Protokoll der Sitzung vom 13.09.2018

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE und Bernhard Wildt, BMV)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann verfahren wir so. Ich eröffne die Aussprache.

Ums Wort gebeten hat zunächst die Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Frau Hesse, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eigentlich hatte ich mich gefragt, nachdem nach unserer Kabinettssitzung, wo ich das Kabinett sehr umfangreich über die Kommission informiert habe, Entsprechendes auch in eine Pressemitteilung geflossen ist, warum Herr Koplin, warum die Fraktion DIE LINKE diesen Antrag aufrechterhält, weil eigentlich kann man gegen das, was wir hier tun, überhaupt nichts haben. Es wird eine unabhängige Expertenkommission eingesetzt, die die Fragestellungen untersuchen soll, die Herr Koplin gerade selber genannt hat.

Ich möchte Ihnen aber Folgendes sagen – das hat mir eben dieser Wortbeitrag von Herrn Koplin sehr deutlich gezeigt, und ich bin froh, einmal sehr öffentlich darauf reagieren zu dürfen –: Das, Herr Koplin, was Sie jetzt gemacht haben und was Sie in der Vergangenheit gemacht haben, ist Rufschädigung der Unimedizin Rostock.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Skandale aufgreifen ist Rufschädigung?)

Ich begründe das. Ich begründe das. Es ist eine Rufschädigung, wenn man Dinge behauptet, ohne sie zu prüfen, wenn man sich nicht auf Fakten konzentriert,

sondern Gehörtes ungeprüft weitergibt. Und das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist nicht in Ordnung, das diskreditiert den Ruf der Unimedizin, das diskreditiert die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Unimedizin in Rostock, und das möchte ich hier ganz deutlich sagen.

(Henning Foerster, DIE LINKE: Ich wäre da vorsichtiger.)

Was haben wir gemacht? Ich möchte das auch begründen, warum ich an dieser Stelle relativ deutlich werde. Selbstverständlich gibt es Vorwürfe, das will ich überhaupt nicht leugnen und abstreiten, und selbstverständlich gibt es Vorwürfe, denen man konsequent nachgehen muss. Das hat der Aufsichtsrat auch getan. Nun liegt es aber in der Natur eines Aufsichtsrates, dass er seine Arbeit nicht sofort an die Presse weitergibt und vor allen Dingen auch nicht, wenn Fakten oder Behauptungen noch nicht geprüft sind, die sofort weiterzugeben.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das sieht Herr Maaßen etwas anders.)

Insofern, und das möchte ich auch an dieser Stelle sagen, gab es ganz konkrete Untersuchungen und gibt es noch zu den Vorwürfen, die im Raum stehen. Wir haben zwei große renommierte Anwaltskanzleien, einmal aus dem Bereich des Strafrechts und einmal aus dem Bereich des Arbeitsrechts, einbezogen, um alle Vorwürfe, die aufgekommen sind, auch zu prüfen.

Herr Koplin, Sie sind umfangreich von meinem Staatssekretär im Finanzausschuss dazu informiert worden, und ich finde es schon ziemlich anmaßend, wenn Sie sich hier hinstellen und das negieren.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Ich möchte auch eins ganz deutlich sagen: Der Aufsichtsrat hat fest normierte Aufgaben im Landeshochschulgesetz und diesen Aufgaben kommt er auch nach.

Das Zweite ist die Kommission, die wir jetzt einsetzen, weil wir eben gemerkt haben – und da, Herr Koplin, freue ich mich, dass Sie dazu eine ähnliche Einschätzung haben wie ich –, dass es darüber hinaus weitere Fragestellungen gibt, die nämlich darüber hinausgehen, was ein Aufsichtsrat prüft. Deswegen habe ich in Rücksprache mit vielen Experten mich dazu entschieden, zu sagen, ich möchte so ein unabhängiges Expertengremium einsetzen, um genau solche Fragestellungen auch bewerten zu lassen. Und deswegen bin ich sehr froh, dass wir jetzt sechs Mitglieder dieser Kommission gefunden haben, die, glaube ich, eine Expertise haben, die sehr dazu geeignet ist, unabhängige Empfehlungen zu erarbeiten. Ich möchte sie gerne noch einmal nennen, damit wir auch wissen, welches Expertengremium hier wirklich zum Tragen kommt:

Den Vorsitz hat Dr. Harald Terpe, selber Oberarzt und an der UMR tätig, jahrelang auch im Bundestag für den Bereich Gesundheitswesen tätig.

Der Zweite ist der ehemalige Bremer Staatsrat für Gesundheit Dr. Hermann Schulte-Sasse, selber Internist und ehemaliger Abteilungsleiter des Bundesgesundheitsministeriums und damals mit zuständig für die Einführung des DRG-Systems. Ich habe mich neulich mit ihm lange unterhalten und er hat mir noch mal gesagt,

die Einführung des DRG-Systems diente nicht dazu, die Ökonomisierung weiter voranzutreiben, sondern diente dazu, die Transparenz zu schaffen. Ich finde, das muss man dann auch berücksichtigen. Dass das jetzt anders ausgelegt wird, das ist eine Fragestellung, mit der man sich befassen muss.

