Protokoll der Sitzung vom 08.12.2016

Das ist die zentrale Aufgabe der Hospiz- und Palliativversorgung auch in Mecklenburg-Vorpommern. Diese Aufgabe nimmt angesichts der demografischen Veränderungen in Mecklenburg-Vorpommern schon rein quantitativ zu. Daneben steigen auch – und das ist gut so – die qualitativen Herangehensweisen und Anforderungen, gerade in den Querschnittsbereichen.

Das Ende 2015 in Kraft getretene Gesetz zur Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung in Deutschland erfolgt unter anderem mit dem Ziel der Stärkung der Hospiz- und Palliativversorgung in Pflegeheimen, denn viele Menschen verbringen ihre letzte Lebensphase in stationären Pflegeeinrichtungen. Ich will aber auch ergänzen, „Wohnung“ allgemein, also die heimische Wohnung, umfasst manchmal auch die stationäre Pflegeeinrichtung. Wenn man also seinen Haushalt aufgelöst hat, dann ist das Pflegeheim der Wohnsitz. Dementsprechend wird die Sterbebegleitung als ausdrücklicher Bestandteil der Versorgungsaufgaben der sozialen Pflegeversicherung ausgewiesen.

Weiterhin wurde die gesetzliche Grundlage dafür geschaffen, dass Pflegeheime ihren Bewohnerinnen und Bewohnern eine Versorgungsplanung zur individuellen und umfassenden medizinischen, pflegerischen, psychosozialen und sozial-seelsorgerischen Betreuung in der letzten Lebensphase anbieten können. Diese besonderen Beratungsangebote werden von den Krankenkassen finanziert. Die Pflegeheime müssen sich auf diese Anforderungen jedoch noch einstellen und insbesondere auch über ausreichendes qualifiziertes Personal verfügen.

Weitere qualitative Anforderungen ergeben sich aus den Handlungsempfehlungen der nationalen Strategie, die durch einen von der Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen in Deutschland initiierten runden Tisch verabredet wurde. Diese Handlungsempfehlungen sind darauf ausgerichtet, dass jeder Betroffene – unabhängig von der zugrundeliegenden Erkrankung, seiner jeweiligen persönlichen Lebenssituation oder vom Versorgungsort – eine qualitativ hochwertige Versorgung und Begleitung erhält. Dementsprechend decken sie einen breiten Themenbereich ab und richten sich an konkrete Adressaten, wie die Leistungserbringer, aber auch an die Kommunen, an die Länder und an den Bund. Sie beinhalten unter anderem ganz konkrete Empfehlungen für die Ausbildung, Weiterbildung und Fortbildung für die unmittelbar in der Hospiz- und Palliativversorgung Tätigen. Das gilt für Ärzte genauso wie für das Pflegepersonal.

Zur Sicherung einer flächendeckenden Versorgung gibt es Empfehlungen für regionale Hospiz- und Palliativnetzwerke. Ich strebe an, im Ergebnis einer noch durchzuführenden Ressortanhörung des Landes Mecklenburg-Vorpommern diesen Handlungsempfehlungen beizutreten, und ich hoffe, dass das Hohe Haus dann auch diesen Empfehlungen folgen kann.

Wie sieht es in Mecklenburg-Vorpommern konkret in der Hospiz- und Palliativversorgung aus? Ich denke, grundsätzlich kann die Hospiz- und Palliativversorgung in Mecklenburg-Vorpommern als bedarfsgerecht eingeschätzt werden. Lassen Sie mich das durch einige Zahlen untersetzen. Es gibt zurzeit elf Teams der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung, die im SGB V fixiert ist. Seit 2014 haben wir auch eine ambulante pädiatrische Palliativversorgung, also für Kinder und Jugendliche im Land aufgebaut. 16 Krankenhäuser bieten stationäre Palliativversorgung an, teilweise in eigenen Stationen. Aber auch hier hat in den letzten Jahren ein Ausbau stattgefunden. Schließlich gibt es 8 stationäre Hospize und 21 ambulante Hospizdienste.

Meine Damen und Herren, meine Kollegin FriemannJennert hat Bernstorf angesprochen. Das Land hat damals bei der Einrichtung dieses Hospizes massiv finanzi

ell mit unterstützt, und es ist, denke ich, ein wichtiges und richtiges Beispiel gewesen, das sie hier vorgetragen hat. Ich denke, mittlerweile ist gerade dort eine hoch qualifizierte Betreuung zu erleben.

Meine Damen und Herren, allerdings müssen gerade im dünn besiedelten Flächenland Mecklenburg-Vorpommern weitere Versorgungsstrukturen optimal ausgenutzt werden, um einerseits dem Fachkräftemangel zu begegnen, andererseits ist Fort- und Weiterbildung eines der entscheidenden Markenzeichen, die wir gerade in der Begleitung Sterbender brauchen. Dazu gehört Einfühlungsvermögen, dazu gehört Zuwendung, dazu gehört natürlich auch Zuhören, dazu gehört auch, den letzten Willen der oder des Sterbenden zu respektieren. Wichtig ist, dass der Mensch in seiner Würde im Leben, in jeder Lebenssituation auch respektiert und wahrgenommen wird.

