Protokoll der Sitzung vom 25.01.2019

Unsere Erkenntnisse weisen auch darauf hin, dass es sowohl innerhalb als auch außerhalb der Universitätsmedizin Rostock Kritik am Fehlen eines schlüssigen, außertariflichen Vergütungskonzeptes gab. Weiterhin ist für uns erkennbar, dass in den Jahresplänen jeweils eine schwarze Null ausgewiesen wurde, wohl wissend, dass die Jahresergebnisse über die Jahre hinweg jeweils ein Plus von 1,5 Millionen bis über 8 Millionen Euro auswiesen. Unrealistische Planungen sind somit Methode geworden, um nicht offiziell gegen die Zielvereinbarung zwischen dem Land und den Universitäten zu verstoßen.

Während Vorstände gewinnorientierte Sondervergütungen erhalten, beklagen Beschäftigte aus dem Forschungsbereich uns gegenüber den Entzug von Laborräumen, sodass biomedizinische Biotechnologie seit zwei Jahren nicht mehr ausgebildet wird. Während Vorstände gewinnorientierte Sondervergütungen erhalten, wendet sich eine bundesweite Koryphäe der Augenheilkunde von der Universitätsmedizin Rostock ab, weil sie die erforderliche Reinvestition für ihre Instrumente nicht bezahlt bekommt.

Das unterscheidet den Auftrag eines Universitätsklinikums im Übrigen entschieden von einer Privatklinik, die eben keine wissenschaftliche Leuchtturmfunktion hat, sondern die Finanzinteressen ihrer Stakeholder bedienen muss. Es fehlt offenbar an einem Zielsystem für die Universitätskliniken in Mecklenburg-Vorpommern. Für uns haben Krankenversorgung, Lehre und Forschung, die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten einen höheren Stellenwert als Gewinn jenseits der schwarzen Null. Zielvereinbarungen der Universitäten müssen diese Parameter sehr viel stärker berücksichtigen.

Sehr geehrte Damen und Herren, keine Übersicht über Nebentätigkeiten von Vorständen, Vertuschungen hinsichtlich der Sondervergütungen, der Bevölkerung erklären, Patienten stünden im Mittelpunkt, jedoch Gewinnorientierung zur wirtschaftlichen Zielstellung erheben, dubiose Heuschreckenfirmen an die Universitätsmedizin holen und erforderliche Reinvestitionen unterlassen – die Liste des Versagens ist lang. Und weil es aus unserer Sicht in erster Linie auch ein Versagen der Aufsichtsratstätigkeit ist, verlangen wir erstens, dass der Vorsitzende des Aufsichtsrates, Staatssekretär Schröder, von seiner Funktion entbunden wird,

(Thomas Krüger, SPD: Oh, bitte!)

zweitens, dass sich die Ministerin – das ist ja angekündigt – heute und hier erklärt, welche Konsequenzen sie aus den Geschehnissen an der Universitätsmedizin Rostock zieht.

(Thomas Krüger, SPD: Oh, Kinder!)

Drittens erwarten wir eine Stellungnahme der Ministerpräsidentin, dass klargestellt wird, dass eine Gewinnorientierung im Gesundheitsbereich an den Einrichtungen unseres Landes nicht länger geduldet wird,

(Jochen Schulte, SPD: Und viertens, die Sonne soll im Westen aufgehen.)

und viertens …

Danke, dass Sie mir das Stichwort für viertens liefern.

… eine Überarbeitung jeglicher Zielvereinbarungen. Sie müssen Vorgaben mehr denn je enthalten, die die Qualität der medizinischen Versorgung der Patientinnen und Patienten in den Blick nimmt.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Für die Landesregierung hat ums Wort gebeten die Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Bitte, Frau Hesse.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Werter Herr Kollege Koplin, ich finde, das ist ein Teil von Spielchen und Nebelkerzen, wenn Sie hier anführen, wer mit wem redet, worüber man redet.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Nein, es geht nicht darum, wer mit wem redet, sondern wer wem seine Rede gibt. Da gibt es Unterschiede.)

Es geht hier um ein ernsthaftes Thema.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, eben.)

Und ich finde es völlig legitim, wenn ein Politiker auf mich zukommt und einige Fragen beantwortet haben möchte

(Peter Ritter, DIE LINKE: Und sagt, geben Sie mir mal Ihre Rede.)

und ich ihm entsprechend diese Antworten dann auch gebe.

