Protokoll der Sitzung vom 10.04.2019

(Zuruf von Patrick Dahlemann, SPD)

wir wollen Gebührenfreiheit für alle Kinder und alle Bereiche – Krippe, Tagespflege, Kindergarten und Hort. Damit wären wir Vorreiter in der Bundesrepublik Deutschland.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD und Torsten Renz, CDU)

Diese große Familienentlastung kostet natürlich Geld. Wir werden 145 Millionen Euro investieren in diesen Bereich, aber wir alle wissen, gerade die Kinderbetreuung in unserem Land ist so wichtig für die Familien, für die berufstätigen Mütter und Väter, die natürlich Beruf und Familie vereinbaren können. Ich selbst habe heute meine kleine Tochter in den Kindergarten gebracht. Es ist nicht die modernste Kita und auch nicht die größte Kita –

ich bin wirklich begeistert, wenn wir jetzt Neubauten eröffnen, was heute alles möglich ist von Gruppenraum über Sport, kleine Forscher bis hin zur Kinderküche –, das ist nicht die modernste und nicht die größte Kita, aber es ist eine Kita, die in Schwerin beliebt ist, von der kommunalen Kita GmbH, weil sie tolle Erzieherinnen und Erzieher hat, und das seit Jahren. Und das haben wir in all unseren Einrichtungen, das haben wir mit unseren Tagesmüttern und Tagesvätern. Deshalb möchte ich sagen, herzlichen Dank an die Erzieherinnen und Erzieher, an die Tagesmütter und Tagesväter, die jeden Tag dafür sorgen, dass wir Beruf und Familie vereinbaren können und dass unsere Kinder beste frühkindliche Bildung bekommen.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Und ja, zu diesem großen System – Mecklenburg-Vorpommern gehört zu den Bundesländern, die an der Spitze sind, wenn es um den Betreuungsumfang geht im Angebot, aber auch in den Stunden, die wir anbieten, bis ganztags –, zu diesem großen Betreuungsumfang gehört auch gute Qualität, gehören gut ausgebildete Erzieherinnen und Erzieher sowie Tagespflegepersonen, und dazu gehört auch eine gute Bezahlung. All das kostet Geld. In den letzten Jahren haben wir erlebt, weil wir in die Qualität investiert haben, weil Erzieherinnen und Erzieher besser bezahlt werden, dass die Gebühren Stück für Stück angestiegen und für die Eltern nicht unerheblich geworden sind.

Ich habe es gerade angesprochen, in der städtischen Kita meiner Tochter bezahlt man für einen Krippenplatz heute 400 Euro. Das waren noch vor vielen Jahren, als mein Sohn in die Krippe ging, 260 Euro. Der Unterschied kommt daher, weil Erzieherinnen und Erzieher Öffentlichen-Dienst-Lohn bekommen, weil sie besser bezahlt werden, und das ist auch das, was wir wollen. Aber wir wollen nicht, dass das alles die Eltern bezahlen müssen. Deswegen haben wir schon mit Ministerpräsident a. D. Erwin Sellering dafür gesorgt, dass die Gebühren unterstützt werden mit damals 100 Euro. Das haben wir erhöht auf 150, 170 Euro, aber am Ende bleiben dann immer noch über 200 Euro bei einem Krippenplatz, und das ist viel für Eltern.

Ich will das an zwei Beispielen deutlich machen: Zum einen hat unsere Sozialministerin eine Hotline geschaltet, wie das funktioniert mit der Beitragsfreiheit, insbesondere für die Geschwisterkinder, zum Anfang dieses Jahres. Und, liebe Steffi,

(Unruhe vonseiten der Fraktion DIE LINKE – Zuruf vonseiten der Fraktion DIE LINKE: Oh!)

du hast schon oft berichtet, dass sich viele Eltern dort melden und Fragen stellen, aber auch einfach mal sagen, danke – danke, dass etwas gemacht wird, was in unserem Lebensalltag ankommt.

Ich will von einem Beispiel berichten, wie wichtig es ist für unsere Eltern, dass wir diese von Gebühren entlasten: eine Pflegefachkraft, die mit ihrem Partner – er ist Elektriker – im Landkreis Ludwigslust-Parchim lebt, vier Kinder. Alle sind in der Kinderbetreuung, zwei Kinder davon in der Krippe, ein Kind im Kindergarten und ein Kind in der 4. Klasse und damit im Hort. Die Mutter hat geschildert, was das natürlich an monatlichen Belastungen bedeutet:

ungefähr 950 Euro, 950 Euro für eine Familie, in der sie Pflegefachkraft und er Elektriker ist! Wir alle wissen, das sind nicht die Supertopeinkommen. Deshalb ist es natürlich toll für diese Familie, dass ab 01.01.2019 für drei Kinder, und zwar in Krippe und Kindergarten, die Gebühren wegfallen und diese Familie nur noch für den Hort bezahlt. Das war unser Ziel, dass wir als Allererstes die Familien mit mehreren Kindern entlasten. Diese Entlastung kommt an und das ist wichtig für die Familien in unserem Land.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Ich möchte Ihnen von einer E-Mail berichten, die ich gerade im März bekommen habe, die stellvertretend steht für viele Briefe, Mails, die mich erreichen, aber auch wenn mich Bürger ansprachen in direkten Gesprächen, bei Besuchen in Bürgerforen, und zwar von einer jungen Frau von der Insel Rügen. Ich zitiere: „Sehr geehrte Frau Schwesig, ich bin so traurig und wütend zugleich. Ich bin 36 und Mutter eines Sohnes, verheiratet und wohne auf Rügen. Mich ärgert es, dass ich für keine 1.000 Euro netto im Monat nach Hause gehe und fast 300 Euro im Monat für meinen Sohn Oskar an den Kindergarten zahlen muss. Der Platz kostet jetzt 175 Euro, dazu 20 Euro Obstgeld und fast 80 Euro das Mittagessen.“

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Wer hat es denn so steigen lassen?)

„Erzieher sagten zu mir, dass sie nicht verstehen, warum ich noch arbeiten gehe, andere bekommen alles umsonst, die nicht arbeiten. Aber ich bin ein Mensch, die gerne zur Arbeit fährt (21 Kilometer), zur Arbeit mit privatem Pkw, Sprit bezahle, aber ich frage mich, warum wird man als Familie bestraft. Ich hatte mir immer zwei Kinder gewünscht, aber heutzutage kann man sich das nicht mehr leisten. Ich würde mich um eine Antwort von Ihnen freuen. Liebe Grüße“ und so weiter.

Wir haben die Antwort: Wir schaffen genau für diese fleißigen Leute in unserem Land, die jeden Tag hart arbeiten, nicht viel im Portemonnaie haben, die Gebühren ab, für diese junge Frau ab 01.01.2020, für das erste Kind sozusagen und damit für alle Kinder. Darum geht es uns: die größte Familienentlastung des Landes für die Familien im Land seit Bestehen des Landes und eine Unterstützung für die, die arbeiten, denn Arbeit muss sich lohnen und darf nicht bestraft werden. Das ist unser gemeinsames Ziel.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Damit sorgen wir nicht nur für die größte Entlastung für Familien in unserem Land, sondern auch für die größte Lohnerhöhung. Denn wir haben es am Beispiel dieser Mutter gesehen oder auch am Beispiel der Familie, wo sie Pflegefachkraft und er Elektriker ist: Es geht darum, dass wir dafür kämpfen, dass die Löhne sich in unserem Land verbessern und dass wir mit der Änderung der Wirtschaftsförderrichtlinie, mit dem Vergabemindestlohn viele Schritte unternehmen, diesem Ziel nahezukommen. Aber wir als Politik verlangen nicht nur von Unternehmen und Unternehmerinnen und Unternehmern, sondern wir gehen mit gutem Beispiel voran. Mit der Abschaffung der Kitagebühren, in diesem Fall 175 Euro, sorgen wir dafür, dass die, die in unserem Land arbeiten, die größte Lohnerhöhung bekommen und damit mehr im Portemonnaie haben. Das ist auch eine wichtige Nachricht.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Und, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, oft wird die Frage der Gebührenfreiheit gegen die Frage der Qualität gestellt. Ich sage Ihnen, das halten wir für falsch. Die Gebührenfreiheit ist ein Merkmal von guter qualitativer Kindertagesbetreuung, denn wir wollen ja, dass etwas Gutes bei allen Kindern ankommt. Deshalb ist auch die Abschaffung der Gebühren eine Frage der Qualität.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD – Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

Wir erreichen mit der Abschaffung der Gebühren, dass Spielräume entstehen in den Verhandlungen, Erzieherinnen und Erzieher, auch Tagespflegepersonen besser zu bezahlen. Und ich bedanke mich sehr, dass das in der Anhörung von vielen, insbesondere auch von den Gewerkschaften, deutlich gemacht worden ist.