Meine Damen und Herren, insgesamt ist die Struktur zurzeit ausreichend, aber wir müssen uns nichts vormachen, wir brauchen in Zukunft weitere Angebote. Von daher brauchen wir natürlich auch in besonderer Weise ambulante Hospize, ehrenamtliche Tätigkeit. Zurzeit begleiten 581 Menschen Sterbende oder leisten die in der Palliativmedizin wichtige Begleitung. Man spricht ja davon, in die Palliativmedizin wird derjenige eingestuft, der eine Lebenserwartung von unter zwei Jahren hat.

(Vizepräsidentin Beate Schlupp übernimmt den Vorsitz.)

Da ist einerseits die Gesellschaft gefordert, andererseits natürlich die Familie, und der Staat hat per Gesetz auch die Krankenkassen verpflichtet, in dieser Hinsicht gerade für den stationären Bereich, aber auch für den ambulanten Bereich Unterstützung zu geben. Diese Dinge müssen durch Verträge gestaltet werden und das wird zunehmend durch die jeweiligen Hospize genutzt, auch durch die stationären Angebote.

Meine Damen und Herren, ich denke, wir haben eine wichtige Aufgabe in den nächsten Jahren zu leisten, einerseits das Ehrenamt zu stärken, andererseits die Begleitung von sterbenden Menschen in Würde sicherzustellen. Das ist eine Aufgabe, die wir als Land in den Kommunen, mit den Familien, mit den Fachleuten natürlich weiter abstimmen werden. Und wir werden die Palliativmedizin der Universitäten Rostock und Greifswald mit zur wissenschaftlichen Begleitung heranziehen, um auch neue Angebote zu schaffen. Andererseits geht es natürlich darum, seelische Begleitung sicherzustellen und körperliche Pflege in einem Maß anzubieten, dass ein Menschenleben bis zum Ende dadurch gewürdigt wird.

Meine Damen und Herren, ich denke, es ist ein relativ schwieriges Thema, aber zum Leben gehört eben auch der Tod und es geht um ein würdevolles Ableben. Dazu sind wir alle verpflichtet und aufgerufen. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister.

Der Minister hat die vereinbarte Redezeit um zweieinhalb Minuten überschritten. Nach Paragraf 85 unserer Geschäftsordnung steht die über die vereinbarte Redezeit

hinausgehende Zeit den Fraktionen zusätzlich zur Verfügung, die nicht an der Landesregierung beteiligt sind.

(Minister Harry Glawe: Sehr richtig.)

Ich rufe auf für die Fraktion der AfD den Abgeordneten Dr. Jess.

Frau Präsidentin! Mitglieder des Hohen Hauses! Meine Damen und Herren! Ein befreundeter Arzt sagte mir, als wir über das Sterben einmal sprachen, heutzutage will jeder gesund sterben. Sieht man sich aber in der Landesstatistik der Todesfälle um, dann stellt man fest, dass heutzutage eigentlich jeder an einer Krankheit stirbt, und zwar abgesehen von der geringen Prozentzahl von Unfalltoten. Man könnte fast flapsig sagen – was eigentlich diesem Thema nicht angemessen ist –, es stirbt heute niemand mehr an abgelaufener Lebenszeit oder wegen des Alters.

Was will ich aber damit sagen? Ich will damit sagen, dass schwere Krankheiten und lange Krankheiten in der Regel der Einstieg zu einem langsamen Tod sind, und in diese Situation greifen die Hospiz- und Palliativverbände ein und leisten hier Unterstützung, aus meiner Sicht und aus unserer Sicht ganz wichtige Unterstützung.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Ich will damit sagen, dass die Hospiz- und Palliativversorgung in unserem Land ein ganz wichtiger Bestandteil unseres Sozialsystems ist. Insofern, müsste man also sagen, kann man dem Antrag der SPD-CDU-Fraktionen eigentlich zustimmen.

(Egbert Liskow, CDU: Nicht nur eigentlich.)

Wenn man aber genauer hinschaut, dann muss man sich fragen, auch nachdem ich Herrn Minister Glawe gehört habe und die Ausführungen von Frau Friemann-Jennert, wir haben doch eigentlich eine relativ gute Situation.

(Zuruf von Minister Harry Glawe)

In den letzten 20 Jahren gab es eine enorm gute Entwicklung in diesem Bereich. Ich denke da zum Beispiel an die Gründung und Selbstorganisation der Verbände und Stiftungen, zum Beispiel den Deutschen Hospiz- und PalliativVerband oder die Deutsche Stiftung Patientenschutz. Ich denke an die Einführung der Paragrafen 37b und 132d in das Sozialgesetzbuch V oder das Gesetz zur Verbesserung der Hospiz- und Palliativversorgung.

(Vizepräsidentin Dr. Mignon Schwenke übernimmt den Vorsitz.)

