Protokoll der Sitzung vom 14.03.2019

(Ministerin Stefanie Drese: Da gab es auch schon Lieder von. – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

und zwar in einer Höhe von 1,20 Meter zum Beispiel. Solche Dinge stehen im Nachbarrechtsgesetz SchleswigHolstein und ganz viele Details, wo man sich schon fragt, ob wir das brauchen.

(Zuruf von Dietmar Eifler, CDU)

Wir haben uns mit dem Thema – wir hatten es im Rechtsausschuss auch schon – aber trotzdem beschäftigt, weil das Problem ist ja nun mal da, und haben sowohl den Deutschen Richterbund als auch, und das ist das Entscheidende, den Bund Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen zu diesem Thema befragt. Und wir haben – dass es so einhellig ist, wusste ich vorher, ehrlich gesagt, auch nicht – sehr eindeutig die Empfehlung bekommen, ein Gesetz nicht anzustreben.

Herr Förster hat es schon gesagt, vor Gericht gibt es gar nicht so oft solche Verfahren. Natürlich nicht, und warum? Weil diese Verfahren meistens von den Schiedsleuten vorher geklärt werden, und das ist auch gut so, weil die Schiedsgerichte natürlich versuchen, die Nachbarn zu befrieden.

Diese Schiedsrichter, wenn man so will, leisten offenbar eine gute Arbeit. Sie sind ehrenamtlich tätig. Es ist ja

immer sehr beliebt, sich hier in einer Rede zu bedanken. Das möchte ich jetzt auch mal tun, und zwar bei den ehrenamtlichen Schiedsleuten im Land für ihre Arbeit, weil ich es extrem wichtig finde.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD, CDU und Bernhard Wildt, Freie Wähler/BMV)

Danke.

Ich finde es extrem wichtig, dass man alles tut, um Gerichtsverfahren zu vermeiden, weil wenn die Nachbarn anfangen, vor Gericht zu ziehen, ist ihr Verhältnis für immer zerrüttet. Das Gericht bleibt natürlich als letztes Mittel, aber hier gibt es auch Regeln. Wir haben keinen rechtlosen Raum,

(Unruhe vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Glocke der Vizepräsidentin)

es gibt schon auch Rechtsschutz nach geltendem Recht aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch und der Rechtsprechung. Die Gerichte selbst sagen aber, dass sie ein Nachbarrechtsgesetz nicht brauchen. Die Schiedsleute, die hauptsächlich mit der Materie zu tun haben, brauchen es auch nicht, sodass wir uns der Meinung angeschlossen haben, dass wir kein Nachbarrechtsgesetz in Mecklenburg-Vorpommern wollen. – Vielen Dank.

(Beifall Bernhard Wildt, Freie Wähler/BMV)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Ehlers.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! „Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbar nicht gefällt.“ So heißt es im „Wilhelm Tell“ von Friedrich Schiller, und ich finde das schon sehr spannend. Die AfD hat heute, glaube ich, zweimal vorgeworfen, hier Schaufensteranträge vorzulegen. Wenn man dann ein Thema, was, ich glaube, im Januar im Rechtsausschuss schon abschlägig beschieden wurde durch die Mehrheit, in dem wir gesagt haben, wir wollen keine Expertenanhörung, kein Expertengespräch zu dem Thema, weil wir die Notwendigkeit eines solchen Gesetzes nicht sehen, hier wieder vorlegt, wohl wissend, wie die Debatte im Fachausschuss gelaufen ist, dann zeigt das, dass wir da sehr nah nicht nur am Gartenzaun sind, sondern wahrscheinlich auch sehr nah am Schaufenster.

(Zuruf von Wolfgang Waldmüller, CDU)

Es ist richtig, dass wir neben den Stadtstaaten Hamburg und Bremen das einzige Bundesland ohne Nachbarschaftsgesetz sind, aber das muss aus meiner Sicht nicht unbedingt schlecht sein. Die Justizministerin hat in ihrer Rede auch darauf hingewiesen, dass wir auf Kommunikation und auf Streitschlichtung setzen und dass hier im Land keine entsprechende gesetzliche Regelung geplant ist. Deswegen wäre es natürlich auch in der Tat konsequenter gewesen, hier heute einen eigenen Antrag, einen Gesetzentwurf auf den Tisch zu legen und nicht die Regierung zu etwas aufzufordern, von dem Sie selbst nicht überzeugt sind.

