Aber das ist auf jeden Fall eine Minimalforderung. Auch wir sind der Meinung, man sollte hier nicht Tabula rasa machen und komplett die Gerichtsstrukturreform wieder rückabwickeln, dafür ist zu viel geschehen in der Zeit, aber dass diese Zweigstellen wieder eröffnet werden müssen, das ist für uns eigentlich relativ klar.
Warum ist das so? Ganz einfach, weil es gar keinen Grund gab, diese Gerichte zu schließen, diese Gerichte umzuwandeln, zu degradieren in Zweigstellen. Heute sagt die Regierung, es wird eine Evaluation gemacht, wobei wir dann auch noch mal nachhaken müssen, wann die dann auch mal fertig ist. Da müssen wir dann noch mal so ein bisschen, glaube ich, nachbohren, auch im Rechtsausschuss.
Und das Problem ist ja einfach, es gab keine Evaluation, keine Bedarfsprüfung damals bei der Reform. Die Gerichte wurden einfach geschlossen. Es wurde bei keinem Gericht geprüft, braucht der Bürger dieses Gericht, ist es für den Bürger günstiger, wenn ich von Spantekow, sage ich mal, in meinem Kreis eben nicht mehr nach Anklam fahre, sondern je nach Sache muss ich entweder nach Pasewalk oder nach Greifswald fahren, ob das irgendwie für die Bürger sinnvoll ist, ob das besser ist für irgendjemanden. Ich wüsste nicht, warum das besser sein sollte. Ich bin auch immer sehr gespannt, was da evaluiert wird. Und die Bedarfsprüfung heißt eben, dass man prüft, ob ein Bedarf an Rechtsprechungstätigkeit, an amtsgerichtlicher Tätigkeit am jeweiligen Gericht ist. Damals wurde in der Gerichtsstrukturreform mit Phrasen gearbeitet. Dort ging es darum, die Justiz „zukunftsfest“ zu machen. Aber ich glaube, mit solchen Begriffen ist niemandem geholfen.
Diese Fehler wurden auch schon in der Gesetzgebung erkannt. Ich möchte noch einmal daran erinnern, dass wir 65 Sachverständige hatten, die hier angehört wurden im Rechtsausschuss, an drei Tagen. Das ist, glaube ich, schon recht rekordverdächtig, habe ich jedenfalls in meiner Tätigkeit hier im Landtag noch nicht erlebt, dass so viele Sachverständige angehört wurden, und im Grunde haben – ich habe mir das alles angeschaut – bis auf vier eigentlich alle diese Reform kritisiert, und vor allem die Zweigstellenlösung. Die Zweigstellenlösung wurde eigentlich unisono kritisiert, aus den bekannten Gründen, die wir jetzt auch in der letzten Anhörung wieder gehört haben, mit all den Problemen, die Zweigstellen mit sich bringen. Trotzdem ist die Reform so durchgewunken
worden damals im Parlament. Es ist trotz der nahezu einhelligen Kritik kein Komma, kein Strich, kein Buchstabe geändert worden im Gesetzentwurf. Das ist einfach so durchgewunken worden im Parlament.
Dass die Zweigstellen noch ein weiteres Problem haben, will ich jetzt auch erörtern, und zwar, dass einfach auch ihnen eine Schließung droht. Ich sagte es eingangs schon, wir hatten 31 Amtsgerichte 1992, die sind dann schon reduziert worden auf 21, und diese 21 hatten damals 10 Zweigstellen, also bevor es unsere jetzigen 6 Zweigstellen gab. Und diese 10 Zweigstellen sind komplett geschlossen worden über die Jahre.
Warum droht das auch den jetzigen Zweigstellen? Weil sie einfach nicht abgesichert sind. Es gab eine oder gibt eine Zweigstellenverordnung. Damals hatte der Gesetzgeber die Idee, ich sichere die Zweigstellen ab, indem ich sage, es müssen amtsgerichtliche Kernaufgaben in den Zweigstellen durchgeführt werden. Und dann gab es bekanntlich, einige werden es wissen, die oberverwaltungsgerichtliche Entscheidung, dass die Zuständigkeiten der Zweigstellen eben nicht vom Gesetzgeber geregelt werden dürfen, sondern sie müssen von den Gerichten im Präsidium – wegen der richterlichen Unabhängigkeit – festgelegt werden. Das heißt, es gibt keine Absicherung mehr durch die Zweigstellenverordnung, sodass, ich hatte auch in der Ersten Lesung schon das Beispiel Anklam gebracht, wir dort Zweigstellen haben, wo gar keine amtsgerichtlichen Kernaufgaben mehr erfüllt werden. Von daher ist es praktisch eigentlich gar kein Amts-, es ist noch formal ein Amtsgericht, aber es werden dort keine Zivilverfahren, keine Strafverfahren, keine Familienverfahren durchgeführt, es ist eigentlich nur noch, ich sage mal, ein Amtsgericht, wo Anträge entgegengenommen werden. Ich glaube, eine Vollstreckungsabteilung ist da noch, aber es werden keine Kernaufgaben mehr ausgeführt.
