Auf Ihren Antrag, Herr Kramer, oder das Vorwort Ihres Antrages, hier am Rednerpult vorgetragen, will ich kurz eingehen. Sie fragen uns, ob dieses Thema der Terrorismusbekämpfung sehr wichtig ist. Na selbstverständlich ist uns dieses Thema mehr als wichtig, aber Sie wissen auch, dass wir am SOG sehr intensiv arbeiten. Sie können sich gern einbringen, aber nicht mit diesem Antrag, denn dieser Antrag ist wirklich grottenschlecht. Sie haben sich keinerlei Mühe gegeben. Sie sprechen in Ihren Erklärungen von einer tatsächlichen Gefahr, die vorliegen muss. Ihrem Antrag ist nichts zu entnehmen von einer tatsächlichen Gefahr, sondern lediglich von einer drohenden Gefahr, also zunächst mal ein Riesenwiderspruch. Sie sprechen hier vom Rednerpult über den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Es steht aber auch kein Kriterium, kein rechtsstaatliches Kriterium der Nachprüfbarkeit in Ihrem Antrag und so weiter und so fort.
Sie beziehen sich gern in Ihrem Antrag auf Professor Dr. Schwarz und das ist auch richtig. Dann werden Sie auch gelesen haben, dass er sagt, dass in Deutschland und in Mecklenburg-Vorpommern die Gefahren des Terrorismus durch intensive Polizeiarbeit verhindert werden konnten, größtenteils oder in den meisten Fällen. Auch hier zeigt sich, dass der Rechtsstaat sich sehr zu wehren weiß. Alle sind herzlich eingeladen, sich an der SOGNovelle zu beteiligen, aber dann bitte mit Fleißarbeit!
Nun zu Ihrem Antrag: Ihren Antrag lehnen wir natürlich ab. Ich habe es schon angedeutet, wir leben hier in einem Rechtsstaat in Deutschland und in MecklenburgVorpommern. Jeder Bürger hat das Recht, nach rechtsstaatlichen Prinzipien behandelt zu werden und darauf zu vertrauen, dass diese Kriterien auch bei ihm angewendet werden. Ihr Antrag ist maximal eine Absichtserklärung, kann aber für eine Gesetzesnovellierung überhaupt nicht infrage kommen.
Rechtsstaatliche Prinzipien fehlen gänzlich. So muss natürlich jeder in unserem Lande auch damit rechnen, als Gefährder in irgendeiner Situation eingestuft zu werden. Leider sind unsere Zuschauer nun weg. Nun stelle man sich mal vor, es geht da ein älterer Bürger und vielleicht auch der Enkel durch die Stadt, empfängt einen Flyer von einem freundlichen Ausländer, einem Araber, schaut den an, geht ins Internet, surft auf diesen Seiten, stellt einen Antrag, will nach Ägypten reisen, in die Türkei, besucht eine Moschee, kommt wieder zurück und spätestens in München
Ja, so kann das unter anderem aussehen. Es mag zugespitzt sein, aber drohende Gefahr und Präventivhaft sind in Ihrem Antrag in keinster Weise eingegrenzt worden.
das wurde hier auch gesagt, dann können wir allein deshalb schon diesem Antrag nicht stattgeben und zustimmen, weil auch hier nicht geklärt ist, was Sie meinen. Meinen Sie 32 Stunden, meinen Sie, wie in einigen Ländern diskutiert wird, 72 Stunden? Sie meinen, wie in Bayern kann auf unbestimmte Zeit jeder, der als Gefährder bezeichnet wird, in Präventivhaft genommen werden.
In Ihrer Begründung nehmen Sie Bezug auf die Stellungnahme des Professors Dr. Schwarz, der ja zur SOGNovellierung gesprochen hat, und suggerieren einfach, dass er hier die Präventivhaft positiv bewertet. Ja, er hat natürlich dazu gesprochen, aber mit einem einzigen Satz. Es war überhaupt nicht sein Thema, die Präventivhaft näher zu beleuchten, insofern hat er auch keine Kriterien rechtsstaatlicher Natur hier geäußert. Er sagte, „zur Abwendung erheblicher Gefahren für Bund und Länder“ ist „eine Präventivhaft“ durchaus „möglich“. Ja, Sie haben dieses natürlich aus dem Zusammenhang gerissen. Er sprach nämlich von der elektronischen Überwachung, von der Fußfessel, und stellt fest, dass die Fußfessel das mildeste Mittel gegenüber der Präventivhaft ist. Und er sagte auch – darauf will ich mich vielleicht noch mal kurz konzentrieren –, was unter Voraussetzungen für diese elektronische Überwachung mit Fußfesseln zu verstehen ist: Erstens muss die Person in einem überschaubaren Zeitraum, zweitens konkreterweise, drittens bestimmte Straftaten begehen, viertens muss sein individuelles Verhalten oder fünftens eine konkrete Wahrscheinlichkeit dafür sprechen, dass er eine Straftat begeht.
