Protokoll der Sitzung vom 27.04.2018

Ich weiß gar nicht, wer das damals war in der Debatte, da haben Sie das Thema Pellworm angesprochen, Pellworm als die Insel, wo die Energiewende gescheitert ist. Ich habe es auch eingegeben in die Suchmaschine. Als Erstes kam die Suchmaschinenadresse beziehungsweise als erste Anzeige die Seite „windwahn.de“. Da stand, dass die Energiewende gescheitert ist. Ich könnte dann auch denken – das haben Sie wahrscheinlich gemacht –, das stimmt. Das ist im Internet, dann muss das stimmen.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Ja, tolle Logik!)

Pellworm hatte ein ganz anderes Ziel. Pellworm ist ein großes Forschungsprojekt. Sicherlich ist jetzt ein Großteil dieses Forschungsprojektes abgebaut worden, aber es war auch nie auf Dauer angelegt. Pellworm – man sollte

wissen, das ist eine Insel in der Nordsee – hat eine Stromleitung, die man relativ gut überwachen kann, und da war das Ziel, man möchte um 90 Prozent erneuerbare Energien einspeisen ins System und gucken, wie sich insbesondere die Wirkungsweise und Finanzierbarkeit verhalten. Das möchte man erforschen. Nicht umsonst haben sie die Batteriespeicher vor Ort in Containern, damit sie wieder abtransportiert werden konnten. Sie waren nicht festmontiert, wie vielleicht hier in Schwerin, sondern sie waren in Containern, damit man sie auch flexibel gestalten kann. Pellworm hatte 90 Prozent als Ziel, 98 Prozent wurden erreicht. Alle Forscher waren überglücklich, was für ein Erfolg dieses Projekt war.

Zu einem anderen Punkt in einer der letzten Debatten, glaube ich, sprach der Kollege Abgeordnete Reuken. Da ging es um das Thema Infraschall und den Ausbaustopp in Dänemark. Auch das findet man, wenn man in die Suchmaschine guckt. Ich glaube, das erste Ergebnis war sogar wieder „windwahn.de“. Da findet man, dass Dänemark einen großen Ausbaustopp habe, weil ein Infraschallgutachten in Auftrag gegeben wurde, weswegen es keine Onshoreenergien mehr gebe.

Ich kann Ihnen schon mal sagen, es stimmt nicht,

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Nee.)

die Dänen bauen weiter aus. Man muss dazusagen, am Ende der ersten Seite bei der Suchmaschine war sogar ein Artikel von der „Welt“.

(Zuruf von Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE)

Gut, der „Welt“ glaube ich meistens auch, wenn ich das lese, es haben auch viele andere gemacht. Auf der zweiten Seite ging es dann weiter. Das hat aber sogar andere Landesministerien dazu veranlasst, mal in Dänemark nachzufragen. Das findet man aber meistens erst auf der dritten Seite, ich glaube, hier war es auf der zweiten bei der Suchmaschine. Da wurde gesagt, sie haben ein Gutachten in Auftrag gegeben. Das ist schon ein bisschen länger her, ich glaube, 2013 war das. Es gab aber nie einen Ausbaustopp und das Gutachten hat auch keine Ergebnisse ergeben, denn alles erzeugt Infraschall.

(Thomas Krüger, SPD: Richtig!)

Wir haben selbst die Hochspannungsleitungen, die irgendwo in der Landschaft stehen, die wir auch brauchen, um Energie von A nach B zu kriegen.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Die Auto- bahn, die Ostsee, alles erzeugt Infraschall.)

Die brauchen sie auch, wenn sie ihre Atomkraftwerke irgendwo bauen oder Kohlekraftwerke, die brauchen sie für alles. Also Hochleistungsstrommasten verursachen Infraschall, selbst Ihre Waschmaschine verursacht Infraschall.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Ostsee! Ostsee!)

Ich hatte, glaube ich, mal ein Beispiel, dass selbst bei der grünen Wiese oder der Ostsee, wenn der Wind darüberfegt, das auch alles Infraschall ist.

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Ich will das auch gar nicht unterbewerten, aber das, was Sie gesagt haben beim letzten Mal, dass es einen Ausbaustopp in Dänemark deswegen gibt, das stimmt nicht. Dänemark beschäftigt sich intensiv mit diesem Thema, denn sie wollen genau wie wir, dass vor allem die Sicherheit vorgeht, die Sicherheit für die Umwelt, für die Natur, für die Menschen, dass das in erster Linie steht. Und da können wir nicht auf unsichere Technologien bauen. Deswegen stimmt die Aussage vom letzten Mal zum Infraschall sozusagen nicht.

