Protokoll der Sitzung vom 31.05.2018

Es ist richtig, Herr Butzki, natürlich geht es auch darum, dass die Auszubildendenvergütung endlich in Ost und West gleich ist. Landesfachklassen sind heutzutage die Regel und nicht mehr die Ausnahme. Meine Kollegin Oldenburg hat diese Argumente wiederholt vorgebracht im Bildungsausschuss, im Landtag, in der Öffentlichkeitsarbeit.

(Torsten Renz, CDU: Wo ist sie denn?)

Aber es ist schon mal eine gute Aussage der Ministerin,

(Marc Reinhardt, CDU: Soll sie sich doch erst mal äußern zu dem Thema!)

dass wir zumindest vorläufig keine weiteren Schließungen zu erwarten haben. Deshalb, wir brauchen keine Verschlimmbesserung einer untauglichen Richtlinie, sondern einen Neustart, und der kann aus unserer Sicht nur heißen, alle Auszubildenden haben freie Fahrt mit Bus und Bahn.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE und Bernhard Wildt, BMV – Andreas Butzki, SPD: Haben Sie das mal ausgerechnet, Frau Dr. Schwenke?)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In Thüringen wird ein landesweites Verkehrsticket für Auszubildende zu Beginn des neuen Ausbildungsjahres kommen.

(Zurufe von Andreas Butzki, SPD, und Marc Reinhardt, CDU)

10 Millionen Euro sind dafür im Landeshaushalt eingestellt. Das Ticket soll zu je einem Drittel vom Land, von der Wirtschaft und den Azubis selbst finanziert werden.

(Tilo Gundlack, SPD: Ha!)

Der Weg zur Berufsschule wird für die Azubis kostenfrei sein.

(Tilo Gundlack, SPD: Da frag doch mal bitte die Unternehmer, was die dazu sagen! Die schmeißen Ihnen das vor die Füße!)

Dafür wird Landesgeld an die Kommunen gegeben. Beim Weg zum Arbeitsplatz beteiligen sich die ausbildenden Unternehmen und auch die Azubis. Diese Regelung ist aus unserer Sicht zumindest deutlich besser als eine Änderung der Richtlinie, die lediglich den vollständigen Abfluss der aktuell eingestellten Mittel pro Jahr –

(Torsten Renz, CDU: Wer ist denn da der Vater der Richtlinie?)

jeweils magere 340.000 Euro – bewirken soll.

(Torsten Renz, CDU: Der Vater der Richtlinie ist Helmut.)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, die Volksinitiative „Kostenfreie Schülerbeförderung für alle Schüler von Klasse 1 – 13 und Auszubildende in Mecklenburg-Vorpommern“ des Kreiselternrates Vorpommern-Greifswald hat ja leider die 15.000 Unterschriften nicht vorlegen können. Das ändert aber nichts daran, dass die Eltern ein äußerst wichtiges Thema aufgegriffen haben. Und ich verrate kein Geheimnis, wenn ich sage, dass meine Fraktion diese Forderung des Kreiselternrates unterstützt. Wir gehen noch darüber hinaus, aber darüber reden wir zu einem anderen Zeitpunkt. Die Debatte hier im Parlament werden wir Ihnen jedenfalls nicht ersparen.

Wollen wir Kindern und Jugendlichen einen guten Start ins Leben geben, müssen wir deren Mobilität sichern. Die bleibt auf der Strecke, vor allem in ländlichen Räumen. Es reicht nicht, immer nur hier im Parlament über begleitetes Fahren mit immer niedrigeren Altersgrenzen oder über den Mopedführerschein ab 15 zu reden. Das verlagert die Kosten lediglich auf die Familien, auf Familien, die es in unserem Lande nicht alle so dicke haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dem Änderungsantrag der BMV werden wir zustimmen.

(Bernhard Wildt, BMV: Sehr gut!)

