Protokoll der Sitzung vom 15.03.2019

Wir haben große Unterschiede auch in unserem Bundesland Mecklenburg-Vorpommern. In der Aktuellen Stunde hatte ich schon darüber gesprochen, wir haben prosperierende Regionen an der Autobahn A 24, wenn Sie von Schleswig-Holstein kommend in unser Land hineinfahren. Wir haben natürlich ebenso abgehängte Regionen, das bestreitet von uns hier auch niemand. Deswegen brauchen wir diesen solidarischen Ausgleich. Genau das ist ebenfalls im Finanzausgleichsgesetz geplant. Man könnte analog zu Bayern darüber nachdenken, das in die Verfassung aufzunehmen, um einfach noch mal ganz deutlich zu machen in einer Zeit wie heute, wo doch der Egoismus eher um sich greift, zu sagen, nein, wir stehen zusammen, der Stärkere hilft dem Schwächeren.

Deswegen beantrage ich im Namen meiner Fraktion, dass genau dieser Punkt II.1 einzeln abgestimmt wird, und zwar in einer leicht geänderten Form: „Der Landtag wird eine Verfassungsänderung prüfen, um die Förderung gleichwertiger Lebensverhältnisse und Arbeitsbedingungen als Staatsziel in die Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern aufzunehmen, um den Bemühungen mehr Nachdruck zu verleihen.“ Diesen Passus möchten wir bitte in den zuständigen Ausschuss, also in den Rechtsausschuss überwiesen haben. Dort soll dann darüber diskutiert werden, ob uns diese Verfassungsänderung etwas bringt.

Den Antrag insgesamt lehne ich aus den genannten Gründen im Namen meiner Fraktion ab. Es ist, wie ge

sagt, zu wenig stringent. Ich empfehle, dass wir lieber über einzelne Punkte einzeln debattieren. – Vielen Dank.

(Beifall Dr. Matthias Manthei, Freie Wähler/BMV)

Herr Fraktionsvorsitzender, vielleicht könnten Sie noch mal nach vorne kommen, ich weiß nicht, ob alle mitgekriegt haben, worin jetzt Ihre Änderung besteht.

(Bernhard Wildt, Freie Wähler/BMV: Ich habe es aufgeschrieben.)

Gut.

Für die Fraktion der SPD hat jetzt das Wort der Abgeordnete da Cunha.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es spiegelt sich so ein bisschen die Debatte aus der Aktuellen Stunde wider, was ich gar nicht schlecht finde – wir als das größte Flächenland mit dem auch größten Problem an der Stelle, den größten Herausforderungen und mit dem größten Interesse daran, dass wir dafür Lösungen finden, dass wir dafür Alternativen aufmachen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir diskutieren über den Antrag der Fraktion DIE LINKE „Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse im ganzen Land“. Als ich den Antrag gelesen habe, dachte ich zuerst, wie bei so einem schönen Puzzle, wo man sich freut. Ich habe selbst als Kind in einem kleinen Dorf mit fünf Häusern gewohnt. Da dachte ich, was für ein tolles Puzzlebild draußen auf diesem Karton, und dachte, wow, das kann was Tolles werden. Ich habe es aufgemacht. Es muss Ihnen wohl passiert sein, dass Sie da zig verschiedene Puzzle zusammen reingeschmissen haben, denn beim Zusammensetzen funktioniert das einfach nicht. Also das, was außen drauf ist, ist nicht drin, und es funktioniert auch nicht, wie Sie das aufgeschrieben haben. Sie haben da eine Menge zusammengebracht, also leider zu viel Versprechungen als das, was drin ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, als ich ein Junge war, ich habe es gerade erzählt, hatte das Dorf fünf Häuser. Bei uns gab es weder Arzt noch einen Lebensmittelversorger, es gab keinen Bus, es gab kein Rathaus, es gab kein Dorfzentrum. Es gab …

(Torsten Renz, CDU: Aber mit dem Hund konnte man spazieren gehen? – Simone Oldenburg, DIE LINKE: Aber mit einem Dackel konnte man spazieren gehen?)