Was verstehen Sie unter „drohender Gefahr“? Welche Kriterien wollen Sie ansetzen? Wenn der Herr Professor Schwarz meint, dass die Fußfessel das mildeste Mittel gegenüber der Präventivhaft auf unbestimmte Zeit ist, hat er zwar recht, aber dann muss es natürlich bei einer verfassungsmäßig höheren Eingriffsmaßnahme auch Kriterien geben, und davon gehen wir aus. Die nennen Sie hier in keinster Weise.
Insofern bleibt das ein schwammiger und für jeden Menschen nicht nachvollziehbarer rechtsstaatlicher Begriff.
Ich darf Sie noch mal ganz kurz auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte verweisen. Zu dem Urteil 2013 gibt es drei Voraussetzungen. Nun könnten Sie sagen, das war vor der Flüchtlingskrise, da hat sich vieles geändert. Dann darf ich Sie aber gleichzeitig darauf verweisen, dass auch das Bundesverfassungsgericht sich diese Maßstäbe, den Beschluss von 2016, zu eigen gemacht hat mit drei Kriterien:
Von Konkretheit ist keine Spur in Ihrem Antrag. Die Polizei muss den potenziellen Täter zunächst konkret auf die zu unterlassende Handlung hinweisen. Das ist in unserem SOG ohnehin geregelt, nämlich die Präventivansprache und die Unterlassung.
Drittens, wenn er aktive Schritte unternimmt, die darauf hinweisen, dass er der konstruktiven Verpflichtung nicht nachkommt, dann wäre eine Präventivhaft durchaus auch möglich.
Vielleicht zusammenfassend frage ich mich: Soll es mit der AfD eine Endlosigkeit der Präventivhaft geben, ohne Kriterien, ohne nachvollziehbare rechtsstaatliche Kriterien? Statt neue Befugnisse der Polizei hier einzuführen, sollten wir uns auf die bestehenden Instrumentarien konzentrieren und Gefährder unkomplizierter abschieben. Die Fußfessel ist besser und das mildere Mittel als Präventionsgewahrsam.
Dann frage ich mich abschließend: Wenn ein Gefährder, ganz egal, in welchem Land, nach 32 oder nach 72 Stunden oder wann auch immer entlassen wird, ist er dann kein potenzieller Straftäter mehr? Ist dann die Gefahr beseitigt, nur, weil er in der Präventivhaft gesessen hat? Ich glaube, meine Damen und Herren, dieser Vorschlag, den Sie einbringen, leistet nur mehr Arbeit für unsere Justiz und schränkt die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger ins Unermessliche ein. – Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Meine Fraktion lehnt den Antrag ab. Gewünscht ist eine Gesetzesänderung, sodass wir uns zunächst gefragt haben, warum nicht ein Gesetzesänderungsantrag hier gestellt wurde. Und wie die Diskussion gezeigt hat, wäre es auch sinnvoll gewesen, weil dann erst einmal präzise klar gewesen wäre, worum es konkret geht.
Der Antragsteller möchte eine, Zitat, „Präventivhaft gegen terroristische Straftaten“, Zitatende, einführen, für einen Antrag mit erheblichen Auswirkungen für die Bür
ger unseres Landes ein reichlich oberflächlicher Antrag. Zunächst lasse ich es noch mal als Flüchtigkeitsfehler durchgehen, dass eben nicht „Straftaten“, höchstens „Straftäter“ vielleicht inhaftiert werden. Aber auch inhaltlich geht es vermutlich um eine Erweiterung des bestehenden Gewahrsams. Den Begriff „Präventivhaft“ kennt das Gesetz in Bayern nicht, sodass wir nur sozusagen – ich habe das ja schon bei den Vorrednern bemerkt – vermuten können, worum es eigentlich in dem Antrag überhaupt geht.
Der Antrag ist bemerkenswert begründet. Die Antragsteller wollen allen Ernstes einem Einwohner unseres Landes die Freiheit entziehen mit der Begründung, die Personaldecke der Sicherheitsbehörden sei zu dünn. Das ist haarsträubend und entschieden zurückzuweisen. Zu wenig Personal darf definitiv kein Grund sein, einen Menschen einzusperren.