Wenn das nicht angenommen wird, wird sich die Linksfraktion zum Antrag der Koalitionsfraktionen der Stimme enthalten. Wir wollen nicht verhindern, dass durch das Anheben der Bemessungsgrenze vielleicht zwei Prozent mehr der Auszubildenden – das sind deutlich mehr als bisher – von den Zuschüssen profitieren. Die Erleichterung, dass der Antrag für ein Schuljahr und nicht mehr in jedem Schulhalbjahr neu zu stellen ist, ist mehr als überfällig. Entbehrlich ist allerdings der Antragspunkt, dass im Fachausschuss bis zum Jahresende über die Praxisumsetzung zu berichten ist, und die Beruhigungspille einer geänderten Richtlinie können wir auch nicht mittragen. Dem Fachkräftemangel ist mit dieser Richtlinie, ob nun geändert oder nicht, nicht beizukommen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der BMV der Fraktionsvorsitzende Herr Wildt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Mitbürger! Den allgemeinen Ausführungen vom Herrn Reinhardt, Frau Hesse, Herrn Butzki kann ich zustimmen, und auch Frau Dr. Schwenke hat es ja gesagt, selbstverständlich ist die duale Berufsausbildung ein absolutes Erfolgsmodell. Das sehen natürlich auch wir so. Aber ich sehe, ehrlich gesagt, keinen Grund, diesen vorliegenden Antrag der CDU und SPD jetzt als riesigen Schritt in die Zukunft und als tolle Errungenschaft zu feiern. Das ist in meinen Augen schon ein bisschen peinlich, was Sie da abliefern und wie stark Sie sich da feiern.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Ja, richtig! Richtiges Wort.)

Ich möchte mal daran erinnern – Frau Oldenburg hat es in der Aussprache oder in dem Antrag, nein, es war eine Aussprache am 13. Juli 2017 gesagt, und die Zahlen haben sich nicht deutlich verändert –: Nur 0,73 Prozent der Auszubildenden, das sind 237 von insgesamt 32.545 gewesen, nur 237 Auszubildende kommen in den Genuss dieses Zuschusses. Die Fraktion der BMV hatte im Januar schon beantragt, dass wir das Konzept überarbeiten, insgesamt zur Förderung von Auszubildenden, weil das Problem bekannt ist. Es ist im ganzen Land bekannt, alle Eltern wissen das, viele Auszubildende kommen mit ihrer Ausbildungsvergütung von vorne bis hinten nicht hin. Auch Berufsschullehrer können Ihnen das berichten, dass die Schüler tatsächlich nicht zur Berufsschule kommen, weil sie das Fahrgeld nicht mehr haben.

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Genau.)

Das ist ein absolut skandalöser Zustand und selbstverständlich hat Frau Dr. Schwenke recht – das ist ja genau unsere Position –, die Berufsschüler haben einen Anspruch auf freie Beförderung zur Berufsschule, denn es ist schließlich auch die Pflicht, zur Berufsschule zu kommen. Es ist auch absolut unmöglich, eine Ausbildung, eine Berufsausbildung zu absolvieren, ohne zur Berufsschule zu gehen. Und so komme ich jetzt mal zu unserem Änderungsantrag.

(Tilo Gundlack, SPD: Also es war bei mir sogar zu DDR-Zeiten so, dass ich mein Fahrticket selbst bezahlen musste.)

Jetzt komme ich zu unserem Änderungsantrag und beziehe mich erst mal auf die Ziffer 1, Satz 1. Das mag Ihnen vielleicht ein bisschen merkwürdig vorgekommen sein, warum ich dort gefordert habe, dass wir mit Blick auf den in vielen Branchen bestehenden Fachkräftemangel und aufgrund der hohen Studienneigung vieler Schülerinnen und Schüler diesen Satz gerne streichen möchten.

(Unruhe bei Tilo Gundlack, SPD, und Jeannine Rösler, DIE LINKE)

Das mag Ihnen jetzt ein bisschen empfindlich oder feinsinnig vorkommen, ich glaube aber, es ist ganz wichtig, hier mal einen Perspektivwechsel vorzunehmen und die Prioritäten richtig zu benennen. Es geht, wenn wir Auszubildende fördern und Auszubildenden helfen wollen, um die Auszubildenden, da geht es nicht um die Arbeitgeber mit ihrem Fachkräftemangel.

Das sage ich ganz bewusst als Politiker, der sehr viel Verständnis für die Wirtschaft hat und für die Interessen der Arbeitgeber. Wenn wir über die Auszubildenden sprechen, reden wir über die Auszubildenden. Ich bitte einfach mal sehr darum, die Themen nicht andauernd zu vermischen. Wenn man ihnen also helfen möchte, dann sollte man das nicht mit dem Hintergedanken tun, wir helfen ja nur, weil die Wirtschaft Fachkräfte braucht, oder wir helfen nur, damit nicht so viele studieren wollen, nein, wir wollen helfen, damit die Auszubildenden ihre Ausbildung schaffen können

(Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Genau.)

und damit die Auszubildenden in ihren alltäglichen Lebensumständen eine Besserung erhalten.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BMV – Andreas Butzki, SPD: Und die Verantwortung der Betriebe?)

