Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 150 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen und ich eröffne die Aussprache.
Für die Landesregierung hat ums Wort gebeten der Minister für Landwirtschaft und Umwelt. Herr Dr. Backhaus, Sie haben das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Auch wenn es etwas später ist, glaube ich schon, dass es ein sehr ernst zu nehmendes Thema ist. Und wenn man sich überlegt, dass junge Menschen auf die Straße gehen – indirekt mahnen Sie auch dieses Thema an, „Fridays for Future“ –, und wenn man sich überlegt, was wir in den letzten Jahren in dieser Wohlstandsgesellschaft an Glück erfahren durften und, auf der anderen Seite, welche Probleme wir uns selber für diesen Blauen Planeten produzieren, dann ist das schon ein ernstes Problem.
Ich finde auch, dass es richtig ist, dass wir das hier diskutieren. Wir fangen nicht bei null an, Frau Bernhardt, Sie haben das ja ausdrücklich angedeutet, aber ich selber mache ja jedes Jahr solche Aktionen mit, bin da auch wirklich den Verbänden unheimlich dankbar, der Landesanglerverband, der hier sehr aktiv ist oder die Nationalparke, die Biosphärenreservate, die diese Sammelaktionen machen.
Wenn man sich überlegt, nach den letzten beiden großen Sturmfluten, die wir ja Anfang Januar hatten, wo wir an einem Nachmittag mit 150 Freiwilligen im Übrigen über 30 Tonnen Müll gesammelt haben, da kann man sich vorstellen, dass einem da wirklich die Haare hochgehen. Und was man da alles findet! Sie haben die Zigarettenstummel angesprochen, viel schlimmer sind die Netze, von denen Sie auch gesprochen haben, die tatsächlich sich verfangen oder zum Teil sich in den Mägen von Fischen wiederfinden.
Dann die ganze Diskussion um Mikroplastik, damit wir uns schönmachen, vermeintlich, oder auch die gesamte Diskussion um Mehrwegverpackungen. Damit wird ein Riesengeschäft heute gemacht auf dieser Erde. Wir alle müssen es bezahlen und am Ende nehmen wir zur Kenntnis, dass der Blaue Planet schwer krank ist. Das interessiert scheinbar niemanden mehr, aber die Konsequenzen werden die nachfolgenden Generationen zu tragen haben.
Wenn internationale Studien davon ausgehen, dass, wenn wir nicht einschreiten, auch gerade durch die Vermüllung der Meere – und da beginnt es eben mit der Ostsee und weiter in Richtung Nordsee und letzten Endes der großen Weltmeere –, wenn die perspektivisch umkippen und damit kein Leben mehr in diesen Meeren möglich ist, dann soll das hier schon mal ein Achtungszeichen sein. Und ich glaube auch, dass die Landesregierung in den letzten Jahren doch einiges auf den Weg gebracht hat, aber unterm Strich sind wir ja nur ein kleines Zahnrad in dem Gesamtgetriebe. Wenn Sie hören, das haben Sie wahrscheinlich aufgenommen, dass auch der Gelbe Punkt bereits wieder privatisiert ist und damit Geschäfte gemacht werden und auf der anderen Seite der Lebensmitteleinzelhandel oder auch die gesamte Verpackungsindustrie heute auf Einweg nach wie vor ausgerichtet sind, dann ist das schon eine Tragödie, muss ich ganz klar sagen.
Sie haben die 37 Kilogramm Verpackungsmaterial angesprochen, insbesondere Plastik. Aber wenn ich die Einweg-Coffee-to-go – ich nehme mal nur so ein Beispiel – mir ansehe, dass wir es bis heute nicht geschafft haben, von dieser hohen Belastung runterzukommen, könnte ich mir auch wirklich vorstellen, dass wir alle gemeinsam, um einen Beitrag zu leisten für ein Land zum Leben, wenn „MV tut gut.“ einen wiederverwendbaren Mehrfachbecher
in diesem Land anbieten würde. Wir sind da im Übrigen auch in Gesprächen. Oder, wenn ich mir auch erlauben darf, wir haben jetzt gerade in der letzten Woche im Übrigen – wir als Haus, ich selber dann auch – die Verantwortung und den Vorsitz für die Bund-Länder-Arbeitsgruppe Nord- und Ostsee im Rahmen der Meeresschutzstrategie übernommen und ich werde natürlich auch die Zeit nutzen, um weitere Maßstäbe auf den Weg zu bringen, um dieses Themenfeld zu bearbeiten.
