Dann will ich darauf verweisen, dass wir auch gehalten sind, wenn man diese oder jene Position hat, eine widerspruchsfreie Politik zu machen. Wenn ich das sage, denke ich daran – Sie werden sich sicherlich auch lebhaft daran erinnern –, dass wir vor einigen Wochen hier eine intensive, einmütige Debatte darüber hatten, wie wichtig und hilfreich das Impfen und der Impfschutz sind.
(Jochen Schulte, SPD: Und Sie wissen jetzt hoffentlich, dass dieses Problem in diesem Land existiert?)
Wir haben uns Gedanken darüber gemacht, wie wir den Impfschutz forcieren, wie wir dafür werben, weil es uns darum geht, für Kinder und Jugendliche besonderen gesundheitlichen Schutz zu organisieren. Darum geht es jetzt hier auch. Es ist doch ein Widerspruch, wenn wir es einmal forcieren wollen, und ein anderes Mal sagen wir, ja, lassen Sie uns darüber reden.
(Jochen Schulte, SPD: Nee, das eine ist ein reales Problem, Herr Kollege Koplin. Das eine stellt sich real dar, das andere ist jetzt erst mal fiktiv in den Raum gestellt.)
Zu dem Fiktiven will ich gern etwas sagen, aber der Reihe nach: Wir haben diesen Widerspruch. Nun gibt es eine Fraktion, die weist darauf hin, dass es möglicherweise Handlungsbedarf gibt, und kommt mit einem Vorschlag. Auch das ist verfassungsrechtlicher Anspruch, dass die Opposition, wie wir zum Beispiel als LINKE, nicht nur kritisiert, die Regierung kontrolliert, sondern auch Vorschläge bringt. Nun bringen Sie einen Vorschlag und Sie sagen, nee, den wollen wir gar nicht weiter diskutieren. Wir wollen darüber diskutieren, auch über die Möglichkeiten und Grenzen, die sich bieten.
Ein dritter Problempunkt, den ich ansprechen möchte, ist ein Widerspruch bezüglich der Kontrolle. Wir denken über Kontrolle nach und bringen dann ins Feld, dass es wahrscheinlich ganz schwierig ist, da Kontrolle auszuüben. Wie war es denn bei der Erarbeitung und der Diskussion der ursprünglichen Fassung des Gesetzes hier im Landtag, als darüber gesprochen wurde? Jetzt ist es zum Beispiel Bestandteil des Gesetzes, dass auf Sportplätzen, auf Bolzplätzen das Rauchen verboten ist. Es gibt im Nichtraucherschutzgesetz den Bezug auf Paragraf 6 des Sportfördergesetzes. Wer kontrolliert denn das?
Welche Schwierigkeiten gibt es, das dort zu kontrollieren? Die sind doch ähnlich gelagert. Die Frage ist, ob man es will, ob es einen politischen Willen gibt.
Hier geht es heute um nichts anderes. Über alle fachlichen Sachen können wir uns gern noch unterhalten und müssen uns auch unterhalten angesichts der gesundheitlichen Situation von Kindern und Jugendlichen in diesem Land, ob wir uns darüber vertiefend unterhalten wollen oder nicht. Seitens der Linksfraktion darf ich sagen, wir unterstützen jede Initiative, die die Gesundheit generell stärkt, die gesundheitlichen Risiken minimiert und die etwas für Prävention tut. Hier reiht sich dieser Gesetzentwurf ein Stückchen weit schon ein. Es gibt gute Gründe, dass wir uns des Themas vertiefend annehmen sollten, und zwar in allen Bereichen der Gesellschaft.
