Protokoll der Sitzung vom 27.06.2018

Herr Kollege Schulte, nun bin ich auch schon einige Jahre im Geschäft

(Torsten Renz, CDU: Na, na, na, nun nicht übertreiben!)

und bilde mir zumindest ein, auch ganz gut vernetzt zu sein. Was ich aus verschiedenen Richtungen höre, lässt darauf schließen, dass sich auch die SPD-Landtags

fraktion anfänglich mit ähnlichen Vorstellungen befasst hat, wie sie sich in unserem Gesetzentwurf finden. Sie ist allerdings vor der CDU eingeknickt. Das ist schade, vor allem für die Beschäftigten, die seit Jahresende ständig in den Medien lesen und im Radio hören,

(Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

dass sie künftig mit 9,54 Euro den zweithöchsten Mindestlohn bundesweit haben.

(Zuruf von Dietmar Eifler, CDU)

Bei denen bleibt am Ende ein fader Beigeschmack,

(Jochen Schulte, SPD: Herr Kollege Foerster, sagen Sie das auch Ihren Landtagskollegen in Thüringen?)

wenn kaum jemand von dem mit großem Brimborium verkündeten neuen Vergabemindestlohn profitiert.

(Dietmar Eifler, CDU: Behaupten Sie! Behaupten Sie!)

Genau übrigens wie beim …

Ach, Herr Eifler, wissen Sie, die Landesregierung hatte doch jetzt genügend Zeit zu eruieren, wie viele Kolleginnen und Kollegen da draußen möglicherweise in den Genuss dieses Mindestlohnes kommen.

(Jochen Schulte, SPD: Wie, Herr Kollege Foerster, wie wollen Sie das denn tatsächlich machen?)

Das können Sie bis zum heutigen Tage nicht mal ansatzweise vortragen. Insofern, warten wir doch mal ab, was am Ende tatsächlich dabei rumkommt.

(Zuruf von Dietmar Eifler, CDU)

Ihr Parteikollege, der inzwischen verstorbene Bundeskanzler Helmut Kohl, hat einmal gesagt: „Entscheidend ist, was hinten rauskommt.“

Meine Damen und Herren von SPD und CDU, das sollte Ihnen ein Stück weit zu denken geben, denn das ist genau der Politikstil, der Menschen durchaus frustriert, dieses Gefühl, dass Politik sie nicht versteht, dass sie nicht versteht, was in der wahren Welt abläuft. Aber das Schlimmste an der Sache ist, dass Sie offensichtlich nicht merken oder nicht merken wollen, dass diese Art und Weise auch nach hinten losgehen kann. Es muss doch das gemeinsame Ziel sein, dass die Beschäftigten real etwas von solchen Gesetzesänderungen haben und es nicht um reine Symbolpolitik geht.

Herr Foerster, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Herrn Schulte? (Zustimmung)

Bitte schön, Herr Schulte.

Vielen Dank, Herr Kollege.

Herr Kollege Foerster, halten Sie denn das, was Ihr Parteifreund Bodo Ramelow in Thüringen vorhat, inklusive

der dortigen Fraktion DIE LINKE, nämlich einen Landesvergabemindestlohn von 9,54 Euro einzuführen, auch für Brimborium und etwas, was an der Realität der Beschäftigten in Thüringen, aber, ich glaube, insgesamt in Ostdeutschland oder den neuen Bundesländern vorbeigeht, oder sind Sie der Auffassung, dass das nur hier gilt, weil Sie hier in der Opposition sind?

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU)

Sehr geehrter Herr Kollege Schulte, ich bin zwar ein gebürtiger Thüringer, ganz konkret aus Gotha, aber ich bin inzwischen seit vielen Jahren in Mecklenburg-Vorpommern zu Hause

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

und mache Politik für Mecklenburg-Vorpommern. Ich rede jetzt zu den Gesetzentwürfen, die sich mit dem Vergabemindestlohn in Mecklenburg-Vorpommern befassen.

(Tilo Gundlack, SPD: Aaah! Aaah! – Peter Ritter, DIE LINKE: Wir werden an anderer Stelle mal die SPD fragen!)

Was in Thüringen möglicherweise auf den Weg gebracht wird oder nicht, das obliegt den handelnden Personen in Thüringen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ganz dünnes Eis! Ganz dünnes Eis!)