(Zuruf von Wolfgang Waldmüller, CDU)

Wenn man sich mal die Zahlen für MecklenburgVorpommern anschaut – und wir haben gestern über Amtsgerichte, über die Arbeitsbelastungen diskutiert –: 2017 waren unter den 15.500 Zivilverfahren bei Amtsgerichten in Mecklenburg-Vorpommern nur 197 Nachbarschaftssachen, das entspricht 1,3 Prozent. In Hamburg, wo es ebenfalls kein Nachbarschaftsgesetz gibt, wurden 2017 von 32.750 Zivilrechtsverfahren nur 26 Nachbarschaftssachen von den Amtsgerichten verhandelt. 2018 wurden an den Amtsgerichten in M-V 223 Neuzugänge registriert und 179 Verfahren für erledigt erklärt. Uns allen – und deswegen fand ich den Vortrag der Ministerin hier dabei sehr hilfreich – ist doch auch klar, dass sich nicht alle Formen von nachbarschaftlicher Auseinandersetzung gesetzlich regeln lassen können. Und – das ist mir ganz wichtig festzustellen – auch ohne ein entsprechendes Gesetz leben wir hier nicht im rechtsfreien Raum,

(Thomas Krüger, SPD: So ist es.)

sondern es gibt jetzt auch schon hier bundes- und landesgesetzliche Regelungen, die einschlägig sind.

Im BGB – das ist, glaube ich, auch schon zitiert worden – sind unter den Paragrafen 903 bis 924 einige nachbarrechtliche Grundsätze normiert. Wenn man sich mal anschaut, was da so alles normiert ist: Beispielsweise ist die Frage geregelt, wenn Wurzeln oder Zweige des Nachbarbaumes in den eigenen Garten hineinwachsen, wenn dort Früchte auf das Nachbargrundstück fallen, also alle Themen, mit denen man sich beschäftigt, wenn man selbst Hauseigentümer ist.

Es wird hier behauptet, dass wir in Mecklenburg-Vorpommern das Nachbarschaftsgesetz anderer Bundesländer nutzen, um Rechtsprechung zu finden. Das ist, glaube ich, nicht der Fall an der Stelle. Vielmehr wird sich natürlich an der Rechtsprechung anderer Länder orientiert, und die Vielzahl der Fälle dort zeigt auch, dass man nicht alle Probleme mit Nachbarschaftsgesetzen lösen kann. Und deswegen ist es, glaube ich, gut und richtig, dass hier das Land andere Wege geht.

Die Justizministerin ist darauf eingegangen und am Ende des Tages sollten wir alle auch immer berücksichtigen, dass das in der Tat ein sehr sensibles Thema ist. Seinen Nachbarn kann man sich in der Regel nicht aussuchen, und deswegen ist auch jeder gut beraten, da man ja länger als zwei oder drei Tage nebeneinander wohnt, möglichst zu versuchen, die Dinge im Dialog und im Konsens zu lösen und nicht unbedingt jedes Mal vor Gericht zu ziehen. Und wie gesagt, es gibt heute schon die rechtlichen Möglichkeiten, wir sind nicht im rechtsfreien Raum und wir reden gern über Abbau von Bürokratie und dass wir nicht noch mehr Gesetze und Verordnungen brauchen. Das ist auch gerade wieder kritisiert worden vor Kurzem, und ich glaube, hier leisten wir einen aktiven Beitrag dazu, indem wir nicht noch neue und aus unserer Sicht nicht notwendige Gesetze auf den Weg bringen. Deswegen lehnen wir Ihr Ansinnen auch ab. – Herzlichen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU – Thomas Krüger, SPD: Vielen Dank, Herr Kollege.)

Ums Wort gebeten hat noch einmal für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Herr Förster.

(Thomas Krüger, SPD: Jetzt hören wir, warum wir mehr Bürokratie brauchen.)

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will es kurz machen,

(Wolfgang Waldmüller, CDU: Nein! – Torsten Renz, CDU: Sehr gut!)

da das Ende abzusehen ist, aber den Vorwurf des Schaufensterantrages lasse ich nicht auf mir sitzen.

(Beifall Jens-Holger Schneider, AfD – Zuruf von Manfred Dachner, SPD)

Ich hatte zwar auch damit gerechnet, nun hatte ich aber, der ich von dem Antrag überzeugt bin, doch die Vorstellung, dass man hier vielleicht zum Konsens kommen könnte.

(Thomas Krüger, SPD: Niemals! – Torsten Renz, CDU: Nee!)

