Protokoll der Sitzung vom 11.04.2019

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Wenn Sie bitte eine Frage haben, kommen Sie! Ich habe das akustisch nicht verstanden. Das Mikro steht frei.

(Egbert Liskow, CDU: Ich habe gesagt, Sie haben noch nicht mal den Leuten erzählt, wenn ihre Kinder ums Leben gekommen sind,... – Andreas Butzki, SPD: Keine Zwiegespräche! – Egbert Liskow, CDU:... warum sie ums Leben gekommen sind.)

Ich habe es immer noch nicht verstanden, weil dann wieder ein Zwischenruf war. Kommen Sie doch nach vorne, Kollege Liskow, dann können wir das gerne klären!

Also es besteht in der Tat ein Unterschied, denn keiner der von mir Geworbenen oder Informierten wurde in Kampfeinsätze geschickt, obwohl auch die von mir ausgebildeten Soldaten das Waffenhandwerk gelernt haben. Und ich habe gesagt, wozu Waffenhandwerk am Ende dient.

Also ich finde die ganze Diskussion, …

(Zuruf von Horst Förster, AfD)

Ja, ja, ja! Ja, ja!

… ich finde die ganze Diskussion ein bisschen an den Haaren herbeigezogen, Kollege Förster. Ich saß als junger Offizier 1981 zur Polenkrise auf gepackten Koffern

(Zuruf vonseiten der Fraktion der AfD: Eben.)

und mir ging – Entschuldigung – der Arsch auf Grundeis.

(Nikolaus Kramer, AfD: Da wären Sie aber auch gegangen.)

Aber wäre der Befehl gekommen, wäre der Befehl gekommen, wäre ich einmarschiert,

(Zuruf vonseiten der Fraktion der AfD: Natürlich.)

und wäre der Befehl gekommen, …

(Unruhe vonseiten der Fraktion der AfD)

Hören Sie doch mal zu! Hören Sie doch mal zu!

(Nikolaus Kramer, AfD: Sie wiedersprechen sich doch selbst!)

… wäre der Befehl gekommen, hätte ich geschossen. Und da sage ich heute, da sage ich heute 30 Jahre später im Namen des Sozialismus, mit mir nicht! – Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE)

Für die Fraktion der CDU hat jetzt das Wort die Abgeordnete Friemann-Jennert.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen im Landtag! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es freut mich, dass diese Debatte, die Rolle der Bundeswehr an unseren Schulen, nun auch den Landtag Mecklenburg-Vorpommern erreicht, nicht nur, weil ich mit großer Verwunderung und Irritation die im Land Berlin geführte Auseinandersetzung der dortigen SPD-Kollegen verfolgt habe, sondern auch, weil es tatsächlich eine gute Gelegenheit ist, sich klar zur Bundeswehr zu positionieren.

Meine Damen und Herren, erst kürzlich, Ende März, konnten wir hier inmitten Schwerins Soldatinnen und Soldaten mit einem Rückkehrerappell willkommen heißen. Genau an diese zentrale gesellschaftliche Stelle gehört die Bundeswehr. Sie ist eine Bundeswehr in der Mitte der Gesellschaft, einer demokratischen Gesellschaft, die fest verankert auf dem Boden demokratischer Rechte steht und nicht abseits in den Kasernen.

Die zurückgekehrten Männer und Frauen haben ihren Dienst für die Bundesrepublik in Krisenregionen Afghanistans, Malis, im Libanon oder dem Kosovo geleistet. Sie verzichten in dieser entbehrungsvollen Zeit auf ihre Familie und persönliche Interessen und leisten einen wichtigen Beitrag zur Stabilität und der Friedenssicherung weltweit, von der wir alle auch hier in Deutschland und in Europa profitieren. Dieser Einsatz – an der Stelle ist dem Antrag der Freien Wähler/BMV völlig zuzustimmen – hat größten Respekt verdient.