Mit dem Hund kann man sehr gut spazieren gehen direkt am Wald.

(Zurufe von Patrick Dahlemann, SPD, und Torsten Renz, CDU)

Wir sprechen jetzt über das Mobilfunknetz der fünften Generation. Es gab die vierte Generation nicht, die dritte, die zweite nicht. Wir hatten damals, weil es keinen Telefonanschluss gab, weil uns das Kupferkabel fehlte, ein Telefon im damaligen C-Netz.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD)

Ich weiß nicht, ob Sie die Anlage noch kennen, sie war ein bisschen größer.

(Heiterkeit und Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Ich glaube, man hätte sie heutzutage gar nicht mehr in ein Flugzeug reinbekommen.

Aber ich will weg von vor 25 Jahren. Ich habe gelernt, wir debattieren darüber, was aktuell ist. Seit 25 Jahren – vor 30 Jahren andere, bei mir ist das Bild 25 Jahre, weil es der Moment ist, wo ich mich erinnere, wo ich durch dieses Dorf gelaufen bin – hat sich eine Menge getan. Ich bin vor wenigen Monaten als Erwachsener durch dieses Dorf gefahren und musste feststellen, als Junge war das ein riesiges Dorf, jetzt ist es sehr klein, sehr verwinkelt und hat trotzdem gemachte Straßen. Es ist in der gesamten Region gut eingebunden.

Meine Damen und Herren, wenn man Revue passieren lässt, was wir in diesem Land erreicht haben, was wir in diesen 30 Jahren gemacht haben und was wir auch an Maßnahmen haben, dann kann man schon sagen, dass wir im bundesweiten Vergleich bei dieser Frage, wie wir mit West und Ost umgehen, doch einen Vorteil haben, denn das, worüber wir im Bund sprechen, machen wir schon. Wir stellen uns regelmäßig die Fragen: Wie ist der Unterschied zwischen Stadt und Land? Wie ist der Unterschied auch bei uns im Land zwischen West und Ost? Wie ist bei uns der Unterschied zwischen den urbanen Gebieten, wo wir die ganzen Angebote haben, zu den Orten, die sehr, sehr weit weg sind von diesen urbanen Gebieten? Denn das ist ja die große Frage. Wir können in dem urbanen Raum, wir können auch in den kleinen Zentren sehr viele Angebote machen, aber wir können sie nun einmal nicht bis in das Dorf mit fünf Einwohnern, in dem ich gewohnt habe, bringen, selbst, wenn wir unser Dorfladenprogramm haben, mit dem wir versuchen, multifunktionelle Räume zu schaffen, wo auch mal ein Arzt hinkommen kann, wo auch mal ein Friseur hinkommen kann, wo man Angebote schafft. Das wäre einfach an der Stelle zu klein.

Deswegen müssen wir uns die Frage stellen: Wie sehen alternative Konzepte aus? Was sind Möglichkeiten? Wie schaffen wir es, auch Mobilfunk, Internet in den letzten Bereich zu bekommen, dass man vor Ort arbeiten kann, denn der Arbeitgeber kommt nicht immer zu einem. Wir wollen möglichst flexible Arbeitsbedingungen schaffen. Wir wollen es schaffen, dass wir überall arbeiten können. Wir wollen möglichst viel Freizeit gerade für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Dafür brauchen wir den Breitbandausbau, bei dem, wie der Minister schon gesagt hat, der Digitalisierungsindex inzwischen auf Nummer eins war, bei denen, die die größte Steigerung hatten.

Wir müssen uns die Frage stellen, wie wir auch in den abgelegensten Orten Mobilfunk hinkriegen. Wir haben darüber gesprochen in der Aktuellen Stunde, wie wir mit Feuerwehren umgehen, wie wir es hinkriegen, dass wir die zentralen Orte unterstützen können, dass wir mit einem großen Programm es hinbekommen, dass diejenigen, die sich ehrenamtlich für das Leben im Dorf, für das Leben im ländlichen Raum einsetzen, unterstützt werden, dass die auch für ihr Engagement belohnt werden. Natürlich ist ebenso die Frage, wie organisieren wir die medizinische Versorgung. Wenn man abgerundet die gesamte Landtagsdebatte in dieser Woche betrachtet, hat sie

viele Punkte aufgegriffen, zum Beispiel die medizinische Versorgung. Da greife ich gern noch mal die Worte „Telemedizin“ und „Telematik“ auf. Wie können wir es hinbekommen, dass man nicht immer nur einen Ansprechpartner hat, sondern dass man die Daten vor Ort übermitteln kann?

