Zum einen halten wir es grundsätzlich für falsch, wenn Nichtregierungsorganisationen sich zu Großgrundbesitzern aufschwingen, und zum anderen ist es, wie bereits erwähnt, eine Unverschämtheit gegenüber dem Steuerzahler, den Flächenerwerb des NABU auch noch mit Steuermitteln zu bezahlen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ausgangspunkt des Antrages der Fraktion der BMV ist die Absicht der Stadt Anklam, die Flächen des Anklamer Stadtbruchs zu verkaufen. Der Erlös soll der Finanzierung von Investitionen dienen. Dabei ist in der Vergangenheit –und offensichtlich nicht nur in der Vergangenheit – eine Debatte über die zulässige Verwendung des Kauferlöses bereits geführt worden. Das ist an dieser Stelle aber von untergeordneter Bedeutung.
Interessant ist zunächst vielmehr die geplante Kaufabwicklung. In der Berichterstattung im „Nordmagazin“ am 15.06. war von einem Kaufpreis von circa 3 Millionen Euro bei 90-prozentiger Förderung durch das Land die Rede. Und auch, wenn in der Antwort auf meine Kleine Anfrage 7/2286 vom 20.07. darauf verwiesen wird, dass ein Kaufpreis noch nicht feststeht, so kommt diese Summe ja nicht aus einem luftleeren Raum und wurde offiziell auch nicht dementiert.
Eine Grundlage für die Beschlussfassung zum Verkauf in der Anklamer Stadtvertretung war ein Wertermittlungsgutachten mit Stichtag 01.01.2017, das einen Wertansatz von 0,48 Euro pro Quadratmeter auswies. Rechnen wir einmal durch: Das bedeutet 4.800 Euro pro Hektar, und 4.800 Euro pro Hektar mal 1.130 Hektar Projektfläche ergibt 5,424 Millionen Euro. Diese Diskrepanz von immerhin 2,4 Millionen Euro ist es unter anderem, die Spekulationen in der Region nährt, dass es Nebenabreden in Form von Fördermittelzusagen geben muss, was natürlich nicht zulässig wäre.
Aber rechnen wir auch hier einmal. Und zwar habe ich alle Zahlen, mit denen ich jetzt rechne, nur der medialen Berichterstattung entnommen, sprich, ich habe die gleichen Informationen wie alle, die gerne über diese Diskrepanzen diskutieren:
Ich will mich an den Spekulationen über Nebenabreden nicht beteiligen, erwarte aber wie viele andere auch, dass die Landesregierung zeitnah vergleichbare Städte mit
Zudem sollte die Fläche – und hier widerspreche ich dem Minister – zumindest öffentlich ausgeschrieben werden, um den Verkauf mit der nötigen Transparenz zu vollziehen.
Ich will auch nicht verhehlen, dass die Förderzusage des Landes – ob nun 90 Prozent von 3 Millionen Euro oder 90 Prozent von 5,4 Millionen – vielen in der Region unverständlich ist, weil für andere wichtige Dinge das Geld fehlt. Nur zwei Beispiele: Die Kita in Boock müsste dringend saniert werden, es fehlen circa 60.000 Euro. Und für die seit Längerem kaputte Heizung in der Turnhalle der Grundschule Mewegen ist es noch weniger. Es gibt auch dafür ein EU-Förderprogramm, das ebenfalls im Landwirtschafts- und Umweltministerium ressortiert. Aber die Antragsliste im Landkreis Vorpommern-Greifswald ist so lang, dass nur ein Bruchteil der Anträge, die dort gestellt werden, positiv beschieden werden kann. Wenn also die NABU-Stiftung das in Rede stehende Gebiet auch ohne Förderung kaufen würde – und genau das, das ist ja hier auch beschrieben worden, hat sie in Bugewitz gesagt –, warum schichten wir nicht die dann für den Kauf nicht benötigten Mittel zugunsten der Sanierung von Kitas und Schulen im ländlichen Raum um?
Es bestünde für die NABU-Stiftung zudem die Möglichkeit, über Ökokontierung einen Teil des Kaufpreises zu refinanzieren. Das hätte zusätzlich den Vorteil, dass man so vor dem Hintergrund der zunehmenden Flächenverknappung für Ausgleichsmaßnahmen für Eingriffe in die Natur – ich meine insbesondere in marine Strukturen, denn darüber haben wir ja auch schon bei Nord Stream 2 heftig diskutiert – Vorsorge treffen könnte. Aber – und das ist mir beim Antrag der BMV wesentlich zu kurz gekommen – der Kauf soll der Umsetzung eines Projektes zur naturschutzfachlichen Aufwertung des Anklamer Stadtbruchs dienen.
