Protokoll der Sitzung vom 11.04.2019

(Zuruf von Eva-Maria Kröger, DIE LINKE)

Wir sind den Bundeswehrangehörigen natürlich dankbar, wenn sie bei Katastropheneinsätzen der Bevölkerung in unserem Land zu Hilfe kommen. Wir sind den Bundeswehrangehörigen auch dankbar, wenn sie ihr Leben dafür einsetzen, im Mittelmeer Menschen vor dem Ertrinken zu retten. Das steht doch überhaupt nicht infrage. Wer anderes behauptet, der hat sich sozusagen mit den Mehrheitsverhältnissen – ich betone, Mehrverhältnisse! – meiner Partei zu dieser Diskussion nicht auseinandergesetzt.

Dann kommen wir zum Satz vorher in dem Antrag der Fraktion Freie Wähler/BMV, den der Kollege Wildt mündlich geändert hat, aber dann doch sachlich nicht richtig darstellt, denn Sie formulieren „Werbung an den Schulen“, und genau das ist es doch, was die Bundeswehr vehement verneint.

(Andreas Butzki, SPD: Richtig!)

Die Bundeswehr sagt selbst, wir machen keine Werbung, auch nicht im Sinne Ihres Änderungsantrages.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Wir machen Informationsveranstaltungen an den Schulen. Das ist ein Unterschied wie Tag und Nacht.

(Andreas Butzki, SPD: So ist es.)

Und schon deshalb kann man sozusagen dieser fachlich falschen Beschreibung in Ihrem Antrag nicht zustimmen.

(Andreas Butzki, SPD: So ist es.)

Dann ist hier viel von der Parlamentsarmee die Rede gewesen. Ja klar, es ist eine Parlamentsarmee, weil sie vom Parlament unter anderem in Auslandseinsätze geschickt wird. Sie haben darauf verwiesen. Der Eid und das feierliche Gelöbnis sagen aber auch noch etwas anderes. Da heißt es: „Ich schwöre, der Bundesrepublik

Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen …“ Das ist noch etwas mehr als nur die Bezugnahme auf das Parlament. Deswegen ist es richtig, dass man sagt „Parlamentsarmee“, aber man muss dann auch feststellen, dass die Armee im Volk fest verankert sein soll.

Aber wenn ich von Parlamentsarmee rede, dann müsste sich dieses Parlament, welches die Bundeswehrangehörigen in Kampfeinsätze schickt, schämen, schämen! Wir haben erst vor wenigen Tagen gelesen, dass die Bundeswehr nicht mal mehr in der Lage ist, die Soldaten aus Afghanistan selbst zurückzuholen. Warum ist das so? Weil das Parlament, welches die Soldaten in Kampfeinsätze schickt, nicht dafür sorgt, dass die Soldaten ordentlich ausgerüstet und ordentlich ausgebildet sind.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der AfD und DIE LINKE)

Das muss man dann in dem Zusammenhang genauso kritisieren, wenn man davon spricht, wir sind eine Parlamentsarmee und schicken die Soldaten in alle möglichen Richtungen dieser Welt.

Und, na klar, wenn die Bundeswehr behauptet, auch in der aktuellen Auseinandersetzung, sie würde keine Werbung an den Schulen machen, sondern nur Informationsveranstaltungen, da sage ich natürlich, wer meint, dass Information ohne Werbung auskommt, der meint auch, dass die deutschen Interessen am Hindukusch verteidigt werden. Und da unterscheiden wir uns als Fraktion in der Tat von der Mehrheit der Fraktionen hier in diesem Hohen Haus, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Marc Reinhardt, CDU: Ein Glück!)

Und ich stelle mir auch die Frage, gerade in der gegenwärtigen Situation, ob bei diesen Informationsveranstaltungen, die die Jugendoffiziere an den Schulen durchführen, auch über Vorgänge zum Beispiel im Reservistenverband hier in Mecklenburg-Vorpommern informiert wird, über Bildung von rechtsextremistischen Netzwerken, ob über solche Dinge wie Hannibal in den Informationsveranstaltungen berichtet wird. Ich glaube nicht.

Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage …

Ja, bitte.

… des Abgeordneten Manthei?

Bitte.

Vielen Dank, Herr Ritter.

