Herr Kollege, Sie wissen, dass wir das Werftenfinanzierungsgesetz auf den Weg gebracht haben. Da sind Bürgschaften fest geregelt, bis zu 400 Millionen Euro. Die Summe, die ich eben genannt hatte, ist die Summe, die eigentlich im politischen Raum, aber auch in der Öffentlichkeit bekannt ist, dass bis zu 375 Millionen durch das Land verbürgt werden können. Und der Bund hat erklärt, dass er sich mit derselben Summe dann auch über Bürgschaften des Bundes, also Ausreichungen des Bundes, mit derselben Bürgschaftshöhe beteiligen will. Daran hat er bis jetzt festgehalten und wir gehen davon aus, dass die Absprachen, die wir 2016 getroffen haben, weiter gelten.
Ich begrüße auf unserer Besuchertribüne Studierende der Fachhochschule Güstrow. Ich glaube, Sie haben sich ein spannendes Thema ausgesucht, das ich jetzt aufrufen werde, und zwar den Tagesordnungspunkt 14: Beratung des Antrages der Volksinitiative gemäß Artikel 59 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern – „FAIRE STRASSE – Volksinitiative gegen Straßenausbaubeiträge in Mecklenburg-Vorpommern“, Drucksache 7/2800.
Antrag der Volksinitiative gemäß Artikel 59 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern „FAIRE STRASSE – Volksinitiative gegen Straßenausbaubeiträge in Mecklenburg-Vorpommern“ – Drucksache 7/2800 –
Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 210 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste! Mal wieder liegt uns ein Tagesordnungspunkt vor, der nicht nur für Fachexperten und für Verwaltungsmitarbeiter von großem Interesse, sondern für nahezu alle Bürgerinnen und Bürger in unserem Land wichtig ist. Das Thema Straßenausbaubeiträge spaltet, das ist vollkommen unstrittig. Ich kenne ehrlich gesagt nur wenige Leute, die zu dem Thema selbst gar keine Meinung haben. Fast alle haben eine Meinung in die oder in die Richtung, so oder so.
Das Thema hat natürlich auch das Parlament erreicht und uns schon vielfach beschäftigt, heute auch dank der Initiative Tausender Bürgerinnen und Bürger in unserem Land. Dabei hantieren Medien, aber auch Politiker gerne mit Extrembeispielen, um für ihre jeweilige Position zu werben. Mögliche Forderungen von über 100.000 Euro werden dann mal schnell in den Raum geworfen, um Punkte zu machen bei denjenigen, die die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge wollen. Dabei war natürlich auch der Landesregierung und mir schon immer klar, dass die Straßenausbaubeiträge im Einzelfall Konstellationen hervorgebracht haben, bei denen jeder vernünftige Mensch nur den Kopf schütteln kann. Das ist, glaube ich, unstrittig.
Aber – und das habe ich hier im Parlament auch schon des Öfteren dargestellt – es gibt zu dieser Thematik nicht die rundum glückliche Alternative, definitiv gibt es die zu dieser Frage nicht, denn egal, wie man den Straßenausbau letztendlich finanzieren möchte, es gibt ihn nicht umsonst. Gemeinden, Hausbesitzer, Steuerzahler, irgendjemand muss am Ende das Portemonnaie ziehen oder sagen, wir wollen die Straßen nicht machen. Das ist die andere Alternative, aber ich glaube, das ist unstrittig, dass das keiner im Parlament wünscht. Dass das keine Begeisterungsstürme auslöst, weiß ich, aber „Wasch mir den Pelz und mach mich nicht nass“ läuft hier bei dieser Frage nicht. Und wenn wir ehrlich sind, ist das, glaube ich, auch jedem Abgeordneten, egal von welcher Fraktion, klar.
Trotzdem, der Weisheit letzter Schluss waren auch die Straßenausbaubeiträge in der vorhandenen Form noch nie. Hätten wir sie nach der Wiedervereinigung nicht aus dem Land Schleswig-Holstein abgeschrieben, wäre wahrscheinlich niemand auf die Idee gekommen, sie einzuführen. Aber auch bei den Alternativen mussten wir uns erst mal genau ansehen, an welchen Stellschrauben wir in dem komplexen Gebilde aus kommunaler, Kreis- und letztendlich auch aus Landesebene überhaupt drehen können, sodass möglichst alle Interessen berücksichtigt sind. Das haben wir in den vergangenen Monaten auch umfangreich getan und uns auf Eckpunkte verständigt, wie zukünftig kommunale Straßen in MecklenburgVorpommern finanziert werden sollen.
