Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Landsleute! Liebe Gäste hier im Hause! Wie heißt es nach alter deutscher Mundart: „Wo man singt, da lass dich nieder, böse
Menschen haben keine Lieder.“ Die universale Allgemeingültigkeit dieser Aussage steht spätestens seit den Anschlägen im Bataclan in Paris 2015 und den Vorfällen im Rahmen eines Popkonzertes der Sängerin Ariana Grande in Manchester im vorletzten Jahr zur Diskussion.
Das „Fusion“-Festival in Lärz ist mittlerweile über unsere Landesgrenze hinaus bekannt und ist, wenn Sie es so wollen, ein kultureller Leuchtturm unseres Bundeslandes. Jahr für Jahr bewerten Fachexperten und Behörden das Sicherheitskonzept dieser Veranstaltung. Mit 70.000 Teilnehmern ist die „Fusion“ schon lange kein kultureller Geheimtipp mehr, sondern eine Großveranstaltung. 70.000 Menschen – wir sprechen hier über die Sicherheit von 70.000 Männern, Frauen und Kindern, die das Festival in diesem Jahr anziehen wird. Die Polizei verlangt eine – eine! – mobile Station auf dem Gelände, um im Falle des Falles schnell vor Ort zu sein.
Und, Frau Kröger, hier geht es nicht um Kontrolle. Hier geht es, der Innenminister hat es auch mehrfach gesagt, um Gefahrenabwehr. Das ist die ureigenste und wichtigste Aufgabe der Polizei: Gefahrenabwehr. DIE LINKE fordert die Landesregierung in ihrem Antrag auf, die „Verhältnismäßigkeit zu überprüfen und zusammen mit den Veranstalterinnen und Veranstaltern nach konsensualen Wegen für eine minimalinvasive Sicherheitslösung zu suchen“. Auch dazu hat der Minister sich schon geäußert.
Verhältnismäßigkeit? Eine Polizeistation für 70.000 Menschen? Ich bin geneigt, einen eigenen Verhältnismäßigkeitsantrag zu stellen, meine Damen und Herren, der dann im Gegenzug klären soll, ob eine Polizeistation nicht verhältnismäßig wenig für so viele Menschen ist. Unverhältnismäßig wäre es eben gerade, keine Station auf dem Gelände zu haben. Nur mal zum Vergleich: Beim DFB-Pokal-Endspiel 2018 im Berliner Olympiastadion waren 76.000 Menschen zugegen. Damals sicherten 2.400 Polizisten das Großereignis ab. Und in Lärz soll es nicht einmal möglich sein, eine einzige Polizeistation auf dem Gelände zu installieren?
Bunte Weltoffenheit und Toleranz haben sich die Veranstalter des Festivals auf die eigenen Fahnen geschrieben. Die permanent gepredigte Toleranz hört aber scheinbar da auf, wo der Staat für Ordnung und Sicherheit sorgen will.
Und so erklärt der Veranstalter Martin Eulenhaupt, eine ständige und anlasslose Polizeipräsenz wäre unverhältnismäßig, widerspräche der Philosophie des Festivals und würde die Freiheit von Kunst und Kultur unnötig einschränken.
Inwiefern die Freiheit der Kunst und Kultur durch die Präsenz der Polizei eingeschränkt wird, können wir von
der AfD beim besten Willen nicht erkennen. Die von den Veranstaltern gewünschte freie Entfaltung der Gäste steht für uns in keinem Widerspruch mit der vorhandenen Polizeipräsenz, es sei denn, die freie Entfaltung der Gäste geht über die gesetzlichen Grenzen hinaus. Und wir von der AfD sagen, wer nichts zu verbergen hat, der braucht auch keine Angst vor Polizeipräsenz zu haben.
(Beifall vonseiten der Fraktion der AfD – Dr. Mignon Schwenke, DIE LINKE: Och, natürlich! – Zurufe von Thomas Krüger, SPD, und Peter Ritter, DIE LINKE)
Es geht doch hier nicht um Schikane, es geht um die Sicherheit von 70.000 Menschen. Und es geht auch darum, dass das Sicherheitsgefühl der Besucher durch die Anwesenheit der Polizei gestärkt wird. Der Neubrandenburger Polizeipräsident Nils Hoffmann-Ritterbusch hat es gesagt: „Wir wollen doch nicht in jedes Zelt gucken. Wir wollen doch nicht die Taschen kontrollieren und wir wollen auch nicht mit massiver Polizeipräsenz das Kulturerlebnis stören. Das ist doch nicht unser Ansinnen! Wir wollen schnell bei jedem Ereignis handlungsfähig sein.“ Zitatende. Im Klartext, nicht die Suche nach den auf dem Festival beliebten Betäubungsmitteln steht im Fokus der Beamten, denn offensichtlich ist es genau das, was die Veranstalter unter der freien Entfaltung ihrer Gäste verstehen und was sie durch die Polizeipräsenz gefährdet sähen.
