Protokoll der Sitzung vom 10.04.2019

Herr Kokert ist jetzt leider nicht da.

(Vincent Kokert, CDU: Doch, ist er, hinter Ihnen stehe ich.)

Herrn Kokert will ich nur sagen und daran erinnern, dass Sie nicht allein hier im Landtag sitzen und allein für die Koalition entscheiden.

(Vincent Kokert, CDU: Manchmal bedaure ich das, aber Sie haben recht, Frau Rösler. – Heiterkeit bei Dietmar Eifler, CDU)

Wie das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ausgegeben wird, das entscheidet immer noch der Landtag in der Gesamtheit als Haushaltsgesetzgeber.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der AfD und DIE LINKE – Zurufe von Sebastian Ehlers, CDU, und Dietmar Eifler, CDU)

Im Übrigen, Herr Kokert, ist es bei uns noch nicht Jahre, viele Jahre her, dass wir im Amt Anklam-Land waren.

(Vincent Kokert, CDU: Dass Sie die Mindestfinanzgarantie abgeschafft haben, Frau Rösler.)

Wir waren erst kürzlich, vor einigen Tagen mit der gesamten Fraktion vor Ort

(Vincent Kokert, CDU: Hat nur keiner mitgekriegt.)

und haben mit den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern vor Ort gesprochen.

(Vincent Kokert, CDU: Aha!)

Meine Damen und Herren, aktuell ist die Problematik „Neuregelung FAG“ nun aber ganz und gar nicht. Seit Jahren reden wir über die Notwendigkeit einer grundlegenden Reform

(Zurufe von Egbert Liskow, CDU, und Marc Reinhardt, CDU)

und seit Jahren heißt es, sie kommt zum 1. Januar 2020. Nichts Neues also, meine Damen und Herren!

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Selbst die Einigung mit den kommunalen Landesverbänden zu den Eckpunkten des FAG 2020 ist rauf- und runterkommuniziert worden. Auf unseren Antrag, auf den Antrag der Fraktion DIE LINKE hin hat das Innenministerium im Innenausschuss dazu bereits ausgeführt und auch Fragen beantwortet. Einige Fragen bleiben aber noch offen. Alle warten nun auf den Gesetzentwurf und vor allem auf die konkreten Zahlen, und niemand braucht in diesem Zusammenhang die Selbstbeweihräucherung der Koalition.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der AfD und DIE LINKE)

Die Eckpunkte, auf die sich die Landesregierung und kommunalen Landesverbände geeinigt haben, sind bekannt, alles nachzulesen, einschließlich eines schönen Erklärfilmchens, beim Städte- und Gemeindetag. Und Herr Wellmann und Herr Köpp, die beiden Geschäftsführer der Verbände, sind derzeit begehrte Gesprächspartner,

(Patrick Dahlemann, SPD: Immer, immer, immer!)

wenn es darum geht zu erfahren, was die Verständigung mit der Landesregierung ganz konkret für die Gemeinden X und Y bedeutet. Aber, meine Damen und Herren, haben Sie zu der Einigung etwa Jubelstürme und Freudensprünge oder wenigstens Zufriedenheit von der kommunalen Basis vernommen?

(Andreas Butzki, SPD: Ja.)

(Patrick Dahlemann, SPD: Ja, so viel Zufriedenheit wie nie zuvor. – Zuruf von Dietmar Eifler, CDU)

Vielmehr sind große Zurückhaltung

(Andreas Butzki, SPD: Auch die LINKEN.)

und Skepsis die vorherrschenden Reaktionen, Skepsis und Zurückhaltung.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der SPD – Zurufe von Tilo Gundlack, SPD, Jochen Schulte, SPD, und Dietmar Eifler, CDU – Glocke der Vizepräsidentin)

Und woran mag das wohl liegen?

(Zuruf von Jochen Schulte, SPD)

Die zurückliegenden Jahre haben Spuren hinterlassen, tiefe Spuren hinterlassen,

(Zuruf von Dietmar Eifler, CDU)

und so richtig kann kaum noch jemand an einen tatsächlichen Durchbruch bei der kommunalen Finanzausstattung glauben, denn der große Wurf wurde einfach schon zu oft angekündigt und wieder und wieder verschoben. Gefeierte Verbesserungen bei den letzten FAG-Änderungen fielen in der kommunalen Haushaltsrealität so wenig ins Gewicht, dass darüber nicht einmal müde gelächelt werden konnte. Im Übrigen bleiben die strukturellen Probleme bestehen, wenn nicht die laufenden Haushaltsmittel reichen. Entschuldungshilfen sind richtig und wichtig, das ist gar keine Frage, reichen aber nicht, wenn es strukturell am Ende nicht stimmt. Und deshalb bleibt auch die große Skepsis vieler kommunaler Vertreter bestehen.

