Protokoll der Sitzung vom 08.12.2016

(Torsten Renz, CDU: Aber gut, dass wir darüber gesprochen haben.)

Sie haben bei der Beantwortung der Kleinen Anfrage, Herr Renz, zumindest regierungsseitig mehrfach bekannt – da muss ich mal ganz kurz gucken, die Landtagsdrucksachen 1198 und 3763, dazwischen liegen drei Jahre –, da haben Sie jeweils gesagt, die Situation sei bei uns bedarfsgerecht beziehungsweise weitestgehend bedarfsgerecht.

(Minister Harry Glawe: Das stimmt ja auch.)

Also wenn das stimmt, Herr Glawe,

(Minister Harry Glawe: Das stimmt.)

dann stimmen aber ein paar Handlungsaufforderungen nicht mehr. Wir sagen, sie ist nicht bedarfsgerecht, und zwar nicht, um irgendwas schlechtzureden, sondern, Herr Eifler, ganz in dem Sinne, wie Sie es aufgerufen haben, weil wir es besser machen müssen, weil wir da noch etwas ändern müssen. Das ist wichtig.

(Zuruf von Minister Harry Glawe)

Insofern gibt es Handlungsbedarfe und diese Handlungsbedarfe sind attestiert worden, Herr Heydorn hat darüber gesprochen.

Ich will das ganz gern noch mal untersetzen. In der Enquetekommission „Älter werden in Mecklenburg-Vorpommern“ ist uns deutlich durch Expertisen, die im Übrigen vorliegen, aufgezeigt worden, ich zitiere kurz: „Pflegekapazitäten und Konzepte der Einrichtungen“, und gemeint sind Hospiz- und Palliativeinrichtungen, „stoßen an ihre Grenzen.“ Dann die wichtige Aussage, darüber muss man wirklich nachdenken, damit muss man umgehen: „Ein Drittel der Bewohnerinnen und Bewohner in Pflegeheimen braucht Palliativversorgung.“ Ein Drittel von 18.675, das sind 6.225 Personen. Mit der entsprechenden Zusatzqualifikation ausgestattete Ärztinnen und Ärzte haben wir aber nur 70. Ein Arzt pro 6,5 Betten, sagt

die Fachwelt, wäre sozusagen die Relation auf diesem Gebiet in der Betreuung. Das zeigt allein quantitativ, welche Differenz besteht zwischen dem, was wir leisten müssen, und dem, wie gegenwärtig die Situation ist.

Insofern schlagen wir Ihnen vor mit unserem Änderungsantrag, ganz ungeschminkt zu sagen im ersten Punkt, der Bedarf ist nicht gedeckt. Und zweitens schlagen wir vor, so zu verfahren, wie Sie es angeregt haben, aber nicht noch mal mit externen Mitteln und Noch-mal-Geldauf-den-Tisch-Legen, denn die Fakten und Zahlen liegen auf dem Tisch durch die Arbeit der Enquetekommission, durch die Studien, die uns vorgelegt wurden, durch Zahlen- und Faktenmaterial, das in Ihrem Hause, Herr Minister, vorhanden ist.

(Zuruf von Minister Harry Glawe)

Das ist alles da, mit Bordmitteln können Sie das leisten. Das ist leistbar und Sie haben in dem Falle ja auch den Rückenwind des Landtages.

Und was dann noch hinzukommt: Am Montag dieser Woche hat das Kuratorium Gesundheitswirtschaft getagt und sich mit diesen Fragen auseinandergesetzt, mit der Fachkräfteproblematik auch in diesem Bereich, und hat festgestellt, dass wir bis zum Jahre 2020 3.000 Pflegekräfte brauchen werden. 2020 ist gleich um die Ecke. 3.000 Pflegekräfte, das ist ein ganz großer Anspruch und insofern gab es aus der schon erwähnten, …

(Am Rednerpult leuchtet die rote Lampe.)

Ich komme gleich zum Schluss.

… aus der erwähnten Strategiegruppe V den Vorschlag, regionale Ausbildungszentren zu schaffen für medizinischtherapeutische Ausbildung in Form einer Regionalstelle, und diese Anregung sollten wir aufgreifen. Das ist sozusagen auch Gegenstand unseres Änderungsantrages, für den ich noch mal sehr werben möchte. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Das Wort erhält der Abgeordnete Ehlers von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin erst mal froh, dass wir heute diese Debatte führen, weil ich glaube, und das ist ja auch deutlich geworden, das Thema Sterben gehört zum Leben dazu, so wie die Geburt. Und ich finde es deswegen auch wichtig, dass wir nicht nur im Trauermonat November, wo es verschiedene Anlässe dazu gibt, über dieses Thema reden, sondern einen breiten gesellschaftlichen und auch einen parlamentarischen Diskurs darüber führen. Ich glaube, das ist ganz wichtig. Deswegen ist die heutige Debatte mit ihren unterschiedlichen Nuancen auch ein guter Beitrag dazu.