Auf der anderen Seite gibt es Gerichte wie das Amtsgericht Bergen auf Rügen, das ist auch eine Zweigstelle, wo das umgekehrt ist eigentlich, ein vollwertiges Amtsgericht. Das war schon immer ein großes Amtsgericht für unsere Verhältnisse in Mecklenburg-Vorpommern und da gab es auch überhaupt gar keinen Grund, daraus eine Zweigstelle zu machen. Es gibt sozusagen noch den umgekehrten Fall, dass Gerichte vollwertige Amtsgerichte sind und waren, und auch da gibt es gar keinen Grund, da überhaupt zu zögern und das nicht wieder zurückzuverwandeln in ein vollwertiges Amtsgericht.
Weil eben keine amtsgerichtlichen Kernaufgaben in Anklam mehr ausgeführt werden, kann man auch nicht mehr mit Personal aushelfen. Das war damals ja die Idee, ich kann Richter dann schneller mal in die Zweigstelle bringen, wenn da Not am Mann ist. Aber ein Richter wird in der Zweigstelle in Anklam gar nicht mehr gebraucht, von daher zieht auch nicht mehr das Argument der personellen Unterstützung.
... weil eben ein paar Details nicht so in unserem Sinne sind, insbesondere für die Insel Usedom, hier ist noch
Heringsdorf dem Amtsgericht Greifswald zugeordnet. Da muss man sehen, das gehört eigentlich zu Anklam. Das sind ein paar Details, die hätten wir gern im Ausschuss geändert, aber das war uns leider nicht mehr möglich. – Vielen Dank.
Wir kommen zur Einzelberatung über den von der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gerichtsstrukturgesetzes und weiterer Rechtsvorschriften auf Drucksache 7/3240.
Ich rufe auf die Artikel 1 bis 3 sowie die Überschrift in der Fassung des Gesetzentwurfes. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke schön. Gegenprobe. – Stimmenthaltungen? – Damit sind die Artikel 1 bis 3 sowie die Überschrift in der Fassung des Gesetzentwurfes der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/3240 bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE, Gegenstimmen der Fraktionen von SPD, CDU, der AfD und des fraktionslosen Abgeordneten und Stimmenthaltung der Fraktion Freie Wähler/BMV abgelehnt.
Somit ist der Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 7/3240 bei diesem Stimmverhalten abgelehnt.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 5: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Landesregierung – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Hochschulrechts, auf Drucksache 7/3556.
Gesetzentwurf der Landesregierung Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Hochschulrechts (Erste Lesung) – Drucksache 7/3556 –
Das Wort zur Einbringung hat die Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Frau Martin, Sie haben das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich bin die neue Ministerin, aber eigentlich bin ich gar nicht so neu. Als Bevollmächtigte des wunderschönen Bundeslandes war ich zwei Jahre lang schon Teil der Landesregierung und so kenne ich die meisten von Ihnen und die meisten von Ihnen kennen mich. So ist es zwei Stunden – noch nicht mal –, knapp zwei Stunden nach meiner Vereidigung wirklich für mich eine tolle Sache und eine große Freude, mich Ihnen heute nicht nur vorstellen zu können, sondern auch einen Gesetzentwurf einzubringen, und zwar einen wichtigen Gesetzentwurf, einen wichtigen hochschulpolitischen Entwurf.
Doch erlauben Sie mir erst einmal ein paar Worte, allgemeine Worte. Ich freue mich wirklich sehr auf diese tolle Aufgabe, die vor mir liegt. Ich weiß, dass es hohe Erwartungen gibt an mich, und das ist wohl auch gut so, denn Bildung, Wissenschaft und Kultur, das sind ganz zentrale Themen für unser Land, ganz zentral wichtig für die Zu
kunft unseres Landes, und nicht nur das, Bildung vor allen Dingen ist eine ganz zentrale Aufgabe, die jeden einzelnen Menschen bei uns im Land beeinflusst und voranbringen kann.