Ich hatte bereits bei der Ersten Lesung hier sehr deutlich gesagt, dass Sie genauso wie ich Ihre Beziehungen spielen lassen können, dass überhaupt ein Gesetzentwurf in der Richtung auf den Weg gebracht wird. Was die Lohnhöhe angeht, vermute ich, sind die Effekte in Thüringen nicht sehr viel anders als hier. Wie gesagt, wir haben aus gutem Grund einen alternativen Gesetzentwurf vorgelegt, sind nach wie vor der Meinung, dass er der bessere ist, und werden das auch mit unserem Abstimmungsverhalten dokumentieren.

(Torsten Renz, CDU:

Das war aber wirklich dünnes Eis! –

Das war nix! –

Schon allein die

Fragestellung war dünnes Eis! –

Na, na! –

Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Vielen Dank.

So, okay. Ich will noch auf einige andere Aspekte kurz eingehen.

Wir haben im Ergebnis der Anhörung Anregungen von Anzuhörenden, in dem Fall ganz konkret des Eine Welt-Landesnetzwerkes, aufgegriffen. Da ging es um das Thema „Nachhaltige Beschaffung“, die aus vielerlei Gesichtspunkten ein wichtiges Thema ist. Das sehen zumindest Teile der Landesregierung, hier auch ganz konkret die SPD, ähnlich und veranstalten kommende Woche – ich meine sogar, unter Schirmherrschaft der Staatskanzlei – eine große Veranstaltung zu diesem Thema. Die SPD hat an der Stelle durchaus folgerichtig für die Anhörung auch das Eine Welt-Landesnetzwerk eingeladen, hat allerdings die vom Vertreter des Eine

Welt-Landesnetzwerkes vorgeschlagenen, etwas verbindlicher gehaltenen Formulierungen, die wir anschließend in einen Änderungsantrag gegossen haben, abgelehnt. Stattdessen liest man zu diesem Thema bei Ihnen, man könne, man sollte oder man müsste – wenig Konkretes also. Das heißt, am Ende bleibt festzuhalten, dass der vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung an dieser Stelle ebenfalls konsequent inkonsequent ist. Leider ist es so, dass die Überschriften mehr versprechen, als am Ende an tatsächlicher Wirkung herauskommen wird.

Der Entwurf meiner Faktion kommt den beiden Hauptzielen, eine Lohnspirale nach oben in Gang zu setzen und einen Impuls für die Tarifbindung zu setzen, deutlich näher. Von unserem Mindestlohn profitieren definitiv mehr Beschäftigte und die Koppelung an einen Tarifvertrag sorgt dafür, dass es die Tarifparteien selbst in der Hand haben, welche Mindestlohnhöhen sich künftig entwickeln werden.

Die rechtlichen Bedenken, zu denen Herr Caffier ausgeführt hat, teilen wir ausdrücklich nicht. Dazu möchte ich noch einmal aus dem Policy Brief Nr. 3 des WSI zitieren. Dort wird ganz deutlich gesagt: „Mit der Anbindung vergabespezifischer Mindestlöhne an die jeweils gültige unterste Tarifgruppe“ im Tarifvertrag der Länder „hätten die Bundesländer eine klare Orientierungslinie um … zukünftig vergabespezifische Mindestlöhne festzulegen. Deshalb ist nicht nachvollziehbar, warum die Bundesländer ausgerechnet jetzt, wo seine unionsrechtliche Unbedenklichkeit bescheinigt wurde, auf dieses Gestaltungsinstrument verzichten wollen.“

Unser Entwurf ist, wie gesagt, aus unserer Sicht der bessere.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Christian Brade, SPD: Das macht ihn aber nicht besser. – Zurufe von Jochen Schulte, SPD, und Wolfgang Waldmüller, CDU)

Er sieht zudem …

Ja, gut, deswegen diskutieren wir das hier. Gestehen Sie mir doch zu, dass ich zumindest von unserem Papier überzeugt bin, ne?!

(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das muss ich Ihnen ja umgekehrt ebenso zugestehen.

(Torsten Renz, CDU: Das klingt auch so glaubwürdig, was Sie da sagen!)