Warum, warum kann man nicht einfach mal nachdenken und wenigstens die Seiteneinsteiger, die schon da sind, weil schon beworben, weil schon eingestellt, in den letzten drei Ferienwochen weiterbilden? Warum in den ersten drei Schulwochen? Wer sich das ausgedacht hat, der muss nicht wissen, was in den ersten drei Schulwochen an einer Schule passiert.
Da ist nicht Ringelpiez mit Anfassen, da ist Unterricht, da ist Kennenlernen der Klassen, da ist Kennenlernen der Klassenlehrer, da sind Elternversammlungen und, und, und, und.
Sehr geehrte Damen und Herren, eine Lösung des Problems ist diese Flickschusterei angesichts des Lehrermangels jedenfalls nicht. Offenbar fehlen immer noch tragfähige Konzepte, und das, obwohl derzeit absehbar
ist und auch schon längere Zeit absehbar war, dass wir künftig auf Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger angewiesen sind. Aber bis die Landesregierung endlich diese Realität zur Kenntnis nimmt und die Lehramtsausbildung so gestaltet und personell so ausstattet, dass Lehramtsstudierende ihr Studium auch effektiv und in der Regelstudienzeit absolvieren können, ziehen noch Jahre ins Land.
Auch deshalb geht der vorliegende Antrag der Bürger für Mecklenburg-Vorpommern in die richtige Richtung. Es ist ein erster Schritt, der aus unserer Sicht aber zu kurz gesprungen ist, weil „Schulungen“, „fachliche Schulungen“ hört sich für uns so ein bisschen als NebenbeiVeranstaltung an. Deshalb schlagen wir vor, dass alle Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger – wie in vielen anderen Bundesländern üblich – einen Vorbereitungsdienst absolvieren müssen, und zwar ohne Ausnahme. Die rechtlichen Möglichkeiten haben wir in Paragraf 3 der Lehrbefähigungsanerkennungsverordnung und die müsste jetzt nur auf alle Seiteneinsteiger ausgeweitet werden.
Und auch die Kapazitäten zur Ausbildung der Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger in den Vorbereitungsdienst sind vorhanden, denn jährlich bleiben mehrere Hundert Referendarstellen unbesetzt. Im Februar 2016 waren es 227 unbesetzte Stellen, ein Jahr später 213 und am 1. August dieses Jahres sind es 315 freie Referendarstellen. Sie sehen, es wäre möglich, in Mecklenburg-Vorpommern den Weg zu gehen, den andere Bundeländer längst eingeschlagen haben.
Durch eine dreimonatige Grundausbildung und durch einen Vorbereitungsdienst geben wir den Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteigern das nötige Wissen und vor allem die pädagogischen Grundlagen. Eine Schmalspurausbildung, eine Lehrerschnellbesohlung, wie man es auch immer bezeichnen möchte, können wir uns nicht leisten. Dafür haben wir eine zu hohe Verantwortung im Bereich der Bildung, eine zu hohe Verantwortung für die Kinder und für die Jugendlichen.
Und man kann auch nicht davon ausgehen, dass jeder Lehrer kann. Jeder Lehramtsstudent, jede ausgebildete Lehrerin und jeder Lehrer muss sich doch auch ein bisschen vorgeführt vorkommen, wenn man sagt, wir machen das jetzt mal alles so nebenbei, alles in einer wesentlich abgespeckteren Variante. Die fragen sich doch, warum habe ich Lehramt studiert!
Und Zukünftige fragen sich, ich muss doch kein Lehramt studieren, ich mache irgendwas anderes. Wenn ich nachher keine Arbeit kriege, dann werde ich Lehrer, werde ich so oder so.
Dem Berufsbild, dem Berufsbild trägt es nicht bei. Lehrer sein ist ein fantastischer Beruf und mit ganz, ganz hohen Anforderungen verbunden. Dem müssen wir Rechnung tragen, und da ist es nicht zu viel verlangt, dass wir die Referendare ausbilden und dass wir die Seiteneinsteiger genau wie die Referendare ausbilden, dass sie einen 18monatigen Kurs haben müssen. Das machen andere Bundesländer, und wir können doch nicht sagen, nö, das
machen wir nicht, das ist zu kompliziert, da würden die vielleicht nicht kommen. Wir brauchen aber die ausgebildeten Seiteneinsteiger, die, die wissen, wie ich unterrichte. Die quälen sich zum Teil auch. Es ist nicht nur so, dass die Schüler dann eventuell mit falschen Sachen nach Hause gehen, was immer mal passieren kann, was auch nicht schlimm ist. Aber wenn sie begleitet und ausgebildet werden, haben sie die Chance, und zwar kurzzeitig, in eineinhalb Jahren wirklich diese Fehler zu vermeiden oder eben diese Fehler auch gar nicht erst zu machen.