Auf der anderen Seite haben wir die europäische Wasserrahmenrichtlinie, die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, und außerdem brauchen wir natürlich auch eine bessere Kohärenz, also einen Zusammenhalt zwischen diesen gesamten Themenkomplexen, denn unterm Strich ist es ja so, dass wir grenz- und umweltmedienüberschreitend geprägt sind in Europa.
Und wenn es nicht gelingt, wenn es nicht gelingt, dieses zu verändern, dann kommen wir damit nicht weiter. Ein viel diskutiertes öffentliches Thema ist die Vermüllung der Meere, insbesondere mit Plastik. Circa 70 Prozent – Sie haben das ja sinngemäß auch angedeutet – des Strandmülls und 40 Prozent des Mülls am Meeresboden bestehen heute aus Kunststoff. Eigentlich unverantwortlich! Im Übrigen ist das auch mal Biomasse gewesen, Erdöl insbesondere.
Bei unserem Spülsaummonitoring, das wir ja machen – Sie haben das LUNG angesprochen – in MecklenburgVorpommern, werden etwa 64 Müllteile auf 100 Meter Strand gefunden, mit ganz großen lokalen Unterschieden.
Also ich wäre ja doch dankbar, wenn Sie jetzt mal zuhören! Auch für den Tourismus ist das nicht ganz uninteressant
In Hiddensee im Übrigen, wo das Umweltbewusstsein scheinbar deutlich höher ist, da finden Sie dann eben nur 15 Teile auf 100 Meter. Das heißt, man kann schon, wenn man ins Bewusstsein der Menschen hineinkommt, dass wir uns in einem hochsensiblen Raum, nämlich einer der ökologisch wertvollsten Regionen Europas, befinden, dann kann man schon was tun. Oder Mukran im Übrigen: 300 – 300! – Müllteile auf 100 Meter. Sie sehen also, diese Wegwerfgesellschaft ist auch ein gesellschaftspolitisches Gesamtproblem. Typische Strandfunde sind Plastik, Styroporbruchstücke, Kunststofffolien,
Plastiktüten, Zigarettenkippen oder auch Plastikdeckel – mal eben aufgedreht und hingeschmissen. Unverantwortlich!
Ich will dann über die Zerlegungsdauer gar nicht reden, aber ich glaube auch, dass der Runde Tisch „Meeresmüll“ in Mecklenburg-Vorpommern – im Übrigen aus 150 Experten –, der mir dann auch vorsteht und mich berät, eine wirklich kluge Entscheidung ist.
Wichtig zu wissen ist, dass zahlreiche Maßnahmen nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern allein umgesetzt werden können, sondern in Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern auf nationaler, europäischer Ebene und internationaler Ebene umgesetzt werden müssen, denn Sie wissen alle, wir wissen alle, wenn wir etwas anschaffen, ob im öffentlichen Dienst oder auch privat, die Verpackungen kommen in der Regel mit den Geräten aus China oder den USA. Dies gilt im Übrigen auch jetzt in der Novelle – Sie haben das, glaube ich, auch angedeutet –, die neue EU-Abfallrichtlinie, die das deutlich verschärft, und ich hoffe, dass das auch dann vorwärtsgeht.
Meeresschutz fängt aber im Binnenland an! Da kann jeder Einzelne was tun. Ein Beispiel, das will ich noch mal ausdrücklich sagen, in Deutschland werden stündlich – stündlich! – 320.000 Becher Coffee to go verabreicht und ausgegeben. Das wären im Übrigen, wenn man das dann auf Rostock bezieht, 800 Becher pro Stunde. Für die Herstellung sind im Übrigen Tausende Tonnen von Holz oder Milliarden von Litern von Wasser notwendig, um diese blöden Dinger – Entschuldigung – überhaupt herzustellen. Und wenn wir darauf verzichten würden, da kann schon jeder mal seinen eigenen Beitrag leisten, das nicht zu machen. Ich habe im Auto im Übrigen immer einen Mehrwegbecher dabei.
Oder Einweggeschirr. Ich bin wirklich froh und dankbar darüber, dass es jetzt einige gibt – Sie haben ein Beispiel, glaube ich, Parchim, genannt –, aber auch die Hansestadt Rostock ist dabei, Stralsund, Greifswald, die sind auch dabei, eben diese Mehrweggeschirre anzubieten, und wir werden das im Übrigen auch weiter versuchen, auch auf landesweiten Veranstaltungen.