Zu den Betrieben komme ich gleich, Herr Butzki, das war der beste Punkt in Ihrer Rede. Natürlich haben die Betriebe und die Arbeitgeber eine Verantwortung. Genau aus dem Grund haben wir auch nur das Busticket, also nur die Beförderung gefordert und nicht die kostenfreie Unterbringung. Das geht aus unserer Sicht zu weit. Da möchten wir tatsächlich keinen Blankoscheck an die Arbeitgeber ausstellen. Da sind die Arbeitgeber gefordert, sich zu beteiligen. Und die Ausbildungsvergütung muss in der Tat – natürlich Ost und West angeglichen – so hoch sein, dass die Auszubildenden davon irgendwo leben können. Das ist ganz richtig.

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Aber beim Weg zur Berufsschule ist das Land in der Pflicht, genauso wie bei dem Weg zur normalen allgemeinbildenden Schule auch.

Das Schulschwänzen hatte ich schon angesprochen, das ist kein geringfügiges Problem. Sie wissen, dass wir nicht nur eine hohe Quote von Schulabbrechern haben – das ist ein anderes Thema –, sondern auch eine hohe Quote von Ausbildungsabbrechern. Da spielt es eben eine Rolle, ob die Jugendlichen regelmäßig zur Berufsschule kommen oder nicht. An dieser Stelle ist das Land eindeutig gefordert.

Dann hat Frau Dr. Schwenke schon das Thema Schülerbeförderung/Schülerticket insgesamt angesprochen. Die gescheiterte Bürgerinitiative hat auch unsere Zustimmung gefunden. Ich möchte das noch mal ausdrücklich sagen, dass wir sie damit nicht irgendwie politisch vereinnahmen wollen. Das wird auch heute, glaube ich, sehr schön deutlich, dass sich sowohl DIE LINKE als auch die BMV hinter diese Initiative stellen und sagen, wir begrüßen dieses Ansinnen. Damit ist klargemacht worden, dass es eben nicht politisch vereinnahmt werden soll. Es gibt Anhänger aller Parteien in dieser Bürgerinitiative und die haben alle dort unterschrieben. Es gibt auch Unterstützung, insbesondere aus der SPD. Ich nenne hier mal den Landratskandidaten Dr. Kerth, der sich ganz deutlich dafür ausgesprochen hat, die Schülerbeförderung komplett zu übernehmen und damit …

(Torsten Renz, CDU: Hat das was mit Wahlkampf zu tun?)

Ja, das hat vielleicht was mit dem Wahlkampf zu tun, aber vielleicht auch einfach mit seiner Strategie für die Zukunft,

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

denn es geht darum, dass gerade im ländlichen Raum die Schüler freier sein müssen, wenn sie sich bewegen wollen. Wir reden so oft über die Förderung des ländlichen Raums. Dann höre ich die Sonntagsreden hier im Landtag,

(Glocke der Vizepräsidentin)

aber leider hilft das den Schülern nicht, wenn sie es dann nicht schaffen, zum Sport oder zur Musikschule zu kommen oder auch einfach nur mal einen Freund zu besuchen, weil sie sich das Busticket nicht leisten können.

(Unruhe bei Andreas Butzki, SPD, und Torsten Renz, CDU)

Wenn wir den ländlichen Raum fördern wollen, dann muss man auch mal in die Tasche greifen, das ist natürlich richtig. Das Totschlagargument ist immer, wer soll das denn bezahlen. Jetzt hören Sie schon den Donnerschlag von morgen, der eigentlich erst morgen kommen wird. Ich bin nicht bereit, dass wir zulasten der Schüler und der Auszubildenden Geld einsparen, damit mit dem Strategiefonds dann wieder Geld zum Ausgeben da ist. Das ist nicht das richtige Prinzip.

(Beifall vonseiten der Fraktionen DIE LINKE und BMV)

Es darf nicht immer zulasten der Schwächsten gehen. Die Schwächsten und diejenigen, die wir am stärksten fördern wollen, sind natürlich unsere Kinder, Jugendlichen, die Auszubildenden und die Schüler. Wenn wir möchten, dass die in unserem Land bleiben, dass die hier ihre Zukunft sehen, vor allem im ländlichen Raum, dann darf man das nicht immer nur sagen, dann muss man auch mal etwas dafür tun.