(Heiterkeit bei Peter Ritter, DIE LINKE)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das, finde ich, gehört zu einer Demokratie

(Zuruf von Simone Oldenburg, DIE LINKE)

und das gehört zu einer guten parlamentarischen Debatte auch dazu.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Simone Oldenburg, DIE LINKE: Ja, genau, Sie kriegen Applaus genau von denjenigen. Ganz prima!)

Ach, Frau Oldenburg, alles gut!

Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, bevor ich auf die eigentliche Rede eingehe,

(Zurufe von Torsten Koplin, DIE LINKE, und Eva-Maria Kröger, DIE LINKE)

obwohl es mir ein bisschen schwer fällt, weil – ich halte mich jetzt in der Bewertung zurück – das schon eine denkwürdige Rede war, möchte ich einfach nur zwei ganz kurze Pünktchen rausgreifen, die Herr Koplin genannt hat,

(Zuruf von Eva-Maria Kröger, DIE LINKE)

weil immer wieder so mitschwingt, wir als Landesregierung würden in die Gewinnmaximierung streben. Dazu komme ich gleich noch. Sie haben gerade gesagt, es war ein Überschuss von 1,1 Millionen Euro.

(Zuruf von Dirk Lerche, AfD)

Das sind bei einem Umsatz von 300 Millionen Euro nicht mal 0,6 Prozent. Das gehört zur Wahrheit, meine sehr geehrten Damen und Herren, auch dazu.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Torsten Koplin, DIE LINKE: Es geht ums Prinzip.)

Und, Herr Koplin, Sie fordern Dinge, die längst normiert sind. Sie fordern die Ministerpräsidentin auf zu sagen, sie soll sich klar erklären, dass es keine Gewinnorientierung gibt. Lesen Sie bitte einfach in den Zielvereinbarungen des Landes nach! Dort in Ziffer 1 – ich kann es Ihnen nicht genau zitieren – steht genau das drin. Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir hier Dinge in den Raum werfen, dann, finde ich, müssen wir alle auch bei der Wahrheit bleiben.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, da gebe ich Herrn Koplin durchaus recht, er fordert Aufklärung. Dem komme ich auch gerne nach, weil ich glaube, dass es notwendig ist, dass wir aufklären, zumal, wenn man insbesondere die vergangenen Wochen Revue passieren lassen hat, denn dort hat sich sehr deutlich gezeigt, dass es einer Aufklärung – das hat Herr Koplin selber gesagt, und dem stimme ich auch zu –, einer Aufklärung über Begrifflichkeiten bedarf, mit denen wir nämlich in der Öffentlichkeit herumhantieren.

War es in der vergangenen Woche noch ein System von Boni, das mein Ministerium an der Unimedizin Rostock installiert haben soll, so sind es heute gewinnorientierte Sondervergütungen, die den Vorstandsmitgliedern dort winken.

(Jeannine Rösler, DIE LINKE: Wortklauberei.)

Beides, meine sehr geehrten Damen und Herren, gibt es nicht. Richtig ist, dass die Vorstände eine variable Vergütung bekommen. Das ist nicht etwa eine sprachliche Spitzfindigkeit, sondern das ist ein zentraler Unterschied, was Sie hier – vielleicht bewusst, vielleicht unbewusst – in den Raum stellen,

(Andreas Butzki, SPD: Polemisch.)

denn es sind nicht etwa Zusatz- oder Sonderzahlungen an ein bestimmtes Ziel gekoppelt, sondern es ist einfach die volle Auszahlung des vereinbarten Gehalts. Das ist ein Unterschied. Das heißt – ich erkläre das noch mal ganz deutlich –,

(Jochen Schulte, SPD: Und langsam!)

ein Vorstand bekommt nur dann seine 100 Prozent, wenn er festgeschriebene Ziele erreicht. Ansonsten werden ihm je nach Vertrag zwischen 75 und 90 Prozent ausgezahlt.

(Jochen Schulte, SPD: Obendrauf gibt es nichts.)

Obendrauf zu den 100 Prozent gibt es nichts.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese variable Vergütung haben wir uns nicht ausgedacht, sondern sie ist normiert in Paragraf 102 Landeshochschulgesetz. Dort heißt es: „Mit den hauptberuflichen Mitgliedern werden für die Dauer ihrer Amtszeit leistungsabhängige Dienstverträge geschlossen.“ Dabei sind zwei Dinge wichtig: Zum einen hat der Gesetzgeber, sprich der Landtag, diese Regelung beschlossen, zum anderen steht da – ich bitte einfach, sich auch immer noch mal deutlich die Begrifflichkeiten anzusehen – „leistungsabhängig“, nicht Boni und nicht irgendwelche anderen Begrifflichkeiten.