Protokoll der Sitzung vom 23.05.2019

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Der Sozialismus befindet sich links vom Gehirn und der Kapitalismus befindet sich rechts vom Herzen – mit diesem Satz kann man eigentlich sehr schön ausdrücken, welchen enormen Wert wir an unserer sozialen Marktwirtschaft haben.

Die Marktwirtschaft ist erst mal was Wunderbares. Wir haben Gewerbefreiheit, Vertragsfreiheit, Privateigentum, Leistung wird belohnt, die Menschen werden dazu angespornt, sich anzustrengen, und dafür auch die Früchte zu ernten, das ist erst mal alles wunderbar. Trotzdem sind wir alle Menschen. Wir wollen auch menschlich bleiben und wir sehen eben auch, dass nicht jeder mithalten kann und dass auch die soziale Ader nicht unterdrückt werden darf. Wir brauchen auch Unterstützung von Armen, von Menschen, die aus irgendwelchen Gründen in Notlagen geraten, und wir brauchen vor allen Dingen auch einen starken öffentlichen Bereich. Das ist die Maßgabe für die soziale Marktwirtschaft.

Deswegen gibt es auch keine lupenreine soziale Marktwirtschaft, die kann es gar nicht geben, sondern sie befindet sich immer in der Entwicklung, mittlerweile mindestens schon über 70 Jahre. Die Wurzeln reichen ja weiter zurück. Und wir haben da nicht nur die Dinge, die schon angesprochen worden sind, sondern zum Beispiel auch solche Themen wie die Demokratisierung in der Wirtschaft durch die Arbeitnehmerrechte. Ich erinnere mal an 1972, die Betriebsverfassungsgesetze, die damals verabschiedet worden sind, die besonders wichtig waren eigentlich für die Einrichtung von Betriebsräten. Es wundert mich, dass das von der Linksfraktion bisher nicht gesagt wurde, da fehlt offenbar der Herr Foerster.

Das waren große Meilensteine in der Entwicklung. Das ging immer hin und her: Mal wurde der eine Bereich ein

bisschen gestärkt, mal der andere Bereich. Und es ist unsere Aufgabe in den Parlamenten, natürlich vor allen Dingen im Bundestag, aber auch hier im Landtag, dafür zu sorgen, dass sich diese beiden großen Strömungen immer im Gleichgewicht befinden und dass dadurch der Staat und unser Gemeinwesen einerseits modern und wettbewerbsfähig bleiben, auf der anderen Seite immer auch die soziale Verantwortung trägt für die Schwächeren in unserer Gesellschaft.

Dieses System ist auf Ausgleich angelegt. Deswegen arbeiten normalerweise Regierung und Opposition auch einigermaßen zusammen. Ich sage, normalerweise, manchmal klappt es, manchmal klappt es nicht so gut. Aber ganz entscheidend ist natürlich – und ich glaube, darum ging es dem Antragsteller – das Thema Privateigentum, denn bei Herrn Kühnert, der jetzt hier schon mehrmals zitiert wurde, besteht ja nun die Gefahr, dass er also dieses Privateigentum vielleicht nicht mehr so schätzt, wie wir das im Grunde genommen alle sonst tun. Und da fand ich doch den Vortrag von Herrn Pegel bemerkenswert unambitioniert.

Wenn Sie sich also nur darauf beziehen, dass der öffentliche Bereich, dass zum Beispiel Breitband oder – was haben Sie noch alles gesagt – Bahn, das Wohnen, dass da also in der Daseinsvorsorge der Staat stark genug bleiben soll, dann muss ich sagen, ist das schon ein bisschen wenig für die Debatte. Ich erwarte eigentlich von der SPD da durchaus mehr. Es gibt halt auch Unternehmen, die sich tatsächlich nicht in Privateigentum befinden und trotzdem sehr wettbewerbsfähig sind. Ich erinnere mal an Firmen wie zum Beispiel Bosch. Bosch gehört zu einhundert Prozent einer Stiftung, wenn Sie so wollen, es gehört sich selbst. Es ist trotzdem unwahrscheinlich erfolgreich, innovativ, ambitioniert.

(Marc Reinhardt, CDU: Lidl auch oder ScanHaus Marlow.)

