Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Anwesende! Leiwe Mäkelborger un Vörpommern! Es ist nun auch für unser Bundesland an der Zeit, ein würdiges Denkmal für die friedliche Revolution vom Boden der DDR aus zu schaffen. Ein Gedächtnisort soll immer dazu mahnen, aus der Geschichte zu lernen. Mit Blick auf die vor fast nun 30 Jahren zu Ende gegangene DDR-Geschichte muss ich hier bekennen, dass ich mir große Sorgen mache – Sorgen um den Umgang mit der errungenen Demokratie. Es ist besorgniserregend zu beobachten, wie inflationär der Demokratiebegriff gebraucht wird. Er wird wie eine Monstranz für alles und jedes als Überschrift benutzt, insbesondere jedoch auch dazu, jede missliebige Meinung zu unterdrücken.
Die Demokratie ist zu wertvoll, um sie zum ideologisch besetzten Kampfbegriff herabzuwürdigen, mit dem die Spaltung der Gesellschaft vertieft wird.
Werte Damen und Herren, ein Gedächtnisort über das Ende der alternativlosen DDR vor 30 Jahren mahnt vor Zeiten einer sich als alternativlos gebärdenden Politik, wie wir sie gerade erleben, seien es die Energiewende, die Klimawende oder die Verkehrswende, um nur einige Beispiele zu nennen. Und, meine Damen und Herren, wir leben in Zeiten der Raute. Die Raute, auch Hashtag genannt, teilt unsere gesellschaftlichen Werte in Gut und Böse ein. Damit sich am Ende nur die guten Rauten im Netz durchsetzen, wurde hierfür extra ein Gesetz verabschiedet. Da das immer noch nicht reicht, um die Verbreitung böser Nachrichten zu verhindern, muss nun auch noch mittels eines vorgeschobenen Urheberrechtsschutzes nachgeholfen werden.
Bei Orwell in seinem „1984“ hieß das Motto, das so eine alternativlose Politik rechtfertigt, „Unwissenheit ist Stärke“. Aber war es nicht rückblickend gerade das ideologische Diktat der Alternativlosigkeit der DDR-Politik, das letztendlich vor 30 Jahren zu deren Zusammenbruch führte?
Meine Damen und Herren, wer sich gegenwärtig einen vom politischen Mainstream gesteuerten Zeitgeist abweichenden Standpunkt bewahrt, riskiert auch wieder, gnadenlos an den Pranger gestellt, ausgegrenzt und gesellschaftlich geächtet zu werden. Übrigens, wie schnell so ein zeitgeistgesteuerter Paradigmenwechsel sich vollzieht, erleben wir gerade exemplarisch bei dem Thema „Schule schwänzen“. Genau wie in der DDR hat man also wieder eine öffentliche Meinung zu äußern, die gesellschaftskonform ist, und seine tatsächliche Meinung bleibt dem privaten Bereich vorbehalten, wenn man nicht zu den Bösen zählen will.
„Big Data is watching you“ oder frei übersetzt „Die Raute beobachtet dich“ – so geht Politikverdrossenheit, meine Damen und Herren. Auch staatsfeindliche Hetze wäre so ein aufarbeitenswerter DDR-Straftatbestand. Begriffe wie „Hetze“ und „Hetzjagd“ werden wieder zunehmend moralisierend zur Polarisierung der Bevölkerung benutzt, egal, wie wenig Substanz im Einzelnen dahinter ist.
Werte Anwesende, bei so einem Gedächtnisort geht es gerade auch um die Darstellung der DDR-Geschichte und ihrer politischen Ideologie. In der DDR wurde gegen jede missliebige Meinung mittels der ideologischen Kategorie „Diktatur des Proletariats“ vorgegangen.
(Peter Ritter, DIE LINKE: Zurück oder vorwärts, da musst du dich entscheiden. Wenn du im Kreis gehst, dann bleibst du zurück.)
„Sag mir, wo du stehst!“ war damals die Frage, der sich mithilfe der Kulturschaffenden in Form des „Oktoberklubs“ jeder DDR-Bürger zu stellen hatte, denn es galt, wer nicht für uns ist, ist gegen uns, und wer gegen uns ist, ist ein Klassenfeind. Nun ersetze man mal das Wort „Klassenfeind“
durch das jetzt immer öfter zu hörende Wort „Demokratiefeind“, Herr Ritter, und beachte den zuvor geschilderten Kontext!
Dieses fast in Vergessenheit geratene Lied, wird gerade jetzt sinngemäß wieder von den Kulturschaffenden – Hashtag oder Raute –, in vielem neu angestimmt.