(Vizepräsidentin Beate Schlupp übernimmt den Vorsitz.)

Ich selber – einige wissen das vielleicht – engagiere mich seit mehr als fünf Jahren im Stiftungsrat der Schweriner Hospizstiftung und habe dort einen sehr, sehr tiefen Einblick bekommen in die sehr wichtige Arbeit, die dort gerade im Ehrenamt geleistet wird mit Todkranken, und

habe erfahren dürfen, wie viele Menschen sich da einbringen, auch als Sponsoren. Das sind nicht immer nur die großen Wirtschaftsunternehmen, von denen es ja nun auch nicht so sehr viele hier in der Region gibt, es sind vor allem viele Menschen, die persönlich betroffen sind und dann sagen, nachdem sie einen Menschen dort verloren haben, wir unterstützen das Hospiz oder die Stiftung viele Jahre weiter.

Wir haben im Koalitionsvertrag, und ich darf daraus zitieren, unter Ziffer 358 festgehalten: „Die Koalitionspartner werden die Versorgung von schwerstkranken und sterbenden Menschen durch Hospize und die ambulanten und stationären Möglichkeiten der Palliativversorgung weiterentwickeln und unterstützen.“ Unser Antrag heute leistet einen Beitrag dazu. Ich finde auch die öffentliche Debatte im zuerst ja viel gescholtenen NDR gut, der sich dieses Jahr dafür entschieden hat, dass die Benefizaktion „Hand in Hand für Norddeutschland“ das Thema auf die Tagesordnung genommen hat, sich dem widmet

(Thomas Krüger, SPD: Genau.)

und dort Geld einsammelt für dieses Thema, denn – und das ist schon eingangs gesagt worden – die Situation hat sich grundlegend verändert. Die meisten Menschen heutzutage – drei von vier sind es – sterben in Krankenhäusern oder Pflegeheimen. Das war sicherlich vor vielen Jahren noch anders, vor 20 Jahren waren es noch 62 Prozent. Also es geht immer weiter raus aus der Häuslichkeit, einfach aus dem Grund, dass teilweise die Kinder, die Enkel gar nicht mehr vor Ort sind, die Menschen alleine sind und dies alles deswegen natürlich an Bedeutung gewinnt.

Ohne Ehrenamt ist das nicht möglich. Viele Menschen engagieren sich dort ehrenamtlich. Deutschlandweit sind das 100.000, hier im Land sind es auch sehr, sehr viele, die sich ehrenamtlich engagieren. Und deswegen haben wir ja auch bewusst diesen Passus mit aufgenommen in unseren Antrag.

Ich komme auch gleich zu den Änderungsanträgen, denn wenn man sich mal Statistiken der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin anschaut, geht die davon aus, dass wir mit Hospizen und Palliativstationen sogar bedarfsgerecht versorgt sind und bei den stationären Hospizen lediglich Berlin und Hamburg verhältnismäßig noch vor Mecklenburg-Vorpommern liegen. Das ist aber trotzdem für uns kein Grund, uns darauf auszuruhen, weil, wie ich glaube – und das ist ja auch ein Teil des Antrages –, wir natürlich hier die besondere Situation in einem Flächenland berücksichtigen müssen und deswegen Vergleiche mit Hamburg oder Berlin auch ein bisschen hinken. Deswegen zielt der Antrag auch darauf ab, hier den ländlichen Raum in den Blick zu nehmen, denn in den Städten – ich habe es am Beispiel Schwerin gerade festgemacht – ist die Versorgung doch recht gut.