Und, meine Damen und Herren, was haben diese grundsätzlichen Ausführungen mit unseren Schulen zu tun? Sehr viel. Für meine Fraktion möchte ich auf das Allerschärfste den Beschlusstext der Berliner SPD zurückweisen, in dem Jugendoffiziere durch ihre Mitwirkung am Schulunterricht in die Nähe militärischer Propaganda gerückt werden und durch welchen der Bundeswehr untersagt wird, an Schulen zu werben, was sie im Übrigen gar nicht tut.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wer solch eine Haltung in politische Forderungen gießt, hat die Rolle und den Auftrag der Bundeswehr in keinster Weise verstanden und hat zudem ein antiquiertes Verständnis über die Komplexität internationaler Beziehungen unserer Zeit. Noch dazu diskreditieren Sie die Arbeit der etwa 340 Jugendoffiziere, die im vergangenen Jahr deutschlandweit an Schulveranstaltungen mitgewirkt haben, in Mecklenburg-Vorpommern an 51 Schulen. Sie wissen – wir haben das eben auch schon debattiert –, dass unsere Bundeswehr durch den Parlamentsvorbehalt, der den Einsatz militärischer Mandate an den Deutschen Bundestag bindet, als Parlamentsarmee bezeichnet wird. Diese Rolle gilt es hervorzuheben, weil die Bundeswehr somit verfassungsrechtlich an die Legislative gebunden ist – im internationalen Vergleich eine außerordentliche Stellung.

In diesem globalen Zusammenhang halte ich es für richtig, dass Jugendoffiziere an unseren Schulen über Grundsätze, Aufgaben und Strukturen der Streitkräfte informieren und eben nicht werben. Aspekte der Personalgewinnung sind vereinbarungsgemäß ausgeschlossen. Das ist ein großer Unterschied und wird auch in Ihrem Antrag, Herr Wildt, falsch dargestellt, weshalb wir den Antrag so nicht mittragen können. Nun haben Sie ja gerade den Zusatz „für die Bundeswehr als Institution“ einfügen lassen. Ich glaube, dies hielte einer Überprüfung gegebenenfalls nicht stand, weil die Werbung an der Stelle nicht geht. Also es ändert nichts.

(Horst Förster, AfD: Das sind doch vorgeschobene Gründe!)

Auch wenn inzwischen die Landes- und Bündnisverteidigung wieder mehr in den Fokus gerückt ist, bleibt die Bundeswehr heute im 21. Jahrhundert in unübersichtlich gewordenen internationalen Beziehungen ein verlässlicher Partner, um den gewachsenen globalen Verpflichtungen Deutschlands gerecht zu werden.

Und, meine Damen und Herren, genau aus diesem Grund sollte Bundeswehr als Bestandteil der politischen Bildung weiterhin Unterrichtsbestandteil an den Schulen auch in unserem Land sein, der dort kontrovers diskutiert werden darf und muss, auch darüber, dass man im Einsatz sterben kann. Politische Willensbildung setzt doch gerade voraus, dass man sich mit entscheidenden Fragen befasst, über getroffene Entscheidungen genügend weiß, um sie zu beurteilen, billigen oder verwerfen zu können, sagt das Bundesverfassungsgericht zur Öffentlichkeitsarbeit von Staatsorganen. Und wenn Jugendoffiziere über Auftrag, Aufgaben, Auslandseinsätze, Transformationen, Bündnisse, den Alltag in der Bundeswehr sprechen, interaktive Simulationen zu Politik und internationaler Sicherheit durchführen, dann finden wir, dass das völlig in Ordnung ist.

Kurz: Jugendoffiziere vermitteln ein Grundverständnis über außen- und sicherheitspolitische Fragestellungen Deutschlands. Darüber haben wir in diesem Hohen Hause auch schon sehr emotional diskutiert. Herr Ritter hat sich zwar eben etwas relativiert, dennoch ist es schlicht beschämend, wenn DIE LINKE behauptet, die Bundeswehr sei eine Kriegsarmee, denn indirekt tun Sie das ja, da Kindern und Jugendlichen angeblich vermittelt wird, Krieg sei ein legitimes Mittel zur Konfliktlösung. Damit verkennen Sie die Rolle der Bundeswehr erheblich und Sie zeigen auch, dass Sie sich mit der Friedens- und Konfliktforschung bislang wenig auseinandergesetzt haben.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Oooh!)

Diese Haltung kennen wir allerdings nur zu gut von Ihren Kollegen aus der Bundestagsfraktion.

Wiederholt haben Sie von der Linksfraktion gefordert, die Kooperationsvereinbarung aus dem Jahr 2010 zwischen der Landesregierung und der Bundeswehr aufzukündigen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ja, aus den eben von mir genannten Gründen.)

Dieser Schritt wäre fatal und würde nicht zuletzt den gewachsenen Anforderungen der Bundeswehr zuwiderlaufen, die es auch und gerade bei jungen Menschen zu vermitteln gilt.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Schon blöd, wenn man eine vorbereitete Rede hält.)

