Schulleitungen. Dafür steht dieses Programm. Wir sind jetzt in der Vorbereitungsphase und werden 2018 stufenweise mit der Umsetzung beginnen. – Vielen herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Werte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Liebe Gäste! Es sind nur noch ganz wenig da. Die Fraktion der BMV knüpft mit ihrem Antrag an die überall zu hörende Forderung nach dem Ausbau der Digitalisierung an. Bei diesem Wort denken wir in unserem Bundesland zuerst an den nötigen Breitbandausbau. Doch der BMV geht es in dem Antrag nicht primär darum, sondern um eine ganz spezielle Form von Digitalisierung an Schulen: Sie strebt die Einführung einer digitalen Schulnoteneinsicht für Eltern und Schüler an. Möglicherweise knüpft die BMV auch hier schon an Vorhandenes an.
Einzelne Schulen verwenden bereits eine Software, um die Schulnoten automatisch in die Zeugnisse eintragen zu können. Das ist sehr praktisch, wenn alle Lehrerkollegen das einmal verstanden haben und die üblichen Softwareprobleme überwunden sind. Andere Systeme bieten zum Beispiel die Funktion von Lern- und Kommunikationsplattformen. Es ist zu erwarten, dass sich auch diese Form der Digitalisierung auf den Anwenderebenen Lehrer beziehungsweise Schüler an den Schulen der Zukunft immer weiter ausbreiten wird – siehe ISY, das haben wir gerade gehört.
Doch wie steht es mit der Digitalisierung in unserem Bundesland im Allgemeinen speziell an den Schulen? Zunächst ist der Breitbandausbau zu nennen. Dort fehlt es noch an allen Ecken und Enden. Die Landesregierung musste erst vor wenigen Tagen auf eine Anfrage der Fraktion DIE LINKE zugeben, keine Kenntnis über den gegenwärtigen Digitalisierungsstand der Schulen zu
besitzen. Auch konnten weder Angaben zur Zahl der Computerarbeitsplätze an den Schulen noch zur Internetanbindung gemacht werden.
Es wurde auf eine drei Jahre alte Erhebung verwiesen, die einen sehr nüchternen Datenbestand enthielt.
Die Forderung der BMV nach Einführung flächendeckender IT-Systeme zur Schulnotenerfassung und -einsicht würde daher gegenwärtig wohl bereits an den technischen Voraussetzungen scheitern. Es bestünde die akute Gefahr, dass kostspielige Software und Lizenzen angeschafft würden, die aufgrund fehlender technischer Voraussetzungen nicht betrieben werden können. Der Antrag ist daher verfrüht gestellt, meine Damen und Herren.
Ohne weitere fachliche Vorbereitung und Begleitung würde es Probleme schaffen, diesen Antrag umzusetzen. Der BMV geht es um mehr als um die bloße Erfassung von Schulnoten. Auch Eltern sollen das ganze Schuljahr über einen Einblick in die Noten der Kinder erhalten. Die BMV fordert hier sozusagen den gläsernen Schüler. Es soll ja Helikoptereltern geben. Aber müssen wir solchen Tendenzen hier Vorschub leisten? Sicherlich gibt es ein berechtigtes Verlangen der Eltern nach einer regelmäßigen Noteneinsicht, doch muss dies nun wirklich rund um die Uhr an allen Wochentagen erfolgen oder möglichst gleich mit einer App?
Hinzu kommt, dass Eltern aufgrund der Noteneinsicht, der puren Noteneinsicht zu Fehleinschätzungen der Leistungen ihrer Kinder gelangen könnten. So sagen zum Beispiel Ergebnisse kleinerer Tests oder mündliche Mitarbeitsnoten noch gar nichts darüber aus, wie die viel wichtigeren Klassenarbeiten, Klausuren oder gar Abschlussprüfungen der Mittleren Reife oder des Abiturs ausfallen würden. Eltern sehen nur die bloßen Zahlen, wissen aber nicht, welche Bedeutung oder Gewichtung sie möglicherweise haben. Das schürt Emotionen jenseits von Fakten. Ein regelmäßiger Kontakt zwischen Eltern und Lehrern ist hier immer noch das geeignete
Damit kommen wir zum nächsten Problem, den der Antrag der BMV unserer Meinung nach mit sich bringt, nämlich nicht nur den gläsernen Schüler, sondern auch den gläsernen Lehrer. Jeder, der Zugang zu der gewünschten Notensoftware hat, kann rund um die Uhr von Montag bis Sonntag überprüfen, wann und wie die Lehrer Eintragungen vornehmen, und kann damit Schlüsse auf die Arbeitsaktivitäten des Lehrers ziehen.
Hinzu kommt, dass die Notenvergabe ohnehin bereits das größte Konfliktpotenzial zwischen Lehrern und Eltern bietet, ein Potenzial, das durch ständige Noteneinsicht noch verstärkt würde. Herr Wildt hat diese Befürchtung auch angedeutet, aber nicht aus der Welt schaffen können.
Wer das Anspruchsdenken heutiger Eltern kennt, weiß, wovon ich rede, denn sie verlangen zunächst von den Lehrern eine Rechtfertigung, warum eine Note vergeben wurde – jederzeit. Das war übrigens schon vor 15 Jahren der Grund, warum wir unsere private Telefonnummer aus dem Telefonbuch haben entfernen lassen. Es gab kein gemeinsames Abendessen mehr, weil ständig das Telefon klingelte und meine Frau als Lehrerin Rechenschaft abgeben musste.
Ja, meine Frau hat zum Beispiel mal verlangt, dass ein Kind eine Federtasche zum nächsten Schultag mitbringen sollte. Darüber hat sich die Mutter sehr empört, wie man so was verlangen könnte.
Meine Damen und Herren, als Weiteres möchte ich nun auch noch Sicherheits- und Datenschutzprobleme zu bedenken geben. Auch die Ministerin hatte das schon angedeutet.
Neben dem Fachlehrer sollen sowohl Eltern als auch Schüler Einsicht in die Noten erhalten. Damit erhöht sich die Gefahr, dass Daten zu anderen Zwecken, als in Paragraf 70 des Schulgesetzes erlaubt, verwendet werden. Besonders, wenn sich Eltern und Schüler vernetzen und ihre Daten austauschen, können erhebliche datenschutztechnische Probleme auftreten.
Der Antrag enthält zwar gewisse bedenkenswerte Elemente, er kommt aber zu früh, was ich schon sagte, und zäumt das Pferd von hinten auf, weil hier Druck mittels Einführung kostspieliger Anwendungen erzeugt werden soll, um den notwendigen Ausbau einer breitbandigen
Infrastruktur an Schulen voranzutreiben. Trotzdem geht der Antrag in eine richtige Richtung, denn wir können uns dem technischen Fortschritt und der Digitalisierung nicht verschließen. Wir werden uns aber bei der Abstimmung enthalten.
Lieber Herr Wildt, die digitale Schulnoteneinsicht ist auf den ersten Blick ja durchaus eine interessante Maßnahme, wenn man aber länger darüber nachdenkt, wir haben es eben auch schon von Herrn Kröger gehört, ich vielleicht auch mal an meine eigene Schulzeit zurückdenke – ob ich es da so toll gefunden hätte, wenn meine Eltern tatsächlich jeden Tag jede Note hätten einsehen können, da bin ich mir ziemlich unsicher.
Es war manchmal auch ganz gut, dass man mit einigen Noten unter dem Radar durchfliegen konnte und das dann auf dem Zeugnis alles noch ein wenig ausbügeln konnte.