Jetzt wollen Sie angesichts von weit verbreitetem Misstrauen wieder Vertrauen gewinnen und reden deshalb von demokratischer Rendite, von mehr kommunaler Selbstverwaltung und davon, dass nun alles so viel besser würde, insbesondere bei den kommunalen Finanzen. Das sind hehre Worte und Ziele, entscheidend ist aber, ob und wie viel mehr Spielraum tatsächlich vor Ort ankommt.

Schauen wir uns die bisherigen Eckpunkte zum neuen FAG an, können wir im Gegensatz zu Ihnen den überragenden Erfolg nicht erkennen. Ja, es ist sehr wichtig, dass die Infrastrukturpauschale kommt. Das begrüßen wir auch außerordentlich. Links wirkt, meine Damen und Herren!

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU – Vincent Kokert, CDU: Fragt sich nur, auf wen!)

Wir waren es, die die Infrastrukturpauschale jahrelang vehement eingefordert haben, und zwar bei jeder Gelegenheit.

(Unruhe vonseiten der Fraktion der CDU – Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Torsten Renz, CDU: Da muss sogar Herr Foerster lachen! – Glocke der Vizepräsidentin)

Ich erinnere an die zahlreichen Anträge und Initiativen hier im Landtag, insbesondere in den Haushaltsberatungen.

(Vincent Kokert, CDU: Da tanzen die Bürgermeister auf den Straßen wegen Ihren Anträgen.)

Und stets und ständig haben wir auf den massiven Investitionsstau in den Kommunen verwiesen und auf einer Infrastrukturpauschale bestanden. Sie allerdings sind arrogant darüber hinweggegangen, jahrelang haben Sie nichts getan! Heute ist der Druck der kommunalen Familie so groß und das Ergebnis des Gutachters zur Investitionslücke so deutlich, dass Sie handeln müssen.

(Vincent Kokert, CDU: Ja.)

Wie gut hätte die demokratische Rendite schon heute aussehen können, wenn Sie auf die vielen mahnenden Worte nicht nur vonseiten meiner Fraktion bereits vor drei Jahren gehört hätten!

Meine Damen und Herren, auch mit der jetzt geplanten Summe wird der riesige Investitionsstau nicht sobald aufzulösen sein. Das hat so mancher Kommunalvertreter, wie etwa der Oberbürgermeister von Neubrandenburg, längst konstatiert. Und nicht zu vergessen, da sind auch die Stimmen von der kommunalen Basis, die klar sagen, dass die 93 Euro je Einwohner eben nicht ausreichen. Der FAG-Gutachter hat ja auch einen Bedarf in Höhe von 166 Euro pro Einwohner festgestellt,

(Tilo Gundlack, SPD: Haben Sie auch mal drei Sätze weiter danach gelesen? Da steht nämlich „50 bis 100“.)

um die klaffende Lücke zum Durchschnitt aller Flächenländer zu schließen. Viele Kommunen erwarten zudem zu Recht eine Verstetigung und auch einen Ausbau der Infrastrukturpauschale.

Meine Damen und Herren, schauen wir einmal weiter auf das, was hier als Meilenstein verkauft werden soll! Dauerhaft soll es für die Infrastrukturpauschale jährlich 60 Millionen Euro aus Landesmitteln geben. Wir erwarten, dass darin nicht auch die versprochenen 30 Millionen Euro für die wegfallenden Straßenausbaubeiträge enthalten sind. Misstrauen ist hier durchaus angebracht.

(Beifall Dr. Ralph Weber, AfD – Torsten Renz, CDU: Nein.)

Diese 30 Millionen Euro muss es natürlich zusätzlich geben, schließlich haben Sie dafür oder werden Sie dafür

die Grunderwerbssteuer anheben. Und wenn das Geld nicht zusätzlich kommt, würden Sie allen Beteiligten hier ordentlich Sand in die Augen streuen.