Weiteres Mitglied, und ich bin sehr froh darüber, dass sie sich bereit erklärt hat mitzuarbeiten, ist Hedwig FrançoisKettner, Vorsitzende des Aktionsbündnisses Patientensicherheit und ehemalige Pflegedirektorin der Charité. Damit bringen wir auch den Aspekt der Pflege und vor allen Dingen auch den Aspekt des Patientenwohls mit in diese Kommission.

Viertes Mitglied ist Dr. Brunhilde Seidel-Kwem, Kaufmännischer Vorstand des Universitätsklinikums Jena, Professor Dr. Karsten Gaede, Inhaber des Lehrstuhls des deutschen, europäischen und internationalen Strafrechts, einschließlich Medizin-, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht an der Bucerius Law School in Hamburg, und last, but not least für den wissenschaftlichen Teil Herr Professor Dr. Reiner Biffar von der Universitätsmedizin Greifswald.

Sie sehen also, wir haben sehr viel Sorgfalt walten lassen, wie wir diese Kommission besetzen. Ich habe mich mit jedem Einzelnen persönlich lange unterhalten. Ich bin sehr überzeugt davon, dass sie alle wertvolle Beiträge leisten werden, wie wir unsere beiden Standorte, Greifswald und Rostock, die Universitätsmedizin zukunftsfähig ausstatten und ausrüsten werden. Ich glaube, das ist auch der richtige Weg, in Zeiten, wo eine Unimedizin so im Fokus steht, ihr ein Gremium an die Seite zu geben, das neben den Aufgaben des Aufsichtsrates auch diese ganzen Fragen, die Sie selber genannt haben, bearbeiten kann.

Ich finde es schon erstaunlich, dass Sie mir vorwerfen, ich würde dieser Kommission derartige Vorgaben machen, dass sie gar nicht die wichtigen Fragestellungen betrachten. Sie wissen doch gar nicht genau, wie die Aufgabenstellung dieser Kommission ist.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Das ist völlig intransparent.)

Hätten Sie einmal angefragt, hätte ich Ihnen gerne die Aufgabenbeschreibung gegeben, dann hätten Sie sich einen Teil Ihrer Rede sparen können, denn selbstverständlich wird diese Kommission auch die Zielvereinbarung überprüfen. Selbstverständlich wird diese Kommission sich genau die Vorgänge angucken, wie sie in der Unimedizin ablaufen. Selbstverständlich werden auch weitere Vorwürfe, die noch im Raum stehen, mit bewertet werden können. Selbstverständlich werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehört werden durch die Kommission. Dafür richten wir sie ja gerade ein.

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Kommission ersetzt eben nicht den Aufsichtsrat und gewisse Aufgaben werden auch nach wie vor beim Aufsichtsrat bleiben. Mir ist es persönlich wichtig, und das möchte ich an dieser Stelle ganz deutlich sagen – das ist auch abgestimmt mit der Ministerpräsidentin –, dass wir sehr wohl als Landesregierung sehr stark darauf fokussieren werden, Patientenwohl steht vor Ökonomisierung.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Zum Verfahren – und, Herr Koplin, deswegen weiß ich gar nicht, warum Sie sich so aufregen –: Diese Kommission wird Empfehlungen erarbeiten. Diese Empfehlungen werden selbstverständlich zunächst einmal bei mir anfallen, beziehungsweise ich werde sie zunächst einmal entgegennehmen. Es wird Zwischenberichte geben, es wird Abschlussberichte geben, und es ist doch ein Selbstverständnis, dass dann auch der Landtag über solche Empfehlungen beraten wird. Also wo ist das Problem?

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Das wurde bisher nicht gesagt von Ihnen.)

Das ist doch genau der richtige Weg. Aber es muss doch jetzt erst mal die Möglichkeit sein, dass diese Kommission auch tatsächlich arbeitet.

Und das ist mir auch unheimlich wichtig, hier die Gelegenheit noch einmal zu nutzen: Glauben Sie mir, die Situation an der Unimedizin Rostock ist gerade für die vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht einfach und die leisten unabhängig von all dem, was Herr Koplin hier gerade vorgetragen hat, und den Vorwürfen, die im Raum stehen, gute Arbeit zum Wohle der Menschen, zum Wohle der Patientinnen und der Patienten.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Egbert Liskow, CDU)

Es herrscht eine große Verunsicherung.

Ich möchte hier auch die Gelegenheit nutzen, weil ich hatte unlängst ein Gremium der Unimedizin Rostock bei mir am Tisch, da war sowohl die Pflege vertreten als auch der Personalratsvorsitzende, die haben das alle noch mal vorgetragen und gesagt, wir bitten darum, dass man uns, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Unimedizin Rostock, den Rücken stärkt und dass man nicht alles schlechtredet, was hier passiert, denn die medizinische Versorgung an der Unimedizin Rostock ist sichergestellt,

(Henning Foerster, DIE LINKE: Wenn man Fragen stellt, ist man hier schlecht.)

und ich danke den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für diese gute Arbeit. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Egbert Liskow, CDU)

Für die Fraktion der AfD hat jetzt das Wort der Abgeordnete Dr. Jess.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Landsleute und liebe Gäste! Die Ministerin hat eine Kommission einberufen und wir haben es heute gehört oder wir haben es eben gerade ausführlich dargestellt bekommen, es ist offensichtlich ein Bedarf gewesen, Frau Hesse, dass Sie gesagt haben, diese Kommission benötige ich. Als ich das gelesen habe, muss ich sagen, da haben sich mir drei Fragen gestellt.

