Sie werden mir zubilligen müssen, dass ich entscheide, was ich hier für wesentlich halte in den Beiträgen. Sie haben mich nach einer Strategie gefragt und genau darauf habe ich geantwortet.
Sie haben darüber hinaus darauf hingewiesen, dass das Europaparlament und der Europarat das gern anders
hätten. Da wird man erst einmal gucken müssen, wer in diesen Gremien das anders will. Zweitens sind wir wieder bei der Frage, ob wir immer solange den Rechtsstaat und auch rechtsstaatliche Verfahren von allen anderen fordern, solange es uns politisch gefällt, und sagen, dann schalten wir um. Wir haben Genehmigungsverfahren, im Übrigen auch europäische Nachbarländer haben rechtsstaatliche Genehmigungsverfahren, die sie vollziehen und durchlaufen lassen, und auf die bezogen ist dieses Projekt genehmigt und längst im Bau.
Ich erlaube mir aber auch eine politische Einschätzung, und jetzt trenne ich mich von der Genehmigungsbehörde, das ist mir ganz wichtig. Das ist eine andere Baustelle. Im Verfahren hatten wir zu prüfen, ob es überhaupt ein Erfordernis für diese Gaspipeline gibt. Da ist ein umfangreiches Gutachten vorgelegt worden, mit dem wir uns auseinandergesetzt haben, mit dem sich im Übrigen ein Gericht dieses Bundeslandes auseinandergesetzt hat und nicht irgendeins, sondern das Oberste Verwaltungsgericht dieses Landes, weil nämlich im einstweiligen Rechtsschutzverfahren die Frage im Raum stand, ob das nicht so unplausibel ist, dass man es schon per se verwerfen muss. Und da sagt dieses Gericht, nein, ganz im Gegenteil, es ist eben gerade nicht plausibel vorgetragen worden, wo denn die möglichen Fehler dieser Betrachtung sein sollen. Wenn man hineinschaut, sind das sehr umfangreiche Erhebungen, wo Erdgas herkommt, das Europa insgesamt benötigt. Es gibt eben keine rein bundesdeutsche oder gar nur mecklenburg-vorpommersche Betrachtung, wo dieses europäisch benötigte Erdgas herkommen soll und welche Mengen man vermutet.
Da gehört zur gaspolitischen Betrachtung dazu, dass die Fördermengen, die lange in den Niederlanden gefördert worden sind, sukzessive zurückgehen werden. Dort gibt es offenbar nicht unerhebliche Schwierigkeiten im Untergrund, die dazu führen, dass man sogar schneller aussteigt als gedacht.
Ähnliches finden Sie in Niedersachsen, derzeit in der Bundesrepublik der größte Beitragende. Und auch für Norwegen ist keine Ewigkeitsgarantie gegeben. Die haben deutlich größere Reserven. Aber auch dort ist es nicht so, dass sie langfristig auf hohem oder auf gleich hohem Niveau wie heute liefern werden. Darauf angelegt ist die Betrachtung dieser Investition, ob wir aus anderen Märkten Erdgasmengen brauchen.
Eine Kritik, die ein grüner Europaabgeordneter regelmäßig bringt, ist, zu sagen, eigentlich wolltet ihr ja sowieso aus dem ganzen Konventionellen aussteigen, dann braucht ihr es nicht mehr. Das wird langfristig auch weiterhin Ziel der Bundesrepublik Deutschland sein. Aber erstens heißt es noch lange nicht, dass sie in 20 Jahren kein Erdgas mehr braucht. Zweitens gibt es eine Umstiegsphase, in der Erdgas eher eine größere Bedeutung bekommen wird als eine kleinere, denn wenn ich tatsächlich – zurzeit ja ganz konkret im Zeitplan bestimmt – aus der Kernkraft aussteige und dann weitere Kraftwerkskapazitäten, die zurzeit diskutiert werden im Kohlebereich, aus den Netzen sollen, werde ich im Übrigen sehr schnell regelbare, um mit erneuerbaren Energieträgern klarzukommen, Großkraftwerkskapazitäten brauchen. Und die einzige Technologie, die das momentan kann in dieser schnellen Regelbarkeit, sind gasbetriebene Turbinen.
Von daher werden wir eher mehr Erdgaskraftwerke in Europa insgesamt erleben, als wir sie derzeit haben. Also die Annahme, der Gaskonsum gehe quasi relativ schnell gegen null, wird nicht geteilt, zumal es im Übrigen große Anwendungen auch außerhalb des klassischen Verbrennens für Wärme oder Strom gibt. Natürlich haben wir riesige Bereiche, die auch mit Kunststoffproduktionen, mit pharmazeutischer Industrie, mit den entsprechenden industriellen Prozessen zu tun haben.