Wir hatten jetzt auch wieder das Thema Grundlast gehört. Die Grundlast ist notwendig für die Gesellschaft, damit alles funktioniert. Darauf bin ich gestern schon ein bisschen eingegangen. Ursache für die Grundlast ist vor allem die marginal mögliche Steuerbarkeit von Kohle- und Atomkraftwerken. Diese sind, das habe ich gestern schon mal kurz ausgeführt, so gut wie gar nicht steuerbar, Atomkraftwerke sowieso nicht. Inzwischen sind – das hat auch einen Effekt in der Energiewende – Kohlekraftwerke in Teilen zumindest steuerbar, sodass man Möglichkeiten hat, diese flexibel zu gestalten. Wenn zum Beispiel gerade an der Strombörse die Energie besonders günstig ist, dann können Kohleanlagen, Kohlekraftwerksbetreiber diese Anlagen runterfahren und sich Strom günstig an der Strombörse einkaufen. Denn warum soll ich selbst ein Wasserkraftwerk laufen lassen, wenn es mich – was weiß ich – 3/4 Cent pro Kilowattstunde kostet, ich aber günstiger Strom bekommen kann? Dann schalte ich doch lieber die Anlage ab und besorge mir den Strom günstig.

Deswegen ist Grundlast ist sicherlich eines der größten Projekte, aber gerade die Energiewende – ich habe es gestern gesagt –, Energie ist unsere Generationenfrage. Wie wollen wir es schaffen, dass alle auch in Zukunft sicher versorgt werden können? Und dabei ist es auch die Frage, wie wir es hinkriegen, gerade diese flexiblen Märkte zu gestalten.

Dann habe ich gestern den Abend – ich hätte ihn bestimmt schöner verbringen können, ich hatte mich schon mal in der Vergangenheit damit beschäftigt – mit dem Thema Reaktoren verbracht. Die Atomreaktoren der vierten Generation und die Frage, warum China sie eigentlich nicht baut, wenn das Land insbesondere im Erneuerbaren-Energien-Markt so ein gigantischer Vorreiter ist, warum sie so viel Geld investieren, um weg von Kohle und Atom zu kommen, die sie auch brauchen, habe ich jetzt bei der Suchmaschine eingegeben. Sie brauchen Energie. China ist ein wachsender Markt, sie brauchen immer mehr Energie und benutzen alles, was sie bekommen können. Aber weil sie gesehen haben, dass sie insbesondere im Bereich der Wachstumsperspektiven und des technischen Fortschritts Weltspitze werden wollen, forschen und entwickeln sie bei den erneuerbaren Energien auch ganz stark. Warum bauen die eigentlich keinen Atomreaktor der vierten Generation?

(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Weil die nur kopieren können. Die warten, bis er erbaut wurde.)

Wenn ich es richtig gelesen habe, dann wurden die grundlegenden physikalischen Prozesse in diesem Bereich 2015 endlich mal simuliert. Das heißt, seit 2015 weiß man mit der Computerberechnung, dass es möglich sein könnte.

(Jens-Holger Schneider, AfD: Es gab Vorgängerunternehmen.)

Es gibt immer Vorgängermodelle. Es gab auch in Tscher- nobyl Vorgängermodelle von Atomkraftwerken anderer Generationen.

(Jens-Holger Schneider, AfD: Sie haben nicht zugehört! Sie haben nicht zugehört!)

Es gibt bei den Dual Fluid Reaktoren beziehungsweise gerade bei diesen Reaktoren

(Jens-Holger Schneider, AfD: Dual Fluid Reaktoren haben sich durchgesetzt aus anderen Gründen.)

der vierten Generation verschiedene Formen.

(Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)

Unter anderem heißt es, dass Kühlung durch flüssiges Blei erfolgt,

(Dirk Lerche, AfD: Richtig!)

das heißt, dieses Blei muss sich immer bewegen. Was passiert aber, wenn das mal stehen bleibt, wenn die Kühlung stehen bleibt?

(Dirk Lerche, AfD: Gut gelesen!)

Sie braucht keine. Das stimmt sozusagen, sie braucht keine aktive Kühlung, die Kernspaltung ist an der Stelle marginal. Ich möchte sagen, solange wir noch Atomkraft haben, will ich gar nicht ausschließen, dass da mal was passieren kann. Es muss nicht unbedingt in der Brennkammer was passieren. Es kann auch an anderen Stellen etwas passieren, aber dieses ewige Blei, wenn das mal anhält, dann kann man fast den ganzen Reaktor wegschmeißen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will an der Stelle aufhören. Ich glaube, die anderen werden danach noch viel sagen. Ich hatte mir auch gar nicht so viel aufgeschrieben. Die Frage ist ja: Was ist der Anspruch der Energiewende, was wollen wir damit eigentlich erreichen? Ich glaube, das habe ich gerade in verschiedenen Punkten erwähnt, wir brauchen auch für die nächsten Generationen eine Möglichkeit, wie sie sicher mit Energie versorgt werden können. Und wenn Sie mir jetzt mit Dual Fluid Reaktoren oder Kernfusion kommen, die wahrscheinlich in diesem Jahrhundert gar nicht mehr einsatzfähig sind oder benutzt werden können, wenn Sie mir mit nichts anderem kommen und keine Perspektiven nennen, wenn Sie mir keine Alternative bieten, dann bringt es auch nichts. Dann müssen wir unseren Weg an der Stelle fortführen, dass wir in Forschung investieren und dort weiterentwickeln, wo wir es können und wo wir Chancen haben.

