Protokoll der Sitzung vom 23.05.2019

(Heiterkeit vonseiten der Fraktion der CDU)

Und dass ja die Landesregierung der Grundschule eine große Bedeutung beimisst, zeigt sich doch daran, dass Lehramtsstudierende, die in einer Doppelqualifikation im Referendariat sind, also Grundschule und Gymnasium, dieses Referendariat um sechs Monate verlängern müssen, weil man ihnen sagt, ihr müsst die Grundschuldidaktik und die Grundschulmethodik nachholen, die müsst ihr erlernen, ansonsten könnt ihr nicht an einer Grundschule unterrichten. Man traut also Gymnasiallehrern nicht zu, an einer Grundschule den Kindern Lesen und Schreiben beizubringen, und sagt berechtigterweise, vorher müsst ihr die Methodik und die Didaktik der Grundschule erlernen.

Das kann alles nicht richtig sein, wenn ich sage, ein Gymnasiallehrer schafft es nicht ohne zusätzliche Qualifizierung, es ist zu schwer, was ein Grundschullehrer leistet, und auf der anderen Seite sagen wir, ihr verdient aber weniger, weil das, was ihr macht, so schwer ist, dass es ein Gymnasiallehrer nicht ohne zusätzliche Qualifikation kann.

Ich hoffe, dass mir heute die bildungspolitischen Sprecher von BMV, SPD und CDU wenigsten drei plausible Gründe nennen werden,

(Dr. Ralph Weber, AfD: Uns gibt es auch noch!)

warum es so ist, dass ein Grundschullehrer/eine Grundschullehrerin weniger verdient. Und wenn diese Gründe so überzeugend sind,

(Zuruf von Jens-Holger Schneider, AfD)

dann wird meine Fraktion aufhören, für die Lehrerinnen und Lehrer eine bessere Vergütung zu erstreiten, die unseren Kindern das Lesen, das Schreiben und das Rechnen beibringen. – Danke schön.

(Beifall vonseiten der Fraktion DIE LINKE und Bernhard Wildt, Freie Wähler/BMV)

Im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 120 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Ums Wort gebeten hat für die Landesregierung die Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur Frau Martin.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ja, gute Schule geht nur mit gut qualifizierten Lehrkräften und gute Schule geht nur mit einer ausreichenden Anzahl von gut qualifizierten Lehrkräften, das ist klar. Lehrkräfte, Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer, verdienen große Wertschätzung, denn sie haben einen sehr harten und wunderschönen Beruf. Und sie verdienen nicht nur Wertschätzung, sondern auch eine angemessene Bezahlung.

Dass es eine enorme gemeinsame Anstrengung sein wird, diese Voraussetzung, nämlich gute und ausreichend viele Lehrkräfte zu haben, für heute und auch für die Zukunft, das ist, glaube ich, uns allen klar und mir mehr als bewusst. Und darum werde ich auch genau auf diese Frage einen starken Fokus meiner Arbeit lenken. Unser Land bewegt sich da nämlich auch nicht im luftleeren Raum. Das wissen wir alle. Um uns herum ist der bundesweite Wettbewerb um gute Lehrerinnen und Lehrer in den vergangenen Jahren von Schuljahr zu Schuljahr gestiegen, er hat sich verschärft, auch und gerade um diejenigen Lehrkräfte, die sich um die Jüngsten in den Schulen kümmern, nämlich an den Grundschulen. Nicht zuletzt auch, weil wir als Arbeitgeber hier in M-V ein guter Arbeitgeber sein müssen und natürlich ein attraktiver Arbeitgeber für diese Grundschullehrkräfte, müssen wir viel tun.

Und das hängt natürlich auch ein Stück dann an der Bezahlung, die wir den Grundschullehrerinnen und Grundschullehrern geben. Klar, je mehr Bundesländer daraus einen Wettbewerb machen, desto größer wird der Druck auf die anderen, auch nachzuziehen. Deshalb werde ich mich der laufenden Diskussion über die Höhergruppierung von Grundschullehrerinnen und Grundschullehrern auf A13 und E13 natürlich nicht verschließen.

(Patrick Dahlemann, SPD: Sehr gut!)

Ich habe es gestern schon erwähnt, dass ich in den vergangenen Wochen bereits die Möglichkeit hatte, mich mit dem Bündnis für gute Schule zu treffen. Dort haben wir vereinbart, dass wir gemeinsam Schritte gehen werden,

gute Schule zu sichern, und in diesem Kontext ist natürlich auch die Frage der Lehrkräftegewinnung ein ganz wichtiges Thema. Wir sind also mitten im Prozess und ich freue mich sehr, dass neben unserem Koalitionspartner, der CDU, auch DIE LINKE mit dabei ist in diesem Prozess. Und natürlich gehört da,

(Henning Foerster, DIE LINKE: Die treibt diesen Prozess!)

und natürlich gehört da auch ein Projekt wie die Anhebung der Vergütung für Grundschullehrkräfte mit in das Paket der Themen,

(Zurufe von Marc Reinhardt, CDU, und Torsten Renz, CDU)

über die wir diskutieren wollen in dem Bündnis.

Aber, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, ein solch großer Schritt ist nicht mit einem Fingerschnippen mal so eben zu tun.

(Torsten Renz, CDU: Sehr richtig!)

Es geht nicht nur um das Ob, es geht natürlich auch um das Wie.

(Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

Da meine ich nicht nur die rechtlichen Fragen, etwa in Bezug auf das Landesbesoldungsrecht, sondern es geht natürlich auch vor allem um einen ganz wichtigen Knackpunkt, nämlich die Finanzierung.