Und ich komme zu den Anträgen, zum Antrag der LINKEN. Wie gesagt, vielleicht mal grundsätzlich ein, zwei Worte vorneweg zu beiden Oppositionsanträgen: Sie müssen sich schon überlegen, was Sie wollen. Gestern wurden ja hier die Regierung und die Regierungsfraktionen kritisiert, dass es hier ein „Weiter so“ gibt. Jetzt gibt es mal ein Thema, wo wir sagen, wir sind schon gut vorangekommen, aber können immer noch mehr tun, jetzt wird das auch kritisiert. Also da müssen Sie schon

mal entscheiden, was Sie wollen: Sollen wir so weitermachen oder sollen wir auch mal sagen, es gibt Themen, wo wir noch besser werden können? Das versuchen wir hier bei diesem, glaube ich, auch gesellschaftspolitisch sehr wichtigen Thema. Dafür werden wir jetzt auch kritisiert. Dann müssen Sie mal entscheiden, in welche Richtung Sie gehen wollen.

Deswegen sind wir der Meinung, dass der Antrag der LINKEN überflüssig ist, da wir ja dort eine gute Abdeckung haben und eine gute Entwicklung haben, so, wie wir es festgeschrieben haben und darauf aufbauen wollen. Die geschätzte Expertise aus dem Kuratorium Gesundheitswirtschaft nehmen wir selbstverständlich mit auf. Das findet statt, auch in der Prüfung. Und ansonsten sollten wir vielleicht den Evaluationsbericht zunächst abwarten, bevor wir dort eigene Landes- und Fachprogramme auf den Weg bringen.

Und zum Änderungsantrag der AfD musste ich mein Skript noch mal ein bisschen ändern, nachdem ich die Ausführungen vom Kollegen Jess gehört habe. „Politik nach Inhalten“ war ja hier die Botschaft. So macht die AfD Oppositionspolitik.

(Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

Sie haben verschiedene Themen genannt, die Ihnen wichtig sind, Bürokratieabbau. Dann frage ich mich natürlich, warum Sie als Änderungsantrag lediglich die Streichung von drei Punkten auf den Tisch legen

(Vincent Kokert, CDU: Das frage ich mich auch.)

und keinen eigenen Vorschlag gemacht haben, über den man hier hätte diskutieren können.

(Thomas Krüger, SPD: Das Übliche also.)

Sie halten große Reden, bekommen Steuergeld für Ihre Oppositionsarbeit und haben nichts Besseres zu tun, als hier nur drei Punkte zu streichen.

(Vincent Kokert, CDU: Das ist ein besonders inhaltlicher Beitrag.)

Von daher finde ich das etwas dünn. Und wenn man sich mal anschaut, was Sie hier streichen wollen, dann wollen Sie das Thema „Evaluierung“ streichen, das Thema „Unterstützung vom Ehrenamt durch die Ehrenamtsstiftung“. Das sind die Punkte, die Sie streichen wollen.

(Vincent Kokert, CDU: Warum eigentlich?)

Das finde ich schon persönlich schwierig. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie hier die Dinge, die Sie vorgetragen haben, wenn es da Probleme gibt, gerade im Bürokratiebereich, als Änderungsantrag auf den Tisch bringen. Das haben Sie nicht getan. Ich würde es mir trotzdem wünschen,

(Zuruf von Holger Arppe, AfD)

weil ich glaube, dass es ein Thema ist, was sich sehr, sehr wenig zum Parteiengezänk eignet, dass wir trotzdem – auch bei den vielleicht unterschiedlichen Gesichtspunkten zu den einzelnen Detailfragen, die auch Herr Koplin vorgetragen hat – hier eine breite Unterstützung und eine gute Beschlusslage bekommen.

Und deswegen noch mal ganz, ganz herzlichen Dank an die vielen Menschen draußen im Land, die sich in der Hospiz- und Palliativarbeit engagieren. Großer Respekt – das kann nicht jeder, würde ich auch mal so sagen. Das ist kein Ehrenamt, was vielleicht vergleichbar ist mit dem Sportverein oder etwas anderem. Großer Respekt! Und in diesem Sinne – auch im Interesse dieser Menschen, die sich dort engagieren –, glaube ich, sind wir gut beraten, da jetzt auf dem, was es gibt, aufzubauen, das weiterzuentwickeln, was wir haben. In diesem Sinne werbe ich um Unterstützung für unseren Antrag. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Bevor wir in die Abstimmung eintreten, lassen Sie mich vielleicht kurz etwas wünschen.

(Jochen Schulte, SPD: Nikolaus war gestern.)

Es wurde ja im Rahmen der Debatte angesprochen, dass es diese Aktion des NDR „Hand in Hand für Norddeutschland“ gibt. Ich hätte mir natürlich gewünscht, dass auch unsere Diskussion hier im Landtag vielleicht etwas mehr mediale Aufmerksamkeit gefunden hätte.