Soweit Sie darauf hinweisen, dass Polen und die Ukraine beispielsweise kritisch darauf schauen, das wissen wir, aber ich kann doch nicht jedes Projekt, was Nachbarn kritisch betrachten, deshalb schon mal per se aus Sicht der Bundesrepublik Deutschland verwerfen.
Und ich würde mal umgekehrt werben, die Polen selbst stellen sich deshalb bewusst anders auf, indem sie ein großes Flüssiggasterminal haben. Aber es gibt ein weiteres Projekt auf deutschem Boden, das ebenfalls, zumindest in Mecklenburg-Vorpommern, durchginge, nämlich das ist die EUGAL. Das ist quasi die Festlandsleitung, die anderen gehört, die auch mit diesem russischen Investitionsprojekt zwar technisch zusammenhängt, aber nicht in der Gesellschafterstruktur.
Die EUGAL begleitet die Diskussion in Brandenburg, ob man einen großen Abzweig Richtung Polen baut. Der hat die polnische Seite durchaus interessiert, weil es auch heute schon nicht unerhebliche Austauschbeziehungen mit dem polnischen Gasmarkt gibt. Das ist doch überhaupt nichts Schlimmes,
aber ich will deutlich darauf hinweisen, diese Gasversorgungssicherheit wird nicht nur für die Bundesrepublik Deutschland gewährleistet. Sie wird für Mittel-, West- und zum Teil Südeuropa über diese großen Leitungen, um die geht es, gewährleistet. Auch das ist die Gesamtbetrachtung, die wir im Übrigen im Genehmigungsverfahren vorzunehmen hatten.
Ich gehe damit so um, dass ich denjenigen, die Kritik äußern, sage, ihr braucht schon heute einen Teil dieses Gases, den liefern wir nicht aus deutschen Quellen. Die Ukraine wird zwischenzeitlich ausschließlich aus mittel- und westeuropäischen Quellen beliefert. Wir werden auch weiterhin dieses russische Gas, was wir denn umleiten, ableiten – völlig legitim im Übrigen, das ist nichts Geheimes –, brauchen. Ich antworte: Auch eure Versorgungssicherheit hängt an diesen Leitungen.
Und dann schauen wir auf den größten Kritiker, die USA. Ich bin zu deutsch erzogen, um jede US-amerikanische politische Dimension nachvollziehen zu können. Deswegen muss ich da auch vorsichtig sein in der Bewertung. Das ist nicht das, wo ich mich richtig reinfühlen kann. Ich weiß, dass die Kritik breiter ist, und das hat nichts mit
Ich nehme mal zumindest zur Kenntnis, dass der vor eineinhalb oder zwei Jahren beschlossene Rechtsakt, der breit getragen war, unter anderem nur diese Sanktionsmöglichkeit vorsah. Wenn Sie die englischen Texte der Begründung anschauen, die relativ offen auch darauf hinweist, dass es eine wirtschaftspolitische Dimension aus Sicht der USA gibt, dann wird man wissen müssen, dass bei einem ökologischen Vergleich Flüssiggas zumindest nicht ökologischer ist als das Erdgas, was gasförmig ist – also es gibt keine ökologischen Vorteile –,
zweitens man eher große Bedenken haben kann, aber das will ich nicht bewerten, zumindest ist es nicht ökologisch wertvoller, Sie haben im Zweifel einen deutlich schlechteren Preis. Das hat etwas mit den Verarbeitungsstufen, die dazwischenliegen, zu tun.
Die Bundesrepublik Deutschland denkt seit vielen Jahren ernsthaft über ein großes Flüssiggasterminal entlang der Nordseehäfen nach, weil diese direkt ansteuerbar sind. Da gibt es immer die Diskussion, ob der Bund da was fördert. Ich denke, in den nächsten zwei Jahren wird man zum Abschluss kommen. So etwas wird es geben, im Übrigen, weil wir auch dieses Gas zusätzlich brauchen.
Es wird also in Brunsbüttel oder auf der niedersächsischen Seite einen solchen Bereich geben. Der wird aber nicht in Mecklenburg-Vorpommern liegen und deshalb sind wir auch nicht diejenigen, die sagen, hier ist es. Wir werden ein kleines Terminal haben in Rostock, das dann eher russisches Flüssiggas bekommt, was keinen Sinn macht, da große Tanker herzuholen. Aber es wird auch den anderen Beritt geben.
Ich finde es allerdings schon beachtlich, wenn ein Botschafter eines ausländischen Staates aus dem Staat, in dem er als Botschafter als Gast ist,
Post an Unternehmen sendet, die man durchaus als mehr als nur einen freundlichen Hinweis auf rechtliche Konsequenzmöglichkeiten bezeichnen kann. Und ich drehe es mal um, ich stelle mir vor, das würde ein russischer Botschafter oder ein deutscher Botschafter in Washington tun, ich hätte das Gefühl, da wären schon geharnischte Reaktionen.