Es ist doch absurd, Schulbesuche von Jugendoffizieren platt als Werbeveranstaltungen darzustellen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das steht in dem Antrag drin?!)

Es ist richtig, dass bei Kindern und Jugendlichen eine ganz besondere Sorgfalt geboten ist, da sie in ihrem Meinungsbild nicht gefestigt sind. Genau dies, die Einhaltung des Informationsgebotes, wird in der Kooperationsvereinbarung und in einer Handreichung dazu definiert. Sie ist öffentlich und Sie kennen sie auch, haben Kleine Anfragen dazu gestellt.

Im gesellschaftswissenschaftlichen Kontext werden Grundzüge der internationalen Politik dargestellt und es wird über Möglichkeiten und Instrumente zur Friedenssicherung informiert. Diese Arbeit ist wichtig, weil wir mündige Bürgerinnen und Bürger in einer lebhaften Demokratie benötigen, indem wir schon in Sekundarstufe I und II die Urteils- und Analysefähigkeit stärken. Ich vermute eher, dass einige in Ihren Reihen grundsätzliche Probleme mit der Bundeswehr haben, aber damit müssen Sie sich dann schon selbst auseinandersetzen.

(Jacqueline Bernhardt, DIE LINKE: Schöne Vermutung.)

Fest steht, dass die Kooperationsvereinbarung auf der Basis des Beutelsbacher Konsens steht, der schon Mitte der 70er-Jahre die Grundzüge der Vermittlung von Politik- und Geschichtsunterrichtsstoffen gegen Indoktrination und mit dem Kontroversitätsgebot festlegt und bis heute gilt, selbstverständlich auch für Jugendoffiziere. Karriereberater sind etwas völlig anderes.

Wenn Sie behaupten – und dies haben Sie –, über die Einhaltung des Informationsgebotes hat das Bildungsministerium keine Kenntnis, dann ist das schlicht falsch. Fachlehrer begleiten selbstverständlich den Unterricht der Jugendoffiziere in ihren eigenen Klassen. Deren Inhalte werden abgestimmt. Ich bin auch nicht dafür, ein bürokratisches Meldesystem für die Übermittlung an das Bildungsministerium an dieser Stelle einzuführen. Kurzum: Die Bundeswehr und deren Vertreter sind an unseren Schulen weiterhin willkommen und bereichern auch den Schulalltag. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall vonseiten der Fraktion der CDU)

Für die Fraktion Freie Wähler/BMV hat jetzt das Wort der Abgeordnete Dr. Manthei.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte zunächst für meine Fraktion noch eine weitere Änderung beantragen. Frau Friemann-Jennert hat indirekt hier angeregt, das Wort „Werbung“, an dem sie sich gestört hat, zu ersetzen. Ich würde daher das Wort ändern lassen und das Wort „Werbung“ durch „Informationen“ ersetzen. Damit haben wir als Fraktion überhaupt gar kein Problem, wenn es denn der Zustimmung zum Antrag dient.

Ich wollte mich aber eigentlich dazu allgemein noch mal kurz äußern. Mir hat das sehr gut gefallen, was der Kollege Ritter sagte, die Aussage, jede Information enthält auch Werbung. Das ist genau das, was ich auch gesagt habe, allerdings in einer anderen Debatte.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Und da, finde ich, müssen wir auch ehrlich sein, wenn wir das hier natürlich gleichsetzen. Da haben Sie ja recht, das ist Information, das hat natürlich immer auch … Wenn ich sage, mein Auto verbraucht soundso viel pro 100 Kilometer, dann ist das natürlich eine Werbung, wenn es ein guter Verbrauch ist. Ich würde nur darum bitten, dass wir in unseren Debatten ehrlich und konsequent sind, weil ich genau dieses Argument selbst gebracht hatte in Bezug auf ein anderes Thema.

Es ging um die Werbung – von mir aus in Anführungszeichen – für Schwangerschaftsabbrüche. Da wurde ja von den Befürwortern der Strafbefreiung gesagt, nein, es geht ja nicht um Werbung, es geht nur um Informationen. Da müssen wir uns jetzt schon mal einigen, was ist denn jetzt Werbung und was ist Information. Damals hatte ich in der Debatte schon gesagt – und bei dem Punkt hatten Sie heute ja wiederum recht –, man kann das eben nicht so genau trennen. Wenn ich ein paar positive Dinge von der Bundeswehr erzähle, dann werbe ich damit natürlich auch für die Bundeswehr.