Aber wir sind auch nicht so dumm – so würde ich es sehen –, dass wir jetzt bei dieser doch düsteren Prognose einen Entwurf komplett vorgelegt hätten. Dieser hätte sich, das habe ich auch gesagt, an Schleswig-Holstein angelehnt, das hätten wir dann mehr oder weniger abgeschrieben, weil das hier passend ist.

(Zuruf von Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE)

Gerade nach den Erfahrungen im Richterwahlausschuss mit der Gerichtsstruktur, denke ich mal, müssten Sie das nachvollziehen, dass ich hier den praktischen Weg gegangen bin.

(Heiterkeit bei Martina Tegtmeier, SPD – Peter Ritter, DIE LINKE: Na, nicht so einfach aufgeben! Kämpfen, Herr Förster, kämpfen! – Heiterkeit und Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Nur ein paar Argumente: Natürlich kann man das alles von zwei Seiten sehen, aber allein bei dem Umstand, dass wir das einzige Flächenland sind, das auf ein Nachbarrechtsgesetz verzichtet, muss oder könnte man doch in der Zeit darüber nachdenken, ob die anderen wirklich alle aus reinster Freude an Bürokratie ihre Nachbarrechtsgesetze installiert haben.

(Beifall Jens-Holger Schneider, AfD – Zurufe von Dietmar Eifler, CDU, Wolfgang Waldmüller, CDU, und Peter Ritter, DIE LINKE)

Die richtigen Nachbarstreitigkeiten sind nicht unbedingt die, wo zwei sich über Anpflanzungen streiten, das ist völlig richtig. Das sind richtig unangenehme Fälle, wo tiefer sitzende Animositäten ausgefochten werden, zum Beispiel auch so ein Renner, dass der eine den anderen mit einer Kamera beäugt, teils nur mit einer Attrappe. Das habe ich schon gehabt. Aber so zu tun, als ob jetzt ein Nachbarrechtsgesetz sozusagen Streitverursacher wäre, dass die Leute daraufhin sich erst mal alle Anpflanzungen angucken und dann aufeinander losgehen, das würde übrigens nicht sein, weil bei der Geltung eines neuen Gesetzes – gerade das ist da auch geregelt –,

(Zuruf von Wolfgang Waldmüller, CDU)

bei Anpflanzungen, die vorher statthaft waren, wären die dann nicht davon erfasst. Das ist schon wirklich abenteuerlich.

Fakt ist, dass das BGB, da kann man reden, wie man will, nur gewisse Dinge regelt, und zu großen Bereichen, die in der Praxis eine wesentliche Rolle spielen, vor allem Anpflanzungen und Abstände, nichts sagt. Und da sind klare Regelungen sinnvoll und richtig, vor allem deshalb, weil wir nach der jetzigen Regelung in der Tat oft völlig auf die Einstellung des jeweiligen Richters angewiesen sind. Das sind alles Fälle, die vom Streitwert her in der Regel bei einem Richter enden, das heißt, bei einem Richter, an den Sie konkret geraten, der bis zur Geschmacksfrage hin das so oder so sehen kann. Da ist dann Schluss, aus. Da gibt es keine Berufung, dem sind Sie ausgeliefert. Und mangels konkreter Regelungen kann man natürlich Abstände und was da richtig angemessen ist – mehr haben Sie da nicht als solche weichen Begriffe –, völlig unterschiedlich sehen. Sie sind also wirklich oft komplett der Weltanschauung oder dem Geschmack des Richters ausgeliefert.

(Torsten Renz, CDU: Eigentlich wollten Sie es kurz machen. – Heiterkeit bei Simone Oldenburg, DIE LINKE: Das musst du gerade sagen!)

Ja, ist ja eigentlich auch kurz, ne?

(allgemeine Unruhe – Thomas Krüger, SPD: Relativ. – Zuruf von Simone Oldenburg, DIE LINKE – Glocke der Vizepräsidentin)

Und wenn dann gesagt wird, dass ein neues Gesetz oder eine neue Regelung neue Probleme schafft – natürlich, das ist immer so, wenn man Juristen Handwerkszeug in die Hand gibt,

(Andreas Butzki, SPD: Immer, wenn einer sagt, kurz, dann redet er immer lang.)

aber das Beispiel des Bambus war wirklich nicht sehr zutreffend.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Das ist völlig klar, dass man das wie eine Hecke oder sonst was behandelt, und es nicht als kleines Gras angesehen wird.