Das Bildungsministerium weiß nämlich, dass die Freie Schule Güstrow eine Webseite hat, und auf dieser Webseite ist zu vernehmen, wie das Schuljahr 2017 und 2018 begann. Das Schuljahr 2017 und 2018 begann mit den Themen „Rechtsextremismus“, „Linksextremismus“, „Islamismus“, „Staatssicherheit“, eingebettet in die große Unterrichtsreihe der DDR und der BRD. Wochenlang sind die Kinder und die Jugendlichen bei der Bundesbehörde für Stasiunterlagen gewesen, auch bei der Landesbehörde, und haben Originalquellen gesichtet.
Das aktuelle Projekt, geplant 2017, beschäftigt sich mit der „Außerparlamentarischen Opposition“ der 60er- und 70er-Jahre, mit deren Folgen und der RAF. Das alles wird schon weit vorher geplant. Die Kinder gestalten den Unterricht mit den Lehrkräften, denn diese Schule heißt nicht Freie Schule, weil sie eine freie Schule ist, sondern weil sich die Kinder diesen Namen ausgedacht haben. Dort ist Differenz gewollt, Unterschiedlichkeit von Menschen erwünscht und Fehler werden als lobenswert betrachtet.
die Schule hat gerade den Titel „Umweltschule in Europa – Internationale Agenda 21 Schule“ erhalten. In hervorragender Weise hat sich die Schule zwei Jahre lang mit nachhaltiger Entwicklung beschäftigt. Das ist vorbildlich und keine Indoktrination. Sie beschäftigt sich zum Beispiel mit ihrer Heimatstadt, dem Ökosystem Inselsee.
Glauben Sie mir, als die Freie Schule 1997 an den Start ging, haben die Güstrowerinnen und Güstrower – Herr Renz kann sich daran bestimmt sehr genau erinnern –
diese Schule sehr argwöhnisch betrachtet, wer zum Teufel ist Maria Montessori und was ist eine freie Schule. Aber schon nach kurzer Zeit ist diese Schule anerkannt in unserer Stadt. Es ist eine anerkannte Schule in der Stadtgesellschaft, es ist eine anerkannte Schule unter all den staatlichen Schulen in Güstrow.
(Dr. Ralph Weber, AfD: Genau. Die können ihren Namen tanzen. – Jochen Schulte, SPD: Das ist Waldorf. – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)
Sie haben das Umfeld der Stadt Güstrow gestaltet, weil die Stadt Güstrow aufgrund des Erfolges dieser Schule ihnen ein altes Schulgebäude überlassen hat. Dieses ist hervorragend saniert. Jeder, der dort hineingeht, der sagt, hallo, das ist Schule, das ist Willkommen. Sie haben Zirkus- und Theaterprojekte, mit denen sie die Feste und Veranstaltungen der Stadt Güstrow betreiben,
sie haben Schulgarten, sie haben die Veranstaltung „70 Jahre Wöbbelin“ gestaltet. Jährlich, am 9. November, gestalten sie die Gedenkstunde am Jüdischen Friedhof in Güstrow, sie nehmen an den „weltwechsel“-Tagen teil, sie haben eine Nähwerkstatt, nähen Glückskissen für die Krebsklinik,
sie gestalten TEO-Tage, also Tage der ethischen Orientierung. An jedem sozialen Tag arbeiten sie und spenden das Geld für ihre Arbeit an Einrichtungen. Und ja, es gibt eine Pflicht zur Elternarbeit.
Weil im Vorfeld Drohanrufe, Drohbriefe, Morddrohungen an die Lehrkräfte, Schüler, Eltern und an sonst wen noch rausgegangen sind.
(Dr. Ralph Weber, AfD: Märchenstunde, Teil zwei. – Zurufe von Christoph Grimm, AfD, und Stephan J. Reuken, AfD)
Jede Polizei- und jede Beratungsstelle kann Ihnen das sagen. Ich habe auch keine Lust, mit Ihnen darüber zu diskutieren.
(Thomas de Jesus Fernandes, AfD: Ja, wer denn? Sie machen doch hier Anschuldigungen. – Glocke der Vizepräsidentin)
Ich weiß, was auf der Facebook-Seite von Herrn Grimm stand, und zwar über mich, und das weiß er auch ganz genau.
Ich musste Ihren Fraktionsvorsitzenden anrufen, damit das aufhört. Und jetzt frage ich Sie eins: Nennen Sie eine katholische Schule auch Indoktrination, weil dort den Kindern der katholische Glaube nahegebracht wird? – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Dr. Ralph Weber, AfD: Sachlich gar nichts.)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste! Das gewählte Thema der AfD – es irritiert schon ein wenig, aber davon wollen wir uns heute nicht irritieren lassen. Ich will mal den Begriff „Indoktrination“ erklären. Er findet seinen Ursprung im Lateinischen: „in“ heißt hinein und „doctrina“ Belehrung.
Gemeinhin – und darauf stellen Sie ja mit der Aussprache auch ein wenig ab – wird unter Indoktrination eine Manipulation oder unzulässige Beeinflussung von Menschen in ihrer Meinungsbildung verstanden. Wir haben das ja gelegentlich heute schon gehört.
Ich kann Sie, meine Herren von der AfD-Fraktion, aber vollkommen beruhigen: An unseren Schulen findet ganz sicher keine Indoktrination statt, auch wenn Sie das vielleicht so empfinden. Vielleicht müssen Sie sich da auch ein Stück weit selber hinterfragen. Ganz im Gegenteil: Stellvertretend für meine Fraktion ist es unveränderbar, dass politische Werbung in den Schulen oder gar in frühkindlichen Bildungseinrichtungen, den Kitas, nicht stattfinden darf. Politische, religiöse oder weltanschauliche Werbung ist mit dem Erziehungs- und Bildungsauftrag unvereinbar. Ein Blick in unser Schulgesetz verrät zudem, dass die Schulen die religiöse und weltanschauliche Überzeugung der Schüler, der Erziehungsberechtigten und der Lehrer sowie das verfassungsmäßige Recht der Erziehungsberechtigten auf Erziehung ihrer Kinder zu achten haben.
Ich zweifle aber daran, meine Herren von der AfDFraktion, dass Sie die Tragweite des Neutralitätsgebots umfassend durchdrungen haben. Es gibt ja ein schönes Beispiel: Wenn einer Ihrer Kollegen aus Ihren Reihen Süßigkeiten mit AfD-Werbung sogar an Kitas verteilt,
verdeutlicht das, dass Sie mit dem Neutralitätsgebot vielleicht noch nicht die nötige Sorgfalt haben und die nötige Sensibilität vorgelegt haben.
Ich glaube, bei Ihnen ist es vielmehr ein Problem mit der Demokratie als solche. In der Demokratie gilt nämlich eins: Man muss aushalten können, dass es andere Meinungen gibt.
Das ist nicht immer ganz schön, und es kommt durchaus mal vor, dass die Meinung anderer sich mit einem kritisch beschäftigt.