Als zuständiger Minister habe ich nun von der Regierungskoalition die Zielstellung erhalten, die Straßenausbaubeiträge in Mecklenburg-Vorpommern bis spätestens zum 1. Januar 2020 abzuschaffen und ihre Finanzierung solidarisch neu zu regeln. Darauf haben wir uns in der Koalition verständigt und ich danke allen Beteiligten, den beiden Fraktionsvorsitzenden der Koalition, den Regierungsvertretern, aber auch vor allem dem Finanzminister für die zielführenden Gespräche, denn ohne Geld ist das
Die genauen Details werden wir in den nächsten Wochen klären und abstimmen, aber ich bin zuversichtlich, dass wir hier aufgrund der klar festgelegten Eckpunkte auch schnell vorankommen. Leicht haben wir uns diesen Entschluss allemal nicht gemacht. So waren die Unzulänglichkeiten beim bestehenden System ja allseits bekannt. Es gab durchaus aber auch Vorteile, unter anderem halt eine gesicherte Finanzierung für die kommunale Ebene. Außerdem waren nur diejenigen von den Beiträgen betroffen, die tatsächlich etwas von dem Ausbau der Straßen vor ihrer Wohnungstür hatten und haben.
Auch die sogenannte Kannregelung hat in unseren Überlegungen eine Rolle gespielt. Als dauerhafte Lösung kommt sie aber nicht infrage, weil sie einfach die Kommunen spaltet: zwischen den Kommunen, die Finanzen haben oder besser finanziell ausgestattet sind, und den Kommunen, die schlechter finanziell ausgestattet sind.
Und einfach abschaffen und Kannregelung, das ist, glaube ich, keine vom Parlament gewünschte Regelung und auch keine, wie wir sie im Land voranbringen sollten.
Die dritte grundsätzliche Möglichkeit ist, den gemeindlichen Straßenbau aus den allgemeinen Steuermitteln zu finanzieren. Das ist sicherlich die Variante, die von vielen Beteiligten favorisiert wird. Allerdings kann uns niemand garantieren, ob es uns auch morgen oder übermorgen wirtschaftlich noch so gut wie heute geht und die dementsprechenden Steuereinnahmen und die dementsprechende Steigerung auf Dauer vorhanden sind. Außerdem haben wir in Mecklenburg-Vorpommern schlicht ein ganz anderes Finanzgerüst als Länder wie Bayern oder Baden-Württemberg. Das sehen im Übrigen nicht nur der Innen- und der Finanzminister so, das sieht auch der Landesrechnungshof so.
Am Ende haben wir uns deshalb darauf verständigt, die Abschaffung der Ausbaubeiträge über eine Erhöhung der Grunderwerbssteuer um ein Prozent zu finanzieren. So werden für alle gemeindlichen Straßenausbaumaßnahmen, die nach dem Inkrafttreten der Neuregelung beginnen, keine Straßenausbaubeiträge mehr erhoben. Im Gegenzug erfolgt die Erhöhung der Grunderwerbssteuer ebenfalls so früh wie möglich, jedoch bis spätestens 1. Januar 2020.
Ja, auch das wird nun wieder Belastungen bringen, wo vorher weniger waren. Auch das gehört zur Ehrlichkeit dazu. Aber diese Belastungen hätten wir bei jeder anderen Variante auch gespürt, und irgendwo muss das Geld herkommen, nur eben an anderer Stelle, und deswegen halte ich die Entscheidung auch für folgerichtig. Außerdem reden wir hier von einer moderaten Erhöhung der Grunderwerbssteuer von 5 auf 6 Prozent, sodass wir uns nach wie vor in einem guten Mittelfeld in der Bundesrepublik Deutschland bewegen, was die Grunderwerbssteuer betrifft, wo andere Länder bis zu 6,5 Prozent im Ländervergleich haben. Die meisten sind zwischen 5 und 6,5, der eine oder andere sogar noch darüber.
Wir reden hier von einer Größenordnung von um die 20 bis 30 Millionen Euro wegfallender Anliegerbeiträge,
die den Kommunen insgesamt eins zu eins ersetzt werden müssen. Die Kommunen sollen dieses Geld nach dem bisherigen Stand der Überlegungen – und das sage ich deutlich einschränkend, weil ich habe eingangs ausgeführt, dass wir uns vor zwei Tagen erst auf die Eckpunkte verständigt haben, und die Inhalte werden in den nächsten Tagen und Wochen abgestimmt –, aber nach dem derzeitigen Stand sollen die nach dem jeweiligen gemeindlichen Straßenkilometer ab spätestens 2020 über eine Investitionspauschale zugeführt werden. Dieser Betrag wird dann dementsprechend den Kommunen zugeführt.
Auch wollen wir eine Übergangslösung finden für die Fälle, bei denen der erste Spatenstich vor Inkrafttreten der Neuregelung erfolgt ist. Das ist eine große Herausforderung, diese Übergangslösung, da mache ich keinen Hehl draus. Vor allen Dingen muss sie rechtssicher sein – das muss ich den Juristen hier im Haus nicht erklären –, und es wird bestimmt einer dabei sein, der sagt, er ist nicht einverstanden, und dementsprechend klagen. Deswegen sind wir gut beraten, uns auch die notwendige Zeit zu nehmen, dass man im Zweifelsfall vor dem Verfassungsgericht mit der neuen Regelung Bestand hat. Hier sind wir derzeit im Feintuning und müssen noch genau abwägen, bis zu welchem Stichtag eine solche Lösung möglich ist und über welches Modell sie am Ende erfolgen soll. Fest steht dagegen schon jetzt, dass die Gemeinde-, Stadt- und Amtsverwaltung erheblich von Bürokratie entlastet wird, denn die Festsetzung und Erhebung von Straßenausbaubeiträgen bindet überall enorme Ressourcen.