Das vorgestellte Projektziel scheint vernünftig. Von daher werde ich es im Folgenden vor dem Hintergrund des durch die CDU erarbeiteten Positionspapiers zur Wiedervernässung beleuchten. Eine unserer Forderungen ist die umfassende, zeitnahe und fortlaufende Information der Betroffenen. Es hat, wir haben es hier schon gehört, am 8. Oktober eine Einwohnerversammlung in Bugewitz gegeben, auf der Herr Schwill vom NABU das Projekt nebst akzeptanzsteigernden Maßnahmen vorstellte. Alles gut, könnte man meinen, aber die Qualität der Informationen war es nicht. Zum einen wurde vom NABU nicht einmal abschließend erklärt – und die Diskussion haben wir hier ja auch geführt –, ob es nur um eine längere Wasserhaltung im Gebiet oder auch um eine Wasserstandsanhebung gehen soll, obwohl, und ich zitiere jetzt mal aus der Projektbeschreibung des NABU: „Als zweite Maßnahme ist der Neubau einer Staueinrichtung im Flutgraben bei Zartenstrom vorgesehen. Dieser Stau soll auf circa 20 bis 30 Zentimeter über Mittelwasserniveau des Peene-Stroms eingestellt werden.“ Genau diese Frage stand in Bugewitz. Eine eindeutige Antwort des
Hydrologische Voruntersuchungen – auch das wurde hier gesagt, denn ich habe es ja auch erfragt –, geschweige denn ein Gutachten gibt es nicht. Das soll alles Bestandteil des Förderantrages sein, genau wie die Klärung der Frage, ob mit den geplanten Maßnahmen eine erfolgreiche Projektumsetzung überhaupt möglich ist. Und selbst die Frage, an welchen Stellen Wasser in das Projektgebiet einströmt oder abfließt, konnte zwischen NABU und Anwohnern nicht in jedem Fall einvernehmlich geklärt werden.
Mein Fazit: Nach dieser Information weiß kein Bürger, auch kein Gemeindevertreter, ob das Projekt zustimmungsfähig ist oder nicht.
umso mehr, als auch die Anklamer Stadtvertretung in der Projektskizze – und das war immerhin Entscheidungsgrundlage für die Zustimmung zum Verkauf der Flächen – falsch informiert wurde. Nachweislich liegt entgegen schriftlicher Zusicherung die Zustimmung aller weiteren Naturschutzinstitutionen, die ebenfalls Flächeneigentümer sind, nicht vor. Der Landkreis wurde bisher überhaupt noch nicht einbezogen, vielleicht auch, weil es dort fachliche Bedenken gibt.
Die geplante akzeptanzsteigernde Maßnahme „barrierefreie Aussichtsplattform“ riss auf der Einwohnerversammlung in Bugewitz die wenigsten vom Hocker, und die notwendige Erneuerung der Wege wurde skeptisch betrachtet, da die Unterhaltung zumindest langfristig nicht geklärt ist. Zu meiner Verwunderung erklärte eine Mitarbeiterin des LUNG, dass kleinere Unterhaltungsmaßnahmen vom Naturpark Flusslandschaft Peenetal abgesichert werden würden. Bei aller Unklarheit im Großen und Ganzen war dieses Detail schon geklärt, und das ganz ohne Wissen der beiden am Naturpark auch finanziell beteiligten Landkreise Vorpommern-Greifswald und Mecklenburgische Seenplatte.
Aber es kam noch besser: Auf meine Frage an den NABU, ob er sich auf eine Vereinbarung der Beweislastumkehr einlassen würde, verwies dieselbe Mitarbeiterin darauf, dass das Grundgesetz so etwas verbieten würde. Die Nähe von Antragsteller und Bewilligungsbehörde war jedenfalls keine akzeptanzsteigernde Maßnahme oder vertrauensbildende Maßnahme, und ich muss auch ganz ehrlich sagen, es hat mich ganz stark verwundert. Dass der NABU dann erklärte, so etwas nicht zu wollen, das hat mich nun wieder nicht verwundert.