Ich verspreche Ihnen, ich werde mein Bestes geben. Ich werde auch all meine politische Erfahrung einbringen, um diese wichtigen Themen voranzubringen, und dies sehr gerne auch zusammen mit Ihnen. Deswegen freue ich mich sehr über die Willkommensgrüße.
Als Bevollmächtigte unseres Landes habe ich schon in den vergangenen zwei Jahren auch im Bereich Kultur und Bildung mit anpacken können. Ich habe zum Beispiel die Grundgesetzänderung für den Digitalpakt mit verhandelt in Berlin im Vermittlungsausschuss, sehr erfolgreich auch für unser Land. Das ist toll für mich. Ich freue mich wirklich sehr darauf, jetzt dieses wichtige Bund-LänderAbkommen auch umzusetzen, damit wir die Digitalisierung an unseren Schulen voranbringen können.
Ich hatte als Bevollmächtigte ebenso die wunderbare Aufgabe, die Highlights unserer Kultur, unserer Kunst des Landes bei uns in Berlin in der Landesvertretung auf die Bühne zu bringen. Ich freue mich ganz besonders, dass ich jetzt noch viel öfter die Möglichkeit haben kann, die Kunst und Kultur unseres Landes starkzumachen.
Ich weiß, es gibt viel für mich zu tun. Das konnte ich erst vor einigen Tagen beim Treffen des „Bündnisses für gute Schule“ selbst erfahren. Eine Botschaft habe ich dort mitgenommen, die mir ganz besonders wichtig ist und die ich auch beherzigen werde: Wir bekommen die Dinge nur gut politisch vorangebracht, wenn wir miteinander reden. Kommunikation und Dialog, das ist es, was ich Ihnen, sehr verehrte Herren und Damen Abgeordnete, versprechen möchte, dass ich das mit Ihnen gemeinsam tun und pflegen werde und dass wir mit allen, die an der Sache orientiert sind, die Dinge voranbringen möchten, dass ich mit diesen auch gern in der Diskussion bleibe.
Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, damit können wir jetzt gleich beginnen. Das Landeshochschulgesetz wird modernisiert und ich bringe heute den Entwurf der Novelle ein. Die Qualität, Innovationspotenzial, der Output unserer Hochschulen hängt vor allem an jenen, die dort forschen und lehren, sprich, an denen, die dort arbeiten. Es geht nicht nur darum, das Landeshochschulgesetz, wie es im Koalitionsvertrag heißt, den aktuellen Erfordernissen anzupassen. Ein weiterer dort genannter Auftrag ist ganz besonders wichtig. Der heißt, gute Arbeit soll auch in der Wissenschaft gesichert werden. „Gute Arbeit“, das heißt vor allem gute Arbeitsbedingungen für die Menschen, die dort arbeiten, und da gibt es ganz viele konkrete, drängende Fragen, die die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben: Wie lange läuft mein Vertrag? Wie ist der Beschäftigungsumfang? Wie viel Zeit steht für die eigene wissenschaftliche Qualifikation zur Verfügung? Gibt es eine Chance auf Verbeamtung? Und auch hier wie überall in der Arbeits
Antworten darauf finden sich in Teilen bereits in Ziel- oder Dienstvereinbarungen, aber es ist der Landesregierung sehr wichtig, hier Mindeststandards gesetzlich für alle zu fixieren, denn das alles zusammen entscheidet über die Attraktivität unserer Hochschulen als Arbeitgeber und somit natürlich auch darüber, ob die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu uns kommen und ob sie bei uns bleiben. Ich bin überzeugt, dieses Gesetz schafft den rechtlichen Rahmen dafür, dass unsere Hochschulen bessere Chancen und, lassen Sie mich das noch ein bisschen konkreter formulieren, sehr gute Chancen im Ringen über die besten Köpfe haben.
So, und wie lauten nun die Antworten auf die drängenden Fragen? Ich stelle Ihnen die wichtigsten Punkte mal vor:
Erstens. Die Befristung von Qualifikationsstellen wird geändert. Sie sollen zukünftig in der Regel für mindestens drei Jahre vergeben werden.
Drittens. Wir wollen wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht nur auf eine Weiterbeschäftigung an der Hochschule vorbereiten, sondern wir wollen sie auch für alternative Berufsfelder in der Wirtschaft qualifizieren.