Ich erlebe im Übrigen auch, dass die Unternehmen sich nicht erschrecken lassen. Schon beim letzten Mal hatten sie ja Sorge, da sei Gefahr im Verzuge in der letzten Landtagssitzung. Nord Stream als Projektträger signalisiert uns, bisher bleiben alle Unternehmen in der Pipeline. Keiner lässt sich erschrecken. Alles geht voran. Und das tut im Übrigen nicht nur die Nord-Stream-Seite, sondern das tun auch die mitfinanzierenden west- und mit
teleuropäischen Unternehmen. Es gibt ein großes Unternehmen in Deutschland. Es gibt einen britischen Bereich, einen niederländischen, einen französischen, einen belgischen. Das sind sechs oder sieben große gasversorgende Unternehmen in Europa, die dahinterstehen, die gemeinsam alle immer wieder signalisieren, alles ist gut, wir bleiben am Ball. Und bisher bleiben auch alle großen Unternehmen, die wir für den Bau brauchen, am Ball.
Meine Damen und Herren, ich hoffe, das signalisiert ein bisschen, wir beobachten das, wir sind dabei, wir tauschen uns regelmäßig aus. Wir werden keine eigene Außenpolitik machen, das dürfen wir auch nicht. Wir werden aber das Projekt weiterhin mit der rechtsstaatlich gebotenen Ordnung begleiten. Wir wissen, dass wir wirtschaftspolitisch Vorteile daraus haben, zumindest der Hafen Sassnitz profitiert deutlich davon.
Umgekehrt ist es auch nicht so, dass wir uns da kaufen lassen. Es entsteht da keine neue Fabrik. Das, was am Ende bleibt in Lubmin, sind wenige Personen, die sie brauchen, um dort die Verdichterstationen und so weiter zu begleiten. Aber für die europäische Versorgungssicherheit hat das zentrale Bedeutung. Wir erleben auch weiterhin, dass es Bedeutung hat für nicht nur russische, sondern auch andere europäische Investoren und Betrachtende, denn dieses Projekt ist so groß, dass es durchaus Mecklenburg-Vorpommern sichtbar macht auf diesem großen internationalen Markt.
Und wenn es am Ende dazu beiträgt, dass wir auch immer mal wieder mit der russischen Seite konstruktiv ins Gespräch kommen, dann bleibt es ein Friedensbeitrag, von dem ich glaube, dass er das wert ist. Dafür allein würden wir es nicht bauen, aber ich glaube, dass es immer ein deutliches zusammenfügendes Signal ist und deshalb auch Frieden stiftet, und nicht, wie besorgt von US-amerikanischer Seite befürchtet wird, Frieden vernichtet.
Eine kurze Nachfrage: Wo sehen Sie den großen Vorteil im Vergleich zum Transit durch die Ukraine? Der wäre ja nach wie vor auch möglich gewesen. Es geht nicht nur um die Bezugsquelle Gas als solche, sondern vor allen Dingen auch um den Transport.
Erstens bin ich nicht derjenige, der entscheidet, welche Transitroute sich diejenigen aussuchen. Das sind privatwirtschaftliche Projekte.
Zweitens. Die Leitungen in der Ukraine sind in einem hochgradig erneuerungsbedürftigen Zustand und es gibt offenbar einen Vergleich der Investoren, was sie an der einen Stelle investieren, was an einer anderen. Und dann kommen natürlich auch Durchleitungsentgelte obendrauf. Das wird eine Rolle spielen.
Mir sagen alle Beteiligten, sie werden die Festnetzpipeline weiterhin brauchen, aber sie werden zusätzlich und erst recht die Nord Stream 2 brauchen. Von daher glaube ich, beides wird seine Berechtigung behalten. Aber noch mal, sie werden mittelfristig dort Gelder investieren müssen, die es oftmals wirtschaftlich vorteilhafter machten, die Ostsee zu nutzen, die im Übrigen mit Abstand die kürzeste Verbindung ist, wenn Sie draufschauen.
Jetzt versuche ich nachzuholen, was ich die ganze Zeit in der hektischen Debatte noch nicht geschafft habe, nämlich auf der Besuchertribüne eine zweite Gruppe von Schülerinnen und Schülern der Regionalen Schule ErnstMoritz-Arndt aus Greifswald zu begrüßen.
Werte Präsidentin! Verehrte Kollegen! Liebe Landsleute und Gäste im Saal! Es ist schon schwierig, nach diesem sachlich und fachlich fundierten Vortrag von Herrn Pegel jetzt noch zu dieser ganzen Problematik zu sprechen, weil sich einige Sachen hier wahrscheinlich in meiner Rede wiederholen.