Sagen Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist das möglich, jetzt diesen letzten Tagesordnungspunkt
Ja, ich bemühe mich, das dann auch einzukürzen, aber die wichtigsten Essentials will ich dann schon noch mal nennen. Denn plötzlich,
wenn es nachher darum geht, mit den Menschen vor Ort darüber zu reden, dann will es wieder keiner gewesen sein. Aber ich will es hier schon noch mal sagen, ich glaube, die bioökonomischen Fragen in diesem Zusammenhang zu klären und letzten Endes damit auch eine nachhaltige und damit ökonomisch-ökologisch verantwortbare Beschaffung auch innerhalb der Landesregierung weiter umzusetzen, ist grundsätzlich richtig.
An dieser Stelle ist auch natürlich klar, dass wir die Aufklärungsoffensive – auch das möchte ich hier angesprochen haben: Wir haben mittlerweile – ich hoffe, Sie kennen diese Broschüren aus dem LUNG – zusammen, gemeinsam erarbeitet die Flyer zum Meeresmüll, oder die Website, nämlich www.meeresmuell.de, oder die Landesaktionstage gegen Meeresmüll, oder die PlasticSchool, Unterrichtsmaterial für das Thema „Plastik im Meer“, im Übrigen mit tollen Europaschulen im Lande umgesetzt, das Projekt „Plastik-Diät“, Strandjugendherberge Warnemünde, wo es tolle Projekte mit jungen Leuten gibt, um da auch Aufklärungsarbeit zu leisten, oder natürlich auch...
Ja, das Ozeaneum Stralsund gehört genauso dazu, wo wir gemeinsam mit denen im Übrigen die Analysen genau vornehmen, auch mit Greenpeace, um über diese Dinge weiterzukommen.
… oder die Öffentlichkeitsarbeit im Rahmen von Projekttagen in Schulen und Kindergarteneinrichtungen. Auch eine tolle Sache, muss ich sagen, bin ich selber schon dabei gewesen, dass man mit den Jüngsten anfängt, das Bewusstsein für das Thema zu schärfen. Und das Gleiche ist die Sensibilisierung von Kindern und Jugendlichen für Abfallvermeidung und Ressourcenschutz in den Schulen. Ich glaube auch, dass es richtig ist, dass es ja mal in den Lehrplänen verankert worden ist, um damit den Nachhaltigkeitsgedanken nicht nur im Mund zu führen, sondern letzten Endes auch jeder Einzelne etwas dafür tun kann.
Und da sind wir bei uns allen. Man sieht das ja heute auch im Übrigen, die Vermüllung in den Discounteinrichtungen, da sind wir im Übrigen auch wieder beim Thema, ich sage mal, Automaten. Es muss dann alles genau hygienisch eingepackt sein. Dass das natürlich nicht unbedingt zur Vermeidung von Müll beiträgt, liegt auf der Hand. Deswegen glaube ich auch noch mal, wenn jeder einen kleinen Beitrag dazu leisten würde, Ostern steht auch vor der Tür, und dann auch mal selbst regionale Produkte zu kaufen, die eben nicht mit Plastik eingepackt sind, Sie haben darauf hingewiesen, sondern eben Portionen zu kaufen, die frisch von der Theke herunter verkauft und angekauft werden, dann sind wir da, glaube ich, auf einem richtigen Weg.
Und das andere, ich glaube, wenn uns nicht gelingt, die Industrie auf freiwilliger Basis zu zwingen, diesen Müll zu reduzieren, muss es schärfere Gesetze geben. – Herzlichen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kollegen! Liebe Bürger! – Keine mehr da. – Plastikmüll ist zur Geißel der Weltmeere geworden. Die etablierten Medien berichten fleißig, in welchen Größenordnungen insbesondere Verpackungsmüll und unter dieser Kategorie wiederum hauptsächlich Plastikflaschen in die Weltmeere gelangen. Hinzu kommt dann noch Plastikspielzeug. Schon vor etlichen Jahren war die Rede davon, in der Beringsee befindet sich ein Strudel aus Quietscheentchen asiatischer Herkunft. Tatsächlich gelangen 90 Prozent des Plastikmülls, der die Weltmeere verschmutzt und zu einem massiven Problem für zahlreiche Tierarten geworden ist, dahin aus den großen Strömen Asiens.
Aber es ist in der Tat so, dass auch die uns vertrauten Ostseestrände von Plastikmüll nicht verschont bleiben. Der Blick auf Etiketten und ähnlich bedruckte Teile zeigt, dass es sich in aller Regel nicht um Gegenstände handelt, die in Deutschland in den Verkehr gebracht wurden.