Das Robert Koch-Institut hat dieser Tage, das ist taufrisch, eine Zustandsbeschreibung, eine Situationsbeschreibung der gesundheitlichen Lage von Kindern und Jugendlichen veröffentlicht. Interessant ist dazu auch ein Kapitel zum Thema Rauchen. Es wird konstatiert, dass sich seit 2009, in den letzten zehn Jahren de facto das Rauchverhalten von Kindern und Jugendlichen günstig entwickelt hat. Rauchten unter den 11- bis 17-Jährigen im Jahr 2009 noch über 21 Prozent der Kinder und Jugendlichen – sie gaben das selbst an im Übrigen –, so sind es jetzt noch 7,4 Prozent, also ein deutlicher Rückgang.
Dieser deutliche Rückgang hat viele verschiedene Ursachen, unter anderem auch, wie ist es mit der gesellschaftlichen Akzeptanz. Um die gesellschaftliche Akzeptanz geht es in einem Gesetzentwurf selbstverständlich auch. Mit einer solchen Regelung würden wir erreichen, deutlich zu machen, dass es diese gesellschaftliche Akzeptanz nicht gibt.
Herr Koplin, Sie haben gerade gesagt, dass es wichtig wäre, das Thema Rauchen in allen Bereichen der Gesellschaft aufzunehmen und zu diskutieren. Worin besteht dann der Unterschied zu dem Vorschlag, den ich eben den Kollegen der Fraktion der BMV gemacht habe, dieses Thema im Rahmen einer Ausschussbefassung in all seinen Bereichen zu diskutieren, ohne sich vorab auf einen Punkt zu fokussieren, von dem man noch nicht weiß, ob er problematisch ist, um möglicherweise im Rahmen dieser Befassung des Ausschusses zu einem Ergebnis zu kommen? Also wenn Sie, Herr Kollege Koplin, hier schon von Widersprüchen reden, dann will ich Sie doch bitten, ob Sie diesen Widerspruch gegebenenfalls auch aufklären können. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich sehe darin keinen Widerspruch. Es gibt einen Unterschied zwischen Ihrem Vorschlag und einer weitergehenden Behandlung des Gesetzentwurfes über die Erste Lesung hinaus in den Fachausschüssen, und zwar, die allgemeine Diskussion, die Sie anregen, ist eine gesundheitspolitische, die aber weitestgehend unverbindlich enden kann. Hier ist die Verbindlichkeit gegeben dadurch, dass wir uns selbst in die Pflicht nehmen, auf Grundlage eines Gesetzentwurfes zu arbeiten, zu dem wir in einer Zweiten Lesung abschließend votieren. Insofern sehe ich den Unterschied, Sie vielleicht nicht, aber ich sehe den Unterschied darin, wie verbindlich und wie zielorientiert eine solche Diskussion geführt wird.
Herr Koplin, würden Sie mir recht geben, dass die Frage der Verbindlichkeit und der Zielführung einer Diskussion in einem Ausschuss letztendlich von den jeweiligen Ausschussmitgliedern abhängt und nicht von der Drucksache, die der Ausschussberatung zugrunde liegt?
Ich möchte Ihnen bedingt recht geben. Selbstverständlich ist es immer im Benehmen derjenigen, die den Diskurs führen, aber es hat eine andere Qualität, dabei bleibe ich, ob wir über einen Gesetzentwurf diskutieren oder ein Sachthema allgemein aufrufen. Ich sehe da einen Unterschied.
Ich möchte noch mal darauf zurückkommen, dass es in der Tat eine Notwendigkeit gibt, sich mit diesem Thema
auseinanderzusetzen und die verschiedenen Bereiche des gesellschaftlichen Lebens in den Blick zu nehmen, in diesem Falle Kinderspielplätze, und das aus gesundheitspolitischen Gründen, also sachlichen Gründen.