Damit klar ist, worüber wir hier reden: Eine Anhebung auf A13 beziehungsweise E13 und eine entsprechend angepasste Bezahlung der Schulleiterinnen und Schulleiter würde Mehrausgaben zwischen 15 und 20 Millionen Euro bedeuten. Das ist eine erhebliche Summe, die der Landeshaushalt, also Sie als Haushaltsgesetzgeber,

(Andreas Butzki, SPD: Und das Jahr für Jahr.)

da hergeben müssten.

(Zuruf von Simone Oldenburg, DIE LINKE)

Insofern,

(Zuruf von Dr. Ralph Weber, AfD)

insofern kann man fordern, die Projekte brauchen wir unbedingt, insofern kann man fordern, die Landesregierung möge die Voraussetzungen schaffen. Aber solange da keine wirklichen Hinweise dafür da sind, wie wir diese Finanzierung hinkriegen sollen, ist die Forderung heute im Raum etwas wohlfeil.

(Marc Reinhardt, CDU: Sehr richtig!)

Deswegen keine Schnellschüsse in einem solch wichtigen Bereich, sondern strukturiert und mit einer Gesamtstrategie die drängenden Themen in unseren Schulen angehen. Und klar, dieses Vorgehen muss auch seinen Niederschlag finden in den anstehenden Haushaltsverhandlungen. Wer A wie „A13“ sagt, muss eine Lösung B wie „Besoldung“ auch bringen. – Vielen Dank.

(Beifall vonseiten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das Wort hat jetzt für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Herr Schneider.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Landsleute! Werte Gäste! Innerhalb von nur zwölf Monaten legt die Fraktion DIE LINKE nun schon zum dritten Mal einen Antrag

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Sehen Sie mal!)

mit der gleichen Forderung vor, nämlich die Vergütung beziehungsweise Besoldung von Grundschullehrkräften an die der Lehrkräfte an weiterführenden Schulen anzugleichen.

(Henning Foerster, DIE LINKE: Schlimm, dass man das immer wieder machen muss!)

Bisher hatten sich SPD und CDU diesem Ansinnen – primär aus Haushaltsgründen – verweigert, das haben wir eben von der Bildungsministerin gehört, aber zugleich signalisiert, dass sie sich die Gehaltsangleichung in einem kommenden Haushalt vorstellen könnten. Angesichts der bevorstehenden Haushaltsverhandlungen ist der erneute Vorstoß der LINKEN also nicht verwunderlich. Gegen diesen Antrag haben wir nun schon zweimal detailliert unsere erheblichen Bedenken hier im Plenum geltend gemacht. Kein einziges unserer Argumente wurde von den Befürwortern einer Gehaltsangleichung entkräftet. Vielmehr wurden unsere Einwände einfach ignoriert oder unbewiesen das Gegenteil behauptet.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Deshalb hier gerne noch einmal in Kurzform eine Darstellung des Sachverhalts. Dem Antrag der LINKEN steht vor allem das Abstandsgebot entgegen. Ich zitiere aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Mai 2017: „Das Abstandsgebot untersagt dem Besoldungsgesetzgeber..., den Abstand zwischen verschiedenen Besoldungsgruppen dauerhaft einzuebnen“, Zitatende.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Dieses sei nur möglich, wenn der Gesetzgeber, Zitat, „eine Neueinschätzung der Ämterwertigkeit und Neustrukturierung des Besoldungsgefüges“, Zitatende, vornimmt. Wollen Sie damit dem Gesetzgeber unterstellen, dass er bisher eine falsche Einschätzung der Ämterwertigkeit und Strukturierung des Besoldungsgefüges der Lehrkräfte vorgenommen hat? Oder wollen Sie behaupten, dass sich die Lehrämter in ihren Anforderungen und Tätigkeitsmerkmalen so stark angeglichen hätten, dass sie auch gleich zu vergüten wären? Diese Nachweise dürften kaum zu erbringen sein.

(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD)

Die Unterschiede zwischen den Lehrämtern liegen klar auf der Hand: eine Regelstudienzeit für das Lehramt an Grundschulen von neun Semestern, für Regionalschul- und Gymnasiallehrer sind es zehn Semester. Dass die

fachlichen Anforderungen bei den weiterführenden Lehrämtern deutlich höher sind, zeigt sich auch daran, dass deren Studenten erheblich häufiger das Studium abbrechen sowie die Regelstudienzeit stärker überziehen. Der Lehrerberuf erfordert an weiterführenden Schulen, besonders an Gymnasien, einen wesentlich höheren und anspruchsvolleren Aufwand für Korrekturen und Unterrichtsvorbereitungen, mehr als an Grundschulen, und beinhaltet auch die Abnahme der Prüfungen zur Mittleren Reife und zum Abitur, was ebenfalls ein hohes Fachwissen voraussetzt.

Was zeichnet also die Tätigkeit des Grundschullehrers so weit aus, dass sie von den Anforderungen her der des Gymnasiallehrers gleichzustellen wäre? Hier haben wir von den LINKEN bisher nicht viel mehr gehört, als dass sie den Lese- und Schreibunterricht als, ich zitiere Frau Oldenburg, „hohe Kunst der Didaktik“ und „hohe Kunst der Methodik“ und die Grundschulkinder als „wuseliger“, „aktiver“ und „unkonzentrierter“ bezeichneten. Wie kommt es dann aber, dass in Deutschland vielfach Gymnasiallehrer als Grundschullehrer eingesetzt werden

(Simone Oldenburg, DIE LINKE: Weil wir keine haben!)