legen Sie die einfach mal auf den Tisch und dann lassen Sie uns die in aller Breite diskutieren! Derzeit kann ich nur sagen, für das, was Sie hier heute abgeliefert haben, kriegen Sie von mir die Note „Sechs“. Sie sind als Opposition nicht bewertet worden, aber die Presse sollte da unbedingt noch mal nachlegen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Mitbürger! 75 Prozent meiner Fraktion wohnen im ländlichen Raum,
(Heiterkeit vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU, AfD und Freie Wähler/BMV – Patrick Dahlemann, SPD: In absoluten Zahlen.)
egal, welche Definition Sie zugrunde legen. Das ist für mich Anlass, mal darauf hinzuweisen, der ländliche Raum ist nicht gleich der ländliche Raum. Da gibt es große Unterschiede, und diese Differenzierung ist mir bisher zu kurz gekommen.
Ich selber wohne zum Beispiel in einem kleinen Dorf. Wir haben die üblichen Probleme, die man im ländlichen Raum vermutet: weit entfernte Schulen, lange Schulwege, ein unzureichender öffentlicher Personennahverkehr, eine sich ausdünnende medizinische Versorgung. Das könnte man jetzt noch fortsetzen. Das gibt es bei uns, aber ich muss auch sagen, wir sind in einem Feriengebiet und alle Bauern, Fischer und Handwerker, die bei uns leben, haben sich den Tourismus als zweites Standbein oder im Grunde genommen mittlerweile als erstes Standbein erarbeitet, das heißt, die wirtschaftliche Perspektive in unserer Region ist gegeben.
Andere Kollegen der Fraktion leben relativ nahe an für unsere Verhältnisse großen Städten, Stralsund und Greifswald, im sogenannten Speckgürtel. Das heißt, man lebt zwar idyllisch im ländlichen Bereich, hat aber die Stadt in der Nähe. Dort kann man arbeiten, dort kann man alles nutzen, was eine Stadt eben zur Verfügung stellt. Es ist nicht ganz das Gleiche, als ob man in der Stadt selbst lebt, aber es ist durchaus machbar. Wir haben weitere Orte, die sich zum Beispiel an den Autobahnen befinden. Wenn Sie von Hamburg in unser schönes Bundesland hineinfahren, dann sehen Sie an der A 24 blühende Gemeinden im ländlichen Raum mit großen Gewerbegebieten, mit Arbeitsplätzen und Steuereinnahmen. Auch das sind keine beklagenswerten Regionen, sondern dort gibt es eine wirtschaftliche Perspektive.
Sie merken, worauf ich hinaus will: Das alles Entscheidende im ländlichen Raum ist die wirtschaftliche Perspektive. Können die Menschen dort leben? Können sie Geld verdienen und können sie dann damit auch investieren und sich was erarbeiten, auch eine Infrastruktur finanzieren? Da gibt es tatsächlich noch die Kategorie vier – drei habe ich jetzt schon genannt –, die Kategorie vier, wo diese Perspektive schwieriger ist. Sie sind abseits der großen Städte, abseits der Verkehrsadern und sie haben keinen Feriengebietscharakter. Also der Tourismus fällt als zweite Säule aus.
In dieser Region, Herr Backhaus, ist natürlich die Landwirtschaft die absolute Grundlage, die Lebensgrundlage. Wir müssen alles dafür tun, dass die Landwirtschaft dort auch florieren kann. Dazu gehören weitere Wertschöpfungsmöglichkeiten, die Viehhaltung zum Beispiel, die Veredlungswirtschaft, auch die verarbeitende Industrie. Das sind Schwerpunkte, die meine Fraktion gerne für genau diese Art von ländlichem Raum setzen möchte, damit wir auch dort eine wirtschaftliche Perspektive haben. Diese Regionen werden nicht aufschließen können
mit einer Stadt Rostock, das ist vollkommen klar, aber sie können sich auf diesem Niveau halten, sie können auch der Bevölkerung eine Perspektive bieten. Darum geht es, eine Perspektive für den ländlichen Raum aufrechtzuerhalten.
Die drei Minuten sind noch nicht ganz um, aber ich glaube, man kann auch in wenigen Minuten wichtige Dinge sagen. – Danke schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ich finde, die Aktuelle Stunde ist immer ein guter Anlass, auf ein Thema etwas übergreifender einzugehen und sich vielleicht nicht ganz thematisch zu verengen, in einzelnen Gesetzesinitiativen zu verstricken und damit einen gewissen Tunnelblick zu haben.
Ich kann Ihnen sagen eingehend auf die Frage, als Sie, Herr Weber, uns Ihren Spaziergang geschildert haben, dass es doch sehr deutlich wird, Sie sind noch nicht in Mecklenburg-Vorpommern angekommen.