Es ist durch verschiedene Studien bekannt, dass das Rauchen, insbesondere das Passivrauchen bei Kindern und Jugendlichen, zu Schäden führt. Erwiesenermaßen leiden Kinder und Jugendliche, die dem Passivrauchen ausgesetzt sind, eher an Allergien, eher an Asthma und bronchialen Entzündungen, eher an Lungenentzündungen und eher an chronischen Mittelohrentzündungen. Hinzu kommt, dass es sich bei Kindern und Jugendlichen, das liegt in der Natur der Sache, im wahrsten Sinne des Wortes um junge heranwachsende Organismen handelt, die durch toxische Schädigungen selbstverständlich beeinträchtigt werden. Es gibt noch allgemeine Beeinträchtigungen, die nicht gleich somatisch erkennbar sind, aber zu diesen allgemeinen Beeinträchtigungen gehören Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Konzentrationsschwierigkeiten. All das kann doch nicht unser Wille sein. Da bin ich enttäuscht von Ihnen, Herr Glawe, ich kenne Sie so nicht.
(Martina Tegtmeier, SPD: Von Ihrer Argumentation kann man enttäuscht sein, weil sie vollkommen irreführend ist.)
Ich kenne Sie so nicht, ich kenne Sie als einen engagierten Gesundheitsminister. Ich habe Ihnen das schon mal persönlich gesagt: Wir mögen in den Wegen, die wir gehen, auseinanderliegen, aber ich erkenne an, dass Sie sich im Gesundheitswesen engagieren, auch wenn wir zu anderen Schlüssen kommen und da eine andere Politik haben wollen, aber das Engagement habe ich Ihnen nie abgesprochen. Heute bin ich ganz einfach enttäuscht, dass Sie schmallippig sagen, nein, brauchen wir nicht.
Wir brauchen es aus Gründen der Gesundheit und darüber hinaus aus Gründen der Signalwirkung. Es macht was aus, ob ein Gesetzgeber den politischen Willen artikuliert, wir wollen das nicht, wir ächten das, wir wollen im öffentlichen Raum, insbesondere da, wo Kinder und Jugendliche zugange sind, gerade auf Spielplätzen, diese gesundheitliche Schädigung nicht. Dafür plädieren wir,
dafür möchten wir uns engagieren und dafür suchen wir auch den fachlichen Streit, weil wir in der Tat hinterfragen müssen: Ist das hinreichend beschrieben, was Sie vorschlagen seitens der BMV? Welche Erfahrungen haben wir mit Prävention?
Die Kindergesundheitsziele haben wir, Herr Schulte, 2002 auf den Weg gebracht. 2013 sind die Kindergesundheitsziele fortgeschrieben worden. Seitdem ist „Still ruht der See“. Fünf Jahre ist es her, eine gute Zeit, sich der Sache anzunehmen und zu fragen, wie ist es denn eigentlich mit der Prävention. Auch das gehört in eine Anhörung.
Wir bleiben dabei, es ist ein gutes Instrument zu sagen, wir diskutieren auf der Basis eines Gesetzentwurfes
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, das Thema Nichtraucherschutz und gerade der Schutz von Kindern ist zu wichtig, um es ins Lächerliche zu ziehen, wie es der Kollege von der AfD getan hat. Deswegen bin ich dankbar, dass wir uns hier im Hause einig sind, dass wir das Thema ernsthaft behandeln wollen. Ich denke, es besteht großer Konsens. Deswegen habe ich den Beitrag vom Kollegen Koplin nicht so ganz nachvollziehen können, weil der Minister sich hier ganz klar zum Nichtraucherschutz und zum Schutz von Kindern und Jugendlichen bekannt hat.
Ich glaube auch, die Situation ist eine andere als noch vor zehn Jahren. Als damals das Gesetz auf den Weg gebracht wurde, gab es hier große Diskussionen. Kneipen sterben, Gaststätten sterben, wurde an die Wand gezeichnet. Heute finden es alle als sehr angenehm, dass man Essen gehen kann, mittags und abends, und danach nicht erst einmal den Anzug oder die Kleidung, die man sonst anhat, in die Reinigung geben muss. Von daher sind mittlerweile die Regelungen, die es jetzt gibt, unumstritten und akzeptiert. Wir haben in der Debatte gehört, dass sich das Gesetz bewährt hat. Das ist ein Erkenntnisgewinn der letzten zehn Jahre.