Wir müssen an neuen Konzepten arbeiten und wir müssen uns ebenfalls überlegen, wie wir es schaffen, gerade diejenigen zu unterstützen, die Ideen vor Ort haben. Wir sprechen darüber, wie wir auch am Rande von den großen Zentren bei uns im Land Innovationszentren gründen können, die Ideen auch dort weiterentwickeln können. Aber gleichzeitig müssen wir die Rahmenbedingungen schaffen, dass die auch in die Fläche gehen können, dass die unser wunderschönes Bundesland nutzen können, um dort zu leben und zu arbeiten.

Gucken wir uns konkret an, was wir im Antrag, in diesem zusammengepuzzelten Antrag der Fraktion DIE LINKE haben. Da muss ich sagen, ich bin bei Punkt I ein bisschen enttäuscht, denn dieses Bekenntnis bei Punkt I hat keinen richtigen Mehrwert. Einfach nur reinzuschreiben, was passiert ist in den Jahren, dafür sind dieser kleine Punkt und dieses zusammengewürfelte Thema viel zu schwach. Ich finde es ziemlich unangemessen, das einfach so dort reinzuschreiben.

Bei den in Punkt III geforderten Maßnahmen finde ich gerade diese Frage, wie wir es hinbekommen mit der ständigen Abwägung, die wir in der Landesregierung, die wir in der Landeskoalition, die wir als Landtag, die wir in Ausschüssen machen. Die Fragen, was bedeutet das für den ländlichen Raum, die nehmen wir uns ja schon vor. Wir haben als Fraktion jederzeit die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Wir können Experten benennen. Wir können dort unsere Expertise und die Expertise vieler anderer einbringen, um diese Abwägung zu machen, die auch schon im Vorfeld gemacht wird.

Wir haben gerade schon gehört die Frage der Verfassungsänderung. Wir haben die Frage des Expertengremiums, ein Expertengremium, wie es auf Bundesebene vor sieben, acht Monaten eingesetzt wurde. Unser Expertengremium soll auf den Erkenntnissen, auf den Bericht der Bundesexpertenkommission aufbauen, steht in diesem Antrag. Die Expertenkommission wird voraussichtlich frühestens nächstes, übernächstes Jahr fertig sein, den Bericht haben. Wenn wir dann auf diesen Bericht aufbauen, denke ich, werden wir es so auch gar nicht mehr schaffen, überhaupt dort zu einem sinnvollen Ergebnis zu kommen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Frage, die aufgeworfen wird – Sie haben es gerade schon gesagt, in der bayerischen Landesverfassung ist auch noch der Begriff „Arbeitsbedingungen“ mit dran –, taucht in dem Antrag der Fraktion DIE LINKE an einer Stelle auf, und das ist die Forderung, dort in die Verfassung reinzuschreiben, nicht nur die gleichwertigen Lebensbedingungen, sondern auch die Arbeitsbedingungen. Ansonsten wird auf diesen Passus nirgendwo hingewiesen. Es wird nirgendwo untermauert und es wird auch nicht die Frage erklärt, was genau mit der Schaffung der gleichwertigen Arbeitsbedingungen jetzt an dieser Stelle gemeint ist. Vielleicht ist es auch der Versuch, uns etwas unterzujubeln, dann irgendwann noch mal eine Debatte anzuregen und dann zu sagen, wir haben es falsch aufgenommen, wir haben es falsch verstanden und es war ja alles

falsch, was wir gesagt haben. Ich bin ehrlich gesagt ganz froh, dass heute ein Großteil der Einbringungsrede darin bestand, die Vorhaben, Initiativen und Visionen unserer Ministerpräsidentin Manuela Schwesig wiederzugeben,

(Torsten Renz, CDU: Das musste genannt werden, jawoll! – Zuruf von Bernhard Wildt, Freie Wähler/BMV)

zu sagen, dass wir wirklich die Vorhaben, die dort sind, die Ideen, die dort sind, umsetzen können.

