Protokoll der Sitzung vom 29.06.2018

(Andreas Butzki, SPD: Jetzt kommt Zug rein.)

Das Rollo und ich bringen auch weiterhin Licht ins Dunkel zu dem Thema.

Aber auch für die Unternehmen verbinden sich zunehmend Nachteile mit dieser Verfahrensweise, denn die Entlassung des Personals nach der Hauptsaison löst zwar kurzfristig ein Kostenproblem, allerdings erschwert diese Praxis akut die Nachwuchsgewinnung und verschärft damit den schon heute existierenden Mangel an Arbeits- und Fachkräften weiter. Und selbst wenn es gelingt, Letztere noch in ausreichender Zahl zu finden, müssen diese – zum Teil jedenfalls – in jeder Saison neu angelernt werden.

Soll dieser Zustand verändert werden, müssen sich die Unternehmen auf den Weg machen und ihre Angebote offensiv auf die Nebensaison ausweiten. Die Trends für die nächsten Jahre sind durch die Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen e. V. untersucht worden. Zwar bleibt die wichtigste Form, Urlaub zu machen, für die Deutschen der Strand- beziehungsweise Badeurlaub, allerdings folgt knapp dahinter bereits der Entspannungs- und Natururlaub. Langfristig gehen die Experten davon aus, dass die Kundschaft aber stärker variieren möchte. Urlaub soll weder zu eintönig noch zu anstrengend sein. Eine stärkere Nachfrage prognostizieren sie auch für den Familienurlaub. Stabil bleiben sollen Gesundheitsurlaub und Kultururlaub. In diesem Wissen müssen die Unternehmen des Hotel- und Gaststättengewerbes versuchen, neue Angebote für die Nebensaison an den Markt zu bringen.

Allgemein wird davon ausgegangen, dass sich das Reiseverhalten aufgrund einer älter werdenden Gesellschaft ändert. Man weiß, dass ältere Reisende häufiger an einen und denselben Ort reisen. Wer also bereits im Sommer hier einen sehr schönen Urlaub an der Ostsee erlebt hat, den kann man vielleicht auch dafür begeistern, sich denselben Ort einmal im Herbst oder gar im Winter anzuschauen.

(Marc Reinhardt, CDU: Im Winter?!)

Dafür ist dann natürlich wichtig, dass es in den Häusern auch ergänzende Angebote gibt, zum Beispiel Wellness- oder Kulturangebote.

Grundsätzlich saisonunabhängig lassen sich vermutlich auch Seminarbesucher gewinnen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass diese entsprechende Tagungsräume vorfinden und qualitativ hochwertig verpflegt werden können. Und um das alles schließlich auch umsetzen zu können, muss das entsprechende Personal vorhanden sein.

Uns ist vollkommen klar, dass sich eine solche – aus unserer Sicht wünschenswerte – Entwicklung nicht verordnen lässt und darüber hinaus auch nicht von heute auf morgen realisiert werden kann. Um einen solchen Prozess in Gang zu setzen, benötigen die Unternehmen Unterstützung. Wir wollen, dass sie diese auch bekommen und dass die Erfolge des Ihnen bekannten, allerdings sehr kleinteilig angelegten Modellprojektes Pate für ein echtes Förderprogramm des Landes stehen. Wir meinen, dass die im Rahmen des Projektes „Guter Gastgeber – Guter Arbeitgeber“ entwickelte Idee zur Stärkung der ganzjährigen Beschäftigung durch einen sogenannten Saisonzuschuss durch die Landesregierung aufgegriffen und in ein längerfristig angelegtes Förderprogramm einfließen sollte.

(Susann Wippermann, SPD: Was kostet das?)

Die Grundüberlegung ist dabei …

(Andreas Butzki, SPD: Was kostet das?)

Dazu komme ich noch.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der SPD)

Die Grundüberlegung ist dabei, dass die Arbeitgeber für den Zeitraum der Nebensaison

(Glocke der Vizepräsidentin)

eine anteilige Förderung der Lohnkosten in Höhe von 40 Prozent erhalten können, wenn sie im Gegenzug vormals saisonal Beschäftigte ganzjährig einstellen. Dadurch werden sie überhaupt erst einmal in die Lage versetzt, neue, die Saison verlängernde Maßnahmen und Angebote zu unterbreiten und auszuprobieren.