Wir wollen außerdem – viertens – dem wissenschaftlichen Personal an unseren Hochschulen mehr Sicherheit und eine klare Perspektive für ihre berufliche Laufbahn geben. Deshalb werden wir die Wege zur Professur durch die Option der sogenannten Tenure-Track erweitern.
Und wir begrenzen ganz klar den Einsatz von Lehrbeauftragten. Das ist, wenn wir über gute Arbeit reden, sehr wichtig. Es soll Schluss sein mit dem Sich-Hangeln von Vertrag zu Vertrag, Schluss sein auch mit der daraus resultierenden Unsicherheit für die berufliche, aber auch für die private Perspektive.
Meine Damen und Herren, das Voranbringen guter Arbeit beschränkt sich aber nicht nur auf den Inner Circle der Hochschulen. Der Gesetzentwurf trägt der Notwendigkeit Rechnung, unser Bildungssystem durchlässiger zu machen, also auch Leute von außen besser reinzulassen. Gleichzeitig erfüllt er damit den Wunsch der Wirtschaft nach qualifiziertem Personal. Konkret: Die Landesregierung will zum Beispiel auch beruflich Qualifizierten den Weg zum Studieren eröffnen.
Auch für die Hochschulen für angewandte Wissenschaft planen wir Änderungen. Hier soll es mehr kooperative Promotionsverfahren geben als bisher. Darüber hinaus wird der Zugang zur Promotion vereinheitlicht. Das heißt, die Absolventinnen und Absolventen der Hochschulen für angewandte Wissenschaft können unter denselben Voraussetzungen wie auch Absolventinnen und Absolventen der Universitäten promovieren. Damit stärken wir Lehre und Forschung an unseren Hochschulen für angewandte Wissenschaften.
Sehr geehrte Damen und Herren, vor Ihnen liegt eine Novelle, die das Hochschulrecht in Mecklenburg-Vorpommern modernisiert. Wir definieren in diesem Entwurf hochschulische Zielsetzungen neu oder wir entwickeln
sie weiter. Eine solche Weiterentwicklung hat im Vorfeld der Landtagsbefassung auch für kontroverse Diskussionen gesorgt. Dabei ging es vor allem um die Absicht, die Hochschulen von der gesetzlichen Akkreditierungspflicht zu befreien, so, wie es im Koalitionsvertrag eigentlich auch vereinbart war. Hier gab es erhebliche Bedenken nicht nur aus dem Bund und aus den Ländern, sondern auch vonseiten der Arbeitgeber und Gewerkschaften, der Studierenden und der Personalvertretungen. Wir haben in dem Gesetzentwurf, der Ihnen heute vorliegt, diese Bedenken aufgegriffen und sehen nun Folgendes vor: Das Land bleibt mit einer Sollvorschrift bei der grundsätzlichen Verpflichtung der Hochschulen, ihre Studiengänge nach den bundesweit vereinbarten Verfahren zu akkreditieren. Ich denke, damit haben wir den Bedenken Rechnung getragen.
Zum Schluss noch ein einziger wichtiger Punkt. Nach den Hinweisen des Landesrechnungshofes war es notwendig, die Hochschulplanung neu aufzustellen. Wir möchten in Zukunft gemeinsam mit den Hochschulen hier neue Wege gehen. Mein Haus wird im direkten Dialog mit den Beteiligten Eckwerte erarbeiten, die wir dann dem Parlament, also Ihnen, vorlegen werden. Derzeit sind es noch die Entwicklungspläne der Hochschulen, die die Grundlage der Landesentwicklungsplanung bilden. Mit dem neuen Verfahren setzen wir auf einen früher beginnenden Abstimmungsprozess und damit auf mehr Akzeptanz. An anderer Stelle bekommen die Hochschulen zusätzliche Freiheiten. Zum Beispiel wird es in der Verantwortung der Hochschulen liegen, über die Vereinbarkeit von Personalratsmandat und Gremienmitgliedschaft zu entscheiden.
Sehr geehrte Damen und Herren, das neue Landeshochschulgesetz ist ein zeitgemäßes Gesetz für eine moderne Hochschullandschaft mit mehr Qualität, mehr Attraktivität und mehr Ausrichtung an denen, die an den Fakultäten und Instituten lernen, lehren und forschen. Das ist es, glaube ich, was das Wissenschaftsland M-V benötigt. Ich freue mich auf den Diskurs dazu. – Vielen Dank.
Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 120 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann verfahren wir so. Ich eröffne die Aussprache.