Die Umkehr der Beweislast ist nicht ohne Grund eine Kernforderung unseres Positionspapiers und wäre die Nummer eins für alle Anwohner, wenn es um die Akzep
tanzsteigerung für Renaturierungsmaßnahmen geht. Der von uns ebenfalls geforderte Schutz durch Nutzung, in diesem Fall die von einem Anwohner angeregte Rohrwerbung, wurde vom NABU ebenfalls abgelehnt. Meine Frage, ob die Stiftung finanziell in der Lage wäre, für eventuelle Schäden einzustehen, wurde wie folgt beantwortet, ich zitiere: „Alle Maßnahmen sind reversibel.“ Zitatende. Manchmal sagt keine Antwort mehr als tausend Worte.
Was dem Ganzen aber die Krone aufsetzt, ist der Zeitplan zur Genehmigung des Projekts. Am 15.06. berichtete das „Nordmagazin“. Am 20.07. schreibt mir die Landesregierung in Beantwortung meiner Kleinen Anfrage, dass ein Fördermittelantrag noch nicht gestellt wurde, und bestätigt, dass zugesagt wurde, dass bei neuem Sachstand eine Information des Ausschusses – gemeint ist der Agrarausschuss – erfolgt. Am 23.08.2018 hat die Stadt Anklam den Verkauf des Anklamer Stadtbruchs beschlossen, mit Datum vom 31.08.2018 weist eine Maßnahmenbeschreibung des NABU eine Projektlaufzeit vom 01.11.2018 bis 31.12.2021 aus, auch wenn mir dieser Projektbeginn bei allem Wohlwollen der Bewilligungsbehörde unrealistisch erscheint.
Wir diskutieren heute, am 25. Oktober, also über ein Projekt, das offensichtlich von langer Hand vorbereitet wurde und bei dem eine Beteiligung des Landtages nicht gewünscht ist. Nach allen bisherigen Problemen mit Renaturierungsmaßnahmen und der Zusage, daraus gelernt zu haben, ist ein solches Vorgehen für mich vollkommen inakzeptabel.
Das alles scheint dann doch für eine Annahme des Antrages der BMV zu sprechen, aber erstens löst es die von mir geschilderten Probleme mit dem Projekt nicht, denn der NABU hat erklärt, auf jeden Fall kaufen zu wollen. Und zweitens macht man es sich zu leicht, wenn man etwas nur ablehnt. Deshalb möchte ich für meine Fraktion erklären, unter welchen Bedingungen wir uns die Umsetzung des geplanten Projektes vorstellen könnten:
Erstens. Vorgeschaltet werden umfangreiche Untersuchungen, ob und, wenn ja, wie das Projekt umgesetzt werden kann, ohne dass Eigentum Dritter in Mitleidenschaft gezogen wird.
Zweitens. Vorzugsweise erfolgt die Umsetzung der Maßnahme als Ökokontomaßnahme, da für Ausgleichsmaßnahmen für Investitionen insbesondere bei Eingriffen in marine Strukturen kaum noch Flächen zur Verfügung stehen und sich unser Land ausdrücklich für die Minimierung von Flächenverbrauch ausgesprochen hat.
Fünftens. Dem Prinzip „Schutz durch Nutzung“ wird Gleichrangigkeit bei der Variantenabwägung eingeräumt.
Und sechstens. Die Maßnahme wird nur bei Einverständnis aller Betroffenen und kommunalen Beteiligten, einschließlich Landkreis, umgesetzt.
Nur unter diesen Bedingungen – und das verkündige ich an dieser Stelle schon mal ganz persönlich, Sie wissen es ja – wird das Projekt nicht auf meinen altbekannten Widerstand treffen.
Und ich möchte noch etwas dazu sagen, dass es ja von uns einmal so viel Lob für Bargischow gibt. Dass ich meinen Widerstand in Bargischow aufgegeben habe, hat folgenden Grund: Die durch die Landgesellschaft aufgelegte Maßnahme ist planfestgestellt, und die Variante, die jetzt Nord Stream 2 angeboten hat, bietet für die Einwohner mehr Sicherheit, ganz einfach, weil Nord Stream auf die Deichschlitzung verzichtet, für 25 Jahre die Verantwortung übernommen hat und ganz offensichtlich aus meiner Sicht die Probleme vor Ort damit besser zu handhaben sind,