Meine Sorge, und damit will ich zum Schluss kommen, ist wirklich, dass man irgendwann vielleicht mal, ich will jetzt
nicht von Designerkindern reden, aber dass man irgendwann mal Kinder oder auch Erwachsene mit Behinderungen anschaut und sagt, das muss doch heute nicht mehr sein, dafür haben wir doch Möglichkeiten. So etwas gab es früher mal, aber so weit muss es doch heute nicht mehr kommen. Deswegen ist es, glaube ich, wichtig, die Würde des Menschen beginnt schon vor der Geburt. Von daher muss man diese Debatte mit höchster Sorgfalt und mit Augenmaß führen. Man muss aus meiner Sicht ebenso stärker an die Betroffenen denken, weil so weit darf es nicht kommen, dass es dann irgendwann so ist, dass Kinder, die eine Behinderung haben, die beispielsweise ein Downsyndrom haben, als Menschen zweiter Klasse betrachtet werden. Das ist unsere gemeinsame ethische Verantwortung, es nicht dazu kommen zu lassen. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Liebe Bürger von Mecklenburg und Vorpommern! Frau Präsident! Werte Kollegen und liebe Gäste! Herr Förster hat zu Anfang seiner Ausführungen schon gesagt, dass es bei uns wie in den anderen Parteien, wie ich jetzt gehört habe, auch unterschiedliche Ansichten zu der Thematik gibt. Ich stehe jetzt quasi aus der Ecke der Fundamentalisten hier vor Ihnen. Ich bin in der Juristen-Vereinigung Lebensrecht, ALfA, Aktion Lebensrecht für Alle, in der Aktion „Tim soll leben“. Ich war bis vor sieben Jahren bei den Christdemokraten für das Leben und bin da heute noch Fördermitglied bei der CDL.
Insofern haben Sie jetzt einen vor sich, der sich als überzeugter Lebensschützer bezeichnet. Trotzdem, muss ich sagen, tue ich mich sehr schwer mit dem Thema.
und das ist zutiefst menschenverachtend. Da gebe ich Ihnen recht, das ist zutiefst menschenverachtend, wenn man Menschen und auch die nicht geborenen Menschen in gewollt oder nicht gewollt sortiert. Da sind wir uns hoffentlich einig.
Frau Weißig, Sie hatten die PID, die Präimplantationsdiagnostik, angesprochen. Das sollten wir hier rauslassen, das ist ein eigenes Verfahren. Da wird der Embryo im pluripotenten Stadium, also 8-, maximal noch 16-ZellStadium, entnommen. Dann wird eine dieser Eizellen, die sich noch zu allem weiterentwickeln können, entnommen. Danach wird die Eizelle untersucht, ob irgendwelche Krankheiten da sind. Wenn die Untersuchung positiv ausgeht, also keine Krankheit, dann wird die restliche
Zelle wieder implantiert in den Uterus und das Kind darf auf die Welt kommen. Wenn man Krankheiten feststellt, dann wird dieser Embryo verworfen, also nicht wieder implantiert. Das ist aber gesetzlich begrenzt, jedenfalls bei uns, auf eine sehr enge Anzahl von sehr gravierenden vererblichen Krankheiten. Ich glaube, dass wir da einen guten Weg gegangen sind, dieses Dilemma so aufzulösen, wie es im PID-Gesetz gemacht wurde.
Problematisch sind dagegen in der Tat die vorgeburtlichen Bluttests. Es hilft aber auch nicht zu sagen, das ist eine Debatte, die behindertes Leben diskriminiert. Das mag sein und das kann man, denke ich, durchaus so sehen, dass das so ist. Deswegen wundert es mich manchmal, wir haben heute auch über das Landesbehindertengleichstellungsgesetz gesprochen, dass viele von denen, die sich sehr engagiert und zu Recht für die Gleichstellung behinderten und unbehinderten Lebens einsetzen, das plötzlich ganz anders sehen, wenn es um vorgeburtlich festgestellte Behinderungen geht. Das ist die eine Seite.
Die andere Seite ist, und das ist auch schon gesagt worden, Herr Caffier, Sie hatten für den Gesundheitsminister ausgeführt und am Anfang an der Sache schöngeredet, indem Sie darauf hingewiesen hatten, dass man doch einiges auch beheben kann an Krankheiten. Wir wissen aber alle, die Schere zwischen dem, was man vorgeburtlich feststellen kann an Defekten, und dem, was man dann wirklich therapieren kann, geht immer weiter auseinander. Im Moment sind etwa 80 Prozent der feststellbaren Defekte im vorgeburtlichen Stadium, also geradewegs solche Bluttests und Ähnliches, nicht therapierbar. Wir eröffnen damit eine Spirale des Todes, denn für viele dieser noch nicht geborenen Kinder heißt die Tatsache, dass solche Defekte festgestellt werden, unweigerlich, dass sich die Mutter für den Weg der Abtreibung entscheidet. Nur, wie wollen wir das ändern? Wir können nicht jemanden zwingen, ein Kind, dass jedenfalls so nicht gewollt ist, auf die Welt zu bringen. Das heißt, fundamentalistische Lösungen führen uns da nicht weiter. Es hilft nicht zu sagen, ich finde das nicht gut.