Wie war es denn in der Vergangenheit? Da wurde oft gesagt, na ja, wenn wir jetzt die Erzieher besser bezahlen, dann steigen doch wieder die Gebühren für die Eltern und deswegen können wir das nicht. Dadurch, dass wir die Eltern aus der Gebührenbelastung rausnehmen, dass wir es als Land komplett übernehmen, zukünftig stärker dynamisieren und uns gemeinsam mit Kommunen diese Steigerung teilen, dadurch sorgen wir dafür, dass auch Spielräume für eine bessere Bezahlung entstehen. Das haben wir schon zum Anfang des Jahres erlebt und das ist eine gute Nachricht für die Fachkräfte in unseren Einrichtungen.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Und ich bin sehr stolz darauf, dass wir bei der Frage der Fachkraftquote bundesweit an der Spitze sind, denn bei uns sind über 90 Prozent derjenigen, die in der frühkindlichen Bildung arbeiten, auch staatlich anerkannte Erzieherinnen und Erzieher. Vielleicht haben andere Länder mehr Personal, aber sie haben nicht mehr Fachkräfte.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Die haben wir auch bald nicht mehr.)

Und uns ist wichtig, Qualität über gute Fachkräfte zu sichern, und da sind wir bundesweit spitze.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Aber natürlich sehen wir auch die Herausforderungen. Wer jeden Tag selbst Kita erlebt, sieht, dass die Erzieherinnen und Erzieher viel leisten mit vielen Kindern in einer Gruppe. Deshalb haben wir in den letzten Jahren auch hier investiert. Wir haben die Fachkraft-Kind-Relation, insbesondere im Bereich des Kindergartens, verbessert, stufenweise von 1 : 18 auf 1 : 15. Wir investieren auch mit diesem Gesetz erneut in Qualität. Ich bin sehr dankbar dafür, dass die Sozialministerin einen Weg gefunden hat, dass wir zusätzliche Mittel mit diesem Gesetz nicht nur für die Beitragsfreiheit sicherstellen, sondern auch für mehr Qualität, indem wir die Vor- und Nachbereitungszeit besser ausfinanzieren, sodass auch diese Stunden bei den Erzieherinnen und Erziehern ankommen. Das ist eine gute Nachricht für die Fachkräfte in unserem Land.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Und natürlich wird die Debatte weitergehen. An der Stelle möchte ich mich ganz herzlich bedanken bei unserer Sozialministerin, weil – da spreche ich aus eigener Erfahrung – das Kitagesetz anzupacken, ist natürlich immer eine große Hausnummer. Ich danke ihr und unserem Finanzminister sehr, die seit Monaten in Gesprächen, in Verhandlungen auch mit den kommunalen Spitzenverbänden sind, denn wir wollen erreichen, dass die Abschaffung der Gebühren einhergeht mit einem einfacheren Finanzierungssystem. Das haben sich bisher alle gewünscht, dass es einfacher wird, dass wir nicht tausend Finanzierungsstränge haben, sondern ein transparentes und gutes System. Das hat viele Gespräche gekostet, viel Kraft. Deshalb herzlichen Dank unserer Sozialministerin und unserem Finanzminister, dass sie das möglich gemacht haben.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin! Liebe Abgeordnete! Dieses Gesetz geht heute in die parlamentarische Beratung und natürlich wird es noch mal sehr intensiv diskutiert. Ich werbe dafür, dass wir es zügig auf den Weg bringen können, denn die Eltern – ich habe es Ihnen an zwei Beispielen deutlich gemacht – warten auf diese Entlastung. Es ist wichtig für die Familien im Land, wichtig für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und für die Qualität in unseren Einrichtungen. Dass dieses Gesetz kommt, ist eine gute Nachricht. Es ist ein großes Versprechen, was wir einlösen wollen, die Beitragsfreiheit ab 01.01.20 für alle in unserem Land.

(Beifall vonseiten der Fraktion der SPD)

Danke, Frau Ministerpräsidentin.

Ehe ich die Aussprache eröffne, möchte ich eine Besuchergruppe auf unserer Besuchertribüne begrüßen. Das sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ordnungsamtes, Landkreis Mecklenburgische Seenplatte,

(Heiterkeit bei Ministerin Birgit Hesse: Deswegen so viele Männer.)

und das ist der Landesschützenverband Neubrandenburg. Ist das richtig? Herzlich willkommen!

Jetzt aber zur Aussprache. Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 120 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat für die Fraktion der AfD der Abgeordnete de Jesus Fernandes.

(Torsten Renz, CDU: Die Fragen sind doch alle beantwortet.)

Sehr geehrtes Präsidium! Werte Abgeordnete! Liebe Gäste!

Kita kostenfrei – Frau Ministerpräsidentin Schwesig, seit drei Jahren versprechen Sie

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Dreizehn!)

den Bürgern, …

Seit drei Legislaturperioden. Entschuldigen Sie bitte! Danke für den Hinweis.

… seit drei Legislaturperioden versprechen Sie den Bürgern dieses Landes die kostenfreie Kita. Erst mit Einzug der AfD in dieses Parlament

(Thomas Krüger, SPD: Ach Gott! Ach Gott!)