Neben den Arbeitgebern, die 60 Prozent der Lohnkosten zahlen, sollen sich aber auch die Beschäftigten einbringen. Diese erarbeiten aufgrund der Anforderungen während der Hauptsaison häufig Überstunden in nicht unbeträchtlichem Umfang. Zur Förderung ganzjähriger Beschäftigung sollen diese dann nicht mehr ausgezahlt, sondern in ein Arbeitszeitkonto eingezahlt und gesammelt werden.

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Das Programm soll über fünf Jahre laufen. Während dieser Zeit sind die teilnehmenden Unternehmen verpflichtet, sich neue, innovative Möglichkeiten mit dem Ziel zu erschließen, ihre Beschäftigten nach Auslaufen der Förderung dann auch dauerhaft anzustellen.

Was ein solches Förderprogramm am Ende des Tages kosten würde, hängt natürlich von den Teilnehmerzahlen ab. Auf der Basis des Berechnungsmodells aus dem Modellprojekt lassen sich auch die Kosten ermitteln. Ich will zwei Zahlen nennen, aber die sind natürlich nicht in Stein gemeißelt. Im Falle von 1.000 Beschäftigten ergibt sich ein jährlicher Finanzbedarf von etwa 3,2 Millionen Euro. Bei 2.000 Beschäftigten würden die Kosten folglich bei etwa 6,4 Millionen Euro liegen. Auf diese Weise hätte man dann etwa 20 bis 25 Prozent der Betroffenen erreicht.

(Zuruf von Andreas Butzki, SPD)

Für uns wichtig ist allerdings, dass wir mit dem Programm keine Niedriglöhne subventionieren wollen. Ich hatte eingangs etwas dazu gesagt, warum sich die Situation mit Blick auf die Fachkräftebedarfe so schwierig gestaltet. Es wäre daher absurd, wenn wir das Thema Saisonbeschäftigung angehen würden, ohne auf eine tarifliche oder mindestens tarifgleiche Bezahlung Wert zu legen.

Ich weiß, dass die Landesregierung es lieber hätte, wenn das Thema auf der Bundesebene beackert würde. Mir ist auch bekannt, dass noch bis Januar 2019 in RheinlandPfalz ein weiteres Modellprojekt läuft, welches anschließend noch evaluiert werden soll. Grundsätzlich hat sich die Bundesregierung aber offenbar darauf festgelegt, zunächst nichts zu tun, was uns bei dem Thema hier aktuell weiterhelfen könnte. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage unserer

Bundestagsfraktion, die mit uns abgestimmt erarbeitet wurde, auch ganz klar hervor. Ich möchte Ihnen den entscheidenden Satz daher nicht vorenthalten: „Die Bundesregierung beabsichtigt derzeit keinerlei neue Maßnahmen, um die ganzjährige Beschäftigung in Betrieben zu fördern, die saisonalen Schwankungen unterliegen.“

Und weil das so ist, müssen wir unsere Hausaufgaben alleine machen, was angesichts der hierzulande höchsten Betroffenheit aus unserer Sicht ohnehin angezeigt ist. Ich betrachte unseren Antrag als Diskussionsangebot und fände es gut, wenn wir das Thema im Wirtschaftsausschuss noch tiefgründiger erörtern könnten. Ich möchte bitten, das dann auch gleich als Antrag zu verstehen. Damit böte sich im Übrigen auch die Möglichkeit, die am Modellprojekt beteiligten Partner an den Tisch zu holen und deren Erfahrungen in die weiteren Diskussionen einfließen zu lassen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 120 Minuten vorzusehen.

(Andreas Butzki, SPD: Sollten wir auch ausschöpfen!)

Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Ums Wort gebeten hat der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit Herr Glawe.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mecklenburg-Vorpommern ist und bleibt das Urlaubsland Nummer eins in Deutschland. Das hat die ITB auch noch mal bestätigt. Wir haben Wachstum, wir haben sinkende Arbeitslosenzahlen und die Beschäftigungen gehen zahlenmäßig nach oben. Ich verweise auf die heutige Arbeitslosenzahl von 7,4 Prozent, der niedrigste Wert seit 1990. Sie sehen, im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern gibt es mehr sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse

(Henning Foerster, DIE LINKE: Das hat aber erst mal nichts mit Saisonbeschäftigung zu tun.)

und damit wird die Konjunktur weiter nach oben gehen.