Dabei verkennen die verantwortlichen Festivalorganisatoren aber den seit Jahren in Deutschland steigenden Sicherheitsbedarf auf Großveranstaltungen. Dass hier auf die Meinung externer Experten und Sachverständiger aus dem Sicherheitsbereich kein Wert gelegt wird, ist für uns absolut unverständlich,
zumal vergleichbare Veranstalter, wie zum Beispiel Sebastian Eggert vom Elektrofestival „Airbeat One“ in Neustadt-Glewe, die Präsenz der Polizei als ausdrücklich wichtig erachten. Dieser Vergleich ist nun möglicherweise weniger schräg für Sie, Herr Krieger, Herr Kröger, Krüger.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sehen in diesem Vorgang lediglich ein Kräftemessen linkskultureller Ignoranten mit den staatlichen Behörden, denn ein vernünftiges Argument gegen die Polizeipräsenz gibt es nach unserer Auffassung nicht.
Wir erachten es außerdem als nicht zielführend, wenn sich auch noch der Landtag in die Debatte einmischen muss, und lehnen den Antrag daher ab.
Und die Regierungsfraktionen und die Opposition DIE LINKE mögen überlegen, ob sie nicht die Sondersitzung des Innenausschusses am Montag wieder abberufen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Polizeihundertschaften im Dreischichteinsatz, Wasserwerfer, Räumpanzer, das klingt wie die Planung zu einem G20-Gipfel in einer deutschen Großstadt oder an der Küste von Mecklenburg-Vorpommern,
zu dem Tausende gewaltbereite Demonstranten erwartet werden. Klar, dass sich der Staat wehrhaft zeigen muss, wenn Gefahr droht. Aber die Polizeidirektion Neubrandenburg bereitet sich gar nicht auf einen G20-Gipfel vor, weder auf einen in Hamburg noch einen in Heiligendamm. Gewaltbereite Demonstranten haben sich auch nicht angemeldet, nein, es sind Festivalbesucher, die zur „Fusion“ wollen, 70.000, die den Verantwortlichen für den Einsatz der Sicherheitskräfte offenbar Angstalbträume bereiten. Oder wie ist es sonst zu erklären, dass alles aufgefahren werden soll, was das Arsenal hergibt?
Seit 21 Jahren gehört die „Fusion“ zu den friedlichsten Festivals in Europa. Ja, es wurden in der Geschichte auch Gewalttaten gemeldet, mal eine, mal zwei, einmal waren es sogar sieben. Sind 1.000 Polizisten darauf die Antwort?
Was also jagt den ordnungsbehördlichen Einsatzstrategen derartige Angst ein? Ich habe da eine Idee. Ist es vielleicht die Angst, kurz vor der Kommunalwahl eine Chance zu verpassen, sich als Law-and-Order-Mann darzustellen?
Erst recht, wenn es gegen ein Festival geht, das von Gruppen organisiert wird, die dem linken Spektrum zugeordnet werden.
denn in der CDU vor Ort fürchtet man ja einen Imageverlust, wenn, wie die „Zeit“ schreibt, ein bewaffneter Polizist bei einer LINKEN-Party auf der Wohnzimmercouch sitzt. Die Gäste könnten wegbleiben, das Festival ausfallen und wirtschaftlichen Schaden für die Region bedeuten, so die Argumente.
Nicht nur Hartmut Lehmann, CDU-Bürgermeister in Lärz, zählt zu den Befürwortern und Unterstützern des Festivals. So atmete er erleichtert auf, als die Wasserwerfer
und Räumpanzer vom Tisch zu sein schienen. Eine Wache auf dem Gelände ist laut Lehmann Unsinn. Außerdem ist er auch der Auffassung, dass ein fiktives Bedrohungsszenario aufgebaut wird.
Er nennt das Einschreiten des Polizeipräsidenten unnötig, die Folgen für die Region sind noch nicht absehbar. Klar wäre aber, die Region muss den Schaden ausbaden, und zwar nicht nur den Frust, sondern auch eben den Verlust jahrelang gewachsener kultureller Strukturen. Je weiter die politische Verantwortung also vom Ort des Geschehens entfernt ist, desto weniger scheint mir die Vernunft zu walten.
Bei all den Experten und Sorgenträgern, wer war denn eigentlich vor Ort und hat sich tatsächlich die Gegebenheiten angeschaut?
Wer war denn da? Ich kenne jemanden, der ist mit dem Hubschrauber rübergeflogen. Aber vor Ort waren mein Kollege Philipp da Cunha, Julian Barlen und ich. Und wir können von uns behaupten, dass wir gut informiert sind,