(Heiterkeit bei Jochen Schulte, SPD: Das dauert auch lange mit einem Dackel. – Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)
Sie reden immer noch von konservativen Wertvorstellungen aus Ihren Erfahrungen in Baden-Württemberg. Ich habe einen ähnlichen Kulturschock, wie Sie ihn erlebt haben, vielleicht vor 14 Tagen am Wochenende gehabt. Wenn man in Baden-Württemberg Fasching feiert, dann heißt es Fasnet, und bei der Fasnet sind schrecklich hässliche Trolle, Gnome und Hexen auf den Straßen unterwegs,
die vielleicht für den einen oder anderen in Kindheitserfahrungen abschreckende Erlebnisse bis heute projizieren. Ich kann Ihnen sagen, Herr Weber, das, was Sie gezeichnet haben, ist ein völlig absurdes Bild von dem ländlichen Raum im Jahr 2019 und hat mit MecklenburgVorpommern so ganz und gar nichts zu tun.
Ich würde eher sagen, wenn wir die Debatte der letzten Wochen verfolgen, dann müssen wir feststellen, wir reden immer noch ganz häufig – auch im 30. Jahr der friedlichen Revolution – über die Konflikte in Ost und West, die es zweifelsohne gibt. Ich denke aber, dass die Unterschiede, die Herausforderungen ganz Deutschlands in allen 16 Bundesländern doch viel mehr darin liegen, wie kriegen wir eigentlich das Auseinanderdriften in den großen Metropolen, in den großen Städten in der Bundesrepublik und in dem klassisch ländlichen Raum, in der kleinstädtischen Struktur in unseren Dörfern weiter hin.
Deshalb bin ich sehr froh und gucke meinen Kollegen Vincent Kokert an, denn wir beide durften in den Koalitionsverhandlungen das Thema „Kommunen und ländliche Räume“ aus der Sicht Mecklenburg-Vorpommerns – zugegeben für zwei unterschiedliche Parteien – besprechen, und wir haben uns am Ende auf einen Kompromiss geeinigt, wo die Erwartungshaltung hoch ist. Wir haben eine Kommission zur Betrachtung der gleichwertigen Lebensverhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland eingerichtet.
Warum haben wir daraus eine Kommission gemacht? Weil man ehrlicherweise sagen muss, dass wir uns in den Koalitionsverhandlungen noch nicht genügend darauf einigen konnten, was denn die tatsächlichen Erwartungshaltungen der jeweiligen Koalitionsparteien sind. Deshalb bin ich sehr, sehr froh, dass die Länderchefs – bei uns mit Ministerpräsidentin Manuela Schwesig – dieses Thema zur Chefsache machen und sagen, wir gucken uns sehr wohl ganz genau an, was wollen wir für Mecklenburg-Vorpommern rausholen, wo müssen wir besser werden und wo muss uns diese Bundesregierung dabei noch stärker unterstützen. Darauf können wir an dieser Stelle nur setzen.
Aber, Herr Weber, ich will Ihnen auch sagen, diesen Abgesang des ländlichen Raums, den Sie versucht haben zu zeichnen, den erlebe ich deutlich anders und frage mich: Sprechen Sie eigentlich mit den ehrenamtlichen Bürgermeistern in diesem Land? Sprechen Sie eigentlich mit den ehrenamtlichen Bürgermeistern in Mecklenburg und Vorpommern? Wissen Sie, was die gerade beschäftigt? All das, was Sie geschildert haben, höre ich nicht. Ich sage Ihnen mal, womit die mir die Bude einrennen, was nicht unbedingt immer leichter ist, aber Herausforderungen sind, die wir gerne anpacken.
Ich höre: Wir haben einen massiven Zuzug, wir haben einen Zuzug von Rückkehrern, die Anfang und Mitte der 90er- und 2000er-Jahre unser Bundesland verlassen mussten, die zurückkehren wollen, die sich fragen, wo habe ich attraktiven Wohnraum, wie kriege ich mein Kind in die Kita, wie kriegen wir das hin, dass die Schule nicht aus allen Nähten platzt, und wie schaffen wir es auch, eventuell Neubauland zu schaffen. Das sind die Fragen, die die Bürgermeister uns stellen. Darauf müssen wir Antworten finden und so gehen wir – zumindest als SPD- und CDU-Koalitionsfraktion – dieses Thema an. Ich kann Ihnen auch sagen, alle Programme, die wir in den letzten Monaten als Landesregierung und als koalitionstragende Fraktion auf den Weg gebracht haben, sind immer darauf ausgerichtet, den Blick des ländlichen Raums viel stärker einzunehmen.