Deswegen, meine Damen und Herren, können Sie gern mit irgendwelchen anderen Anträgen oder auch Perspektiven kommen, wie wir die Energieversorgung der Zukunft gestalten wollen, aber Sie können nicht einfach sagen, diese Energiewende funktioniert nicht, weil sie noch nicht perfekt ist. Sicherlich sind das Prozesse, die wir seit 20 Jahren gestalten, und dementsprechend warte ich auf Ihre Vorschläge. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Herr Abgeordneter da Cunha, gestatten Sie eine Anfrage des Abgeordneten Herrn Lerche?

Bitte schön, Herr Lerche.

Wir wollen ja immer mehr auf Elektroautos umsteigen. Herr da Cunha, sind Sie der Meinung, wenn alle Kfz-Fahrzeuge hier in Deutschland batteriebetrieben sind, dass dann unsere Windkraft, Biogaswerke und Solarzellen für die Ladung ausreichen?

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Lerche.

Eine gute Frage. Ich bin gar nicht auf das Thema Verkehr weiter eingegangen, weder gestern noch heute, und kann es an der Stelle machen.

(Zuruf von Thomas Krüger, SPD)

Wir hatten im Dezember auch einen Antrag gehabt, da ging es darum, dass man synthetische Kraftstoffe erzeugt. Dort habe ich ausgeführt, dass wir nicht glauben, dass wir nur mit Elektrobatterien und Elektrofahrzeugen weiterkommen, sondern wir immer betont haben, wir würden auf einen Energiemix setzen, auf verschiedenste Methoden. Beispielsweise in Rostock haben wir unsere landesweit erste Wasserstofftankstelle, aber Wasserstofffahrzeuge sind rar. Es gibt aktuell deutlich mehr batteriebetriebene Fahrzeuge als Wasserstoff. Ich kann mir das vorstellen, zumindest ist das meine Perspektive, wenn ich mich mit dem Verkehr auseinandersetze.

Im Gegensatz zu Herrn Abgeordneten Borschke tendiere ich eher zum Elektrofahrzeug als nächstes Fahrzeug, aber aktuell haben die, zumindest, was die neuen und gut funktionierenden Modelle angeht, eher ganz lange Lieferzeiten. Also wenn ich jetzt bestelle, kriege ich es wahrscheinlich dieses Jahr gar nicht mehr, weil die sehr gefragt sind.

Also nein, ich glaube nicht, dass erst mal alle Fahrzeuge in Deutschland überhaupt mit Batterien ausgestattet werden, sondern dass wir je nach Anwendungsfall verschiedene Möglichkeiten, verschiedene Kraftstoffarten haben werden. Wir werden sicherlich im Kurzdistanzbereich vielleicht in der Woche nur ein paar Hundert Kilometer zurücklegen, so, wie es die Post zum Beispiel macht. Die Post hat Streetscooter und die Mitarbeiter wissen dann, wie viel Kilometer sie am Tag zurücklegen, und können das planen, dass sie genau mit ihren Fahrzeugen hinkommen. Selbst die kleinsten Modelle schaffen 80 Kilometer. Wer glaubt denn, dass wir mit 80 Kilometern überhaupt irgendwo hinkommen? Die Post weiß aber ganz genau, wie viel Kilometer sie fahren muss mit den Paketfahrzeugen, und kann das deswegen vorher schon festlegen.

(Stephan J. Reuken, AfD: Gibt es das dann auch im Winter?)

Wir werden in anderen Bereichen – beispielsweise, wo es um längere Strecken geht, oder im Schwerlastverkehr vielleicht – sicherlich deutlich mehr auf Wasserstoff setzen. Ich glaube aber nicht, dass wir Batteriewasserstoff im Flugbereich, im Flugverkehr einsetzen können. Des

wegen war es auch gerade dieser Übergang, wo wir gesagt hatten, vielleicht sind synthetische Kraftstoffe das Richtige. Aber auch da gibt es noch ganz große Probleme, denn synthetischer Diesel oder Kerosin ist aktuell knapp fünffach teurer als Diesel. Das heißt, wenn ich aktuelle Methoden entwickle, bringt mir das gar nichts an der Stelle.