Wir können auch die Augen nicht davor verschließen, was technisch machbar ist, wird auch gemacht. Das muss man einfach so sehen. Diese Tests sind technisch machbar, also werden sie auch stattfinden. Und da gebe ich Ihnen recht, wenn Sie gesagt haben, wir wollen das aber nicht zu einer sozialen Frage werden lassen. Wer es sich leisten kann, solche Tests für 200 bis 300 Euro – ich habe inzwischen auch gehört, für 400 bis 800 Euro – durchführen zu lassen, der macht das, und die anderen machen es nicht. Also spricht viel dafür, in der Tat so etwas auch als Kassenleistung anzubieten, weil jeder Mensch und jede Mutter ein Recht darauf hat, erreichbare Informationen zu erhalten. Das bedeutet, wir stecken in einem ethischen Dilemma, da kommen wir so auch nicht raus. Wir können niemanden zwingen, ein nicht gewolltes Kind zur Welt zu bringen.
Ich habe persönlich, Respekt ist der falsche Ausdruck, aber ich habe Verständnis dafür, dass es Eltern gibt, die sagen, ich kann in einem solchen Fall dieses Kind nicht zur Welt bringen, ich entscheide mich für die Abtreibung, weil ich die damit einhergehenden Belastungen psychisch nicht verkraften kann. Das meine ich ganz ernst. Ich habe im eigenen Familienkreis Verwandte, die ein schwerbehindertes Kind haben, und kriege jedes Mal mit, welche Belastungen da auf die Eltern zukommen. Des
wegen, das kann man nicht schönreden, das ist so. Ich habe große Hochachtung. Die wussten es auch vor der Geburt, sind aber überzeugt katholisch und haben dann gesagt, wir waren und sind in guter Hoffnung, und deswegen haben wir das behinderte Kind in Kenntnis dieser Behinderung auf die Welt gebracht.
Dass das eine schiefe Ebene ist, die wir beginnen einzuschlagen mit dem Wie-weit-wollen-wir-gehen, indem wir immer mehr feststellen können an Defekten, aber leider nicht immer mehr auch therapieren können, sodass die Schere, wie gesagt, weiter auseinandergeht, ist problematisch. Ich befürchte, ich habe wirklich die Befürchtung, dass sich daraus das gesellschaftliche Klima verändert, dass man erst einmal sagt, na ja, das hätte man ja feststellen können, so eine Art „selber schuld, dass du jetzt ein behindertes Kind hast“, und irgendwann vielleicht sogar, warum soll die Gesellschaft Kosten auf sich nehmen, um für Behinderungen zu bezahlen, die man doch hätte erkennen und durch Abtreibung verhindern können.
Diese Problematik ist für mich das Kernproblem, die müssen wir in den Griff kriegen. Deswegen kann ich nur dafür plädieren, wir können hier nicht mit irgendwelchen Zwangsmaßnahmen argumentieren, wir können niemanden zwingen, ein Kind auf die Welt zu bringen, das so nicht gewollt ist, aber wir können und wir müssen ganz viel dafür tun, dass denjenigen, die sich trotzdem für die Geburt eines behinderten Kindes entscheiden, geholfen wird, ideell durch Beratung und finanziell, dass also die Lasten, jedenfalls die tragbaren, die auf andere abwälzbaren Lasten, es bleibt immer noch sehr viel übrig, was die Eltern tragen müssen, aber dass wir diese Lasten versuchen zu minimieren. Wenn wir das erreichen könnten, dann, glaube ich, hätten wir in der Debatte und in dem Punkt schon sehr viel erreicht.
Ich weiß, wenn das viele Freunde von mir aus dem lebenschützenden Fundamentalistenkreis hören, dann sagen sie sich, ich bin ein Verräter. Nein, ich bin kein Verräter, aber Lebensschutz setzt immer auch voraus, dass ein Kind in eine Gesellschaft und in ein familiäres Umfeld geboren wird, in der es geliebt wird. Wenn das von vornherein nicht gegeben ist, glaube ich eben, dass man einem solchen Kind keinen Gefallen tut und den Eltern, der Mutter schon gar nicht, wenn man da irgendwelche strikteren Lösungen anbieten will. Deswegen denke ich ebenfalls, es sollte eine Kassenleistung sein, weil so etwas nicht vom Geldbeutel abhängt, aber man muss sehr viel mehr dafür tun, dass die Bereitschaft, auch solche Kinder auf die Welt zu bringen, gefördert und gesteigert wird. – Danke schön.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, gestatten Sie mir zum Schluss der heutigen Tagesordnung zu sagen, dass ich empfinde, dass das eine sehr würdige Debatte war.
(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, AfD, DIE LINKE und Freie Wähler/BMV – Eva-Maria Kröger, DIE LINKE: Absolut.)
Aber, wie gesagt, wir sind am Schluss der heutigen Sitzung. Ich berufe die nächste Sitzung des Landtages für Freitag, den 25. Januar 2019, 9.00 Uhr ein. Die Sitzung ist geschlossen.