Sie haben ein verheerendes Bild der verfallenen Gutshäuser gezeichnet. Gucken Sie sich doch mal die einzelnen Beispiele an, wo Kommunen gemeinsam mit Landkreisen und Land kraftvoll den Wiederaufbau dieser Einrichtungen geschafft haben! Ich könnte Ihnen sofort etliche Beispiele nennen. Ich gebe zu, mein Vorpommernblick ist da etwas intensiver, aber wenn wir uns Ferdinandshof, Griebenow, Spantekow, die Bemühungen in Diewitz und Ludwigsburg angucken, dann nehmen wir dieses Thema sehr ernst.
Die Justizministerin war kürzlich unterwegs in meinem Wahlkreis und hat in Lübs die Modernisierung einer Kirche gefördert. Auch das ist ein Kraftakt, den wir als Lan
desregierung in diesem Landeshaushalt annehmen. Die Kirchen sind, lieber Herr Vincent Kokert, ein Gesicht und eine dieser wichtigen Institutionen im ländlichen Raum, die wir als Landesregierung mit Kraft unterstützen.
Und die Programme, die diskutiert werden: ja, der Breitbandausbau, ja, das schnelle Internet. Er mag uns allen vielleicht nicht schnell genug gehen, aber wir müssen doch mal ehrlicherweise festhalten, der Breitbandausbau ist das Förderprogramm für den ländlichen Raum.
Wir haben keine Wirtschaftlichkeitslücke in den Stadtzentren in Schwerin und Rostock, wir haben das in den Randlagen, in den dünn besiedelten Gegenden. Und deswegen ist das das wichtigste Wirtschaftsförderprogramm unter Federführung von Minister Christian Pegel, was wir dazu auf den Weg gebracht haben.
Wir diskutieren das Thema Mobilfunk. Da kann man jetzt Wortklauberei betreiben, ob man nun 5G an jeder Milchkanne braucht oder nicht. Aber wofür steht die Milchkanne? Die Milchkanne steht beispielhaft dafür, dass wir im Vorfeld nicht wieder Gegenden auslassen, weil es irgendwelche klugen Leute gibt, die es wissen und uns vorrechnen wollen, wie teuer das alles ist. Nein, wir wollen Mobilfunklöcher schließen.
Und diese Mobilfunklöcher sind auch vorwiegend im ländlichen Raum vorhanden. Deswegen ist dieses 50Millionen-Paket auch da eine Förderung des ländlichen Raums. Wir haben es auf den Weg gebracht.
Vincent Kokert ist eingegangen auf das Thema „Feuerwehrförderung – 50 Millionen“. Auch das ist ein Thema für den ländlichen Raum. Wir haben funktionierende, gut ausgestattete Berufsfeuerwehren in unseren großen Städten des Landes. Das sieht im Bereich der ehrenamtlichen kleinen Feuerwehren schon ganz, ganz anders aus. Und ich bin sehr froh darüber, dass wir in unseren Koalitionsreihen, in unserer Fraktion zwei hervorragende Kenner dieses Werks mit Thomas Schwarz und Ralf Mucha haben,
die seit Jahren bei dem Thema Feuerwehr den Finger in die Wunde legen. Das 50-Millionen-Paket kommt in den Dörfern, kommt im ländlichen Raum an.
(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU: Wer war das jetzt noch mal?)
Ich wundere mich schon ein bisschen darüber, lieber Herr Weber, dass Sie von dem Stichwort „ländliche Gestaltungsräume“ anscheinend noch nichts gehört haben.
Wir haben mutig zu Beginn dieser Legislatur definiert, ja, wir haben Orte, wir haben Gegenden, wo die Herausforderungen für den Staat größer sind als in anderen Gegenden. Wir haben in einer Wortdebatte im Detail hingeguckt, wie nennen wir es am Ende. „Ländliche Gestaltungsräume“ – vier Modellregionen, wo die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister ihre Ideen einbringen können, wir vielleicht über Themen wie Standarderprobungsgesetz weiter hinausgehen können und damit diesen ländlichen Raum in Mecklenburg-Vorpommern zukunftssicher machen. Da sind wir auf einem guten Weg.
Wenn wir uns das Thema Schule angucken – auch das ist ein Bekenntnis der Landesregierung. Wir könnten es uns leichtmachen, wir könnten sagen, Schulbauprogramm, die Kinder kommen in den Städten zur Schule, da haben wir die Lehrer, da haben wir die gute Ausstattung. Nein, wir halten an den kleinen Grundschulen auf dem Lande explizit fest. In meinem Wahlkreis gibt es zwei solcher Schulen: in Ahlbeck und in Leopoldshagen. Und ich kann Ihnen sagen, lieber Vincent Kokert, auch das ist ein Gesicht des ländlichen Raums: die Schulleiterinnen und Schulleiter, die Lehrerinnen und Lehrer,