Protokoll der Sitzung vom 10.04.2019

(Peter Ritter, DIE LINKE: Dazu bedarf es keiner Aufforderung!)

Das will ich auch hoffen, ne?!

(Peter Ritter, DIE LINKE: Wir halten demokratische Spielregeln im Parlament ein.)

… und unterstützen Sie damit die Einführung der steuerfinanzierten Kosten- und Beitragsfreiheit für Eltern.

(Torsten Renz, CDU: Sie wollte nur auf Nummer sicher gehen! – Peter Ritter, DIE LINKE: Gute Vorlage!)

So geht nämlich erfolgreiche Politik! – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Für die Fraktion DIE LINKE hat jetzt das Wort die Abgeordnete Bernhardt.

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Mit dem uns vorliegenden Gesetzentwurf gehen wir in Mecklenburg-Vorpommern einen riesigen Meilenstein, den meine Fraktion, meine Partei seit Jahren für die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern gefordert hat. Mit dem Gesetzentwurf wird die vollständige Beitragsfreiheit für alle Bereiche in der Kindertagesförderung eingeleitet. Egal, ob Kinder in die Krippe, in den Kindergarten, in den Hort gehen oder von einer Tagespflegeperson betreut werden, für alle Kinder soll ab dem 01.01.2020, so der vorliegende Gesetzentwurf, die vollständige Beitragsfreiheit kommen.

Ich finde, wir finden, das ist ein riesiger Kraftakt, den wir in Mecklenburg-Vorpommern damit gehen. Die kostenfreie Kita ist ein gutes Zeichen an die Familien in unserem Land, denen so endlich gezeigt wird, dass sie in Mecklenburg-Vorpommern herzlichst willkommen sind. Sie müssen jetzt nicht mehr in benachbarte Bundesländer schauen und die dortigen Familien beneiden, dass sie sich immer weiter auf dem Weg zur kostenfreien Kita befinden. Jetzt endlich werden alle Familien in Mecklenburg-Vorpommern von den seit Jahren immer weiter gestiegenen Gebühren entlastet. Gerade in einem Bundesland, wo Niedriglohn den Alltag vieler Familien bestimmt, waren Kitagebühren eine riesengroße Ausgabe.

Frau Schwesig, das Beispiel, das Sie genannt hatten, dass die junge Frau von Rügen unter 1.000 Euro netto macht, das sollte auch uns hier im Landtag nachdenklich machen, weiter an der Niedriglohnschranke dagegenzuwirken, dass so etwas gar nicht erst wieder vorkommt. Dass zumindest Kitagebühren nicht mehr ein Viertel der Familienkasse ausmachen, dafür gehen wir in Zukunft diesen Weg. Bis zu 400/500 Euro pro Monat ab dem 01.01.2020 mehr Geld in der Familienkasse zu haben, bietet Familien mehr Geld für andere Sachen, seien es ganz alltägliche oder sei es doch auch mal der Jahresurlaub.

Nicht nur an die Familien ist die beitragsfreie Kita ein gutes Zeichen, sondern und vor allem an die Kinder. Es werden keine Unterschiede gemacht, ob ein Kind aus einem finanziell schwachen oder starken Haushalt kommt, ob es aus einer Familie kommt, wo nur ein Elternteil es erzieht oder wo eine Familie geradeso ein

Einkommen über der Einkommensgrenze hat, wo die Elternbeiträge bisher übernommen wurden. Alle Kinder haben dadurch für ihren Start ins Leben die gleichen Bildungschancen und das finden wir gut. Der Zugang zu Bildung ist durch die kostenfreie Kita für alle Kinder gesichert. Jeder hat so die Chance – und ich rede hier nicht ausdrücklich von Gleichmacherei, sondern von Chancen –, dass Kinder unabhängig von dem Geldbeutel ihrer Eltern das machen können, was sie wollen, sei es ein Abitur, sei es ein 10.-Klasse-Abschluss, sei es eine Ausbildung oder sei es ein Studium. Allein die Stärken und Begabungen des Einzelnen sollen maßgeblich für seinen Berufsweg und für seinen Start ins Leben sein. Dieser Weg wird in der Kita gelegt.

Oft höre ich gerade von Eltern mit stärkeren Einkommen, dass es für sie kein Problem wäre, sich an den Kitagebühren zu beteiligen und sie zu zahlen. Um die Eltern geht es aber bei der kostenfreien Kita nicht, sondern es geht um die Kinder, die alle die gleichen Zugänge zu Bildung bekommen sollen, egal, ob das Elternhaus reich oder arm ist. Natürlich sind wir auch dafür, dass die Eltern, die mehr verdienen, sich solidarisch in ihrem System an den Kosten beteiligen. Das ist auch der Grund, warum wir in der Landtagssitzung den Antrag auf die Vermögenssteuer eingebracht haben. Natürlich werden so Menschen, die mehr verdienen, mehr Einkommen haben, an den Kosten der Solidargemeinschaft beteiligt. Da geht es auch um eine kostenfreie Kita.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Ist Ihnen ein Unterschied zwischen Einkommen und Vermögen bekannt?)

Insofern …

Ja, Herr Weber, Kleinkrümelei kann ich bei Ihnen auch machen, da habe ich genug Beispiele bei Ihnen.

(Dr. Ralph Weber, AfD: Ja, machen Sie mal!)

Entschuldigen Sie den Versprecher.

Die Leute mit höherem Vermögen sollen natürlich durch eine Vermögenssteuer an den Gesamtkosten der solidarischen Gesellschaft beteiligt werden. Richtig, Herr Weber?