Meine Damen und Herren, um die Gegenwart besser zu verstehen, muss man in die Vergangenheit schauen.
Die Gedächtnisstätte muss zu einem Schaufenster werden, und werfen wir noch einen Blick hinein. Wer nicht politisch-ideologisch auf Linie war und sich in seiner Gesellschaftskritik nicht umstimmen ließ, der wurde kriminalisiert und war damit freigegeben – vogelfrei für das ganze Arsenal der Möglichkeiten der Stasirichtlinie Nummer 1/76 zur Entwicklung und Bearbeitung Operativer Vorgänge.
Viele Zeitzeugen des immer wieder verharmlosten DDRUnrechts leben noch, aber auch sie werden weniger. Deshalb ist es uns wichtig, dass die Gedenkstätte für sie ein würdiger Ort wird, wo ihnen dauerhaft Gehör zuteilwird, denn aus der DDR-Geschichte gibt es durchaus etwas zu lernen. Nur darf man die Aufarbeitung des DDR-Unrechts nicht ehemaligen Stasispitzeln in die Hände legen. Wie kann es sein, meine Damen und Herren, dass unter dem Dach der Bundeszentrale für politische Bildung eine Amadeu Antonio Stiftung
unter Führung der ehemaligen Stasispitzelin Anetta Kahane dauerhaft zur obersten Demokratieüberwachungsbehörde etabliert wird
und ausgerechnet auch noch mit der Aufarbeitung der DDR-Geschichte befasst ist, um dann die Geschichte der DDR neu zu erzählen? Für das Neuerzählen der Geschichte brauchte es in Orwells „1984“ noch ein Wahrheitsministerium. Wie hieß es dort richtig: „Wer die Vergangenheit kontrolliert, kontrolliert die Zukunft. Wer die Gegenwart kontrolliert, kontrolliert die Vergangenheit.“
Meine Damen und Herren, so eine Entwicklung ist ein Schlag ins Gesicht und eine Verhöhnung aller SEDOpfer, deren ehrendes Gedenken eine der Kernaufgaben unseres Gedächtnisortes in Waren sein sollte. Welche Folgen so eine fatale Entwicklung hat, kann man am Fall Hubertus Knabe beispielhaft studieren. Nicht zuletzt seine unermüdliche Kritik an mangelnder Aufklärungsbereitschaft wie auch im Fall jener Frau Kahane hat mit dazu beigetragen, dass Hubertus Knabe aus seinem Amt als Leiter der Berliner Gedenkstätte unwürdig verjagt wurde.
Das geschah im Übrigen exakt unter Zuhilfenahme genau jener Zersetzungsmaßnahmen, die in der vorgenannten Stasirichtlinie beschrieben worden sind.
Wie deutlich erkennbar, ist gerade mit Blick auf diesen Gedächtnisort in Waren der Satz aus Brechts Arturo Ui „Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch“
an Aktualität kaum zu überbieten. Nebenbei, Brecht hätte die heutige MeToo-Rauten-Bewegung wohl nicht unbeschadet überstanden.
Sie sehen, meine Damen und Herren, für die Aufarbeitung der DDR-Geschichte kommt diesem Gedächtnisort für unser Bundesland eine immense Bedeutung zu.
Wie man ebenfalls sieht, darf so etwas nie in die falschen Hände gelangen. Wir brauchen diesen Gedächtnisort auch,
damit sich der 30. Jahrestag des Mauerfalls nicht klammheimlich zu einem 70. DDR-Geburtstag zurückentwickelt, Herr Ritter.
Unsere Fraktion trägt den vorliegenden Antrag mit. Wir sehen aber gleichwohl keine Veranlassung, neben der Festveranstaltung dort auch noch eine Plenarsitzung durchzuführen, wie das von verschiedenen Stellen wohl schon angedacht worden ist. Der Tagungsort des Parla
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Landtag hat die Bedeutung des 30. Jubiläums der friedlichen Revolution für Mecklenburg-Vorpommern bereits in seinem Beschluss vom 23.11.2018 deutlich gemacht. Der Staat und die Gesellschaft der DDR durchliefen im Jahr 1989 in wenigen Monaten einen tiefer greifenden Veränderungsprozess. Alle Anstrengungen und Zugeständnisse der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, ihr Machtmonopol noch zu retten, waren zum Scheitern verurteilt. So zeigt es uns die Geschichte.
Durch den uneingeschränkten Freiheitswillen der Menschen in der DDR und auch in ganz Mecklenburg-Vorpommern wurde einem gewaltbereiten politischen System mit einer friedlichen Revolution auf der Straße ein Ende gesetzt.