Die erste Frage war – Stichwort „Ökonomisierung“ –, es wurde angesprochen in der Pressemitteilung, dass Ihnen sozusagen die Aussage in den Mund gelegt wurde, die Ökonomisierung darf nicht vor dem Patientenwohl ste

hen. Ich glaube, da stehen wir wohl alle hinter, und wir haben das auch oft genug angesprochen in verschiedensten Gremien, dass das DRG-System eben gerade der Motor dieser Ökonomisierung war. Das kann man einfach nicht leugnen. Ich will auch gar nicht sagen, dass das DRG nicht notwendig war, aber wir sind jetzt in einer Situation angekommen, wo es wirklich gilt, dieses neu zu überprüfen.

Herr Koplin hat hier sehr engagiert vorgetragen, welche Auswirkungen das unter Umständen haben kann, und das darf man ihm jetzt auch nicht vorhalten, wenn es auch manchmal etwas sehr emotional rüberkam, aber ich halte es schon für wichtig, dass wir darüber reden. Bloß, wenn ich jetzt die beiden Universitätsmedizinen betrachte, dann, muss ich sagen, ist das eigentlich zu kurz gegriffen, denn diese Kommission müsste sich nicht nur die Universitätsmedizin in Rostock und Greifswald anschauen, sondern sie müsste sich das Gesundheitswesen insgesamt anschauen,

(Egbert Liskow, CDU: Ja, weltweit!)

weil nämlich die Ökonomisierung nicht nur die Universitätsmedizinen betrifft, sondern alle Krankenhäuser und das gesamte Gesundheitswesen. Also wäre hier die Frage zu stellen, ist das nicht zu kurz gesprungen, wenn man diese Ökonomisierung in den Blick nimmt.

Zweites Stichwort, der „Anlass für die Kommission“. Frau Hesse, Sie haben es ausgeführt, dass eigentlich der Anlass für die Kommission die Vorgänge an der Universitätsmedizin in Rostock waren, gerade im Zusammenhang mit dem ärztlichen Vorstand und den Dingen, die wir da in der Sommerpresse lesen und erfahren durften. Da stellt sich allerdings für die Mitarbeiter und für den Vorstand der Universitätsmedizin in Greifswald die Frage, wieso werden wir jetzt eigentlich in Sippenhaftung genommen, denn ich sage mal, dort gibt es derartige Vorgänge meines Wissens nicht, die wirtschaftliche Situation der Universitätsmedizin Greifswald ist auf einem guten Wege, und es ist ja nicht so, dass diese Kommissionen nun keine Arbeit machen. Das heißt also, die freuen sich nicht unbedingt darauf, dass jetzt jemand kommt und alles unter die Lupe nimmt. Das bindet Kapazitäten. Ich bin der Meinung, man sollte dann auch gezielt die Kommission dort einsetzen, wo der eigentliche Bedarf besteht. Wenn das so ist, wie Sie es beschrieben haben, ist das eigentlich die Universitätsmedizin in Rostock, und dann sollte man die Kommission auch dort einsetzen.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Drittes Stichwort, „Aufgaben und Zielstellung der Kommission“. Wir waren ja alle sehr gespannt darauf, wer wird Mitglied dieser Kommission sein. Sie haben das Tuch heute gelüftet. Ich glaube, das sind sicher kompetente Kommissionsmitglieder, da kann man schon Vertrauen haben. Insofern, Herr Koplin, Ihr Antrag geht so ein bisschen in die Richtung, dass Sie misstrauisch sind, ob diese Kommission denn auch wirklich diese Arbeit verrichten kann, die Sie erwarten, und diese Aufgaben erfüllen kann, die Sie erwarten. Das würde ich in diesem Falle nicht haben, sondern ich würde sagen, okay, diese Kommission muss erst mal ihre Arbeit machen.

Was allerdings aus meiner Sicht nicht fehlt, und das haben Sie eben, Frau Hesse, selbst angesprochen, welche Aufgaben hat denn diese Kommission, welche Ziel

orientierung hat diese Kommission. Und da wäre es schon wichtig, dass wir mal erfahren, wo soll denn das hingehen.

Nun aber zum wirklichen Antrag, über den wir heute sprechen, nämlich zum Antrag der Fraktion DIE LINKE. Sie fordert im Grunde die Landesregierung auf, sicherzustellen, dass jede Fraktion ein Mitglied in diese Kommission entsendet. Da muss ich sagen, damit tritt automatisch eine Politisierung dieser Kommission ein, und ich kann diesem Vorschlag eigentlich auch nicht folgen oder wir können diesem Vorschlag nicht folgen,

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Das ist schlecht.)