(Heiterkeit bei Torsten Renz, CDU: In welcher Partei ist sie noch mal?! – Heiterkeit bei Bernhard Wildt, Freie Wähler/BMV – Zuruf von Patrick Dahlemann, SPD)

Ich denke, meine Damen und Herren, dass wir alleine aus Sicht der Handlungsfähigkeit des Landtages und der Landesregierung genug Gründe haben, um den vorliegenden Antrag abzulehnen, obwohl das Thema der ländlichen Räume, das Thema, wie wir es hinbekommen, für alle Menschen in diesem Land, egal, ob sie in großen Städten leben, egal, ob sie im kleinsten Dorf mit nur fünf Häusern wohnen, vergleichbare Lebensbedingungen zu haben, dass man vergleichbare Chancen hat, auf die Daseinsvorsorge zuzugreifen, dass man dieselben Chancen hat, sich zu entwickeln, dass die Kinder dort aufwachsen können und die Potenziale unserer Gesellschaft auch in Zukunft mit den digitalen Möglichkeiten genutzt werden können, um so unser Land voranzubringen, unsere Wirtschaft

(Bernhard Wildt, Freie Wähler/BMV: Und alles überhaupt.)

und unsere touristischen Bereiche, um all dieses weiterzuentwickeln, ich hoffe, dass wir darüber auch in Zukunft noch viel diskutieren können. Aber den vorliegenden Antrag werden wir ablehnen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Franz-Robert Liskow, CDU)

Jetzt hat das Wort der fraktionslose Abgeordnete Arppe.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren! Eine Angleichung der Lebensverhältnisse in Ost und West lässt sich nachhaltig nicht durch Umverteilung erreichen, sondern dadurch, dass sich hier im Osten, hier in Mecklenburg-Vorpommern mehr produzierende Unternehmen ansiedeln, die Arbeitsplätze und somit auch Wohlstand schaffen. Das geschieht leider nicht in ausreichendem Maße.

Warum? Wenn zum Beispiel das Magazin der „Stern“ auf seiner Titelseite eine Karte von Ostdeutschland abbildet, braun eingefärbt, und dann in Fraktur dazuschreibt, „Der Schandfleck“, wenn ein Bundespräsident Deutschland in Hell- und Dunkeldeutschland unterteilt, wo mit „Dunkeldeutschland“ notabene Ostdeutschland gemeint ist,

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

dann müssen wir uns nicht wundern, wenn sich viel zu wenige Unternehmen gemüßigt fühlen und begeistert wären, hier in dieser Region zu investieren und Arbeitsplätze zu schaffen.

Diese Rufmordkampagnen gegen ganze Regionen sind auch hier in Mecklenburg-Vorpommern an der Tagesordnung. Ich erinnere nur daran, wie unlängst – und das ist besonders interessant – der öffentlich-rechtliche Rundfunk, der NDR im Zusammenspiel mit der Hamburger „Zeit“ die Anklamer Region in übelster Weise verunglimpft hat, ein Bild gezeichnet hat, als wäre Anklam ein Nazinest,

(Patrick Dahlemann, SPD: Ah, was wissen Sie denn von Anklam?! Hören Sie mal auf!)

wo die Machtübernahme der Faschisten unmittelbar bevorstünde.

(Thomas Krüger, SPD: Dass Sie was gegen freie Medien haben, das wissen wir ja.)

Ich habe nichts gegen freie Medien,

(Thomas Krüger, SPD: Ach doch, Sie haben was dagegen!)

ich habe was gegen Tendenz-Medien,

(Thomas Krüger, SPD: Aaah, Sie haben was gegen freie Medien!)