In unserem Bundesland geht es natürlich auch um die Frage, wie wichtig das Hotel- und Gaststättengewerbe für Mecklenburg-Vorpommern ist. Sie wissen, dass zufriedene Gäste eben auch gut bedient werden wollen, dass der Service stimmen muss und dass wir in besonderer Weise saisonale Effekte haben, einerseits deutlich mehr Beschäftigte im Sommer sowie in der Vor- und Nachsaison, und nach Weihnachten bis März ist es etwas schwieriger in unserem Land.

Die entscheidende Frage ist, hier müssen, wenn Forderungen nach ganzjähriger Beschäftigung aufgemacht werden, auch die Sozialpartner sich einbringen, also Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Dazu gehören eben auch die Gewerkschaften.

(Henning Foerster, DIE LINKE: Das ist richtig.)

Wir haben das Modellprojekt hier im Land MecklenburgVorpommern gehabt. Es ist richtig beschrieben worden, 40 Prozent Zuschuss, um ganzjährige Beschäftigung sicherzustellen. Ich glaube aber, dass allein bundesweit eine Zahl von 100 Millionen Euro im Raum steht. Das müsste DIE LINKE dann auf der Bundesebene mal durchsetzen. Das könnten Sie vielleicht, Herr Foerster,

(Henning Foerster, DIE LINKE: Werden Sie mal nicht polemisch!)

mal Ihrer geliebten LINKEN im Deutschen Bundestag mitteilen. Um die Fachkräftebedarfe in Mecklenburg-Vor- pommern zu quantifizieren, da müssen wir, denke ich, noch mal ein Gespräch führen mit Gewerkschaften und Beteiligten und mit den Arbeitgebern, um die Dinge zu diskutieren. Aber heute sehe ich keinen Anlass, jetzt Zugeständnisse zu machen, die über den Finanzrahmen des Haushaltes des Landes Mecklenburg-Vorpommern hinausgehen. Das sind zusätzliche Dinge, über die wir gerne bei mir im Ministerium reden können. Aber heute kann ich den Fraktionen nur empfehlen, diesen Antrag der LINKEN abzulehnen. Er ist sozusagen nicht entscheidungsreif. – Danke.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Vielen Dank, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Herr Obereiner.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag der LINKEN zielt darauf ab, den als Modellprojekt eingeführten Saisonzuschuss in ein Dauermodell zu verwandeln. Wir dagegen sehen es so, dass die Gewinnung von Arbeitskräften in erster Linie Aufgabe der Unternehmen selbst ist,

(Andreas Butzki, SPD: Das stimmt.)

und Geschäftsmodelle, die auf eine dauerhafte Subventionierung abzielen, sind halt nicht tragfähig.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Anschubfinanzierungen sind natürlich möglich. Das macht die Landesregierung auch. Flankierende Maßnahmen gehen natürlich auch: Digitalisierung vorantreiben, touristische Infrastruktur stärken.

In einer Kleinen Anfrage der LINKEN – ich meine, das war im Juni letzten Jahres von Herrn Holter –, da kam als Antwort von der Landesregierung zurück, dass das insgesamt 8.000 bis 10.000 Beschäftigte in der Tourismusindustrie in Mecklenburg-Vorpommern betrifft. Allerdings sagt selbst die DEHOGA, dass die Sommer- und die Nebensaison sich immer mehr ausweiten. Die DEHOGA plädiert für eine vermehrte Nutzung von Jahresarbeitszeitkonten, gegebenenfalls auch für eine Flexibilisierung der Höchstarbeitszeit.

Wir lehnen dieses Subventionsprogramm ab, insbesondere auch wegen der zu befürchtenden Mitnahmeeffekte. Zum anderen würde dort auch nur Landesgeld aufgewendet, während die Einsparungen in der Arbeitslosenversicherung, also auf der Bundesebene, eintreten wür

den. Also der Antrag gehört eigentlich in den Bundestag, insofern ist das hier nur ein Schaufensterantrag. – Danke.