Wir dürfen Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger nicht besserstelle, als Lehramtsstudierende. Das ist unmöglich. Wir brauchen eine Qualifizierung für alle Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger, denn wir brauchen sie, und daran sollten wir uns messen lassen, dass wir sie nicht ganz schnell ausbilden, sondern wirklich grundständig. – Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich werde mal mein Redemanuskript jetzt beiseitelegen und vielleicht einige Dinge hier versuchen klarzustellen. Ich fand es erst mal sehr gut, dass Herr Wildt das sehr sachlich und sehr ordentlich hier vorgetragen hat, und wir versuchen gemeinsam, nach Lösungen zu suchen.
Die Qualifizierung der Seiteneinsteiger ist natürlich ein ganz wichtiger Punkt. Wir haben hier gehört, wir brauchten über 600 Lehrerstellen, und das haben wir mit ausgebildeten Lehrkräften nicht schaffen können. Es wird der Landesregierung und der Regierungskoalition Untätigkeit vorgeworfen. Es ist nicht so! Wir haben die Anzahl der Studienplätze wesentlich erhöht. Aber was soll die Landesregierung machen, wenn kein einziger Student zur Verfügung steht, ein Mathematik- oder Physikstudent, ich sage es mal insgesamt, der die MINT-Fächer irgendwie studiert, sondern er studiert reine Biologie? Das ist natürlich eine Riesenschwierigkeit.
Und ja, wo wollen wir denn die Mathematiklehrer herbekommen? Da müssen wir natürlich jetzt irgendwie Lösungen finden. Eine Lösung sind in dem Fall die Seiteneinsteiger, und es gibt solche und solche Erfahrungen. Ich habe vor Kurzem mit einer Biologin gesprochen, die jetzt in den Schuldienst reingeht. Die ist fachlich top ausgebildet und braucht jetzt natürlich das pädagogische Rüstzeug. Und jetzt kann man natürlich darüber diskutieren, wie sie das pädagogische Rüstzeug bekommt. Die Ministerin hat unser Verfahren hier dargestellt, das habe ich mir auch alles aufgeschrieben, aber das werde ich jetzt nicht wiederholen.
Aber in der Hinsicht gebe ich Herrn Wildt recht, der hat jetzt einen ganz konkreten Vorschlag gemacht. Deswegen werden wir heute diesem Antrag nicht zustimmen, aber ich sichere Ihnen zu, dass wir auch als Fraktion eine Evaluierung verlangen
wie im nächsten Jahr die Ausbildung der Seiteneinsteiger vonstattengeht. Also das sichere ich Ihnen jetzt als schulpolitischer Sprecher unserer Fraktion zu.
Und wir können doch nicht alle Seiteneinsteigern und Seiteneinsteigerinnen über einen Kamm scheren. Bei mir an der Schule ist eine ehemalige Russischstämmige, die hat einen Deutschen geheiratet, eine ausgebildete Lehrerin.
Diese Lehrerin hat aber keine Anerkennung bekommen, weil Russland nicht in der EU ist. Sie hätte im Prinzip entweder das ganze Erste und Zweite Staatsexamen nachholen sollen oder sie geht über die Seiteneinsteigerqualifizierung.
(Peter Ritter, DIE LINKE: Um ausländische Berufsabschlüsse kämpfen wir seit Jahren mit dieser Regierung.)
Sie hat diesen Weg gewählt, weil sie nebenbei auch Familie und weiß ich was hat und nicht extra noch mal nach Greifswald oder Rostock zum Direktstudium gehen kann,
(Peter Ritter, DIE LINKE: Das haben wir hier schon tausendmal beantragt. Das haben Sie schon tausendmal abgelehnt.)
Es gab Ingenieurberufe und dergleichen, aber auch da muss drüber diskutiert werden. Die Seiteneinsteiger kommen mit so vielen unterschiedlichen Voraussetzungen. Manche haben einen Hochschulabschluss, das ist vergleichbar mit der ersten Staatsprüfung, aber fachlich da.
Ich finde jetzt auch sehr abenteuerlich, vorher, in der letzten Legislatur, haben wir immer vom Fleischerlehrling
gesprochen, der in die Klasse gegangen ist. Jetzt hören wir vom Hobbyarzt, der Chirurg oder was weiß ich, vom Hobbystudenten, der Chirurg werden will. Man soll dann …