Der Antrag ist auch unlogisch begründet. Es heißt darin, es bestehe, Zitat, „eine terroristische Bedrohungslage ungeahnten Ausmaßes“, Zitatende. Wenn man aber ein Gesetz aus einem anderen Bundesland zum Vorbild nimmt, sollte man es auch gründlich lesen. Der Begriff, Zitat, „drohende Gefahr“, Zitatende, im Polizeiaufgabengesetz Bayern findet Anwendung bei dem Zitat: „Angriffe von erheblicher Intensität oder Auswirkung“, Zitatende. Von einer Beschränkung auf eine terroristische Bedrohungslage ist nicht die Rede. Wer also den Gewahrsam wegen einer Terrorgefahr erweitern will, muss dies auch so sagen. Ansonsten kann Gewahrsam auch in allen möglichen anderen Gefährdungslagen angeordnet werden. Das heißt, auch andere Bürger oder Einwohner, andere als Terroristen könnten auf dieser Grundlage inhaftiert werden.
Entsprechend wurde etwa in Nordrhein-Westfalen diskutiert. Hier wird derzeit beraten, ob ein anderer Begriff, und zwar der Begriff der, Zitat, „drohenden terroristischen Gefahr“, Zitatende, in das Polizeigesetz eingeführt wird. Eine derartige Präzisierung ist das Mindeste, was erforderlich wäre, wenn man das überhaupt einführen will. Noch mal: Eine terroristische Bedrohungslage darf nicht als Hebel für eine generelle Einschränkung der Freiheit der Bürger missbraucht werden.
Unsere Fraktion setzt sich für die Sicherheit unserer Bürger ein. Allein in dieser Plenarwoche haben wir eine ganze Reihe von Anträgen für mehr Sicherheit in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen eingebracht, aber wir setzen uns genauso für die Freiheit unserer Bürger ein, und genau darum geht es bei einer Erweiterung des polizeilichen Gewahrsams. Es geht um die Freiheit, die einem unschuldigen Menschen entzogen werden soll.
Die Polizei kann durchaus neue Handlungsmöglichkeiten wegen der terroristischen Bedrohungslage bekommen. Wir stehen dort grundsätzlich einer Diskussion offen gegenüber, aber dies darf nur erfolgen, soweit es unbedingt erforderlich ist. Die Terroranschläge dürfen nicht als Deckmantel für alle möglichen Freiheitsentziehungen von Bürgern dienen.
Ehe Frau von Allwörden mit ihrer Rede beginnt, gibt mir das Gelegenheit, Schülerinnen und Schüler der Neumühler Schule in Schwerin mit Gästen aus Finnland zu begrüßen. Herzlich willkommen!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vorweg möchte ich bereits ankündigen, dass meine Fraktion Ihren Antrag ablehnen wird. Zunächst einmal, weil das Ministerium gerade an einer Anpassung des SOG arbeitet. Wir haben es ja eigentlich alles auch schon gehört. Was wir also nicht benötigen, sind einzelne Herumbasteleien an einem so wichtigen Gesetz.
Das hatten wir so bereits an anderer Stelle vor ein paar Monaten auch schon bereits so angesprochen. Und daran hat sich bis heute auch nichts geändert, Herr Kramer.
Und dann komme ich auch schon ganz schnell zum nächsten Punkt: Liebe Kollegen von der AfD, Ihr Antrag zeigt mal wieder eines, nämlich, dass Sie reflexartig einzelne Worte aufnehmen und diese miteinander verbinden. Hört sich gut an, verkauft sich vielleicht auch gut. Das nehmen wir! Das scheint Ihr Motto zu sein. Ob es sinnvoll ist, ob es umsetzbar ist und ob es so gemeint war, wie es medial umgesetzt wurde, all diese Dinge interessieren Sie nicht.
Präventivhaft für Gefährder nach bayerischem Vorbild – so lässt sich Ihr Antrag in sechs Worten zusammenfassen. Wir gucken also nach Bayern. Dort wurde das Polizeigesetz geändert und der sogenannte Unterbindungsgewahrsam ausgeweitet. Wir stellen also erst mal fest, Präventivhaft ist nur ein anderes Wort für Unterbindungsgewahrsam. Den Unterbindungsgewahrsam gibt es in jedem Polizeigesetz der Länder, er ist eben nur unterschiedlich ausgestaltet. Also das Instrument der Präventivhaft gibt es bereits, auch übrigens in MecklenburgVorpommern. Strittig ist vielmehr, wann es zur Anwendung kommen kann. Bayern hat dort eine neue Begriffskategorie eingeführt, die der drohenden Gefahr.