(Dr. Ralph Weber, AfD: Besser.)

Aber aus Sicht der Kinder müssen wir die gleichen Bildungschancen schaffen. Das macht aus unserer Sicht eine kostenfreie Kita.

Sehr geehrte Damen und Herren, eines stört mich allerdings bei der Einführung der Beitragsfreiheit massiv. Sie ist Mittel zum Wahlkampf, das erleben wir auch hier heute.

Zum Ersten, Frau Schwesig, es wurde nach über zehn Jahren Versprechungen an die Familien im Land einfach mal Zeit, dass Sie Wort halten.

(Martina Tegtmeier, SPD: Das haben wir immer als Ziel formuliert!)

Zum Zweiten braucht es für die Einführung eine Mehrheit. Allein die SPD könnte sie nicht hier einführen. Dazu braucht sie die Mehrheit im Parlament. Ich erinnere mich

an ein SPD-Wahlkampfversprechen aus 2013, wo die SPD schon damals in dem Bundestagswahlkampf die kostenfreie Kita forderte.

(Minister Dr. Till Backhaus: Ich kenne Ihre Chipkarte auch noch!)

Damals scheiterte sie auf Bundesebene an dem Willen der CDU.

(Minister Dr. Till Backhaus: Chipkarte! – Minister Harry Glawe: Herr Ritter, 2002, da habt ihr doch einen Gutschein ausgeteilt! – Peter Ritter, DIE LINKE: Gutschein! Gutschein! Damals gab es noch keine Chipkarte!)

Deshalb ist es ein gutes Zeichen, dass in dieser Frage Regierungsfraktionen und Teile der Oppositionsfraktionen für die Menschen im Land zusammenstehen,

(Minister Dr. Till Backhaus: Gutscheine! Da ging das digital noch nicht! – Minister Harry Glawe: Da haben Sie doch einen Gutschein ausgeteilt!)

zumindest kann ich das für meine Fraktion so sagen. Letztendlich müssen wir alle im Landtag dann auch diese Einführung der kostenfreien Kita außerhalb des Landtages vertreten.

(allgemeine Unruhe – Glocke der Vizepräsidentin)

Ich werde gerade in letzter Zeit häufiger mit dem Vorwurf konfrontiert, wir brauchen eine kostenfreie Kita nicht, sondern wir brauchen Qualitätsverbesserungen. Alles, was kostenfrei ist, so die Befürchtung, sei nichts mehr wert.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Wir brauchen beides.)

Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben da als LINKE eine ganz klare Meinung: Die kostenfreie Kita ist gut. Bildung von klein an darf niemals als Ware verstanden werden und nur darüber definiert werden, wie viel sie kostet.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Nein, eine kostenfreie Kita und somit der früheste chancengleiche Zugang zu Bildung kann von keinem Geld der Welt bezahlt werden. Kostenfreie Bildung von der Kita über die Schule bis zur Ausbildung, bis zum Studium ist die wichtigste Investition einer Gesellschaft in seine Menschen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sehr richtig!)

Aber der Zugang zu Bildung und die Qualität dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Beides muss möglich sein. Dafür müssen wir schnellstmöglich, also am besten vorgestern, die Basis legen. Warum? Oft höre ich in Gesprächen, warum brauchen wir denn überhaupt kleinere Gruppen? Wir brauchen sie, weil wir über die Jahre hinweg die Anforderungen an Kitas stets und ständig verändert haben.

Wir, auch hier im Landtag, wollen, dass alle Kinder betreut werden. Durch wen? Durch die Erzieherinnen und Erzieher.

Wir wollen, dass alle Kinder in der Kita ein Essen bekommen. Wer richtet es meistens zu? Die Erzieherinnen und Erzieher.

Wir wollen, dass die Kinder in den Kitas Zähne putzen. Wer passt darauf auf, dass die Kinder nicht mit ihren Zahnbürsten den Abfluss putzen? Die Erzieherinnen und Erzieher.

Wir wollen, dass die Kinder bereits in der Kita lernen, in ihrem Alltag mitzubestimmen, mitzureden, Mehrheitsentscheidungen zu erlangen. Wer setzt das um? Erzieherinnen und Erzieher.

Wir wollen, dass die Kinder betreut und gebildet werden? Wer setzt das um? Richtig, auch hier sind es die Erzieherinnen und Erzieher.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll festgeschrieben werden, dass die Kinder im Hort die Hausaufgaben machen. Wer setzt das um? Die Erzieherinnen und Erzieher.

Überall wurde entsprechend in den vergangenen KiföGÄnderungen das KiföG geändert oder es steht kurz bevor. Wissen Sie, was wir dabei immer vergessen haben? Richtig, die Erzieherinnen und Erzieher. Wir geben ihnen immer mehr Aufgaben, aber nicht die entsprechende Zeit und dementsprechend kleinere Gruppen.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben wirklich tolle Erzieherinnen und Erzieher in unseren Kitas, tolle Tagespflegepersonen, tolle Mitarbeiter in den Kitas, die Tag für Tag das Beste für unsere Kinder geben, ihnen Halt geben oder sie auch mal in den Arm nehmen. Das wird mir bei jedem Kitabesuch bewusst, bei jedem Besuch einer Tagespflegeperson. Das wurde mir auch am Samstag bei dem 20. Kindergartentag noch mal bewusst. Ich muss sagen, an dieser Stelle ein Lob an das Sozialministerium für diese Veranstaltung,

(Dietmar Eifler, CDU: He!)