Ich habe nun gerade etwas erstaunt von Ihnen gehört, habe ich Sie richtig verstanden: Sie sagen, Werbung und Information kann man im Grunde nicht auseinanderhalten, das ist praktisch das Gleiche?

Ich habe gesagt, wer meint, dass Information nicht auch Werbung beinhaltet, der glaubt auch, dass die deutschen Interessen am Hindukusch verteidigt werden – eine ganz klare Aussage.

Gestatten Sie eine Zusatzfrage?

Bitte.

Gilt das auch, wir hatten ja neulich die Debatte zu Paragraf 219a nach Strafgesetzbuch?

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Sie meinen, die Informationen über die Schwangerschaftsabbrüche?!

Ja, genau.

Ja, natürlich, natürlich, ja.

Danke.

Und findet die an den Schulen statt? Ach, schade! Das war die falsche Fragestellung, lieber Kollege.

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Also zurück zu Ihrem Antrag: Ich habe darauf hingewiesen, warum wir wegen der aufgemachten Argumente Ihrem Antrag nicht zustimmen können, Werbung und Informationsveranstaltungen, Parlamentsarmee. Wenn man sich über das Wirken der Jugendoffiziere dann einmal informiert, gibt es dankenswerterweise auch Jugendoffiziere, die in aller Offenheit über ihre Berufung, über ihre Tätigkeit sprechen.

Da war in der „Märkischen Allgemeinen Volkszeitung“ vom 7. April dieses Jahres gerade in der Auseinandersetzung mit den aktuellen Diskussionen ein interessantes Interview zu lesen mit einem der Jugendoffiziere. Da heißt es in aller Offenheit, ich zitiere: „Wir Soldaten sind die größten Pazifisten.“ Es heißt weiter: „Wenn es zum Krieg kommt, stehen wir in der ersten Reihe. Wir wollen Krieg nicht. Unser Eid besagt, dass wir im Zweifel für das Vaterland sterben müssen.“ Zitatende. „Dass wir im Zweifel für das Vaterland sterben müssen“, sagt dieser Jugendoffizier, der über seine Arbeit in der Bundeswehr an den Schulen informiert, dass er also auch im Zweifel für das Vaterland sterben muss.

(Zuruf von Maika Friemann-Jennert, CDU)

Nun zieht der eine die Schlussfolgerung, werben fürs Sterben, der andere sagt, Mensch, der geht aber offen mit seiner Berufung um. Das kann jeder für sich bewerten.

Da bin ich natürlich, Kollege Eifler, da bin ich natürlich bei meiner Vergangenheit. Wenn ich mal behauptet hätte, die Soldaten sind die größten Pazifisten, ich glaube, wir wären alle reihenweise in Ohnmacht gefallen und hätten uns kaputtgelacht, weil das ist nicht so, das wissen wir doch alle. Jeder, der das Soldatenhandwerk erlernt, egal, unter welchen gesellschaftlichen Bedingungen, weiß, wozu dieses Handwerk eingesetzt werden kann.

(Egbert Liskow, CDU: Zum Verteidigen.)

Zum Verteidigen, so, wie ich es zum Beispiel

(Zurufe von Dietmar Eifler, CDU, und Eva-Maria Kröger, DIE LINKE)

meinen Soldaten beigebracht habe, lieber Kollege Liskow. Das war ein sehr kluger Zwischenruf. Aber nein, aber nein,

(Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)

aber nein, ich habe als Offizier für Jugendarbeit an Schulen in meiner Heimatstadt

(Wolfgang Waldmüller, CDU: Friedensarmee.)

Kinder und Jugendliche ab der 9. Klasse über die NVA informiert und für militärischen Nachwuchs geworben. Das finden viele, die jetzt sagen, wir stehen fest hinter der Bundeswehr – in Klammern, warum stehen wir nicht an der Seite der Bundeswehr, sondern nur dahinter –, wir stehen fest hinter der Bundeswehr, abscheulich, was ich da früher gemacht habe, auch Zeitgenossen, die sozusagen im gleichen Gesellschaftssystem mit mir groß geworden sind, weil heute ist das ja alles ganz anders. Das stimmt, heute ist alles ganz anders, denn keiner der von mir informierten oder geworbenen Jugendlichen wurde im Auftrag von wem auch immer in Kampfeinsätze geschickt,

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

obwohl dafür ausgebildet.

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)