Der Sicherstellungsauftrag ist vom Gesetzgeber ganz bewusst den Kassen, den Krankenkassen und den Pflegekassen, zugewiesen worden. Und der Minister hat darauf hingewiesen, dass es bei uns im Land bereits elf – wahrscheinlich sind es eigentlich nur zehn, der elfte ist in Arbeit, soviel ich weiß – Verträge zwischen den Leistungserbringern und den Kostenträgern gibt, und in diesen Verträgen sind umfangreiche Konzepte zur spezialisierten ambulanten Palliativversorgung enthalten. Ich will damit sagen, die Mitspieler sind aktiv, das heißt, es passiert etwas in diesem Bereich. Und da fragt man sich unwillkürlich: Warum dann dieser Antrag?

Als ehemaliger Revisor bin ich gewohnt, in Kategorien zu denken, wie zum Beispiel Mängel und Handlungsbedarf, und entsprechend abgeleiteten Maßnahmen. Ich frage mich also, wenn ein solcher Antrag kommt: Was ist der Mangel, was ist der Handlungsbedarf, der dazu veranlasst hat, einen solchen Antrag zu stellen? Und da habe ich vier Punkte – die sind ja auch aufgeführt in dem Antrag – herausgefunden, von denen eigentlich nur zwei wirkliche Bedarfssituationen darstellen, und zwar sind das erstens die unzureichende Kenntnis über die prognostische Entwicklung und den Bedarf an Hospiz- und Palliativleistungen bei uns im Land und zweitens das angenommene unzureichende Angebot an qualifiziertem Personal. Das sind wirklich objektiv gesehen zwei Mängel.

Die anderen beiden Punkte, die man findet, zum Beispiel Würdigung der SAPV-Teams oder Stärkung des Ehrenamtes durch Einbindung der Ehrenamtsstiftung, sind schwammig, nichtssagend, und die Bestätigung dieses Antrages hätte keinerlei Folgen. Deshalb bin ich der Meinung, die sind überflüssig hier. Sie sind schöne Worte und sie sind auch richtig, aber sie haben in diesem Falle für unsere Antragssituation keine Bedeutung.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Was aber völlig außen vor gelassen wird, das ist nämlich der größte Mangel in diesem Bereich, das ist die übergeordnete Bürokratie bei Antragstellung, bei der Finanzierung und bei der Dokumentation, und darüber wird überhaupt kein Wort verloren.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Lassen Sie mich etwas zu den Punkten sagen, die ich als obsolet ansehe. Sie sind wichtig, aber sie sind in einem solchen Antrag ohne Bedeutung, weil, Herr Minister, agieren Sie! Diejenigen, die den Antrag gestellt haben, sind eigentlich diejenigen, die auch die Regierung stellen, und ich frage mich, warum agieren Sie denn nicht,

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

und zwar die SPD schon seit 1998 und die CDU als Koalitionär seit 2006. Sie hätten lange Zeit agieren können. Und wenn ich jetzt zum Beispiel höre, dass nicht bekannt ist, wie hoch der Bedarf an Hospiz- und Palliativleistungen in unserem Land ist oder prognostisch sein wird, dann frage ich: Was haben Sie denn die ganze Zeit gemacht? Hat das Ministerium geschlafen?

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Egbert Liskow, CDU: Auf Sie gewartet.)

Denn eins muss ich sagen: Setzen Sie sich mit dem Statistischen Landesamt in Verbindung, setzen Sie sich mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft in Mecklenburg-Vorpommern in Verbindung oder auch mit den jeweiligen Fachverbänden, die können Ihnen sehr gut sagen, wie die Bedarfssituation aussieht.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Aber ich habe mich gefragt: Warum wird denn da so viel Papier beschrieben, wenn es eigentlich keine parlamentarische Konsequenz hat? Gestern habe ich bei Herrn Kokert gelernt, warum das so ist. Herr Kokert, Sie haben mir gestern beigebracht, warum viel Papier beschrieben wird, ohne dass es Relevanz hat,

(Heiterkeit bei Thomas de Jesus Fernandes, AfD)

und zwar, weil Sie sagen, politisches Handeln bemisst sich nach dem beschriebenen Papier und nach der Anzahl der Buchstaben.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Und da muss ich Ihnen ganz offen sagen, ich hoffe, die Kollegen meiner Fraktion folgen Ihren Anregungen nicht. Wir machen nämlich Politik nach Inhalten

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU)

und nicht nach beschriebenem Papier.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Jochen Schulte, SPD: Das haben wir ja bei dem Antrag eben erlebt.)

Lassen Sie mich jetzt noch auf die anderen beiden Punkte eingehen, wo ich einen echten Mangel erkannt habe, der wirklich existiert, und die auch gerechtfertigt sind. Das ist einmal die unzureichende Kenntnis über den prognostisch zu erwartenden Bedarf, wo ich ja sage, fragen Sie die richtigen Leute und dann haben Sie das. Sie wollen aber ein wissenschaftliches Institut beauftragen, um eine Bedarfserhebung zu machen, und das kostet Geld. Ich vermute mal, unter 100.000 Euro wird das nicht zu machen sein. Das Geld für dieses Projekt – empfehlen wir – stellen Sie lieber den SAPV-Projekten zur Verfügung, da ist es nämlich besser angelegt.