Unsere Erkenntnisse weisen auch darauf hin, dass es sowohl innerhalb als auch außerhalb der Universitätsmedizin Rostock Kritik am Fehlen eines schlüssigen, außertariflichen Vergütungskonzeptes gab. Weiterhin ist für uns erkennbar, dass in den Jahresplänen jeweils eine schwarze Null ausgewiesen wurde, wohl wissend, dass die Jahresergebnisse über die Jahre hinweg jeweils ein Plus von 1,5 Millionen bis über 8 Millionen Euro auswiesen. Unrealistische Planungen sind somit Methode geworden, um nicht offiziell gegen die Zielvereinbarung zwischen dem Land und den Universitäten zu verstoßen.
Während Vorstände gewinnorientierte Sondervergütungen erhalten, beklagen Beschäftigte aus dem Forschungsbereich uns gegenüber den Entzug von Laborräumen, sodass biomedizinische Biotechnologie seit zwei Jahren nicht mehr ausgebildet wird. Während Vorstände gewinnorientierte Sondervergütungen erhalten, wendet sich eine bundesweite Koryphäe der Augenheilkunde von der Universitätsmedizin Rostock ab, weil sie die erforderliche Reinvestition für ihre Instrumente nicht bezahlt bekommt.
Das unterscheidet den Auftrag eines Universitätsklinikums im Übrigen entschieden von einer Privatklinik, die eben keine wissenschaftliche Leuchtturmfunktion hat, sondern die Finanzinteressen ihrer Stakeholder bedienen muss. Es fehlt offenbar an einem Zielsystem für die Universitätskliniken in Mecklenburg-Vorpommern. Für uns haben Krankenversorgung, Lehre und Forschung, die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten einen höheren Stellenwert als Gewinn jenseits der schwarzen Null. Zielvereinbarungen der Universitäten müssen diese Parameter sehr viel stärker berücksichtigen.
Sehr geehrte Damen und Herren, keine Übersicht über Nebentätigkeiten von Vorständen, Vertuschungen hinsichtlich der Sondervergütungen, der Bevölkerung erklären, Patienten stünden im Mittelpunkt, jedoch Gewinnorientierung zur wirtschaftlichen Zielstellung erheben, dubiose Heuschreckenfirmen an die Universitätsmedizin holen und erforderliche Reinvestitionen unterlassen – die Liste des Versagens ist lang. Und weil es aus unserer Sicht in erster Linie auch ein Versagen der Aufsichtsratstätigkeit ist, verlangen wir erstens, dass der Vorsitzende des Aufsichtsrates, Staatssekretär Schröder, von seiner Funktion entbunden wird,
zweitens, dass sich die Ministerin – das ist ja angekündigt – heute und hier erklärt, welche Konsequenzen sie aus den Geschehnissen an der Universitätsmedizin Rostock zieht.
Drittens erwarten wir eine Stellungnahme der Ministerpräsidentin, dass klargestellt wird, dass eine Gewinnorientierung im Gesundheitsbereich an den Einrichtungen unseres Landes nicht länger geduldet wird,
… eine Überarbeitung jeglicher Zielvereinbarungen. Sie müssen Vorgaben mehr denn je enthalten, die die Qualität der medizinischen Versorgung der Patientinnen und Patienten in den Blick nimmt.
Für die Landesregierung hat ums Wort gebeten die Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Bitte, Frau Hesse.
Werter Herr Kollege Koplin, ich finde, das ist ein Teil von Spielchen und Nebelkerzen, wenn Sie hier anführen, wer mit wem redet, worüber man redet.
(Peter Ritter, DIE LINKE: Nein, es geht nicht darum, wer mit wem redet, sondern wer wem seine Rede gibt. Da gibt es Unterschiede.)
Und ich finde es völlig legitim, wenn ein Politiker auf mich zukommt und einige Fragen beantwortet haben möchte
(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Simone Oldenburg, DIE LINKE: Ja, genau, Sie kriegen Applaus genau von denjenigen. Ganz prima!)
obwohl es mir ein bisschen schwer fällt, weil – ich halte mich jetzt in der Bewertung zurück – das schon eine denkwürdige Rede war, möchte ich einfach nur zwei ganz kurze Pünktchen rausgreifen, die Herr Koplin genannt hat,
weil immer wieder so mitschwingt, wir als Landesregierung würden in die Gewinnmaximierung streben. Dazu komme ich gleich noch. Sie haben gerade gesagt, es war ein Überschuss von 1,1 Millionen Euro.
Das sind bei einem Umsatz von 300 Millionen Euro nicht mal 0,6 Prozent. Das gehört zur Wahrheit, meine sehr geehrten Damen und Herren, auch dazu.
Und, Herr Koplin, Sie fordern Dinge, die längst normiert sind. Sie fordern die Ministerpräsidentin auf zu sagen, sie soll sich klar erklären, dass es keine Gewinnorientierung gibt. Lesen Sie bitte einfach in den Zielvereinbarungen des Landes nach! Dort in Ziffer 1 – ich kann es Ihnen nicht genau zitieren – steht genau das drin. Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir hier Dinge in den Raum werfen, dann, finde ich, müssen wir alle auch bei der Wahrheit bleiben.
Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, da gebe ich Herrn Koplin durchaus recht, er fordert Aufklärung. Dem komme ich auch gerne nach, weil ich glaube, dass es notwendig ist, dass wir aufklären, zumal, wenn man insbesondere die vergangenen Wochen Revue passieren lassen hat, denn dort hat sich sehr deutlich gezeigt, dass es einer Aufklärung – das hat Herr Koplin selber gesagt, und dem stimme ich auch zu –, einer Aufklärung über Begrifflichkeiten bedarf, mit denen wir nämlich in der Öffentlichkeit herumhantieren.
War es in der vergangenen Woche noch ein System von Boni, das mein Ministerium an der Unimedizin Rostock installiert haben soll, so sind es heute gewinnorientierte Sondervergütungen, die den Vorstandsmitgliedern dort winken.
Beides, meine sehr geehrten Damen und Herren, gibt es nicht. Richtig ist, dass die Vorstände eine variable Vergütung bekommen. Das ist nicht etwa eine sprachliche Spitzfindigkeit, sondern das ist ein zentraler Unterschied, was Sie hier – vielleicht bewusst, vielleicht unbewusst – in den Raum stellen,
denn es sind nicht etwa Zusatz- oder Sonderzahlungen an ein bestimmtes Ziel gekoppelt, sondern es ist einfach die volle Auszahlung des vereinbarten Gehalts. Das ist ein Unterschied. Das heißt – ich erkläre das noch mal ganz deutlich –,
ein Vorstand bekommt nur dann seine 100 Prozent, wenn er festgeschriebene Ziele erreicht. Ansonsten werden ihm je nach Vertrag zwischen 75 und 90 Prozent ausgezahlt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese variable Vergütung haben wir uns nicht ausgedacht, sondern sie ist normiert in Paragraf 102 Landeshochschulgesetz. Dort heißt es: „Mit den hauptberuflichen Mitgliedern werden für die Dauer ihrer Amtszeit leistungsabhängige Dienstverträge geschlossen.“ Dabei sind zwei Dinge wichtig: Zum einen hat der Gesetzgeber, sprich der Landtag, diese Regelung beschlossen, zum anderen steht da – ich bitte einfach, sich auch immer noch mal deutlich die Begrifflichkeiten anzusehen – „leistungsabhängig“, nicht Boni und nicht irgendwelche anderen Begrifflichkeiten.