Auch andere Unternehmen sind so organisiert. Das ist also durchaus auch möglich. Solche Dinge sollte man in der Debatte vielleicht mal berücksichtigen. Also das, was Herr Kühnert dort gesagt hat, ist eigentlich ein bisschen sehr kurz gegriffen.

Wenn ich dann aber schon so ein Unternehmen wie BMW nenne, dann muss ich natürlich sagen, BMW, wenn ich BMW mit der Bahn vergleiche – Herr Pegel brachte ja die Bahn –, dann ist BMW natürlich viel moderner, auch aus Arbeitnehmersicht, als die Bahn.

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Schneller!)

Schneller ist es auch noch, Frau Oldenburg.

(Heiterkeit bei Sebastian Ehlers, CDU)

Und BMW zahlt hervorragende Löhne, die Betriebsräte sind hochzufrieden bei BMW.

(Unruhe bei Jochen Schulte, SPD, und Marc Reinhardt, CDU – Glocke der Vizepräsidentin)

Es gibt also viele Gründe, lieber bei BMW zu arbeiten als bei der Bahn, ohne dass ich jetzt die Bahn per se schlechtmachen möchte. Aber das zeigt doch, dass es

offensichtlich nicht nur darum geht, wer der Eigentümer des Unternehmens ist, sondern es zeigt da ganz deutlich, wie ist die Verfasstheit unseres Staates, welche Gesetze existieren, welche Gesetze müssen eingehalten werden.

Und ich möchte jetzt noch mal kurz zurückkommen auf die Debatte aus dem letzten Monat, Herr Foerster. Da haben wir über die Vermögenssteuer gesprochen, und ich habe da schon ganz deutlich gesagt, wir haben eine starke Umverteilungsfunktion bei den Einkommen, die dazu führt, dass der Gini-Koeffizient deutlich nach rechts verschoben wird, also deutlich mehr in Richtung Gleichverteilung. Die Umverteilung funktioniert an der Stelle sehr gut. Bei den Vermögen ist das nicht der Fall. Und gerade Menschen mit einem sehr hohen Vermögen – das ist nicht nur in Deutschland, sondern auch in den USA der Fall – machen sich ganz starke Gedanken, wie man dort gegensteuern kann.

Und auch da wieder die Einladung an die SPD: Greifen Sie das doch mal auf! Natürlich brauchen wir Methoden, um zu einem Ausgleich zu kommen, denn nur so können wir unseren Staat so stabil behalten, wie wir ihn uns wünschen, und nur so kann das System insgesamt weiterfunktionieren. Wir brauchen dort einen Ausgleich. die Vermögenssteuer ist meiner Meinung nach der falsche Ansatz. Ich hatte darauf hingewiesen, bei der Erbschaftssteuer muss man drüber sprechen, denn ansonsten werden sich die Vermögen von Generation zu Generation zu Generation immer stärker in einzelnen Familien oder bei einzelnen Personen anhäufen, und das ist überhaupt nicht im Sinne der sozialen Marktwirtschaft.

Also legen Sie Ihre Scheuklappen doch insgesamt mal ein bisschen ab! Wir haben Probleme, die müssen wir auch lösen, aber das System der sozialen Marktwirtschaft als solches ist so was von erfolgreich, dass es überhaupt gar keinen Zweifel daran geben darf, dass man die weiter fortsetzen sollte. – Danke.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der CDU und Freie Wähler/BMV)

Das Wort hat jetzt der fraktionslose Abgeordnete Herr Arppe.

Danke, sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren! Deutschland ist ein reiches Land, heißt es zumindest immer wieder, aber das muss ja nicht so bleiben, zum Beispiel, wenn Deutschland in Zukunft immer weiter die Prinzipien der Marktwirtschaft und des Kapitalismus missachtet und sozialistische Wege geht.

Was die Konsequenzen einer solchen Politik sind und sein werden – um das festzustellen, müssen wir uns gar nicht unbedingt in der Vergangenheit umschauen und die DDR oder die Sowjetunion bemühen, da brauchen wir bloß etwas nach Westen, nach Lateinamerika zu gucken. Venezuela war mal in den 70er-Jahren das reichste Land Südamerikas, heute ist es durch die sozialistische Politik roter Despoten in den letzten 20 Jahren zum Armenhaus Amerikas geworden, und das, trotzdem Venezuela auf den weltweit größten Erdölvorkommen sitzt.