Meine Damen und Herren, über die genaue Ausgestaltung der Neuregelungen der Ausbaubeiträge sowie eine Übergangslösung bis zum Stichtag der Abschaffung der Ausbaubeiträge wird die Landesregierung in Kürze Gespräche mit den kommunalen Spitzenverbänden des Landes aufnehmen, denn die sind diejenigen, die es betrifft, und deswegen ist es auch wichtig, dass wir die Veränderung gemeinsam mit ihnen beraten. Das Thema wird uns also noch eine Zeit lang in Atem halten und ich gehe auch fest davon aus, dass wir es im Parlament noch in Regelmäßigkeit wieder diskutieren werden, zumindest in den Fachausschüssen auf jeden Fall.
Ich möchte an alle Beteiligten appellieren, diesen Prozess konstruktiv zu begleiten. Der Zankapfel Straßenausbaubeiträge wird spätestens im Jahr 2020 der Vergangenheit angehören. Forderungen an Hausbesitzer wird es zukünftig dann nicht mehr geben. Dafür werden diejenigen moderat mehr belastet, die Grundstücke erwerben, ohne dass wir dabei aber im Ländervergleich in unverhältnismäßige Höhen steigen. Ich denke, mit den beschlossenen Eckpunkten haben wir eine gute Marschrichtung gefunden, mit der wir eine solidarische Finanzierung der Neugestaltung sicherstellen können, mit der wir die Kommunen nicht alleine im Regen stehen lassen und sagen, seht zu, wie ihr das löst, sondern das gemeinsam als eine Aufgabe betrachten.
Ich kann an dieser Stelle nur darum bitten, den Prozess zu unterstützen. Durchaus sind kluge Vorschläge, wie insbesondere Übergangslösungen vernünftig geregelt werden können, dankbar auch willkommen. Insofern wünsche ich uns gute Beratungen, bedanke mich noch mal bei allen, die an diesem Kompromiss mitgewirkt haben, und freue mich für die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes. – Danke schön.
Abweichend von unserem üblichen Verfahren begrüße ich auf der anderen Besuchertribüne Vertreter der Volksinitiative, die wir heute jetzt hier beraten. Ich tue das ganz bewusst, in der Hoffnung, dass damit die Versuchung sinkt, dass die nachfolgenden Redner sich bei der Begrüßung dieser Volksinitiative gegenseitig übertreffen wollen.
Sehr geehrte Präsidentin! Werte Abgeordnete! Liebe Gäste im Saal! Liebe Bürger im Lande! Heute behandeln wir nun den Antrag der Volksinitiative FAIRE STRASSE gemäß Artikel 59 der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern, eine Volksinitiative gegen Straßenausbaubeiträge. Lassen wir diesen Antrag zu einem weiteren Meilenstein auf dem Weg zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge in unserem Bundesland werden!
Vor etwas über anderthalb Jahren hat die AfD-Fraktion erstmals einen Antrag zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge gestellt.
Wir vertraten in unseren Begründungen damals die gleiche Position wie jetzt die Volksinitiative, nämlich, dass Straßenausbaubeiträge eine existenzgefährdende finanzielle Belastung für unsere Bürger, in diesem Fall die Anlieger, darstellen, dass sie ungerecht sind und einen sehr hohen bürokratischen Aufwand erzeugen, mit oftmals juristischen Streitereien. Mein Kollege Herr Grimm und ich sprachen damals von einem ersten Schritt, der Kannregelung, und weiter in der Begründung von dem dann folgenden Schritt der völligen Abschaffung der nicht mehr zeitgemäßen Straßenausbaubeiträge. Ich zitiere mich selbst aus dem Plenarprotokoll:
„... Berlin und Hamburg taten das im letzten Jahr. Letztere, weil sie Stadtstaaten sind, erheben gar keine Beiträge mehr.“
„Das soll auch einmal Ziel für unser Bundesland sein. Straßenbau muss aus Steuermitteln finanziert werden.“
„Aber dies ist dann ein zweiter Schritt, für den es vieler Beratungen und auch Verhandlungen zwischen Kommunen, Kreisen und dem Land bedarf.“ Zitatende.
Die Linksfraktion war damals die einzige Fraktion, die einer Überweisung in die Ausschüsse zustimmte. Ja, liebe Damen und Herren der SPD und CDU, hätten Sie damals auch zugestimmt, zur Überweisung, hätten wir dieses Thema jetzt vom Tisch.