Was wir dort haben, ist, die Stromversorgung ist zusammengebrochen, das Gesundheitswesen ist zusammengebrochen, die Wirtschaft insgesamt ist zusammengebrochen, die Wasserversorgung ist zusammengebrochen –

eine humanitäre Katastrophe, die eine in Europa leider völlig unbeachtete Flüchtlingsbewegung,

(Thomas Krüger, SPD: Hilfe, die Revolution kommt, oh Gott!)

Millionen in Gang gesetzt hat, Millionen Menschen, die dort das Land verlassen haben, um sich vor dem Hungertod in Sicherheit zu bringen.

(Martina Tegtmeier, SPD: Als Wirtschaftsflüchtlinge.)

Komischerweise spielen diese Flüchtlinge bei den Betrachtungen der linken Parteien hier in Deutschland überhaupt keine Rolle. Und warum nicht? Weil das die Opfer einer Politik sind,

(Thomas Krüger, SPD: Über Opfer können sie vielleicht nicht reden.)

die Sie alle hier für unser Land auch anstreben. Das ist nun mal die bittere Wahrheit. Deswegen ist es richtig und gut, dass die AfD dieses Thema auf die Tagesordnung gebracht hat.

Und um jetzt nach Mecklenburg-Vorpommern zu kommen – die Energiewende und die Mobilitätswende sind Beispiele dafür, wie hier in Deutschland, in MecklenburgVorpommern planwirtschaftlich gearbeitet wird, und auch das wird am Ende zu einer fürchterlichen, zumindest energiewirtschaftlichen Katastrophe führen.

(Thomas Krüger, SPD: Ja, mit Katastrophen kennen Sie sich ja aus.)

Schon jetzt gibt es immer mehr europäische Nachbarn – Polen, Österreich –, die Notfallkonzepte ausarbeiten, wenn hier in Deutschland demnächst die Lichter ausgehen, nämlich 2022. Dann nämlich,

(Heiterkeit bei Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE – Thomas Krüger, SPD: Ach, Hören Sie doch auf!)

dann nämlich werden die Atomkraftwerke abgeschaltet

(Thomas Krüger, SPD: Verschwörungstheorien! – Zuruf von Martina Tegtmeier, SPD)

und ein Viertel der grundlastfähigen Kohlekraftwerke.

Verschwörungstheorien kommen von Ihnen, nämlich, wenn Sie ständig von der Klimakatastrophe schwafeln,

(Thomas Krüger, SPD: Ach, hören Sie auf!)

die eine, die die größte Verschwörungstheorie aller Zeiten ist.

(Jochen Schulte, SPD: Ihre Zeit ist um. – Zuruf von Martina Tegtmeier, SPD)

Also mehr Marktwirtschaft statt weniger,

(Thomas Krüger, SPD: Sie kosten mich drei Minuten meines Lebens.)

um dieses Land auch künftig oben zu halten und unseren Wohlstand nicht zu gefährden, sondern weiterzuentwickeln. – Vielen Dank.

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Schulte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und sehr geehrte Kollegen! Heute Morgen hat die Landtagspräsidentin darauf hingewiesen, dass wir heute ja auch unter anderem an diesem Ort 70 Jahre des Grundgesetzes gedacht haben,

(Thomas Krüger, SPD: So ist es.)

durch die Ansprache, die die Landtagspräsidentin hier gehalten hat. Und ich denke, eigentlich, wenn man schon diese Aussprache zu diesem Thema „Sozialismus und/oder statt“ – die Parteiwettkampfparolen gab es ja auch schon mal – „sozialer Marktwirtschaft“ hier auf die Tagesordnung setzt, dann hätte man ja vielleicht auch den Umstand nutzen können, das, was das Grundgesetz uns an Vorgaben, an inhaltlichen Positionen, an Anregungen, an Möglichkeiten eröffnet, in dieser Debatte dann tatsächlich auch zu nutzen. Was ich hier erlebt habe – das muss ich jetzt leider auch an den Redner unseres Koalitionspartners Herrn Kollegen Ehlers richten –, das war ja manchmal eher auf dem Niveau der vorletzten oder letzten Bierzeltdebatte zum Aschermittwoch.